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Steffi Roettgen |
Venedig oder Rom –
Disegno e Colore
Ein Topos der Kunstkritik und seine Folgen
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Riassunto |
Partendo dal concetto di 'regionalismo'
oppure d'identità regionale nell'interpretazione che ne ha
dato Fernand Braudel ci rendiamo conto che il modo di guardare Venezia
e l'arte veneziana con una certa ottica si forma a partire del romanticismo.
Sono autori quali John Ruskin e Hippolyte Taine che sulla base della
teoria del 'milieu' hanno dato inizio a un metodo della storia dell’arte
ottocentesca che identifica il carattere del luogo e della sua gente
con l'arte che vi viene prodotta. Il concetto teorico che sta alla
base di questo modo di interpretare la pittura, deriva però
dal Vasari e si riferiva all’opposizione artistica tra Venezia
e Firenze, e al loro antagonismo che secondo Vasari vedeva vincitore
il disegno. Dopo Vasari questo concetto viene ripreso da altri teorici
italiani, ma all'inizio del Settecento il dibattito si sposta in Francia
dove de Piles sulla scia del 'debat des anciens et modernes' dando
la palma a Rubens invece di Poussin, prende la parte del colore. Grazie
alla diffusione del nuovo gusto per il colore che si diffonde dalla
Francia per tutta l'Europa, l'arte veneziana acquista una grandissima
riputazione dalla quale approfittano soprattutto i pittori moderni
veneziani attivi all'estero, durante il Settecento.
Davanti questo sfondo viene sottolineata l'importanza di Venezia per
il giovane Mengs che deve il suo primo successo al 'ritratto a pastelli',
seguendo il gusto del sovrano sassone Augusto III. A causa dell'incarico
per il quadro della chiesa cattolica di Dresda il pittore si porta
a Venezia dove studia l'Assunta di Tiziano che si rispecchia nel quadro
per Dresda. Dall'incontro con l'arte di Tiziano nasce un intenso dialogo
teorico con la sua pittura di modo che Tiziano viene incluso da Mengs
nella 'trias' dei tre primi pittori della storia della pittura per
la perfezione del suo colore. Tale rivalutazione di Tiziano, pubblicata
nei suoi scritti, porta alla revisione generale dei pregiudizi accademici
verso la scuola veneziana sul livello teorico e pratico. A Venezia
è Andrea Memmo, basandosi sui scritti di Mengs, a dare con
la sua 'Orazione' davanti l'Accademia nel 1787 una nuova visione quando
abbandona la tradizionale gerarchia 'disegno, colore e chiaroscuro'
e con essa anche la tradizionale classifica delle scuole. Angelika
Kauffmann che ritrae Memmo durante il suo soggiorno veneziano rappresenta
forse il tipo di pittura che Memmo intese come ideale ed è
una pittura che riunisce le qualità dei grandi maestri del
passato facendolo confluire in un gusto universale. Spetterà
poi al Lanzi di introdurre l'idea di una nuova pittura di carattere
nazionale che si verifica durante l'Ottocento con i 'Macchiaioli'
che danno la prevalenza al colore e non al disegno. |
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Vom 'campanilismo'
zum Regionalismus |
<1>
Während sich die Kunst und die Kunstgeschichte gegenwärtig
vom eurozentrischen Bild zu lösen versuchen und anthropologische
Modelle entwickeln, die unter Einschluss der europäischen Kulturräume
von Amazonien bis Indonesien gelten, schärft sich zugleich das
Bewusstsein für die Identität historischer Lebens- und Kulturräume,
sowie für die Strukturen und Merkmale ihrer Begrenzungen und
Unterscheidungen, aber auch für die daraus resultierenden Konflikte
und Vorurteile. Dies war einer der Hintergründe für die
Überlegungen, die ich hier im Hinblick auf das 18. Jahrhundert
für zwei italienische Kunstzentren darlegen möchte, die
in künstlerischer und geographischer Hinsicht als exemplarische
Antagonisten gelten – Venedig und Rom. Einige grundsätzliche
Bemerkungen zum Phänomen des Regionalismus sollen einen größeren
Kontext andeuten, in den diese Überlegungen gehören. |
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<2>
Es war Fernand Braudel, der 1947 einer regionalen Betrachtungsweise
von Kultur und Kunst zu neuem Ansehen verholfen hat, indem er den
geographischen Raum des Mittelmeers zum Inbegriff einer bis in die
Gegenwart reichenden kulturellen Identität machte, welche die
essentialia der menschlichen Existenz in einem bestimmten Klima und
Milieu umfasst und ausmacht. [1]
Braudel verstand die Geschichte des Kulturraums Italien während
des 17. Jahrhunderts als antipodisch zur politischen Geschichte des
Landes, ja er sah sogar in der politischen Bedeutungslosigkeit der
italienischen Staaten vom 15. bis zum 17. Jahrhundert eine ideale
Voraussetzung für ihre kulturelle Blüte. [2]
Infolge dieser Interpretation haben regional bestimmte Eigenheiten
seitens der Geschichte und der Kunstgeschichte in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhunderts eine neue wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden,
der nichts mehr von der Beschränktheit der forciert nationalen
Kunsttopographie zu Beginn des 20. Jahrhunderts anhaftet, die in der
Kunst das Abbild rassisch bestimmter kollektiver Mentalitäten
gesehen hatte. [3] |
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<3>
Dass eine Region einen kulturell fest umrissenen Charakter habe, der
sich nach ihrer geographischen und klimatischen Beschaffenheit richtet
und der auch die Bewohner dieser Region formt - diese Vorstellung
basiert auf dem Gedankengut der Aufklärung, auch wenn die Ansätze
dafür schon bei Pausanias zu finden sind. [4]
Die unterschiedlichen Positionen zur Milieu- und Klimatheorie trafen
in einem berühmten Streitgespräch zwischen Voltaire und
Montesquieu im Jahr 1748 aufeinander. [5]
Blütezeiten von Kultur wurden aber bereits von Petrarca [6]
als Abbilder politischer Prosperität gesehen, ebenso wie die
Vielfalt der lokalen Unterschiede innerhalb des italienischen Kulturraumes,
die schon Plinius der Ältere als Ausdruck des Reichtums und einer
wohlgefügten politischen Ordnung verstanden hatte. [7] |
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<4>
Das vielschichtige Geflecht, das sich in der regionalen Identität
abbildet, vereint klimatische, geographische und ökonomische
Faktoren mit ihrem Beharrungsvermögen und Veränderungspotential.
Der instabilste Faktor in diesem Gefüge ist der Mensch, der sowohl
als Akteur und wie auch als Voyeur des kulturellen Raumes agiert,
dem er eine äußerlich sichtbare Identität gibt, an
der die künstlerische, vor allem die architektonische Gestaltung
einen wesentlichen Anteil hat. Kulturelle Gewohnheiten des Alltags
werden darunter ebenso verstanden wie die Eigenheiten der Sprache,
auch die Malerei gilt als eines der Merkmale lokaler Identität.
Kulturräume sind Mikrokosmen, in denen Leben und Kultur Bahnen
folgen, die von der Landschaft und dem Klima, dem Sozialgefüge,
der Tradition und der Ökonomie geprägt sind. Ihre interne
Kommunikation wird durch Verkehrswege und durch landschaftliche und
architektonische Bezüge geschaffen und veranschaulicht. Der Anteil
des Individuums an diesen Konstanten oszilliert im Urteil der Literatur
entsprechend der Gewichtung, die dem genius loci gegeben wird. [8] |
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<5>
Die Definition einer regionalen Identität steht immer in direkter
Abhängigkeit vom Standort des Betrachters – an den kulturgeographischen
Gegensätzen schärfte sich das Selbstbewusstsein der Bürger,
gleichzeitig bestimmt der Standort die Grenzen der regionalen Befindlichkeiten,
die je nach Standpunkt an den Rändern der größeren
Kulturräume oft unklar und umstritten waren und sind. In Italien
wird die Beschränkung auf die Sichtweise der Insider mit dem
Begriff 'campanilismo' [9]
umschrieben, ein Wort, das vom 18. bis zum 20. Jahrhundert einen schlechten
Ruf hatte, da es als Synonym für Beschränktheit und für
engstirnige Perspektiven und für Konflikte um Boden, lokale Macht
und Besitzstand galt. Nach diesem Topos bezieht sich das Land auf
die Stadt, lebt von ihr, richtet sich zu ihr hin, umrahmt sie, und
bezieht seine immer etwas rückständigere Verfassung aus
diesem kulturellen Gravitationszentrum. In Frankreich und in Deutschland
wurde dieses Phänomen mit dem Begriff 'Provinzialismus' umschrieben,
[10] der für den
Kosmopoliten einen schlechten Klang hatte, und zwar selbst dann, wenn
man die kulturelle 'Welthaltigkeit' der Provinz apostrophierte, wie
dies etwa für Thomas Mann zutraf, als er 1947 aus der von ihm
als kosmopolitisch empfundenen Schweiz in das provinzielle, zugleich
aber auch welthaltige Weimar reiste. [11] |
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<6>
Es ist ein Faktum, dass die negative Behaftung der Beschränkung
auf kleinere kulturgeographische Räume in den letzten Jahren
nachgelassen hat. Man spricht heute weniger von Provinzialismus und
'campanilismo' als von Regionalismus, ein Begriff, der die gegenwärtige
politische und gesellschaftliche Realität genauer widerspiegelt.
