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1 (2002), Nr. 1: Inhalt
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Niklaus Schatzmann

Macht mir den südlichen Flügel stark! Plädoyer für die Erforschung der frühen Hexenverfolgung im norditalienischen Raum [1]

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Als sich in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts vor allem mit dem Einbruch von Heinsohn und Steigers "Weisen Frauen" in die Geschichtswissenschaft eine gewisse Überdrusshaltung gegenüber der Hexenforschung bemerkbar zu machen schien, hätte wohl niemand geahnt, welche gewaltigen Fortschritte in den 1990er Jahren dennoch erzielt werden würden.[2] Dies zeigt sich wohl nirgends so deutlich wie in der spätmittelalterlichen Hexenforschung, konkret jener Zeit also, die heute als die Entstehungsphase des neuen Kumulativkonzeptes der Hexe beziehungsweise der Hexensekte angesehen werden muss.

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Mit und nach Joseph Hansen waren die Anfänge der Hexenverfolgung tief ins Mittelalter, in die Jahre von 1280 bis 1350, und ins Gebiet Südwestfrankreichs verlegt worden. Diese Lehrmeinung hielt sich rund ein Dreivierteljahrhundert lang und scheint sich im populären Wissen um Hexen und Hexenverfolgung festgesetzt zu haben. Mit den Werken von Kieckhefer und Cohn 1975 beziehungsweise 1976 wurden diese Prozesse jedoch als Fälschungen erkannt und der Weg für eine neue Chronologie frei gemacht.[3] Es war insbesondere Kieckhefer, der die Forschung mit dem Hinweis auf ein Kompendium von Akten zu Hexenprozessen, welche im 15. Jahrhundert in der heutigen Westschweiz, dem Gebiet zwischen dem Genfer See und Fribourg durchgeführt worden waren, auf eine ´heisse Spur´ führte.[4] Die Analyse dieser Akten in zahlreichen Einzeluntersuchungen einerseits, intensive Nachforschungen auch in den umliegenden Gebieten - wie etwa dem Wallis oder dem Freiburgerland - andererseits, haben es ermöglicht, die Konsolidierung des neuen Hexenkonzeptes im Gebiet des Genfer Sees schlüssig nachzuweisen und auf die Jahre um 1430 bis 1440 zu datieren.[5] Diese Chronologie wird bestätigt durch die kürzlich erfolgte Edition der frühen Hexentraktate, welche sich nahtlos in die Prozesschronologie einfügen.

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Damit haben wir aber erst eine - wenn auch außerordentlich wichtige - Etappe der Forschung erreicht. Vor allem zwei Hauptfragen bleiben vorderhand noch offen: Wie und wo genau erfolgte die Amalgamierung der verschiedenen Elemente des Hexenstereotyps (aus Ketzer- und Zauberei-Traditionen), und wie müssen wir uns die Verbreitung und Entwicklung eines "standardisierten" Hexenkonzeptes, wie es dann zu Beginn des 16. Jahrhunderts vorliegen wird, genau vorstellen? Wie es der Titel dieses Artikels andeutet, möchte ich hier vor allem geographisch vorgehen, indem ich auf die von der nationalen wie internationalen Forschung noch immer vernachlässigten Gebiete des heutigen Norditalien hinweise.

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Diese Vernachlässigung scheint vor allem auf drei Ursachen zurückzuführen zu sein: Zunächst ist festzuhalten, dass die "neue" Hexenforschung seit den 1970er Jahren zunächst vor allem vom angelsächsischen und deutschen Sprachraum ausging, wo jedoch eine Rezeption der italienischen Forschung auf breiter Basis an sprachlichen Barrieren scheiterte - Ankarloo/Henningsen hatten schon 1990 darauf hingewiesen.[6] Ein zweiter Grund mag darin liegen, dass die italienische Forschung - vor allem mit den beiden auch international bekannten Exponenten Franco Cardini und Carlo Ginzburg - mehrheitlich noch immer einem folkloristischen Standpunkt verhaftet ist, der in Nordeuropa zumeist überholt erscheint.[7] Schließlich scheint sich die Forschung zur Zeit auf einige wenige Regionalhistoriker zu beschränken, die zudem oft genug kaum eigene Quellenforschung betreiben, sondern vielmehr aus den positivistischen Quellenwerken des 19. Jahrhunderts schöpfen. Wenn ich im folgenden in aller Kürze einige Forschungsergebnisse präsentiere, so ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht mir vielmehr darum, zu zeigen, wie notwendig eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Materialien wäre.

