Ralf Blank |
'Einblicke' - eine Online-Zeitschrift für
Regionalgeschichte |
|
|
<1>
Lokal- und Regionalgeschichte wird zum überwiegenden Teil in
so genannten Heimatblättern thematisiert, die in der Regel von
Vereinen herausgegeben werden und monatlich erscheinen. Die in diesen
Publikationen zumeist durch Hobby-Historiker und ’Heimatforscher’
veröffentlichten Beiträge entsprechen häufig nicht
dem Stand und dem Ziel wissenschaftlicher Forschung und Erkenntnis.
Für die geschichtswissenschaftliche Forschung sind daher Periodika
wichtig, die von einer wissenschaftlichen Redaktion betreut und in
regelmäßigen Abständen herausgegeben werden. |
|
|
|
<2>
Wie bei allen Fachzeitschriften hat sich auch bei gedruckten regionalgeschichtlichen
Publikationen die finanzielle Situation in den letzten Jahren sehr
verschlechtert. Die Zielgruppe ist relativ klein, die Verkaufserlöse
stehen zumeist nicht im Verhältnis zum Aufwand und den Herstellungskosten.
Vielfach ist das Erscheinen einer lokalhistorischen Zeitschrift von
einem erfolgreichen 'Sponsoring' und sonstigen Beteiligungen - beispielsweise
Werbeeinnahmen - abhängig. Diese Situation könnte sich in
den nächsten Jahren noch verschärfen. |
|
<3>
Angesichts dieser Entwicklungen auf dem Gebiet der konventionellen
Publikationen stellt sich die Frage, ob Online-Zeitschriften auch
für regional- und lokalhistorische Forschungen eine wirkliche
Alternative darstellen. Ist der alles bestimmende Kostenaufwand tatsächlich
geringer und erreicht das Medium Internet die Zielgruppe oder aber
sogar neue Lesergruppen? Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich
durch das Internet für eine wissenschaftliche Institution, die
’vor Ort’ ihre Forschungen und Materialen präsentieren
möchte? |
|
<4>
Diesen Fragen ist das Team des Historischen Centrums Hagen im Jahr
2001 nachgegangen. Als Ergebnis wurde 'Einblicke' als Online-Zeitschrift
für Regionalgeschichte ins Leben gerufen: www.historisches-centrum.de/einblicke/.
Die Bezeichnung ’Einblicke’ charakterisiert das Ziel des
Mediums: ’Einblick nehmen’ in die Arbeit des Historischen
Centrums sowie in unterschiedliche Aspekte der regional- und lokalgeschichtlichen
Forschung. |
|
<5>
Folglich konzentriert sich das inhaltliche Spektrum der nunmehr schon
im dritten Jahrgang erscheinenden ’Einblicke’ im Wesentlichen
auf Themen, die sich mit der Stadtgeschichte Hagens und der Region
beschäftigen. Unter Region ist in diesem Fall im historischen
Kontext der mittelalterliche Amtsbezirk Wetter mit dem Gericht Hagen
und das heute in Teilen auf Hagener Stadtgebiet liegende frühere
Territorium der bis 1807 souveränen Grafschaft Limburg zu verstehen. |
|
|
|
<6>
’Einblicke’ ist somit auch das Publikationsorgan des Historischen
Centrums Hagen mit seinen hauptsächlichen Arbeitsbereichen: Archive
und Museen. Das Stadtarchiv Hagen zählt dabei zu den größeren
Kommunalarchiven in Nordrhein-Westfalen. Bedingt durch die urbane
Entwicklung Hagens seit der Frühen Neuzeit - erst im Jahr 1746
erhielt Hagen Stadtrechte - und die zahlreichen Eingemeindungen seit
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstand ein heterogener
Bestand, der verschiedene Einzelsammlungen sowie die Akten gleich
mehrerer Amtsbezirke und zweier Städte (Haspe und Hohenlimburg)
verwahrt. Ein Teil dieser Bestände, die Inhalte von circa 15.000
Akten, sind bereits über das Internet einsehbar: www.historisches-centrum.de/archiv/.
Der Fotobestand umfasst etwa 200.000 Negative, Glasplatten und Papierabzüge
seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Mit dem Westfälischen Literaturarchiv,
das 1962 unter Mitwirkung des Hagener Schriftstellers und Dichters
Ernst Meister gegründet wurde, und dem im selben Jahr entstandenen
Westfälischen Musikarchiv gehören zum Historischen Centrum
Hagen zwei weitere Spezialarchive von überregionaler Bedeutung.