Wurde die Stadt-Land-Hierarchie früher einseitig vom Zentrum
her definiert, wobei die Stadt immer über das für sie lebensnotwendige
Hinterland dominierte und den Charakter der Region in kondensierter
Form verkörperte, wird diese Relation mittlerweile als konzertiertes,
antizyklisches oder polarisiertes Zusammenspiel von Zentrum und Peripherie
beschrieben, in dem die Peripherie durchaus ihre Eigengesetzlichkeit
behauptet. [12] Während
zugleich im Alltag die zentrifugale Tendenz der Städte zunimmt,
gewinnen überschaubare historische Kultureinheiten, die im globalisierten
Raum Geborgenheit versprechen, an Attraktivität. Städte
und Stadtkulturen entwickeln dank ihrer Identität als geschlossene
ästhetische Kulturräume im Europa der Regionen eine beachtliche
Sogwirkung. Sie verfestigen sich für den Nostalgie-, Konsum-
und Kuriositätentourismus zu Bildern, die aus dem Thesaurus der
'kollektiven Phantasie' gespeist werden, die die Wirklichkeit zu imaginären
Bildern reduziert, die, wie Umberto Eco es ausgedrückt hat, "Teile
der wirklichen Welt aus ihren gewohnten Zusammenhängen herausnehmen
und zu einer neuen Realität kombinieren". [13]
Ganz neu ist dieses Verfahren nicht und die Kunstgeschichte hat seit
ihrem Bestehen an den Bausteinen und am Gefüge dieser fiktiven
Realität kräftig mitgewirkt. |
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Das Bild
von Venedig im 18. und 19. Jahrhundert |
<7>
Wenn man von dieser Problematik in Italien spricht, braucht man das
nicht weiter auszuführen. Gerade hier und besonders an Venedig
lässt sich zeigen, wie sich die Wahrnehmung der Stadt im Laufe
des 19. Jahrhunderts zu einem ästhetischen Faktum verfestigt
hat, das die Realität überlagerte. [14]
Liest man nacheinander die Berichte von Montesquieu (1728), [15]
Charles de Brosses (1739), [16]
Schinkel (1803), [17]
die berühmten Stanzen Lord Byrons (1818) [18]
und schließlich John Ruskins Eindrücke, angefangen von
seiner ersten Venedigreise (1835) bis zum Vorwort zu den 'Stones of
Venice' (1850-1853), so lässt sich nachvollziehen, wie die Vorstellung
von der Stadt aus der Wahrnehmung ihrer Realität und ihres Lebens
sukzessiv zu einem ästhetischen Erlebnis mutierte, dem die klischeehaften
Züge nicht fehlen, was sich in den gleichzeitigen Veränderungen
der künstlerischen Wahrnehmung spiegelt. [19] |
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<8>
Es war offenbar unvermeidlich, dass dieser grundsätzliche Antagonismus
fast immer mit einer geschmacklichen Konstellation einhergeht, die
sich auf den seit Vasari etablierten Gegensatz zwischen 'disegno'
und 'colore' beziehungsweise 'intelletto' und 'natura' zurückführen
lässt. Zwei dafür symptomatische Verhaltensweisen und Urteile
zeigen dies. Winckelmann, der sich auf seiner Reise von Dresden nach
Rom fünf Tage in Venedig umgesehen hatte, resümiert seinen
Eindruck von dieser auch damals an Antiken ja nicht gerade armen Stadt
kurz und lapidar: “Venedig ist ein Ort, der mir nicht gefallen
hat.“ [20] Dem
gegenüber steht das von einem tiefen Verständnis für
die Eigenart der Stadt und die Besonderheit ihrer Malerei geprägte
Schlüsselerlebnis, das Wilhelm Heinse drei Jahrzehnte später
in seinem Roman 'Ardinghello' poetisch verarbeitet hat. [21]
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<9>
Eines der Themen dieses Romans ist die Verteidigung der venezianischen
Malerei gegenüber der römisch-toskanischen Malerei. [22]
Heinses Position war zweifellos diejenige, der die Zukunft gehörte
und das hing auch damit zusammen, dass er seinen Emotionen nicht den
Einfluss auf sein Sehen verwehrte. Einzelne Stimmen, die die romantische
Sicht auf Venedig vorwegnehmen, lassen sich allerdings auch schon
um die Mitte des 18. Jahrhunderts vernehmen. Eine von ihnen gehört
dem französischen Maler Joseph-Marie Vien, der 1750 im Mondschein
in Venedig ankam und der seinen ersten Eindruck wie folgt beschrieb:
"Nous arrivâmes à Venise pendant une magnifique
claire de lune. Le ne saurais décrire l’impression que
fit sur moi cette ville bâtie dans la mer. La reproduction de
l’image de tous ses bâtiments dans l’eau, produisit
à mes yeux une espèce de rêve enchanteur dont
je conserverai le souvenir toute ma vie." [23]
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<10>
Der konzertierte und verklärte Blick auf die Stadt Venedig und
ihre Kunst führte schließlich dazu, dass zwischen der klimatisch
und geographisch bedingten Mentalität und Geschichte Venedigs
und seiner Kunst eine direkte Parallele gezogen wurde. [24]
Goethe war diesem Gedanken anlässlich seines ersten Venedigaufenthaltes
im Jahr 1786 noch eher beiläufig nachgegangen, wenn er feststellte,
dass er die Gabe besitze, "die Welt mit den Augen desjenigen
Malers zu sehen, dessen Bilder sich ihm eingedrückt" hatten,
um daraus den vorsichtigen Schluss zu ziehen, "dass sich das
Auge nach den Gegenständen bildet, die es von Jugend an erblickt
und so muss der venezianische Maler alles klarer und heiterer sehn
als andere Menschen." [25]
Das Bild, das er von Venedig mitnahm und das er sehr bewusst seinem
Thesaurus bildlicher Erinnerungen einverleibte, hat er malerisch in
einer Weise festgehalten, die erstaunlicherweise das von der atmosphärischen
Verschwommenheit geprägte romantische Bild Venedigs um Jahrzehnte
vorweg nimmt (Abb. 1). [26] |
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Abb. 1 |
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<11>
Vielleicht beeinflusst durch die Parallelen, die er zwischen England
und dem Staat Venedig sah, stellte John Ruskin den Gegensatz zwischen
Venedig und Rom dezidiert heraus, indem er etwa behauptet, dass in
Tizians Werken nichts Religiöses sei und dass selbst seine größeren
sakralen Gemälde die Themen nur der Vorwand wären für
"the exhibition of pictorial rhetoric – composition and
color." [27] In
extrem pointierter Weise bezog Ruskin eine progammatische Position
im Hinblick auf das Verhältnis der Koloristen zu den Nichtkoloristen,
wie er sie nennt, wobei deutlich wird, dass es ihm nicht um die malerischen
Möglichkeiten, sondern um grundsätzliche Sichtweisen der
Welt und der Wahrheit in der Kunst ging. [28]
Auch wenn nicht alle Autoren eine so prinzipielle und absolute Wertung
von Farbe und Zeichnung vornahmen, so ist offensichtlich, dass sich
mit der Kunst von Venedig beziehungsweise von Florenz und Rom eherne
kunsthistorische Topoi verbinden, die immer wieder zu pointierten
Aussagen führten. Zwar beruhten sie zu einem Teil auf individuellen
Anschauungen und Präferenzen, zum anderen aber ergaben sie sich
auch aus der Synthese eines Kanons von Lese- Reise- und Seherfahrungen,
wie sie für die Konstituierung der "kunsthistorischen Mentalität“
im 19. Jahrhundert prägend waren. |
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<12>
Jacob Burckhardts Kapitel über die venezianische Malerei des
16. Jahrhunderts im 'Cicerone' (1855) macht nachvollziehbar, wie sehr
für ihn die Faszination dieser Malerei darauf beruhte, dass sie
den "Geist Venedigs" evozierte, und zwar unabhängig
davon, wo man ihr begegnete. [29]
Aus diesen Vorgaben entwickelte sich die Gleichsetzung zwischen dem
lokalen Kunstcharakter und der Natur der Orte, eine Betrachtungsweise,
an der die Kunstgeschichte im Großen und Ganzen bis heute festgehalten
hat, und zwar für alle künstlerischen Bereiche, in besonderem
Maße aber für die Malerei. Die ersten Anzeichen dieser
Art der Betrachtung finden sich bei bereits Carl Friedrich von Rumohr,
der schon 1827 im Rückgriff auf Herders Ideen die These aufstellte,
dass die Kunstbetrachtung von der "Übereinstimmung des künstlerischen
Wollens (...) mit dem gesamten Leben des Volkes" auszugehen habe.
[30] |
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<13>
Besonders deutlich und mit speziellem Blick auf Venedig prägte
sich diese Auffassung später in den Schriften von Hippolyte Taine
aus, der als Begründer der neueren Milieutheorie gilt und in
dessen hymnischen, ja geradezu trunkenen Elogen auf Venedig die Unterschiede
zwischen Kunst und Leben aufgehoben werden. Taines Passagen über
das Venedig des 18. Jahrhunderts und die Malerei dieser Zeit sind
ein anschaulicher Beleg für eine Betrachtungsweise, die in der
romantischen Gleichsetzung zwischen Leben und Kunst schwelgte: "Der
Geschmack (der Malerei) wird zur gleichen Zeit, in der er verflacht
und verschrumpft, auch weichlich und lüstern. Aber dieser Abend
der sinkenden Stadt ist ebenso weich und glänzend wie ein venezianischer
Sonnenuntergang." |
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<14>
Für Taine ist Tiepolo der Gestalter des Melodramas, insbesondere
im religiösen Bereich und der passende Maler für eine Gesellschaft,
die er mit den Thebanern der Niedergangszeit vergleicht, "welche
sich zusammentaten um ihr Vermögen gemeinsam aufzuzehren und
sterbend den Rest ihrer Güter den Überlebenden ihres großen
Gastmahles vermachten." [31]
In dieser ästhetisch determinierten Betrachtung der Kunst und
der Geschichte, die eine Gleichung zwischen der eigenen Faszination
durch die Dekadenz und dem Zustand der venezianischen Malerei am Ende
des 18. Jahrhunderts suchte, [32]
war es nicht Rom, das den Gegenpart zu Venedig bildete, sondern Florenz.
Hören wir noch einmal Taine: "Mit Florenz verglichen, welches
das andere Zentrum bildet, ist es eine Wasserwelt neben einer Erdwelt.