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Grundsätzlich richtig ist sicherlich die bereits mit Kieckhefer und Cohn erstmals vertretene und von Andreas Blauert und dem Lausanner Forschungskreis untermauerte Konzeption, dass die Anfänge der frühneuzeitlichen Hexenverfolgung im spätmittelalterlichen Savoyen zu suchen sind. Allerdings hat man sich bislang vor allem auf den nördlichen, französischsprachigen Teil konzentriert und den südlichen, italienischsprachigen Teil weitgehend aus den Untersuchungen ausgeklammert. Erst in den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass vielleicht gerade dort die Wurzeln des neuen Hexereikonzeptes liegen.

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Den Anfang hatte Félicien Gamba 1964 gemacht, als er auf Prozesse im Aostatal in den Jahren 1434-1449 aufmerksam machte, die der "Modernität" der Prozesse am Genfer See zur selben Zeit in nichts nachstanden.[8] Auch Andreas Blauert und Kathrin Utz Tremp wiesen später darauf hin, dass der erste Prozess, in welchem reine Ketzerstereotypen um das neuartige Element des Hexensabbats ergänzt wurden, ebenfalls im norditalienischen Pinerolo im Jahre 1387 stattfand.[9] Diese Region bildete über Jahrhunderte hinweg ein Refugium für aus Südfrankreich flüchtende Katharer und vor allem Waldenser.[10] Weiter hatten gerade jene Personen, welche in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts im Gebiet des Genfer Sees maßgeblich an der Verbreitung und Etablierung des neuen Hexenstereotyps beteiligt waren, alle auch südlich des Alpenkamms gewirkt, so etwa die Inquisitoren Ponce Feugeyron und Ulric de Torrenté oder der Bischof von Lausanne, Georges de Saluces (oder di Saluzzo), vormals Bischof von Aosta.[11]

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Wenn aber das "Kerngebiet" der Hexenverfolgung sich über den Alpenkamm hinweg erstreckte, so ist gewiss, dass diese neuen Ideen nicht nur nach Norden ausstrahlten, sondern sich auch südlich des Alpenkamms verbreiteten und neben den Gebieten Nordsavoyens auch auf den Bogen des gesamten südlichen Alpenfusses von Grenoble über das Aostatal, Turin bis nach Mailand und Como wirkten. (Hatte nicht Claude Tholosan in seinem Traktat "Ut magorum et maleficorum errores" darauf hingewiesen, dass ein guter Teil der neuen Hexensekte aus der Lombardei eingewandert war? Und war nicht die Lombardei in der Dauphiné ohnehin seit dem 13. Jahrhundert als Ursprungsgebiet aller Häresien angesehen worden?[12])

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Wie jedoch wird der auch in den Westalpen fassbare Umschlag von reinen Ketzerprozessen zu Prozessen mit Elementen des neuen Hexenstereotyps auch weiter östlich, also im Gebiet des Herzogtums Mailand, fassbar? Hier hat die Forschung noch einen weiten Weg zu gehen, der allerdings durchaus Licht in eine anhin stark vernachlässigte Region bringen könnte. Die in der Literatur anzutreffenden Hinweise auf ausserhalb der (zerstörten) Mailänder Inquisitionsarchive überlieferten Belege für die inquisitoriale Tätigkeit in der Lombardei lassen vermuten, dass eine gezielte Suche in den hiesigen Archiven kostbare Funde ans Tageslicht bringen wird. Wir wollen im folgenden versuchen, eine Synthese der bisherigen Ergebnisse zu präsentieren:

