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2 (2003), Nr. 1: Inhalt
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Christian Bracht

artcampus 

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Im Rahmen des Bundesprogramms Virtueller Campus Schweiz entsteht das E-Learning-Angebot artcampus, eine webbasierte Einführung in das Studium der Kunstgeschichte. Die Projektlaufzeit beträgt drei Jahre, die Fertigstellung ist für Ende 2003 geplant. Die Leitung liegt beim Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern. Projektpartner sind die Universitäten Fribourg, Neuchâtel, Jena, Marburg und New York. Der Online-Kurs artcampus ist zunächst ein Angebot für die deutsch- und französischsprachige Schweiz. In der laufenden Evaluationsphase wird die zweisprachige Fassung in Bern, Fribourg und Neuchâtel für die Studierenden freigeschaltet. Der Kurs bildet zugleich eine Lehrveranstaltung im Rahmen des deutschen Projekts "Schule des Sehens - Neue Medien der Kunstgeschichte", wodurch die Zahl der potentiellen Kursteilnehmer erfreulich zunimmt. Über diese Zusammenarbeit ergibt sich außerdem die Kooperation mit dem Verbundprojekt "Prometheus - das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung und Lehre" sowie mit dem Bildarchiv Foto Marburg, Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte an der Universität Marburg.

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Das digitale Propädeutikum artcampus fügt sich in bestehende Curricula ein, mit dem Ziel, die Lehre an den kunsthistorischen Instituten um die neuen Instrumente des E-Learning qualitätssteigernd zu erweitern. Zum Einsatz neuer Medien in der universitären Lehre gehört mehr als die Bereitstellung von Inhalten und die Verfügbarkeit vernetzter Computer. Das Potenzial digitaler Medien kann sich nur entfalten, wenn sie angemessen in die sozialen und organisatorischen Prozesse eingebettet sind. Erklärtes Ziel des E-Learning-Projekts artcampus ist daher die Ergänzung der Präsenzlehre durch webbasierte Unterrichtsformen im Sinne eines Blended-Learning-Konzepts. Bewährte Schlagworte der Mediendidaktik bestimmen die Projektziele im Einzelnen: Natürliche Situierung des Wissens, Steigerung der Lernmotivation, Schärfung des Problembewusstseins, Einüben wissenschaftlichen Verhaltens, rezeptives und konstruktives Lernen.

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Der Online-Kurs vermittelt kunsthistorische Inhalte und die Kompetenzen ihrer Verarbeitung. Berücksichtigt werden die wichtigsten Etappen der westlichen Kunstgeschichte von der frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Das in Module aufgeteilte Pensum reicht dabei von der formalen und inhaltlichen Werkanalyse über den Umgang mit Quellenliteratur bis hin zum methodischen Denken. In Online-Übungen machen sich die Studierenden mit den Gegenständen der Kunstgeschichte vertraut und erlernen schrittweise die fachbezogenen Methoden und Arbeitstechniken. Die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten werden in Präsenzveranstaltungen vertieft, wobei sich die Studierenden gezielt einzelnen Themen zuwenden.



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Zu den spezifisch mediendidaktischen Formaten gehören etwa szenario-basierte Übungen, die die Wissenslandschaften der einzelnen Lerneinheiten interaktiv zu erschließen erlauben und über diesen Weg wertvolles Erfahrungswissen vermitteln. Eine dieser Übungen innerhalb des Lernmoduls Sehen etwa handelt über Motive und ihre Formen. In diesem Szenario schlüpft der Studierende in die Rolle eines Museumskurators, der eine Kabinettausstellung zu einem ausgewählten ikonographischen Motiv zusammenzustellen hat. Dazu streift er durch die Depots eines fiktiven Museums und sucht die passenden Objekte heraus, um sie auf einem Hängeplan chronologisch anzuordnen. Der virtuelle Kurator legt diesen Hängeplan dem Direktorium vor, und dieses prüft zum Schluss die chronologische Reihenfolge. Keine Ausstellung entsteht wirklich auf diese Weise, aber das Lernspiel liefert eine modellhafte Anschauung der Museumspraxis. Durch den spielerischen Charakter der Übung ergibt sich zudem eine hohe Motivation, sich mit dem Thema Ikonographie in einem aktiven Lernprozess auseinander zu setzen.

