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Hans-Peter Haferkamp / Massimo Meccarelli / Mathias
Schmoeckel / Andreas Thier |
Das 'Forum Historiae Iuris' – eine elektronische
Zeitschrift zur Rechtsgeschichte |
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Das ‘Forum Historiae Iuris’ (FHI) wurde 1996 als erste
elektronische Rechtsgeschichtszeitschrift Europas an der Humboldt-Universität
zu Berlin von Rainer Schröder, Christoph Paulus, Hans-Peter Benöhr,
Fred Bär und Hans-Peter Haferkamp gegründet. Im Ausgangspunkt
prägend für das Projekt waren drei Überlegungen, die
sich in den Schlagwörtern ‘Internationalität des rechtshistorischen
Diskurses’ – ‘Kostendruck’ – ‘Erstarrungstendenzen
in der Landschaft der Printmedien’ verdichten lassen. |
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Ausgangsüberlegungen der Gründer
1996
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1. Die Internationalität des
rechtshistorischen Diskurses |
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Die Rechtsgeschichte ist europäisch vernetzt, wie es ihren transnationalen
römisch-christlichen Wurzeln entspricht. Im Römischen Recht
bestehen seit langem enge Forschungsverbünde insbesondere mit
Italien, den Niederlanden, Belgien, Österreich, der Schweiz,
Skandinavien und Polen. Die Kanonistik steht darüber hinaus mit
den amerikanischen und osteuropäischen Fachkollegen in engem
Austausch. Auch die traditionell auf die Gebiete des Alten Reichs
ausgerichtete Germanistik hat sich seit den siebziger Jahren, teilweise
zusammenwachsend mit der Romanistik, teilweise in starker Annäherung
an die Geschichtswissenschaften, zunehmend europäisch orientiert.
Die durch das Internet ermöglichte Internationalität des
Fachdiskurses sprach für ein online-Medium wie das ‘Forum
Historiae Iuris’. |
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Zwar sind namhafte Zeitschriften verschiedener Länder –
wie etwa die ‘Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis’ oder
‘Ius commune’, 'Quaderni Fiorentini', 'Revue historique
de droit français et étranger' - auch europaweit bekannt
und werden europaweit rezipiert. Trotzdem ist die rechtshistorische
Debatte vielfach noch national gebunden. Eine Plattform für eine
grenzüberschreitend verstandene Rechtsgeschichte, die sich um
die Überwindung nationaler Radizierungen bemüht, fehlte.
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2. Kostendruck |
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Allerdings boten die 1996 bestehenden gedruckten rechtshistorischen
Zeitschriften ein hohes Maß an Internationalität. Doch
gerade die Entwicklungen an der Humboldt-Universität ließen
nur allzu deutlich erkennen, wie sehr diese Internationalität
in den Zeiten zusehends versiegender staatlicher Finanzierungen gefährdet
war: Die in Berlin früh einsetzenden radikalen Sparmaßnahmen
machten allen Beteiligten klar, dass die ausdifferenzierte Zeitschriftenlandschaft
in ihrer überkommenen Form kaum mehr zu halten war. Viele rechtshistorische
Zeitschriften waren in Berlin – trotz immerhin dreier Hochschulen
und zweier Staatsbibliotheken - nur einmal, bisweilen auch gar nicht
vorhanden. Viele Artikel waren nur in der Form von Sonderdrucken verfügbar
und gingen als begehrte Sammlerstücke von Hand zu Hand. |
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Schon deshalb war es natürlich nicht das Ziel der neu gegründeten
Zeitschrift, in gefährdenden Wettbewerb zu anderen rechtshistorischen
Periodika zu treten. Denn in einer Zeit, in der in ganz Berlin aus
dem breiten europäischen Spektrum der Rechtsgeschichte nurmehr
zwei Zeitschriftenabonnements zu finanzieren waren, konnte es nicht
um Konkurrenz gehen. Die Nutzung des Internet als Publikations- und
Vertriebsweg war in dieser Situation das geradezu natürliche
Instrument der Wahl. Dass diese Situation in anderen Ländern
ihre Entsprechung hatte, zeigt sich im Blick auf die Entwicklung der
Abonnentenstrukturen: Denn es war sicherlich kein Zufall, dass zunächst
unsere östlichen Nachbarn zu den besonders intensiven Nutzern
von ‘Forum Historiae Iuris’ zählten. Mittlerweile
dürfte der Druck der knappen Kassen auch und gerade im Bereich
der Rechtsgeschichte freilich ein Phänomen mit europaweiter Verbreitung
sein. |
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3. Erstarrungstendenzen in
der Landschaft der Printmedien |
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Die traditionellen Fachvertreter begegneten dem neuen Medium weitgehend
mit zurückhaltender Skepsis. Aus der Perspektive des Nachwuchses
bot das ‘Forum Historiae Iuris’ hingegen deutliche Vorteile:
1996 befand sich die rechtshistorische Disziplin in einer Phase allmählich
einsetzender personeller Umbrüche. Trotzdem war Autoren aus dem
Kreis des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht selten der Zugang zu
den eingeführten Periodika verwehrt. Hinzu trat der Umstand,
dass viele gedruckte Zeitschriften vergleichsweise selten erschienen,
so dass oft mehrjährige Wartezeiten bis zum Erscheinen eines
Aufsatzes oder auch einer Rezension einzukalkulieren waren. Gerade
der wissenschaftliche Nachwuchs stand deshalb im Blick der Mitherausgeber.