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Bis heute hat die internationale Forschung vor allem Kenntnis von zwei Urteilen aus Mailand im Jahr 1390, die von Carlo Ginzburg diskutiert wurden.[13] Es handelt sich dabei um Fragmente eines Mailänder Inquisitionsgerichts von 1390, welcher seinerseits auf einem Prozess von 1384 aufbaut, der ausführlich referiert wird.[14] In diesen Dokumenten wird die sich im Übergang vom 14. zum 15. Jahrhundert langsam herausbildende Synkretisierung von Ketzerstereotypen mit Elementen aus dem Gebiet der literarischen Tradition des 'Canon Episcopi' fassbar. Im Gegensatz zu den Prozessen des Aostatals und der Westschweiz, in welchen der "klassische" Ketzerprozess um Elemente des Hexenflugs erweitert wird, erfolgt die Verschmelzung in Mailand jedoch interessanterweise eher umgekehrt: In den Verhandlungen von 1384 tauchen Hexenvorstellungen auf, welche fast vollständig auf den Vorstellungen des 'Canon Episcopi' beruhen. Es handelt sich in der Tat um Angeklagte, die "durch Blendwerk und Vorspiegelungen der Dämonen verführt, glauben und bekennen, des Nachts zusammen mit der heidnischen Göttin Diana und einer unzählbaren Menge von Frauen auf gewissen Tieren zu reiten, in der Stille der dunklen Nacht grosse Entfernungen zurückzulegen, die Weisungen der Göttin zu befolgen, als wäre sie die Herrin, und in bestimmten Nächten zu ihrem Dienst gerufen zu werden", wie es im 'Canon Episcopi' heißt.[15]

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Der Inquisitor Ruggero da Casate, der die Verhöre von 1384 führt, hat offensichtlich noch das "alte" Bild der Hexe vor Augen, als er die angeklagten Frauen im Verhör zu entsprechenden Geständnissen führt. In den Prozessen von 1390 werden diesen nach wie vor im Mittelpunkt stehenden Anklagepunkten der "Gefolgschaft der Herrin" jene Elemente aufgepfropft, welche konstitutiv für den neuen Hexenglauben werden sollen, allen voran die Präsenz des Teufels und der Teufelspakt - wenn auch in einer nur sehr abgeschwächten Form.

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Wie geht die Entwicklung weiter? Im savoyardischen Piemont finden seit dem Wechsel vom 14. zum 15. Jahrhundert zahlreiche Prozesse statt, in denen diese Vermischung von Zaubereiprozessen und Ketzerprozessen sichtbar wird: 1421 etwa werden in Mondovì drei Frauen wegen "nefando reato di sortilegio" durch die kirchliche Inquisition zum Tode durch Verbrennen verurteilt; in Pinerolo bringt der Inquisitor Giovanni Fiamma 1427 einen Mann "per sortilegio sapiente heresim" auf den Scheiterhaufen; im Jahre 1429 schließlich werden in Chiomonte im Valle di Susa vier Frauen und ein Mann gefoltert, verurteilt und verbrannt. Sie hatten gestanden, den Teufel angebetet und, mit teuflischer Macht versehen, zahlreiche Menschen getötet zu haben.[16]

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Im Gebiet der Lombardei, wo (wie in ganz Italien) die Dominikaner seit dem 13. Jahrhundert für die Inquisition zuständig sind, ist ebenfalls bereits für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts eine intensive Hexenverfolgungstätigkeit belegt. 1422 wird eine Frau in Mailand wegen Teilnahme an einer nächtlichen Versammlung, der sogenannten "Societas de ludo", verurteilt.[17] 1432 ist die Inquisition in der Leventina wie auch in Chiavenna tätig. An beiden Orten geht es um die Teilnahme an einem Hexensabbat.[18] In Morbegno im Veltlin werden 1438 Personen gefangengenommen, welche angeblich einen Sabbat besucht hatten,[19] ähnliche Vorwürfe finden sich auch im Aostatal im Jahre 1449.[20]

<13>
Doch auch in Mittelitalien festigt sich schon früh das neue Hexenstereotyp. Bereits 1428 findet im umbrischen Todi ein Prozess statt, in welchem Zauberei und Ketzerei zu einem neuen Hexenbild verschmolzen werden. Franco Mormado konnte unlängst schlüssig nachweisen, dass das Verfahren als unmittelbare Folge der Predigttätigkeit von Bernardino da Siena zu sehen ist.[21] Er bestätigt in seinem 1999 erschienenen Werk die herausragende Rolle des 1444 gestorbenen und schon 1450 in Rom heilig gesprochenen Bernardino da Siena bei der Vermittlung des neuen Hexenstereotyps, auf welche schon Ginzburg und Tschacher hingewiesen hatten.[22]