Das was in einem trockenen Lande dem Lande auffällt, ist die
Linie, in einem feuchten Lande ist es der Farbfleck." [33] |
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Der Traum von der
Kunstlandschaft |
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Abb. 2 |
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<15>
Es war diese visuell vor allem für das 15. und 16. Jahrhundert
an der Malerei nachvollziehbare Polarisierung, die der Ausgangspunkt
einer auf den lokalen Kunstcharakter fixierten stilistischen Betrachtungsweise
war. [34] Die Bilder,
die diese Relation visualisieren, sind die Veduten der beiden Städte
– die Silhouette von Florenz mit der Domkuppel, umgeben von
der Kulisse der toskanischen Hügellandschaft (Abb. 2) und eine
Ansicht des Canale Grande von Antonio Canale (Abb. 3). Bilder dieser
Art hatte der kunsthistorisch gebildete Italienreisende des 19. Jahrhunderts
parat. [35] Für
die synthetische Wahrnehmung der durch Lektüre und kunsthistorischen
Stilvergleich gebildeten Reisenden bewirkte die Übereinstimmung
zwischen den Kunstwerken und den landschaftlichen und klimatischen
Eigenarten der Regionen, aus denen sie hervorgegangen waren, jenes
nostalgische Erlebnis der Geschlossenheit und Harmonie, nach dem sie
suchten. |
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Abb. 3 |
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<16>
Die Guidenliteratur bietet zahlreiche Belege dafür, wie wichtig
die geographischen Koordinaten für die Betrachtung der Kunstschätze
waren. [36] Stellvertretend
für diese Einstellung sei Hermann Hesse zitiert, der 1901 über
Venedig zu Papier gab: "Auch fand ich nirgends sonst eine solche
Einheit des heutigen Lebens mit dem Leben, das aus den Kunstwerken
der goldenen Zeit Venedigs redet und in welchem Sonne und Meer wesentlicher
sind als alle Historie." [37]
Während Venedig mit seinem Wasser und seinem Licht als "Bereiterin
seelischer Stimmung und Trägerin fassbarer Wirklichkeit in Licht
und Luft" galt, sah man in Florenz "mit seinen festumrissenen
Bergkonturen und mit der Deutlichkeit seiner Palastfestungen als die
Stadt der Zeichnung und Linie." [38]
Noch Harald Kellers 1960 veröffentlichtes Werk 'Die Kunstlandschaften
Italiens' [39] lebt
von diesem Mythos, der sich vor allem im Begriff der "Kunstlandschaft“
artikuliert. In ihm verdichtet sich die Vision, die dem mit kunsthistorischem
Wissen befrachteten Fremden an den Orten befällt, mit denen er
Kunstwerke verbindet, an die er sich erinnert und die sich in Museen
befinden. Als Ersatz für den vermissten kulturellen Kontext wurde
die stilistische Nabelschnur um so wichtiger, da sie die Kunstwerke
mit der Region verband, aus der sie stammten. Schon Stendhal hatte
den Rombesuchern empfohlen, sich, ausgestattet mit Luigi Lanzis 'Storia
pittorica della Italia', vor ihrer Abreise in den Louvre zu begeben,
um dort die fünf wichtigsten italienischen Schulen der Malerei
zu studieren, ein Wissen, das ein nie versiegendes Gesprächsthema
war, mit dem sie in jedem römischen Salon Eindruck machen würden.
[40] |
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Der Antagonismus
der Malschulen |
<17>
Lanzi verstand unter Schule einen Ort, "ove insegni e si professa
pittura", wobei er nichts dagegen hatte, wenn man an die Stelle
dieses Wortes den Begriff der 'università' setzte. Nach seinem
Verständnis sind Ausbildung und Lehre nicht zu trennen von 'Schule'.
Im gleichen Zusammenhang äußert sich Lanzi kritisch über
die anekdotisch ausgeschmückte Vitenliteratur und über die
eingeschränkte Perspektive der Lokalhistoriker, woraus er sein
Prinzip einer komplexen Darstellung der Kunstentwicklung entwickelt,
die örtliche und zeitliche Faktoren mit der individuellen Geschichte
vereint. [41] Das Ergebnis
war bekanntlich eine Strukturierung der italienischen Malerei, die
sich topographisch an Plinius‘ 'Historia naturalis' orientiert,
die aber die künstlerische Entwicklung in den einzelnen Kulturräumen
nach Intensität, Tempo und Dichte differenziert. Lanzi unterstellte
einen kausalen Zusammenhang zwischen der Intensität der künstlerischen
Impulse der jeweiligen 'scuola' und der politischen Geschichte, was
ihn allerdings mit dem Konflikt zwischen der aktuellen politisch-historischen
Realität und einer in der Vergangenheit angesiedelten künstlerischen
Identität konfrontierte, da in vielen Fällen das ursprüngliche
politische Gravitationszentrum, das Bezugspunkt und Grund der künstlerischen
Blüte einer Schule gewesen war, nicht mehr existierte, als er
darüber berichtete, [42]
so wie im Fall von Florenz, das seine ehemals führende Rolle
im 18. Jahrhundert verloren hatte. Während kleinere lokale Schulen
(Mantua, Modena und Parma) von ihm in nur drei Epochen eingeteilt
werden, artikuliert sich die Entwicklung in Venedig und in Mailand
in vier Epochen, die Einteilung in fünf Epochen kommt nur in
der florentinischen und der römischen Schule vor. Ihr allein
attestierte Lanzi einen "proprio stile“, machte zugleich
aber deutlich, dass er damit mehr meinte als einen lokalen Stil, da
er diese Schule als "uno degli stili principali della pittura"
ansah. [43] |
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<18>
Lanzis kunstgeschichtliche Betrachtung nach Schulen basiert bekanntlich
auf Vasari, der seine chronologisch und biographisch angelegten Künstlerviten
bereits mit einem kunsttopographischen Netz überzogen hatte.
[44] Vasari war es
auch, der mit seinem ausgeprägten "panfiorentinismo“
(F. Bologna) [45] die
Entstehung eines lokalpatriotischen Kunstbewusstseins in Italien gefördert
hat, dessen Nachwirkungen noch heute spürbar sind. [46]
Es ist immer wieder betont worden, dass er im genius loci entscheidende
Impulse für die Etablierung einer künstlerischen Tradition
sah, die über die Zeiten hinweg den besonderen Charakter der
Regionen garantierte und bewahrte. Das Modell der Schulen war aber
auch ein Abbild der künstlerischen Konkurrenz um die besten Plätze
in dieser Rangfolge. Mit der Verknüpfung lokaler und künstlerischer
Qualitäten – die Zeichnung für Florenz, die Farbe
für Venedig – hatte Vasari eine für lange Zeit stabile
Hierarchie etabliert, in der der 'disegno' als gemeinsamer Nenner
der Künste an erster Stelle stand, während dem Kolorit und
damit den Venezianern den zweiten Platz zufiel. |
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<19>
Diese Position kristallisierte sich vor allem in der Biographie Tintorettos
heraus, dessen Begabung und Genie Vasari zwar anerkennt, dem er jedoch
vorwirft "ha superato la stravaganza, con le nuove e capricciose
invenzioni e strani ghiribizzi del suo intelletto che ha lavorato
a caso e senza disegno." [47]
Vasaris Hierarchie wurde von Lomazzo übernommen [48],
um dann zu Beginn des 17. Jahrhunderts durch die Bolognesen aktualisiert
und zementiert zu werden. Die Wertschätzung Tizians durch die
Carracci änderte nichts daran, dass sie kraft der Zeichnung und
der Perspektive triumphierten und nicht kraft der Farbe. Rom trat
im 17. Jahrhundert mit der Dominanz des 'disegno' an die Stelle von
Florenz, wofür anscheinend Domenichino, ein entschiedener Anhänger
der Zeichnung, der die flüchtige Skizze dezidiert ablehnte oder
sein Mentor Monsignor Giovanni Battista Agucchi verantwortlich waren.
[49] Sie sprachen jedenfalls
zum ersten Mal dezidiert von einer 'scuola romana' in der Malerei,
womit in erster Linie die Bolognesen in Rom gemeint waren. [50]
Das eigentliche Profil der römischen Schule definierte dann 1664
Giovanni Pietro Bellori, der neben dem 'disegno' die vorbildhafte
Funktion der Antike als ihr Charakteristikum verstand. [51] |
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<20>
Etwa zur gleichen Zeit formierte sich auch in Venedig die Riege der
lokalpatriotischen Historiographie, die den von Vasari im Zusammenhang
mit Schiavone zum ersten Mal gebrauchten Begriff der 'macchia' salonfähig
machte. [52] Claudio
Ridolfi (1648) und vor allem Marco Boschini (1660) verstanden sich
nicht nur als Chronisten der venezianischen Malerei, sondern zugleich
als ihre Apologeten. In seiner 'Carta del navegar pintoresco' bezieht
Boschini deutlich Stellung gegen Vasari und gegen die von ihm gepriesenen
Maler, vor allem Raffael und rühmt die venezianische Malerei
"che contiene in sè la machia e insieme el trato."