Das ‘Forum Historiae Iuris’ sollte die schnelle, unkomplizierte,
kostenlose und internationale Veröffentlichung möglich machen.
Zunächst waren es deswegen vor allem Autoren aus dem Kreis der
Doktoranden und Habilitanden, die in unserer Zeitschrift publizierten.
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Die Ausweitung des Herausgeberkreises und die
Ablösung von der Humboldt-Universität zu Berlin
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Die neue Zeitschrift wurde sehr schnell angenommen. In den ersten
Jahren erschien eine Vielzahl von Aufsätzen, die praktisch durchweg
Erstveröffentlichungen darstellten. Eher schleppend entwickelte
sich dagegen das Projekt, laufende Promotionsvorhaben zu sammeln und
zugleich den Austausch unter den Nachwuchswissenschaftlern zu ermöglichen.
Die Zeitschrift suchte dabei die Nähe zum ‘Europäischen
Forum Junger Rechtshistoriker und Rechtshistorikerinnen’, das
seit 1996 jährlich an verschiedenen Orten in Europa tagt. In
der Folge zeigte sich freilich, dass der Schwung des Anfangs zu erlahmen
drohte. |
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Insbesondere die hohe Arbeitsbelastung der Redaktion, die ihre Aufgaben
parallel zum normalen Lehrstuhlbetrieb erfüllen musste, verursachte
zunehmend Probleme. Seit 1999 wurde daher die Ausweitung des Herausgeberkreises
betrieben. Damit einher ging die Ablösung des Projekts von der
Humboldt-Universität zu Berlin, die 2003 durch die eigene Domain
‘forhistiur.de’ auch technisch vollzogen wurde. Mit Mathias
Schmoeckel (Bonn), Andreas Thier (Münster), Albecht Cordes (Frankfurt
a. M.), Hans-Georg Hermann (München), Martin Schermaier (Münster)
und Hans-Peter Haferkamp (inzwischen Köln), wurde die Arbeit
in Deutschland auf mehrere Lehrstühle und Universitäten
verteilt. Zugleich wurde das Herausgebergremium internationalisiert.
Mit Franck Roumy (Paris), Massimo Meccarelli (Macerata), Stefano Solimano
(Piacenza), Francesco Di Donato (Benevento), Emilio Conte (Rom), Juan
Sainz Guerra (Jaén) und Michele Luminati (Luzern) hat die Herausgeberstruktur
inzwischen europäisches Niveau erreicht. |
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Zur Struktur des Mediums 2003 |
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Der Aufsatzteil bildet seit jeher das Herzstück des ‘Forum
Historiae Iuris’. Bei der Auswahl von Manuskripten gilt der
Grundsatz, dass in der Regel keine Zweitveröffentlichungen angenommen
werden sollen. Die durch die Ausweitung des Herausgeberkreises erreichte
fachliche Breite ermöglicht es inzwischen, durch ein strenges
Vier-Augen-Prinzip den Status eines Peer Review zu gewährleisten.
Um auch die Wünsche von ‘Traditionalisten’ zu befriedigen,
werden seit 1999 den Autoren digitale Vorlagen für ‘Sonderausdrucke’
zur Verfügung gestellt. Die Aufsätze werden in einer Druckversion
und in einer Bildschirmversion angeboten, die die digitalen Möglichkeiten
etwa hinsichtlich der Bewegung im Dokument nutzen kann. Selbstverständlich
sind alle veröffentlichten Beiträge auf der Website für
die Volltextsuche zugänglich. Die Beiträge können in
Deutsch, Englisch, Italienisch und Französisch erscheinen und
enthalten im Regelfall ein Abstract in einer zweiten Sprache, möglichst
Deutsch oder Englisch. In absehbarer Zeit soll die Zeitschrift neben
der bereits existierenden deutschen und englischen Version auch in
französisch und italienisch abrufbar sein. |
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Zur Förderung des inner- wie interdisziplinären Austausches
bieten wir die Möglichkeit, über laufende Promotionsvorhaben
zu berichten. Zunehmend intensiver genutzt wird unser Veranstaltungsdienst,
durch den über Tagungen und andere Veranstaltungen informiert
wird. Die Sparte ‘Didaktika’ dient vor allem der rechtsgeschichtlichen
Lehre, in der wir Seminararbeiten, Musterexegesen, Bibliographien
und überblicksartige Darstellungen als ‘Vorlesung’
anbieten. Der Mitherausgeber Mathias Schmoeckel betreut eine exzellente
Linksammlung. Unser Plan, eine breite Zeitschriften- und Monographienschau
zu organisieren, ließ sich bisher noch nicht realisieren. In
der Zwischenzeit bieten wir Verlagen die Möglichkeit, auf Neuerscheinungen
hinzuweisen. Seit 2003 existiert eine Rezensionsabteilung, die zu
einem zentralen Standbein des ‘Forum Historiae Iuris’
werden soll. Vor kurzem eröffnet wurde ein Internetforum (nicht
nur) für Nachwuchsrechtshistoriker, das die direkte Debatte möglich
machen und fördern soll. |
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Ausblick |
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Die Ausweitung des Herausgeberkreises hat das ‘Forum Historiae
Iuris’ – wie schon angedeutet - zu einem europäischen
Gesprächskreis werden lassen. Es wurde eine kleine Redaktion
gegründet, die, bestehend aus fünf Mitherausgebern, die
Tagesarbeit übernimmt. Künftig sollen eventuell Landesredaktionen
hinzukommen. Der Wachstumsprozess erfordert in Zukunft eine eigene
finanzielle Grundlage: Zumindest ein festes Redaktionsmitglied sollte
eingestellt, Herausgebertreffen müssen organisiert werden, um
nur einige der unmittelbar drängendsten Herausforderungen anzusprechen.