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Aus den 1450er Jahren sind zahlreiche weitere Belege für Hexenverfolgungen in der Lombardei überliefert: 1452 und 1456 ist ein Inquisitor in Bellinzona tätig.[23] Auch in Mendrisio ist die Inquisition in den 1450er Jahren aktiv, wie wir aus dem "Tractatus de Strigibus" des Comascer Inquisitors Bernardo Rategno (= Bernardo da Como) erfahren.[24] Darin verweist Bernardo, der 1501 Inquisitor in Como geworden war, nicht nur auf Hexenprozesse um 1500 und kurz davor im Umland von Como, im Gebiet von Lugano sowie in Chiavenna und dem Veltlin, sondern auch auf eine Hexenverfolgung in Mendrisio, die sich gut fünfzig Jahre zuvor, also in den 1450er Jahren, ereignet haben soll.[25] Bernardo stützt sich dabei offenbar auf Materialien der Inquisition, die ihm in Como zur Verfügung standen. Der Inquisitor namens Bartolomeo da Omate ist tatsächlich zur von Bernardo angegebenen Zeit, nämlich 1457, auch aus anderen Quellen in der Diözese belegt.[26] 1450 ist die Inquisition in Morbegno im Veltlin tätig, im Jahre 1455 befindet sich in Locarno eine Hexe in den Händen der Inquisition, und 1456 findet ein Prozess gegen einen Mann in Chiavenna statt.[27]

<15>
Etwas weiter im Osten, im Südtiroler Brixen, ist im selben Jahr 1457 Nicolaus von Kues (oder Cusanus) damit beschäftigt, zwei Frauen aus den Händen der Justiz zu befreien, welchen der Tod wegen der angeblichen Zugehörigkeit zur Gesellschaft der Diana drohte. In einer überlieferten Predigt geißelte er diese Vorstellungen als Aberglaube und als lächerliche Hirngespinste.[28] 1457 bis 1459 schließlich finden in Faido im heutigen Tessin ausgedehnte Hexenprozesse vor einem weltlichen Gericht statt, die alle Elemente des neuen Hexenglaubens (Teufelspakt, Sabbatsbesuch, Hexenflug und Kindstötung) enthalten.[29] Auch der um 1460 am Mailänder Inquisitionssitz entstandene Traktat "Lamiarum sive striarum opusculum" des Dominikaners Girolamo Visconti zeigt, dass die Hexenverfolgung sich nach der Mitte des 15. Jahrhunderts im Herzogtum Mailand schon längst fest etabliert hatte.[30]

<16>
All dies belegt deutlich, dass der von Blauert in Savoyen ausgemachte "Synkretisierungsprozess" sich auch im nördlichen und zum Teil sogar zentralen Italien in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts quasi gleichzeitig mit der Entwicklung am Genfer See vollzieht. Wie genau die Ideen der Lombardei mit jenen des savoyardischen "Hexenkernlandes" zusammenhängen, wo und wie sie übernommen wurden, wie die regionalen Eigenheiten der lombardischen Inquisition (etwa die Existenz der "domina ludi" am Hexensabbat) zu erklären sind und wann sich diese verloren, bleibt noch zu beantworten. Hier wartet eine große, aber auch eine verdienstvolle Aufgabe auf die Hexenforschung.

<17>
Gewiss, es ist eine mühsame Arbeit und wird die Bereitschaft voraussetzen, nicht nur das bereits entdeckte Quellenmaterial im Original zu überprüfen und durch weiteres Quellenmaterial im historischen Mikro- und Makro-Kontext zu verorten, sondern auch in aufwändiger Kleinarbeit Regional- und Lokalarchive nach bislang unbekanntem Material zu durchforsten. (Das zentral aufbewahrte lombardische Inquisitionsmaterial wurde 1788 (ebenso wie in Bologna 1797) vernichtet.[31]) Dass Archivarbeit trotzdem durchaus erfolgversprechend sein kann, zeigen jedoch einzelne italienische Lokalhistoriker wie etwa Giovanni Giorgetta [32], und hat nicht zuletzt auch das Modell der Lausanner Forschung bewiesen. Noch 1976 urteilte Kieckhefer entmutigt (und entmutigend) über die Quellenlage für die Zeit vor 1500: "The documents prior to 1500 shed so little light that one can merely probe in mere darkness, in hopes that the patterns discerned are more than creations of one's imagination and expectations. In some ways, the most one can do is point to analogies to witchcraft in other areas, and such are never altogether safe."[33] Unterdessen liegen Quellenstudien vor, die in der Dichte ihrer Beschreibung viele Arbeiten der frühen Neuzeit weit hinter sich lassen. Die Geschichte der Anfänge der Hexenverfolgung wurde dabei gründlich auf den Kopf gestellt. In diesem Sinne: Auf nach Italien, oder, um es poetischer auszudrücken: Dahin, dahin, mein Freund, lass uns [Hexenforschende] ziehen!