[53] Bemerkenswert
ist, dass er die malerische Freiheit der venezianischen Schule als
Synonym für die politische Freiheit sieht, welche die venezianische
Republik gewährte, [54]
womit er eine ähnliche Richtung einschlug wie Veronese dies in
seiner Aussage vor der Inquisition im Jahre 1573 getan hatte, indem
er den Malern die gleiche Freiheit zugestanden hatte wie den Dichtern
und den Verrückten. [55]
Die Verbindung von malerischer mit politischer Freiheit wurde fortan
zu einem Markenzeichen Venedigs, auch wenn dies nicht immer als ein
Vorteil galt. Dass die in Venedig herrschende Freiheit auch von den
Reisenden des 18. Jahrhunderts als Gegenposition zur Unfreiheit des
Kirchenstaates gesehen wurde, wird durch eine markante Äußerung
von Daniel Defoe von 1720 belegt: "The prodigious stupid Bigottry
of the People also was irksome to me; I thought there was something
in it very sordid, the entire Empire the Priests have over both the
Soul and Bodies of the People, gave me a Specimen of that Meanness
of Spirit which is no where else to be seen but in Italy, especially
in the City of Rome. At Venice I perceived in quite different, the
Civil Authority having a visible Superiority over the Ecclesiastick;
and the Church being more subject there to the State than in any other
Part of Italy." [56] |
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Von Venedig nach
Paris |
<21>
Es ging bei der Abgrenzung der venezianischen und der römischen
Schule um mehr als um lokalen Stolz und malerische Merkmale. In den
Positionen, für die sie in dieser Polarisierung standen, zeichnen
sich Dimensionen ab, die nichts mehr mit den campanilistischen Querelen
zu tun haben, die mit der lokalpatriotischen Kampagne Cesare Malvasias
in der 'Felsina pittrice' für die 'scuola bolognese' in der Malerei
(1678) eine kämpferische Note bekamen. [57]
Dies wird auch in der Debatte um Zeichnung und Kolorit deutlich, die
von Roger de Piles in Paris nach dem Vorbild der Literaturdebatte
um die 'Anciens et Modernes' entfacht wurde und die den Antagonismus
zwischen Farbe und Zeichnung erstmals zugunsten der Farbe entschied. |
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<22>
Die Verlagerung der Debatte um Kolorit und Zeichnung nach Frankreich
hatte sie von der lokalpatriotischen Einengung befreit, die ihr in
Italien seit Vasari angehaftet hatte. Dies verlieh der Debatte eine
intellektuelle Zuspitzung, die sie im italienischen Kontext niemals
gehabt hatte. Eine ehemals durch Schulzugehörigkeit oder Geburt
erworbene Kondition wurde nun wählbar und sogar messbar, wenn
man an de Piles’ Punktesystem – die sogenannte 'Balance
des Peintres' (1708) [58]
- denkt, die freilich in erster Linie der Aufwertung der französischen
Malerei dienen sollte. Seit diesem Zeitpunkt stand die Farbe für
eine moderne und phantasievolle, zur Wiedergabe der modernen Wirklichkeit
fähige Malerei, die Zeichnung dagegen für die Antike und
für einen konservativen Regelkanon, wobei zwei fast noch zeitgenössische
Maler zu den Bannerführern der beiden rivalisierenden Parteien
ernannt wurden, nämlich Rubens und Poussin. |
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<23>
Eigenartigerweise besaß die kunsttheoretische Polarisierung
von 'disegno' und 'colore' im Italien des 18. Jahrhunderts so gut
wie keine Wirksamkeit, was wohl damit zusammenhängt, dass die
Exponenten der beiden Parteien keine italienischen Maler waren. In
einer Hinsicht blieb de Piles’ Sichtweise jedoch auch in Italien
nicht ohne Folgen: seine Präferenz für das Kolorit, die
einer Option für Rubens gleichkam, stärkte in der ersten
Hälfte des 18. Jahrhunderts die Position Venedigs im europäischen
Kontext, wie sich an dem starken venezianischen Einfluss auf die französische
Malerei des Rokoko zeigt. |
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<24>
Der Erfolg von Sebastiano Ricci, Antonio Pellegrini und Rosalba Carriera
in Paris (1716, 1720) hing entscheidend mit dem Sieg der hellen pastellhaften
Farbe zusammen, der eines der sichtbaren Ergebnisse dieser Debatte
war und der die geschmacklichen Tendenzen unter Ludwig XV. bestimmte.
Aber auch im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts nährte sich
die Diskussion um die Malerei aus dieser Quelle. Man braucht nur an
Nicolas Cochin der Jüngere [59]
und an Diderots Plädoyer für die Malerei und die Farbe zu
erinnern, um zu erkennen, dass der Siegeszug des Kolorits unaufhaltsam
war. Er war gleichbedeutend mit der Anerkennung der Eigengesetzlichkeit
der Malerei im Sinne der durch das Malen erschaffenen Bilderscheinung,
womit der Weg für die Moderne bereitet wurde, die mehr durch
die Farbe als durch die Zeichnung bestimmt war. Diese Umpolung war
wohl die wichtigste Konsequenz dieses transalpinen Transfers, der
sich nicht auf Frankreich beschränkte, sondern der dank der europäischen
Verbreitung von de Piles’ Schriften und aufgrund des normativen
Charakters der französischen Geschmackskultur in der ersten Hälfte
des 18. Jahrhunderts auch alle anderen Kunstzentren nördlich
der Alpen erreichte. |
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<25>
Eine Folge der europäischen Verbreitung der französischen
Geschmacksnormen und Regeln war, dass sich auch innerhalb Italiens
die Orts- und Schulbindung der Maler lockerte. Die Abgrenzungen der
Malschulen büßten ebenso an Schärfe ein wie der Kampf
um die besten Platzierungen in der Rangfolge. Es kam auch mehrfach
zu konzertanten Auftritten aller Schulen. Einer der ersten Versuche
zur Versöhnung der ehemaligen Konkurrenten, die nun in einem
friedlichen Wettstreit gegeneinander antraten, war der Auftrag des
Macerateser Edelmannes Raimondo Buonaccorsi, der von 1711 bis 1715
bei den herausragenden Vertretern der vier Schulen (Venedig, Bologna,
Rom, Neapel) einen Aeneas-Zyklus in Auftrag gab. [60]
Zugleich lässt sich beobachten, dass sich nach dem 1715 geschlossenen
Frieden von Utrecht, der den Spanischen Erbfolgekrieg beendete, die
Sogwirkung Roms aufgrund des dortigen Angebots an akademischen Strukturen
für die nordischen Maler verstärkte, [61]
während Venedig noch keine solche als öffentlich deklarierte
Einrichtung hatte. [62]
Gleichzeitig ließ auch die Auftragslage in der Lagunenstadt
zu wünschen übrig: die neu geadelten Familien kauften zwar
Gemälde älterer Meister, geizten aber mit Aufträgen
an die profilierten und zahlreichen lebenden Maler. [63]
Diese rückläufige Patronage war bekanntlich für das
übrige Europa ein Glücksfall. Die Präsenz der venezianischen
Malerei an den Höfen von Dresden, Düsseldorf und München,
Paris und Großbritannien wirkte in mancher Hinsicht auf die
Stadt selbst zurück, steigerte sie doch die Attraktivität
des Aufenthaltes in der Lagunenstadt für nordeuropäische
Fürsten und Agenten. [64] |
|
<26>
Dass es immer noch die Malerei war, die neben dem Luxus und den gesellschaftlichen
und populären Vergnügungen das Charakteristikum den venezianischen
Seins – wenigstens in den Augen der Fremden – verkörperte,
macht ein Gedicht von James Thomson aus dem Jahr 1736 deutlich, das
den bezeichnenden Titel 'Liberty' trägt. Hier wird beschrieben,
wie sich die Malerei in ihrem allmählichen Wachstum erhebt, bis
die Göttin der Malerei mit dem Ziel der Perfektion die Reiche
aufteilt: "In elegant design,/ Improving nature: in ideas, fair/
Or great, extracted from the fine antique,/ In attitude, expression,
airs divine/ Her sons of Rome and Florence won the prize./ To those
of Venice she the magic art/ Of colours melting into colours gave.
Theirs too it was by one embracing mass/ Of light and shade, that
settles round the whole/ Or varies tremulous from part to part,/ O’er
all a binding harmony to throw,/ To raise the picture, and repose
the sight." [65] |
|
Mengs
entdeckt Tizian |
<27>
Als eine direkte Folge dieses internationalen 'feedback', das die
venezianische Malerei vor allem außerhalb Italiens fand, ist
die Beziehung anzusehen, die Anton Raphael Mengs mit Venedig verknüpft.
Seinen frühen Ruhm verdankt er dem Vorbild der Rosalba Carriera,
deren Werken die Begeisterung des sächsischen Kurfürsten
gehörte. Ihre zahlreichen in Dresden befindlichen Werke (Abb.
4) gaben den Maßstab für seine Ambitionen als Pastellmaler
(Abb. 5) ab. Nachdem er 1745 dank seiner Pastelle und mit der Ernennung
zum Kabinettmaler die erste Sprosse auf der Karriereleiter erklommen
hatte, war das nächste Ziel die Historienmalerei. Durch den Auftrag
des Jahres 1750 für drei Altarbilder der katholischen Hofkirche
in Dresden kam der junge Maler seinem Ziel einen großen Schritt
näher. Unter den drei thematisch verschiedenen Entwürfen,
die er dem Kurfürsten vorlegte, wählte dieser die Himmelfahrt
Christi aus. Um das über 9 m hohe Leinwandbild (Abb. 6) zu malen,
erbat der Maler die Erlaubnis für einen weiteren Italienaufenthalt.
Bevor er sich nach Rom begab, wo er das Bild angeblich unter den Augen
Raffaels malen wollte, machte er 1751 für sechs Monate in Venedig
Station. Der Grund dafür ist nicht schwer zu erraten –
er setzte sich hier intensiv mit Tizians Assunta auseinander, der
die Dresdner Himmelfahrt sehr viel verdankt. Mengs‘ Auseinandersetzung
mit Tizian gewinnt jedoch noch eine weitere Dimension, wenn man sich
die Vorgeschichte des Dresdner Altarbildes klar macht. |
|
Abb. 4 Abb.
5 Abb.
6 |
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<28>
Das erste Altarbild (Abb. 7) der alten katholischen Hofkirche in Dresden,
die nach der Konversion des Kurfürsten im ehemaligen Komödienhaus
(Abb. 8) eingerichtet wurde, stellte ebenfalls eine Himmelfahrt Christi
dar und es war 1702 von Sebastiano Ricci gemalt worden. [66]
Noch 1742 ist es in der Hofkirche nachgewiesen, 1753 erscheint es
dann im Inventar der Gemäldegalerie. Zwar ist nicht bekannt,
wann die Überführung in die Galerie erfolgt ist, aber man
kann davon ausgehen, dass Mengs dieses Bild gekannt hat. Nicht nur
aufgrund des Breitformats kann man sich schwerlich eine gegensätzlichere
Auffassung des Themas vorstellen. An die Stelle der rhetorisch- theatralischen
Übertreibung in Riccis furiosem und dem klassischen Kanon eklatant
widersprechenden Bild, das an das kurz zuvor (1701) entstandene Deckenbild
in SS. Apostoli in Rom anknüpft, [67]
setzt Mengs gesammelte Ruhe, Vertikalität, Symmetrie, Klarheit
der Form und Komposition und inhaltliche Würde. |
|
|
Abb. 7 Abb.