|
|
|
|
<7>
Das Stadtmuseum Hagen verwahrt demgegenüber die Sachkultur der
Region, die von einer reichhaltigen archäologischen Sammlung,
für die im Wasserschloss
Werdringen ein eigenes Haus in Vorbereitung ist, über die
international bedeutsame Porzellansammlung Laufenberg-Wittmann bis
hin zur Industriekultur des 19. und 20. Jahrhunderts sowie zu zeitgeschichtlichen
Exponaten reicht. |
|
<8>
Alle diese Bestände und Sammlungen des Historischen Centrums
bilden den thematischen und inhaltlichen Hintergrund der Online-Zeitschrift
’Einblicke’. Durch die konzeptionelle Arbeit an der Dauerausstellung
des Hagener Stadtmuseums sowie deren zur Zeit in Arbeit befindlichen
Realisierung bis 2005 eröffnet die Bestandsforschung und archivarische
Erschließung ständig neue Themen und Inhalte für die
Online-Zeitschrift ’Einblicke’, die in den nächsten
Ausgaben sukzessive vorgestellt werden sollen. Doch nicht nur werden
Archiv- und Museumsbestände thematisiert, sondern auch regionalhistorische
Forschungsergebnisse, wie unter anderem die Beiträge von Ralf
Peter Fuchs über einen Kriminalfall aus dem Jahr 1591 (Ausgabe
7/2002) sowie von Stephanie Marra und Gerhard E. Sollbach über
einen frühneuzeitlichen Richtplatz (5/2002) belegen. |
|
|
|
<9>
Die Beiträge in ’Einblicke’ erscheinen in unregelmäßigen
Abständen. Eine Ursache dafür ist der Umstand, dass die
redaktionelle Betreuung neben der regulären Arbeitszeit laufen
muss. Dies bedeutet, dass die ’Anwerbung’ von Autoren
und die ’Produktion’ von Beiträgen nur einen zeitlich
sehr eingeschränkten Bestandteil der hauptberuflichen Museums-
und Archivarbeit darstellt und zumeist noch in der Freizeit erledigt
werden muss. Darunter leidet naturgemäß der Umfang und
der Erscheinungsrhythmus von ’Einblicke’ im Vergleich
zu Online-Zeitschriften mit einer ’hauptamtlichen’ Redaktion.
Hinzu kommt, dass es für ’Einblicke’ keine finanzielle
und sonstige Unterstützung gibt. Abgesehen vom Speicherplatz
auf dem Server des Historischen Centrums leben die ’Einblicke’,
um dies nochmals zu unterstreichen, hauptsächlich vom Engagement
der Autoren und des Teams im Hagener Museums- und Archivzentrum. Das
sind zwar sicherlich ungünstige Voraussetzungen für eine
Online-Zeitschrift, doch in der Funktion der ’Einblicke‘
als ’Hausjournal’ des Historischen Centrums wäre
eine andere Alternative kaum denkbar. Mehr noch: die Anbindung an
das Historische Centrum garantiert die Nachhaltigkeit der Inhalte
und die wissenschaftliche Qualität der Publikationen. Gleichzeitig
stellen die reichen Archiv- und Museumsbestände eine beständige
Quelle für weitere interessante Beiträge dar. |
|
<10>
Die Zugriffszahlen auf die ’Einblicke’ und auf einzelne
Beiträge sind sehr unterschiedlich. Gemessen an den Besuchern
(’visitors’), Besucher-Sitzungen (’visits’)
und Seitenaufrufen (’pageviews’) erreicht das Journal
bislang monatlich bis zu 1.800 Besucher auf der Startseite. Einzelne
Beiträge wurden durchschnittlich von bis zu 2.580 Besuchern im
Monat abgerufen, wobei es ausschlaggebend ist, ob der Beitrag zum
Beispiel in der Presse vorgestellt oder aber sich als Link auf anderen,
gut besuchten Online-Angeboten verlinkt wurde. |
|
<11>
Im Zusammenhang mit der Einweihung des architektonisch neu gestalteten
Rathausviertels in Hagen stellte ’Einblicke’ im April
und Mai 2003 den Fund von Bauplanungsentwürfen im Stadtarchiv
Hagen vor (Beilage 1/2003), die unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg
in der Vorbereitung des Wiederaufbaus angefertigt wurden. Die zeitnahe
Publikation dieser völlig im Wiederspruch zu den tatsächlich
erfolgten Baumaßnahmen und des heutigen Erscheinungsbildes stehenden
Pläne, die noch Anklänge zur Städteplanung der NS-Zeit
zeigten, führte zu einem regen Interesse der Regionalpresse,
Online-Medien und der interessierten Öffentlichkeit an den digitalisierten
Planungsskizzen. |
|
<12>
Die eingangs formulierte Frage danach, ob der Kostenaufwand
bei Online-Zeitschriften tatsächlich geringer ist als bei konventionellen
Publikationen, ob das Medium Internet sogar neue Lesergruppen erschließen
kann, und ob eine wissenschaftliche Institution, die ’vor Ort’
ihre Forschungen und Materialen präsentieren möchte, hier
neue Möglichkeiten der Darstellung findet, können zur Zeit
noch nicht abschließend beantwortet werden. Für das Historische
Centrum Hagen erweist sich die regionalgeschichtliche Online-Zeitschrift
’Einblicke’ jedoch als tatsächlicher Gewinn, wenn
man den Kosten-Nutzen-Effekt im Vergleich zu einer herkömmlichen
Zeitschrift, die Zahl der erreichbaren Leser, die nicht nur ’Heimatfreunde’
einschließen, und auch die multimedialen Möglichkeiten
betrachtet. |
|
Autor |
Ralf Blank M.A.
Historisches Centrum Hagen Ralf.Blank@historisches-centrum.de
http://www.historisches-centrum.de/
|
|
Anmerkung der Redaktion:
Wenn nicht anders vermerkt, gilt als Referenz-Datum für Inhalt und
Funktionalität aller im Text genannter Links der 17.10.2003.
Empfohlene Zitierweise:
Ralf Blank: 'Einblicke' - eine Online-Zeitschrift für Regionalgeschichte,
in: zeitenblicke 2 (2003), Nr. 2 [22.10.2003], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/02/blank.html>
Bitte setzen Sie beim Zitieren dieses Beitrags hinter der URL-Angabe
in runden Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse.
Zum Zitieren einzelner Passagen nutzen Sie bitte die angegebene
Absatznummerierung. |