Anmerkungen

[1]Der Text vertieft Aspekte aus der Dissertation des Verfassers, die im Dezember 2001 eingereicht wurde (Niklaus Schatzmann: Verdorrende Bäume und Brote wie Kuhfladen: Hexenprozesse in der Leventina 1431 - 1459 und die Anfänge der Hexenverfolgung auf der Alpensüdseite, Dissertation Zürich 2002, Manuskript).
[2]Gunnar Heinsohn / Otto Steiger (Hg.): Die Vernichtung der weisen Frauen. Beiträge zu Theorie und Geschichte von Bevölkerung und Kindheit, Herbstein 1984.
[3]Joseph Hansen: Inquisition und Hexenverfolgung im Mittelalter, in: HZ 81 (1898), 385-432; Norman Cohn: Europe's Inner Demons, London 1975, besonders 138-146; Richard Kieckhefer: European witch trials: Their foundations in popular and learned culture, 1300-1500, London 1976, vor allem 10-26.
[4]Die Akten mit der inzwischen in Hexenforscherkreisen berühmten Signatur AC 29 werden im Staatsarchiv Lausanne aufbewahrt.
[5]Hier ist vor allem die Forschung der Universität Lausanne zu nennen, in chronologischer Reihenfolge und ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Pierre-Han Choffat: La sorcellerie comme exutoire (Cahiers Lausannois d'Histoire Médiévale [CLHM] 1), Lausanne 1989; Kathrin Utz Tremp: Das Fegfeuer in Freiburg. Erste Annäherung an die Akten des Waldenserprozesses von 1430, in: Freiburger Geschichtsblätter [FG] 67, 1990, 7-30; dies.: Der Freiburger Waldenserprozess von 1399 und seine bernische Vorgeschichte, in: FG 68 (1991), 57-85; dies.: Richard von Maggenberg und die Freiburger Waldenser (1399-1439). Ein Werkstattbericht, in: Deutsches Archiv zur Erforschung des Mittelalters 47 (1991), 509-558; Bernard Andenmatten / Kathrin Utz Tremp: De l'hérésie à la sorcellerie: l'inquisiteur Ulric de Torrenté OP (vers 1420-1445) et l'affermissement de l'inquisition en Suisse romande, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte [ZSKG] 86 (1992), 69-119; Martine Ostorero: "Folâtrer avec les démons". Sabbat et chasse aux sorciers à Vevey (1448), in: CLHM 15, Lausanne 1995; Kathrin Utz Tremp: Ist Glaubenssache Frauensache? Zu den Anfängen der Hexenverfolgung in Freiburg (um 1440), in: FG 72 (1995), 9-50; Eva Maier: Trente ans avec le Diable. Une nouvelle chasse aux sorciers sur la Riviera lémanique (1477-1484), in: CLHM 17, Lausanne 1996; Sandrine Strobino: Françoise sauvée des flammes? Une Valaisanne accusée de sorcellerie au XVe siècle, in: CLHM 18, Lausanne 1996; Laurence Pfister: L'enfer sur terre. Sorcellerie a Dommartin (1498), in: CLHM 20, Lausanne 1997; Eva Maier / Martine Ostorero / Kathrin Utz Tremp: Le pouvoir de l'inquisiteur, in: Agostino Paravicini Bagliani (Hg.): Les Pays Romands au Moyen Âge, Lausanne 1997, 247-258; Georg Modestin: Le diable chez l'évêque. Chasse aux sorciers dans le diocèse de Lausanne (vers 1460), in: CLHM 25, Lausanne 1999; ders.: Der Teufel in der Landschaft. Zur Politik der Hexenverfolgungen im heutigen Kanton Freiburg von 1440 bis 1470, in: FG 76 (1999), 81-122; ders.: Wozu braucht man Hexen? Herrschaft und Verfolgung in Chatel-Saint-Denis (1444-1465), in: FG 77 (2000), 107-129; Martine Ostorero: Itinéraire d'un inquisiteur gâté: Ponce Feygeyron, les juifs et le sabbat des sorciers, in: Médiévales 2002 (im Druck).
[6]Bengt Ankarloo / Gustav Henningsen (Hg.): Early modern European Witchcraft. Centres and peripheries, Oxford 1990, Introduction, 2.