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Neben der Rezensionsabteilung wird auch im Aufsatzteil die klassische
‘Archivfunktion’ einer Zeitschrift weiterhin einen zentralen
Bestandteil des Projekts bilden. Trotzdem versteht sich das ‘Forum
Historiae Iuris’ nicht als Alternative, sondern als Ergänzung
der gedruckten Zeitschriftenlandschaft unter Nutzung der spezifischen
Fähigkeiten des mittlerweile nicht mehr ganz neuen, aber doch
innovativen Mediums Internet. Künftig soll verstärkt versucht
werden, das Internet zur Entwicklung einer neuen Methode des vernetzten
Diskurses zu nutzen, der schnell, interdisziplinär, international
und vor allem offen im Zugang sein soll. Diese Zielsetzung ist Teil
des kulturellen Programms, dem sich das ‘Forum Historiae Iuris’
verpflichtet sieht. Die ‘kurzen Wege’ des Internet dienen
dem Ziel, die gerade entstehende europäische Rechtseinheit in
historischer Perspektive zu begleiten. |
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Wir streben deshalb auch den Ausbau transnationaler Projektgruppen
an. Der Aufbau derartiger Gesprächskreise soll zunächst
in der Sektion ‘Debatte’ versucht werden, wo Streitschriften
dazu anregen sollen, einzelne Sachthemen aus verschiedenen Blickwinkeln
zu beleuchten. Auch wenn die Herausgeber inzwischen weitgehend auf
Lehrstühle berufen sind, soll unbedingt die Nähe des Mediums
zum wissenschaftlichen Nachwuchs erhalten bleiben. Das verbindet sich
mit unserem Ziel, das ‘Forum Historiae Iuris’ als Medium
für einen europäischen Marktplatz der rechtshistorischen
Meinungen zu etablieren, für dessen Sinnhaftigkeit unsere Zeitschrift
auch zukünftig stehen wird. |
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Prof. Dr. Hans-Peter Haferkamp
Institut für Neuere Privatrechtsgeschichte, Deutsche und Rheinische
Rechtsgeschichte
der Universität zu Köln
Albert-Magnus- Platz
50923 Köln
hans-peter.haferkamp@uni-koeln.de
www.uni-koeln.de/jur-fak/inp/ |
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Prof. Dr. Mathias Schmoeckel
Institut für Deutsche und Rheinische Rechtsgeschichte
der Rheinischen Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn
Adenauerallee 24-42
53113 Bonn mschmoeckel@jura.uni-bonn.de
www.jura.uni-bonn.de/institute/rgesch/ |
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Prof. Dr. Massimo Meccarelli
Università di Macerata,
Facoltà di Giurisprudenza, Università di Macerata, Instituto
di studi storici, via Garibaldi 20
I-62100 Macerata, Italien meccarelli@unimc.it
www.unimc.it/web_9900/prov_dip/studi_st/Ist_stud.htm |
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Prof. Dr. Andreas Thier
Universität Münster
Institut für Rechtsgeschichte
Germanistische und Kanonistische Abteilung
Universitätsstraße 14-16
48143 Münster
anthier@uni-muenster.de
www.uni-muenster.de//Jura.history/GermKan/welcome.htm |
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Anmerkung der Redaktion:
Wenn nicht anders vermerkt, gilt als Referenz-Datum für Inhalt und
Funktionalität aller im Text genannter Links der 17.10.2003.
Empfohlene Zitierweise:
Hans-Peter Haferkamp / Massimo Meccarelli / Mathias Schmoeckel /
Andreas Thier: Das 'Forum Historiae Iuris' – eine elektronische
Zeitschrift zur Rechtsgeschichte, in: zeitenblicke 2 (2003),
Nr. 2 [22.10.2003], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/02/haferkamp.html>
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