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Zahlreiche kleinere Übungen sollen es den Studierenden erleichtern, sich die Lerninhalte aktiv anzueignen. Dazu gehört etwa die Ermittlung der Perspektivkonstruktion eines beliebigen Bildes mit Hilfe eines Zeichenprogramms. Mit diesem Tool kann der Studierende selbst feststellen, ob die Fluchtlinien etwa in einem Gemälde des Jan van Eyck in der Weise konvergieren, dass von einer zentralperspektivischen Konstruktion die Rede sein kann.



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Hieraus ergeben sich zahlreiche Konsequenzen für die historische Rekonstruktion der verfügbaren artistischer Mittel. Durch eine solche Übung soll beim Studierenden ein Problembewusstsein geweckt werden, das eine der wertvollsten Grundlagen des Lernerfolgs liefert. Sind die Probleme der Perspektivkonstruktion in Ansätzen erfasst, so kann der Studierende sich über einzelne historische Verfahren informieren. Eine Demonstration etwa des Verfahrens nach Leon Battista Alberti dient dabei der Veranschaulichung. Diese stark interaktiven Formate der webbasierten Übungen wechseln innerhalb des Kursdurchgangs mit Präsentationsformen ab, die ein rezeptives Lernen erlauben, das, wohl dosiert, auch für den webbasierten Unterricht unabdingbar ist: Bildschirmseiten mit Texten und Bildern sind linear angeordnet und ermöglichen somit einen kontrollierten Rezeptionsfluss.

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Ein weiteres mediendidaktisches Format besteht in dem vielfältigen Angebot zur kontextsensitiven Lektüre und Analyse, etwa von Quellentexten, Bildern, vertiefenden Informationen und Datenbankinhalten. Diese Materialien werden bisweilen paketweise gebündelt und sind als "Expertenwissen" in einzelnen Lernübungen abrufbar. Die gezielte Konsultation von Fachwissen ist eine Kompetenz, die in verschiedenen Formen vermittelt wird. So etwa dient ein in Bern entwickeltes Informationssystem, das auf die Technologie des Marburger ‚Bildindex’ aufsetzt, der graphischen Veranschaulichung statistischer Sachverhalte.

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Die Teilnehmer am artcampus-Kurs sind aufgefordert, sich nach eigenem Ermessen durch den Kurs zu bewegen. Möglichkeiten sind etwa die Konzentration auf die Lektüre von Texten und Bildern in einem linearen Kursdurchlauf, das gezielte Absolvieren von Übungen unterschiedlicher Interaktionsniveaus und Schwierigkeitsgrade, oder auch die freie Konsultation des gesamten Kursangebots, um zum Beispiel eine Seminararbeit abzufassen.

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Das didaktische Format mit dem höchsten Interaktionsniveau ergibt sich temporär durch die Einbindung des webbasierten Kurses in die Präsenzlehre, wobei die Unterstützung durch mentorielle und tutorielle Betreuung auch im virtuellen Klassenraum vorgesehen ist. Seit Beginn der Evaluationsphase 2001 begleitet der durch Dozenten unterstütze Online-Kurs die Studierenden in ersten Proseminaren. Eine integrierte Lernplattform mit Tools wie E-Mail, Diskussionsforen und Kalender bildet dabei die Schnittstelle zwischen synchronem Präsenzunterricht im Seminar und asynchroner Kommunikation im Internet. Über diese Lernplattform lässt sich sowohl das als Präsenzveranstaltung abgehaltene Seminar als auch der Online-Kurs organisieren.

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Umrahmt wird der webbasierte Kurs von einer öffentlich zugänglichen Informationsplattform (Forum). Ebenso wie der Kurs ist diese Plattform auf die Bedürfnisse besonders der Studienanfänger zugeschnitten. Eine moderierte Mailingliste dient dem Austausch von Fachinformationen. Hinweise auf Veranstaltungen und weiterführende Links zu Anbietern von Praktika und Stellenanzeigen ergänzen das Angebot des Forums. Kernstück des Forums ist ein Studienführer, der über die Nutzung von Bibliotheken, Museen und webbasierten Instrumenten der spezifisch kunstwissenschaftlichen Recherche orientiert. Das digitale Angebot vermittelt bereits auf dieser Ebene wichtige Basiskompetenzen, die für ein Gelingen kunstwissenschaftlicher Arbeit in Studium und Beruf unabdingbar sind.

Autor

Christian Bracht
Artcampus, Institut für Kunstgeschichte, Universität Bern
E-Mail: info@artcampus.ch
Web: http://www.artcampus.ch  

Empfohlene Zitierweise:

Christian Bracht: artcampus, in: zeitenblicke 2 (2003), Nr. 1 [08.05.2003],
URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/01/bracht/index.html>

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