[7]Vgl. hierzu vor allem die Auseinandersetzung um Carlo Ginzburgs Buch "Hexensabbat": Carlo Ginzburg: Hexensabbat. Entzifferung einer nächtlichen Geschichte (Originaltitel "Storia notturna. Una deciffrazione del sabba, Turin 1989), Berlin 1990; Klaus Graf: Carlo Ginzburgs Buch "Hexensabbat" - eine Herausforderung an die Methodendiskussion in der Geschichtswissenschaft, in: kea. Zeitschrift für Kulturwissenschaften 5 (1993), 1-16, ergänzt und 1994 aktualisiert unter http://www.uni-koblenz.de/~graf/ginzbg.htm (Datum des Zugriffs: 28.12.2000).
[8]Felicien Gamba: La sorcière de Saint-Vincent. Un procès d'hérésie et de sorcellerie au XVe siècle, in: Bulletin de la Société académique, religieuse et scientifique du duché d'Aoste 41 (1964), 285-311. Der Artikel leicht gekürzt unter dem Titel "Die Hexe von St. Vincent. Ein Ketzer- und Hexenprozess im 15. Jahrhundert" auch im Sammelband von Andreas Blauert (Hg.): Ketzer, Zauberer, Hexen. Die Anfänge der europäischen Hexenverfolgung, Frankfurt 1990, 160-181.
[9]Andreas Blauert: Die Erforschung der Anfänge der europäischen Hexenverfolgungen, in: Blauert, Ketzer, Zauberer, Hexen, 11-42, hier 18; Agostino Paravicini Bagliani / Kathrin Utz Tremp / Martine Ostorero: Le sabbat dans les Alpes. Les prémices médiévales de la chasse aux sorcières, in: Sciences: raison et déraisons. (Publications de l'Université de Lausanne, Fasc. 89, Cour généneral public 1993-1994), 67-89, hier 77.
[10]Blauert: Frühe Hexenverfolgungen. Ketzer-, Zauberei- und Hexenprozesse des 15. Jahrhunderts, Hamburg 1989, 24. Zur Migration in die Südalpen siehe vor allem auch Grado G. Merlo: Eretici e inquisitori nella società piemontese del trecento, Torino 1977, 87-97.
[11]Andenmatten / Utz Tremp: De l'hérésie à la sorcellerie; Ostorero: Itinéraire d'un inquisiteur gâté; Ostorero: L'imaginaire du sabbat, 330-334. Siehe auch Teile der Dissertation von Niklaus Schatzmann: Verdorrende Bäume und Brot wie Kuhfladen: Hexenprozesse in der Leventina 1431-59 und die Anfänge der Hexenverfolgung auf der Alpensüdseite, Diss. Zürich 2002 unter http://www.mysunrise.ch/users/nschatzmann/dissertation.htm (23.06.2002)
[12]Ostorero et. al.: L'imaginaire du sabbat, 370-373; Pierrette Paravy : De la chrétienté romaine à la réforme en Dauphiné. Evêques, fidèles et déviants (vers 1340-vers 1530), 2 Bde. (Collection de l'Ecole française de Rome 183), Rom 1993, 822-830.
[13]Ginzburg: Hexensabbat, 94-95.
[14]Pierangelo Frigerio / Carlo Alessandro Pisoni: Un brogliaccio dell'Inquisizione milanese (1418-1422), in: Libri & Documenti. Rivista quadrimestrale (Archivio Storico Civico e Biblioteca Trivulziana, Castello Sforzesco - Milano), 21 Jg., Nr. 3 (1995), 45-65.
[15]Joseph Hansen: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte des Hexenwahns und der Hexenverfolgung im Mittelalter, Bonn 1901, 38-42.
[16]Massimo Centini: Streghe, roghi e diavoli. I processi di stregoneria in Piemonte, Cuneo 1995, 35-37.
[17]Frigerio / Pisoni: Un brogliaccio dell' Inquisizione milanese.
[18]Niklaus Schatzmann: "Ut comburet eum ita quod corpus eius veniat in pulveris consumatum et cetera." Hexenprozesse in der Leventina 1432 und 1457-59, unveröffentlichte Lizenziatsarbeit Universität Zürich 1996; Giovanni Giorgetta: Un Pestalozzi accusato di stregoneria, in: Clavenna [bollettino del centro di studi storici valchiavennaschi] XX (1981), 58-72, hier 59.
[19]Giovanni Giorgetta: Documenti sull'Inquisizione a Morbegno nella prima metà del secolo XV, in: Bollettino della Società Storica Valtellinese 33 (1980), 59-82; Ginzburg: Hexensabbat, 290.