8 |
|
<29>
Dass August III. von den drei thematischen Alternativen, die Mengs
ihm vorlegte, die Himmelfahrt Christi auswählte, [68]
hing vermutlich nicht nur mit der Macht der ikonographischen Gewohnheit
zusammen, sondern vielleicht auch damit, dass der König und seine
geistlichen Berater der dramatischen und in mancher Hinsicht auch
problematischen Auffassung des Ereignisses der Himmelfahrt Christi
durch Ricci eine Bildkonzeption entgegensetzen wollten, die mit der
gegenreformatorischen Auffassung konform ging. Die Wahl von Tizians
'Assunta' als Vorbild durch Mengs zeigt, wie maßgeblich die
damals in Dresden vorherrschende Vorliebe für die venezianische
Malerei war. Es ist in diesem Zusammenhang daran zu erinnern, dass
Pellegrini 1725 in Dresden weilte und bei dieser Gelegenheit ein Altarbild
für die alte Hofkirche schuf und die 1848 durch einen Brand zerstörten
Deckengemälde von drei Pavillons des Zwingers [69]
(Abb. 9). |
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Abb. 9 |
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<30>
Die engen Kontakte zwischen Dresden und Venedig waren durch den Grafen
Algarotti und durch seine Ankäufe in Venedig für Dresden
wie auch durch die Berufung von Bellotto (1747) weiter intensiviert
worden. Dies ist der Hintergrund für den sechsmonatigen Venedig-Aufenthalt
von Mengs, den er dazu benutzte, Rosalba Carriera aufzusuchen und
der ihn vermutlich auch in Kontakt zum Konsul Smith brachte, der ihm
vielleicht die Bekanntschaft mit zwei Engländern vermittelte,
die für ihn wichtig werden sollten, nämlich Thomas Jenkins
und Richard Wilson und die ihn 1752 zusammen mit Giovanni Battista
Casanova nach Rom begleiteten. Außerdem brachte Mengs von seinem
venezianischen Aufenthalt, über dessen Verlauf wir so gut wie
nichts wissen, eine genaue Kenntnis der Werke Tizians und Giorgiones
mit nach Rom. Das exzellente Kolorit der Venezianer führte er
später auf die Dominanz der Porträtmalerei zurück [70]
und dass er diese Lektion verstanden hatte, zeigt sein erstes, für
die Ca’ Rezzonico bestimmtes Bildnis des venezianischen Papstes
Clemens XIII., das er 1758 in Rom gemalt hat (Abb. 10) und das später
die Bewunderung von Canova und von Goethe fand. [71] |
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Abb. 10 |
|
<31>
Abgesehen von dem Gewinn, den er als Maler aus seinem Studium der
venezianischen Malerei zog, wurde damit auch die Grundlage für
seine Hochschätzung von Tizians Malerei gelegt, die für
diese Zeit absolut ungewöhnlich war und die sich erstmals in
seinen 1762 publizierten 'Gedanken über die Schönheit und
den Geschmack in der Malerei' nachlesen lässt. Mengs’ ungewöhnliche
Aufmerksamkeit für Tizian machte den Zeitgenossen die überragende
Bedeutung und den Rang dieses Malers auf eine völlig neue Weise
bewusst. [72] Seine
Betrachtung von Tizians Gemälden ist frei von den theoretischen
Scheuklappen, die fast alle früheren Urteile besitzen, indem
sie mehr oder weniger getreu das wiederholen, was Vasari über
Tizians verschiedene 'maniere' geäußert hatte. Noch in
anderer Hinsicht unterscheidet sich Mengs’ Zugang zu Tizian
von den früheren Autoren, und das ist die Aufhebung der Hierarchie
zwischen den drei Malern, die im Blickpunkt seines Traktates stehen.
Obwohl er in der äußeren Abfolge die konventionelle Rangfolge
nicht in Frage stellt, indem er die Zeichnung an die erste Stelle,
das Helldunkel an die zweite und das Kolorit an dritter Stelle behandelt,
betont er, dass Raffael, Correggio und Tizian gleich vollkommen seien,
eben nur jeder auf seine Weise: "Eben deswegen sind diese drei,
die größten Maler, weil sie in allen Stücken groß,
in einigen Teilen aber unvergleichlich und die größten
gewesen. Sie haben unterschiedlichen Geschmack gehabt, weil sie unterschiedene
Sachen gewählet. Raphael hatte den Geschmack der Bedeutung, Correggio
den der Annehmlichkeit, und Tizian der Wahrheit." [73] |
|
<32>
Indem er von den drei Geschmäckern der Bedeutung, der Annehmlichkeit
und der Natur sprach, vermied Mengs die übliche Hierarchie der
Klassifizierung und stellte die drei Maler auf einen einzigen Podest
nebeneinander. Die Gerechtigkeit, die er gegenüber den Exponenten
der drei italienischen Malschulen übte, indem er jedem von ihnen
die gleiche Vollkommenheit zuerkannte und sie gemeinsam zu nachahmenswerten
Vorbildern erklärte, setzte im Streit der Parteien um den Primat
- hierher gehört auch de Piles’ absurdes Punktesystem der
Maler - neue und versöhnliche Maßstäbe und vielleicht
erklärt sich der Erfolg seiner kunsttheoretischen Schriften aus
der Objektivierung, mit der die in mancher Hinsicht belastende regionale
Sichtweise der Kunst hier außer Kraft gesetzt wurde. |
|
<33>
Die kontrastreiche Schwarzweißmalerei und die Vorurteile der
Kunstkritiker des 16. und 17. Jahrhundert lebten trotz dieser Suche
nach der Balance in der späteren Kunstgeschichte wieder vehement
auf, bevor sie sich im diffusen Licht der Postmoderne versöhnen
konnten, das in mancher Weise dem undramatischen Licht der Aufklärung
ähnelt. Von ihrem gewollt objektivierten Blick war jedenfalls
das Urteil von Mengs über die italienischen Maler der Renaissance
geprägt, das aber auch das Urteil des Fremdlings war, der ohnehin
gut beraten war, wenn er nicht allzu pointiert Partei ergriff. Wie
neu diese Auffassung von der 'balance' war, wird deutlich, wenn man
andere, zum Teil auch jüngere Autoren zu diesem Thema hört.
Aufgrund der zeitlichen Nähe liegt es nahe, Luigi Lanzi heranzuziehen,
der mit Mengs persönlich bekannt war und dem auch dessen Schriften
zugänglich waren. Lanzis Besprechung der 'scuola veneziana' enthält
zahlreiche Bemerkungen zum Wesen und zu den Besonderheiten der venezianischen
Malerei, die zum Teil auf Mengs beruhen und die er nicht nur zum Anlass
dafür nimmt, ihre Qualitäten herauszustellen, sondern auch,
um sie gegen die gängigen Vorurteile zu verteidigen. [74] |
|
<34>
Lanzi führt das Wesen der venezianischen Malerei auf Giorgione
und Tizian zurück, die er auf sehr unterschiedliche Weise charakterisiert.
Giorgione schreibt er das Verdienst zu, die Kleinteiligkeit überwunden
zu haben und sie durch eine gewisse Freiheit, ja Überheblichkeit
("sprezzatura") ersetzt zu haben. [75]
Hier kehrt eine Assoziation wieder, die schon Boschini verwendet hatte,
nämlich die Verbindung zwischen der künstlerischen Freiheit
mit dem malerischen Duktus. Lanzi gibt ihr die folgende Wendung: "maneggio
di pennello sì risoluto, sì forte di macchia, sì
abile a sorprendere in lontananza." Tizian gesteht er die "franchezza
di pennello" zwar im Fresko zu, nicht aber in den Ölgemälden,
in denen er statt der venezianischen Üppigkeit ("pompa")
die Bemühung ("fatica") findet, "per giungere
alla perfetta intelligenza" [76]. |
|
<35>
Möglicherweise ist die stereotype Wiederholung der angeblichen
Defekte in Tizians Malerei darauf zurückzuführen, dass sie
sich selten auf die Betrachtung der Werke bezog, sondern auf graphische
Reproduktionen und sich meistens auf frühere angesehene Kritiker
stützte. Im Fall von Lanzi ist dies eindeutig der Venezianer
Antonio Maria Zanetti gewesen, dessen Werk 'Della Pittura Veneziana'
1771 erschienen war, [77]
und das Lanzi nach eigenem Bekunden zum Vorbild für seine Systematik
diente. Auch Zanetti folgte mit seiner Charakterisierung der 'maniere'
Tizians dem Vorbild Vasaris, was letztlich auf eine Abwertung hinauslief,
obwohl er dies gerade vermeiden wollte. [78]Ähnlich
zwiespältig war die Position Lanzis, der einerseits darum bemüht
war, die Eigenarten jeder Schule zu würdigen, auf der anderen
Seite aber von der Überlegenheit und die Vorrangstellung der
römischen Schule überzeugt war. Um seine Kritik an den Venezianern
auf deutliche und dennoch unverfängliche Weise anzubringen, zitiert
Lanzi Joshua Reynolds, der in seinem 'Discourse IV' vom 10. Dezember
1771 erklärt hatte, dass die wichtigsten Schulen der Historienmalerei
drei seien. [79] Die
französische Malerei nennt er an erster Stelle, erklärt
aber zugleich, dass sie - es fallen hier die Namen Poussin und Le
Sueur - ein Ableger der römischen Schule sei. Die venezianische
Schule nennt Reynolds dagegen in einem Atemzug mit der flämischen
und der holländischen Schule, die ja bekanntermaßen in
der konventionellen Hierarchie der Malschulen das absolute Schlusslicht
bildeten. |
|
<36>
Reynolds bestätigte damit nicht nur die traditionelle 'ranking
list' der Malschulen, sondern er verteidigte seine niedrige Klassifizierung
der Venezianer sogar mit dem Argument, dass ihr Hauptanliegen die
Eleganz und die Affekte seien. Daher könne es nicht falsch sein,
wenn man sie an dieser Vorliebe messe, denn was der Eleganz diene,
schmälere die Erhabenheit. Die Einfachheit und Strenge des großen
Stils seien nicht kompatibel mit dem sinnlichen Stil der Venezianer.
Die hinter diesem Urteil stehende Einschätzung entsprach weitgehend
dem Urteil über das Kolorit in den wichtigsten und maßgeblichen
kunsttheoretischen Schriften der Zeit. Als stellvertretend für
die allgemeine Tendenz zur Vernachlässigung des Kolorits sei
der durch Mengs beeinflusste Francesco Milizia genannt, der 1781 bekräftigte,
dass das Kolorit im Dienste der Zeichnung und des modellierenden Helldunkels
stehe. [80] Konsequenterweise
drehte er die klassische Abfolge der Künste um – nicht
die Malerei, sondern die Skulptur steht bei ihm an erster Stelle.
|
|
<37>
Anders dagegen Andrea Memmo, der in seiner 1787 vor der venezianischen
Akademie vorgetragenen 'Orazione' Skulptur und Malerei zu Schwestern
erklärte, die jedoch der Architektur den Vortritt gelassen haben.
[81] Hier flackert
noch einmal kurz der alte 'Paragone'-Streit auf, der dem Streit der
Malschulen zeitlich vorangegangen war. Memmo [82]
trat eindeutig in die Fußstapfen von Mengs, wenn er erklärte,
dass die Jünger der Malerei die vorzüglichen Merkmale aller
großen Meister vereinen sollten, wobei die Palette der von ihm
empfohlenen Vorbilder allerdings weiter gefächert ist. Er gruppiert
seine Vorbilder zu den folgenden Paaren: Leonardo und Michelangelo,
Albani und Guido Reni, Correggio und Raffael. Von dieser Bandbreite
versprach er sich das Wiedererblühen der venezianischen Schule,
als deren Häupter er Veronese, Pordenone und Tintoretto nennt,
während Tizian von ihm den Ehrentitel 'principe della pittura
veneziana' erhält. Wie sehr Memmos Vorstellung von der neuen
Blüte der Malerei in Venedig der florentinisch-römischen
Hierarchie der Bestandteile der Malerei verpflichtet ist, zeigt sich
daran, dass auch er unter den Elementen der Malerei die Zeichnung
an die erste Stelle setzt. Inwieweit dies die Folge seiner Begegnung
mit der römischen Kunstwelt war, die sich im letzten Jahrzehnt
des 18. Jahrhunderts dazu anschickte, mit Hilfe der Akademiegründungen
den verbindlichen Normenkanon für die zukünftige italienische
Malerei zu etablieren, kann hier nicht weiter verfolgt werden. |
|
<38>
Memmos malerisches Ideal wurde vielleicht am ehesten durch Angelika
Kauffmann vertreten, die – das sei kurz in Erinnerung gerufen
– von London kommend, vom Herbst 1781 bis zum Frühjahr
1782 zusammen mit ihrem Ehemann, dem venezianischen Vedutenmaler Antonio
Zucchi, für ein halbes Jahr in der 'Serenissima' geweilt hatte,
bevor sie sich dauerhaft in Rom niederließ. Dort pflegte sie
beste Beziehungen zur dortigen venezianischen 'Kolonie', wie sich
etwa daran zeigt, dass sie neben Canova, Volpato und Memmo auch die
beiden Neffen Clemens XIII. Rezzonico porträtierte, und zwar
nicht nur den bereits verstorbenen Kardinal Giambattista, [83]
sondern außerdem den Senator Don Abbondio Rezzonico, wie ich
mit der Identifizierung des bisher als Bildnis eines Unbekannten angesehenen
Porträts vorschlagen möchte (Abb. 11). |
|
|
Abb. 11 |
|
<39>
Hinter Lanzis Geschichte der italienischen Malschulen stand die Überzeugung
des Autors, dass es die regionalen Unterschiede in Zukunft nicht mehr
geben würde und dass die Impulse für die Veränderungen,
die er als Fortschritt ansah, von Rom ausgegangen wären und ausgehen
würden. [84] Lanzi
sah allein in der Übernahme der akademischen Prinzipien durch
Venedig die Voraussetzungen für ein neues 'avanzamento', als
dessen erste Frucht er am Ende seiner Ausführungen über
Venedig Canova erwähnt. [85]
Hierin irrte er sich allerdings, wie die weitere Entwicklung im 19.
Jahrhundert zeigen sollte. Es ist nicht verwunderlich, dass die akademische
Brille, die sich der ehemalige Jesuit Lanzi aufgesetzt hatte, die
großen Leistungen der venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts
nicht sichtbar machen konnte. |
|
Der Siegeszug der 'macchia' |
<40>
In dem Maße wie im 19. Jahrhundert die akademischen Normen an
Attraktivität verloren, trat die Farbe als dominierendes Element
der Malerei in den Vordergrund. Diese für die Entwicklung der
Moderne entscheidende Umpolung wird sowohl in theoretischer wie in
praktischer Hinsicht mit Frankreich und mit England, keinesfalls aber
mit Italien assoziiert. [86]
Unzweifelhaft leistete Venedig dazu einen zwar passiven, aber nicht
unwesentlichen Beitrag. Vor allem William Turner setzte den Zauber
und die Atmosphäre Venedigs in Bildschöpfungen um, deren
Thema neben der in malerischer Unordnung versinkenden venezianischen
Stadtlandschaft das Faszinosum der freien Farbe wurde, [87]
die er teilweise als Flecken einsetzte (Abb. 12). Diese Wiederentdeckung
des Farbflecks ('macchia'), der in der Kunstauffassung Venedigs seit
dem 16. Jahrhundert eine so große Rolle gespielt hatte [88]
und der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Inbegriff
der neuen Malerei wurde, ging endgültig zu Lasten der alten Konkurrentin,
der mit der römisch-florentinischen Tradition verbundenen akademische
Schule, die nun in die Wüste geschickt wurde. |
|
|
Abb. 12 |
|
<41>
Tatsächlich hatte die Entmachtung der akademischen Hierarchie
in Venedig zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt stattgefunden,
ohne dass dies großes Aufsehen erregt hatte. Ihre im 18. und
im 19. Jahrhundert noch nicht unter diesem Gesichtspunkt geschätzten
Protagonisten waren Canaletto [89]
und Guardi. [90] Dass
die innovative Komponente ihrer malerischen Praxis von den Zeitgenossen
kaum wahrgenommen wurde, hing damit zusammen, dass der topographische
Aspekt der Vedutenmalerei im Vordergrund stand, während ihr 'Kunstwert'
aufgrund der akademischen Gattungshierarchie kaum rezipiert wurde.
Die theoretische Leitlinie für das Urteil über den venezianischen
Umgang mit der Farbe war offenbar immer noch so fest etabliert, dass
die in der Praxis vollzogene Abweichung im 18. Jahrhundert als wenig
signifikanter Sonderweg einer gefälligen, aber unbedeutenden
malerischen Gattung galt. |
|
<42>
Den von Turner eingeschlagenen Weg führten jedoch auch einige
junge italienische Maler fort, [91]
die ab 1862 aufgrund ihrer Malweise in einer zeitgenössischen
Kritik abwertend als 'macchiaioli' bezeichnet wurden, ein Begriff,
der ihnen hinfort als Schlachtruf im Kampf gegen die Fesseln der akademischen
Historienmalerei galt. Obwohl sich diese künstlerische Revolution
in Florenz und in der Toskana vollzog, verdankte sie Venedig wesentliche
Anregungen. [92] Telemaco
Signorini (Abb. 13), der die 'macchia' als Element des malerischen
Helldunkels betrachtete und als "ein Mittel, sich von dem kapitalen
Fehler der alten Schulen zu befreien, die die Materialität der
Malerei der Transparenz der dargestellten Körper geopfert hatte“,
[93] war 1856 in Venedig
auf Giuseppe Abbati getroffen, der neben ihm eine der wichtigsten
Figuren in der Gruppe der Macchiaioli wurde. [94]
Auch die Maler Vito d’Ancona und Federico Zandomenighi vertreten
in dieser Gruppe das venezianische Ferment, das sich aufgrund der
politischen Verhältnisse - Venedig stand von 1814 bis 1866 mit
einer kurzen Unterbrechung (1848) unter dem habsburgischen Joch -
dort jedoch nicht entfalten konnte. [95] |
|
|
Abb. 13 |
|
<43>
Die Theorie der 'macchia' basierte letztlich auf den gleichen Prinzipien,
die bereits bei der Verwendung des Begriffes im 16. Jahrhundert maßgeblich
gewesen waren, [96]
mit dem einzigen Unterschied, dass 'macchia' nun im Sinne der Moderne
zum Synonym für Kreativität, Phantasie und künstlerische
Freiheit wurde und zum Sinnbild der malerischen Idee schlechthin.
[97] Fattori etwa sah
das Prinzip der 'macchia' in jedem Motiv, das sich gegen einen hellen
Hintergrund abhob, sei es eine weiße Mauer oder die klare helle
Luft. [98] Unter dem
Einfluss dieser fundamentalen Neubewertung des malerischen Prozesses
und seiner Intention, die als die eigentliche Wasserscheide zwischen
der bis dahin in Italien dominierenden konservativen Tradition und
der Moderne anzusehen ist, gerieten auch die Parameter der kunsthistorischen
Kritik allmählich in Bewegung. Entsprechend der längeren
Inkubationszeit, die der nachvollziehende Umgang mit der Malerei benötigte,
dauerte es allerdings noch einige Jahrzehnte, bis sich die Früchte
dieses Umdenkens zeigten, die insgesamt neue Maßstäbe für
die Beurteilung der venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts setzten.