[20]Gamba: La sorcière de Saint-Vincent.
[21]Franco Mormando: The Preacher's Demons: Bernardino of Siena and the social underworld of early Renaissance Italy, Chicago 1999, besonders 52-108.
[22]Ginzburg, Hexensabbat, 290-293; Werner Tschacher: Der Formicarius des Johannes Nider von 1437/38. Studien zu den Anfängen der europäischen Hexenverfolgungen im Spätmittelalter, Aachen 2000, 299-301. Bisherige Einzeluntersuchungen hatten die Hexerei entweder aus einer folkloristischen Perspektive betrachtet oder aber die "klassischen" Häresien (Katharer, Waldenser) ins Auge gefasst. J.N. Stephens: Heresy in Medieval and Renaissance Florence, in: Past and Perfect [PP] 54 (1972), 25-60; Gene A. Brucker: Sorcery in Early Renaissance Florence, in: Studies in the Renaissance 10 (1963), 7-24. Wenig Informationen leider auch bei Franco Cardini: Magia e stregoneria nella Toscana del Trecento, in: Quaderni medievali 5 (1978), 121-155.
[23]Paolo Ostinelli: Il governo delle anime. Strutture ecclesiastiche nel Bellinzonese e nelle Valli ambrosiane (XIV - XV secolo), Locarno 1998, 313-314.
[24]Bernardos Bericht ist eine der Hauptquellen für Carlo Ginzburgs These, dass die neue Hexensekte um 1375 entstanden sei. Zu diesem Schluss kommt Bernardo bei seinem Studium der Inquisitionsakten der Diözese Como (Ginzburg: Hexensabbat, 75). Der Bericht von Bernardo da Como zusammen mit einem anderen Traktat, der Lucerna Inquisitiorum, von Francesco Pegna kommentiert und gedruckt: BERNARDUS COMENSI Lvcerna Inqvisitorvm Haereticae Pravitatis R.P.F. Bernardi Comensis, Ordinis Prædicatorum: Et eiusdem Tractatus De strigibus, Cum annotationibus Francisci Pegnae sacræ theologiæ & iuris vtriusque doctoris. Additi svnt in hac impressione dvo Tractatus Ioannis Gersoni, vnus de Protestatione circa materiam fidei, alter de Signis pertinacia bæreticæ prauitatis. Romae, Cvm Licentia Svperiorvm, Ex Officina Bartholomæi Grassi, 1584. Erwähnt bei Hansen: Quellen, 280, der auf 281-282 Auszüge abdruckt.
[25]Bernardus: Lucerna inquisitorum, 143-144.
[26]Luigi Fumi: L'Inquisizione romana e lo stato di Milano, in: Archivio Storico Lombardo XXXVII (1910), vol. XIII, 5-124, 285-414, vol. XIV, 145-220, hier 104.
[27]Zur Hexe in Locarno siehe Bollettino Storico della Svizzera Italiana 3 (1881), 62; zum Veltlin Giorgetta: Un Pestalozzi accusato sowie ebd.: Documenti sull' inquisizione a Morbegno.
[28]Ginzburg: Hexensabbat, 69-98; ders.: The philosopher and the witches: An experiment in cultural history, in: Acta ethnografica hungarica 37 (1991-92), 283-292.
[29]Schatzmann: "Ut comburet eum in ignis".
[30]Girolamo Visconti: Lamiarum sive striarum opusculum. Milano, Leonardus Pachel, 13 Sept. 1490. Auszüge und Informationen zum Verfasser bei Hansen: Quellen, 201-207.
[31]Fumi: L'inquisizione romana, 10-15.
[32]Siehe Frigerio / Pisoni: Un brogliaccio dell' Inquisizione milanese sowie Niklaus Schatzmann: "Ut comburet ...; Giovanni Giorgetta: Un Pestalozzi accusato.
[33]Kieckhefer: European witch trials, 93.

Empfohlene Zitierweise:

Niklaus Schatzmann: Macht mir den südlichen Flügel stark! Plädoyer für die Erforschung der frühen Hexenverfolgung im norditalienischen Raum, in: zeitenblicke 1 (2002), Nr. 1 [08.07.2002], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2002/01/schatzmann/schatzmann.html>

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