Symptomatisch dafür ist die in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts einsetzende Revision Tiepolos, dessen Genius und Originalität
seit dem 18. Jahrhundert noch keine angemessene Reputation zuteil
geworden waren. [99]
Wie Haskell gezeigt hat, hatten die Künstler und die neuen Kunstvorstellungen
des 19. Jahrhunderts einen nicht unwesentlichen Anteil an diesem Prozess.
[100] |
|
<44>
Gleichwohl verwundert es nicht, dass der Brückenschlag zwischen
den Tiepolo betreffenden Positionen der Kunstkritik und den neu etablierten
malerischen Prinzipien von der Kunstkritik vollzogen wurde. 'Facilità',
'vaghezza' und die Helligkeit der Farben, dazu eine gewisse Freiheit
im Umgang mit der Natur und die 'macchine' seiner figurenreichen Plafonds
konnten sich im kunsthistorischen Urteil gegen die älteren hierarchischen
Prinzipien erstmalig behaupten, als Tiepolo 1892 zum Meister der 'Plein-air'-Malerei
und zum Pionier der Ziele und Inhalte der modernen Malerei erklärt
wurde. [101] Seine
Malerei wurde nun als Repräsentantin eines Prinzips erkannt,
das zwar auch schon früher benannt und diagnostiziert worden
war, das aber unter dem Vorzeichen des akademischen Geschmacks als
Schwäche gegolten hatte, während es nun als innovativ erkannt
wurde. Noch Jacob Burckhardt, der von Tiepolos hellen Farben durchaus
angezogen wurde, sah sich zu einem in seiner lapidaren Kürze
vernichtenden Urteil berechtigt, wenn er 1855 im 'Cicerone' schreibt,
Tiepolo gehöre zu den ansprechenden späteren Talenten, die
sich nach Veronese richteten "wenn er nicht schmiert" [102].
In dieser Ausdrucksweise wird genau jene Haltung erkennbar, die auch
der Verfasser der Kritik an den Macchiaioli 1862 einnahmen, als er
im Begriff der 'macchia', die man im Deutschen durchaus auch mit Schmiererei
übersetzen könnte, das tertium comparationis der jungen
aufmüpfigen Maler des Florentiner Café Michelangelo diagnostizierte.
|
|
<45>
Dass die neue Interpretation Tiepolos als Vorreiter der Moderne, die
zum ersten Mal explizit von John Ruskin formuliert wurde, [103]
das objektive Urteil über den Maler nicht nur förderte,
liegt auf der Hand. Sie generierte ihrerseits einen neuen Mythos,
der in mancher Hinsicht bis heute andauert und führte damit zu
neuen Missverständnissen. Eine Folge dieses Mythos war, dass
die Modernität Tiepolos häufig ein forciertes Gewicht erhielt,
sei es, wenn er in der Belle Époque als frenetischer Schöpfer
sensualistischer und dekadenter Schönheit gefeiert wurde, [104]
oder ein Jahrhundert später als Verkörperung "malerischer
Intelligenz". [105]
Ob man Tiepolo richtig versteht, wenn man ihn als Synonym für
den Genius der venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts nimmt,
mag ebenso dahingestellt bleiben wie die aus dieser Vereinnahmung
für den "Geist Venedigs" resultierende Interpretation
seiner Malerei unter dem Vorzeichen einer zeitlosen Moderne, als Garant
der heilen Welt des Ancien Régime oder auch als Visualisierung
von Unendlichkeit und Melancholie. [106] |
|
<46>
Das Oszillieren der Urteile über Tiepolo zwischen dem Zugeständnis
seiner hochentwickelten intellektuellen Kapazität und dem Bedürfnis,
seine Malerei vor allem als rauschendes und theatralisches Fest venezianischen
Stils wahrzunehmen, führte besonders in einem Punkte zu merkwürdigen
Kapriolen. Gemeint sind die willkürlichen Abgrenzungen gegenüber
dem lange Zeit als böswilliger Rivale und als Widersacher diffamierten
Mengs, als dessen Kollege Tiepolo ab 1762 in Madrid weilte. Um jedem
Verdacht eines wie auch immer gearteten Einflusses oder gar möglicher
klassizistischer Neigungen des Venezianers zuvorzukommen oder ihn
auszuräumen, mussten Tiepolos Spontaneität und seine Verhaftung
in der Tradition der venezianischen Rokoko-Malerei stärker betont
werden als es eigentlich von der Sache her vertretbar ist. [107]
Paradoxerweise wurde damit das Rokoko auf Kosten des Klassizismus
retrospektiv zur Moderne gekürt. Diese Notlösung hat der
kunstgeschichtlichen Auseinandersetzung mit dem 18. Jahrhundert jahrzehntelang
Scheuklappen angelegt. |
|
|
Abb. 14 |
|
<47>
Vielleicht wäre der Umgang mit dem für das 20. Jahrhundert
befremdlichen Phänomen des Dialogs zwischen dem römischen
Akademismus und der venezianischen 'vaghezza' auf einem so weit von
Italien entfernten Schauplatz wie es Madrid war differenzierter ausgefallen,
wenn man damals schon gewusst hätte, dass einst unter Tiepolos
Plafond in der 'Sala dell’Udienza' der venezianischen Ca’
Rezzonico (Abb. 14) das Bildnis Clemens XIII. (Abb. 10) von Mengs
hing [108] und dass
seine Dresdner Himmelfahrt Christi (Abb. 6) 1766 für kurze Zeit
in der 'Sala del Trono' des Madrider Palacio Real (Abb. 15) ausgestellt
wurde. [109] Die
Familie Rezzonico in Venedig und König Karl III. von Spanien
wussten jedenfalls gelassener und angemessener mit dem Nebeneinander
und dem geheimen Dialog der Stile umzugehen als die Kunstgeschichte
im 20. Jahrhundert. Vor allem Karl III. scheint sich der Tatsache
bewusst gewesen zu sein, dass er mit diesen beiden unterschiedlichen
Malern die Vertreter der beiden bedeutendsten Schulen der italienischen
Malerei berufen hatte, die exemplarisch die Prinzipien von 'disegno'
und 'colore' repräsentierten. In Madrid wurde beides benötigt
und es sind die so unterschiedlichen Deckengemälde der beiden
Maler im Palacio Real, an denen dies deutlich wird. |
|
|
Abb. 15 |
|
Anmerkungen: |
[1]
|
Fernand Braudel: La Méditerranée
et le monde méditerranée à l’epoque
de Philippe II (1947, 1. Aufl.), italienische Übersetzung,
in: Storia d’ Italia, II, 1947; als Einzelpublikation:
Il secondo rinascimento. Due secoli e tre Italie (1986). Deutsche
Edition: Fernand Braudel: Modell Italien 1450-1650, Stuttgart
1991. |
|
Braudel: Modell Italien, 226. Das gleiche Modell,
das besagt "dass jeder kulturellen Blütezeit der Einbruch
einer Nacht vorausgeht“, wendet Braudel auch für
das Deutschland am Ende des 18. Jahrhunderts und für das
Frankreich der Revolution an. |
[3] |
Allgemeine Überlegungen zum methodischen
Stand der Kunsttopographie für den deutschen Sprachraum
habe ich in dem folgenden Beitrag dargelegt: Kunsttopographie
in Bayern – Zur Genese und Problematik einer Methode,
in: Christian Drude / Hubertus Kohle (Hg.): 200 Jahre Kunstgeschichte
in München. Positionen, Perspektiven, Polemik 1780-1980,
München 2003, 9-28. |
[4]
|
Jacques Laager (Hg.): Pausanias. Beschreibung
Griechenlands. Ein Reise- und Kulturführer aus der Antike,
Zürich 1998. |
[5]
|
Ausgangspunkt dafür war der Standpunkt,
den Montesquieu in seiner Schrift 'Esprit de Loix' (1748) vertreten
hatte, siehe: Götz Pochat: Geschichte der Ästhetik
und Kunsttheorie, Köln 1985, 413-414. |
[6]
|
Francesco Petrarca: Ad Guidonem Septem archiepyscopum
ianuensem (De mutatione temporum), in: Gianni Villani (Hg.):
Francesco Petrarca: Lettera ai Posteri, Roma 1990 (Minima 1),
74-143. |
[7]
|
Die Einteilung und Benennung der geographischen
Regionen des römischen Reiches geht auf Plinius zurück.
Vom Küstenverlauf ausgehend, beginnt er mit den Landstrichen
am tyrrhenischen Ufer von Norden nach Süden und verfolgt
dann die adriatischen Landstriche von Süden nach Norden.
Vgl. Plinius, Naturalis Historia, Buch III, in: H. Rackham:
Plinius Natural History with an English Translation in ten volumes,
II, London 1947, 31. |
[8]
|
Ein kritischer Fall hierfür ist die Beurteilung
von Andrea Palladios Verhältnis zur venezianischen Architekturtradition,
etwa in der Darstellung Harald Kellers: Die Kunstlandschaften
Italiens (1960, 1. Aufl.), Frankfurt am Main 1983, II, 819.
|
[9]
|
Laut dem Grande Dizionario della Lingua italiana,
II, Torino 1962, 599 versteht man darunter eine Einschränkung
der Vaterlandsliebe auf das Territorium, das vom Kirchturm der
Pfarrkirche beherrscht wird. |
[10]
|
Hippolyte Taine: Reise in Italien. Aus dem Französischen
übertragen von Ernst Hardt, Jena 1910, II, 206 gibt anlässlich
der Reise von Florenz nach Rom folgende Charakterisierung des
provinziellen Lebensgefühls: "Zunächst sind die
Gesellschaften, um fester zu werden, zu groß geworden,
und die meisten haben sich, um fremden Angriffen besser zu widerstehen,
ihrer Regierung zu sehr untergeordnet. Von den Menschen, aus
denen sie bestehen, sind neun auf zehn und manchmal neunundneunzig
auf hundert, provinzielle Verwaltete, welche, seltene Erschütterungen
ausgenommen, an dem öffentlichen Leben keinen Teil nehmen.“
|
[11]
|
Ohne hier der Frage nachzugehen, wann der Begriff
Provinzialismus sein pejoratives Vorzeichen erhalten hat, sei
auf die Bemerkungen von Thomas Mann zu diesem Thema verwiesen,
zum Beispiel in 'Deutschland und die Deutschen', Berlin 1947. |
[12]
|
Vgl. Enrico Castelnuovo / Carlo Ginzburg: Zentrum
und Peripherie, in: Italienische Kunst. Eine neue Sicht auf
ihre Geschichte, 1, Berlin 1987, 45. Die Begriffe 'Zentrum'
und 'Peripherie' sind mittlerweile zu einer festen methodischen
Größe in der italienischen Kunstkritik geworden,
zum Beispiel Maurizio Ricci (Hg.): L’ architettura a Bologna
nel rinascimento (1460-1550). Centro o periferia?, Bologna 2001. |
[13] |
Christoph Henning: Die Lust der Lemminge, in:
Die Zeit, 23. Juni 1995, 52. |
[14] |
Als neuere Literatur zum Venedig-Mythos in der
Literatur ist zu erwähnen: Giuseppe Pavanello / Giandomenico
Romanelli (Hg.): Venezia nell’ Ottocento. Immagini e mito
(Ausstellung Venedig 1983-1984), Milano 1983; Bernard Dieterle:
Die versunkene Stadt - Sechs Kapitel zum literarischen Venedig
Mythos, Frankfurt am Main 1995; Angelika Corbineau-Hoffmann:
Paradoxie der Fiktion – Literarische Venedig Bilder 1797-1984,
Berlin 1993. Außerdem: Mariella Battilana: Scrittori inglesi
a Venezia 1350-1950. Antologia di testi in lingua originale,
Venezia 1981. |
[15] |
Aus dem Kapitel über Venedig zitiere ich
den folgenden Satz aus der anhand des originalen Manuskripts
von Montesquieu übersetzten italienischen Übersetzung:
"I miei occhi sono molto soddisfatti di Venezia, il mio
cuore e il mio spirito no. Non posso amare una città
in cui nulla ci imponga di essere gentili e virtuosi. E perfino
i piaceri che ci offrono, per supplire a tutto ciò che
ci tolgono, cominciano a spiacermi, e a differenza di Messalina,
si è sazi senza essere stanchi.” (Giovanni Macchia
/ Massimo Colesanti (Hg.): Montesquieu. Viaggio in Italia, Bari
1971, 20). |
[16] |
"La città è cosi singolare
per il modo come è fatta, per i costumi, le abitudini
di vita ridicolissime, per la libertà che vi regna e
la tranquillità che vi si gode, che non esito a considerarla
come la seconda città d’Europa, e dubito che Roma
mi faccia cambiare idea.”(Charles de Brosses: Viaggio
in Italia. Lettere familiari, Lettera XIV (13. August 1739),
Bari 1973, 104). |
[17] |
"Man fährt zwischen einzelnen Lagunen
der Stadt, welche nichts von ihrem Boden blicken lassen. Sie
scheinen Gebäude, in den Wogen des Meeres gebaut, größtenteils
Klöster mit ihren Kirchen und Türmen. Im Hintergrund
erblickt man den durch unzählige Brücken zusammenhängenden
Teil der Stadt. Bei der Annäherung machen die Paläste
an der Ripetta di Schiavoni, überstiegen von dem Turm des
St. Markus-Platzes, einen großen Eindruck.“ (Karl
Friedrich Schinkel: Reisen nach Italien. Tagebücher, Briefe,
Zeichnungen, Aquarelle, Berlin 1982, 43-44). |
[18] |
"Ich schaute von Venedigs Seufzerbogen,/
Ein Kerker, ein Palast zu jeder Hand;/ Ich sah die Bauten
steigen aus den Wogen,/ Wie Zaubrers Blendwerk; ein Jahrtausend
stand/ Vor mir, die dunklen Flügel ausgespannt; Sterbender
Glanz umfloß siegsgewohnte/ Versunkene Zeit, da manch
bezwungnes Land/ Dem Marmorsitz des Flügellöwen
fronte,/ Wo stolz Venezia auf hundert Inseln thronte“
(Dt. Übersetzung von Otto Gildemeister, 1868, nach: Lindsay
Stainton: Turner in Venedig, München 1985, 9). |
[19] |
Auf diesen Aspekt weist Lea Ritter Santini hin
(Oltre il confine tracciato col gesso, in: Gino Benzoni (Hg.):
Le metamorfosi di Venezia. Da capitale di stato a città
del mondo, Firenze 2001, 189-208, hier: 207-208). |
[20] |
Brief an Uden vom 1.6.1756, siehe Walter Rehm
/ Hans Diepolder (Hg.): Johann Joachim Winckelmann, Briefe,
I, Berlin 1952, 225. |
[21] |
Francis Claudon: Visite e visitatori tedeschi
a Venezia, in: Franco Paloscia (Hg.): Venezia dei grandi viaggiatori,
Casale Monferrato 1989, 111. |
[22] |
Max L. Baeumer (Hg.): Wilhelm Heinse, Ardinghello
und die glückseligen Inseln (1787, 1. Aufl.). Kritische
Studienausgabe, Stuttgart 1975, hier: 10-16. Dazu auch: Ritter
Santini: Oltre il confine tracciato, 192-193. |
[23] |
Memoirs de J.-M. Vien in: Thomas Gaehtgens /
Jacques Lugand: Joseph-Marie Vien, 1716-1809, Paris 1988, 299. |
[24] |
"I would next endeavour to give the reader
some idea of the manner in which the testimony of Art bears
upon these questions, and of the aspect which the art themselves
assumes when they are regarded in their true connexion with
the history of the state“. (John Ruskin, The Stones of
Venice, 1850-1853, 1. ed., in: John Ruskin: Works, Boston o.
J., I, 24). |
[25] |
Brief aus Venedig vom 8.10.1786 (Tagebuch der
Italienischen Reise), in: Erich Trunz / Herbert von Einem (Hg.):
Goethes Werke, Band 11, München 1974, 86-87. |
[26] |
Il Libro Illustrato Veneziano del settecento,
Milano 1943, 215, 218 253, 254, 262, 272, 278, 279, 305 309. |
[27] |
In seinem letzten Eintrag aus Venedig vom 14.
Oktober 1786 schreibt er: “Ich verlasse Venedig gern:
denn um mit Vergnügen und Nutzen zu bleiben, müßte
ich andere Schritte tun, die außer meinem Plane liegen;
auch verläßt jedermann nun diese Stadt und sucht
seine Gärten und Besitzungen auf dem festen Lande. Ich
habe indes gut aufgeladen und trage das reiche, sonderbare,
einzige Bild mit mir fort.“ (Trunz / von Einem: Goethe,
Tagebuch der Italienischen Reise, 99). Allgemein zu Goethes
Aufenthalten in Venedig: Hermann Harder: Goethe et les voyageurs
et écrivains allemands à Venise au XVIIIe siècle,
in: Emanuele Kanceff / Gaudenzio Boccazzi (Hg.): Viaggiatori
stranieri a Venezia (Akten des Kongresses der Universität
Venedig), Genève 1981, 81-96. |
[28] |
1870 schreibt Ruskin (Seventh Oxford Lecture,
Colour): "Some of the most beautiful blues and purples
in nature, for instance, are those of mountains in shadow against
amber sky (…) Well, the Venetians always saw this, and
all great colourists see it, and are thus separated from the
non-colourists or schools of mere chiaroscuro, not by difference
in style merely, but by being right while the others are wrong.
It is an absolute fact that shadows are as much colours as lights
are; and whoever represents them by merely the subdued or darkened
tint of the light, represents them falsely. I particularly want
you to observe that this is no matter of taste, but fact.”
Nach: Joan Evans (Hg.): The Lamp of Beauty. Writings on Art
by John Ruskin, Oxford 1980, 141. |
[29] |
Jacob Burckhardt: Der Cicerone. Eine Anleitung
zum Genuß der Kunstwerke Italiens (1855, 1. Aufl.), Stuttgart
1978, 779, 908. |
[30] |
Carl Friedrich von Rumohr: Italienische Forschungen,
Berlin-Stettin 1827, I, 110-111; siehe dazu G. Bickendorf: Luigi
Lanzis "Storia pittorica della Italia“ und das Entstehen
der historisch-kritischen Kunstgeschichtsschreibung, in: Jahrbuch
des Zentralinstituts für Kunstgeschichte (1986)/II, 231-272,
hier: 251-252. |
[31] |
Taine: Reise in Italien, II, 258, 260. |
[32] |
Vgl. Francis Haskell: Tiepolo e gli artisti
del secolo XIX, in: Vittore Branca (Hg.): Sensibilità
e razionalità nel Settecento, Firenze 1967, II, 481-497.
|
[33] |
Taine: Reise in Italien, II, 269. |
[34] |
Moritz Hauptmann widmete dem Gegensatz zwischen
Florenz und Venedig ein ganzes Kapitel, in dem er eine Gleichsetzung
zwischen Stil und Volkscharakter vornimmt, die in dieser Weise
nur während der NS-Zeit denkbar war (Moritz Hauptmann:
Der Tondo. Ursprung, Bedeutung und Geschichte des italienischen
Rundbildes in Relief und Malerei, Frankfurt am Main 1936). |
[35] |
Ruskin charakterisiert Canalettos Veduten wie
folgt: "The effect of a fine Canaletti is, in its first
impression, dioramic. We fancy we are in our beloved Venice
again, with one foot, by mistake, in the clear invisible film
of water lapping over the marble steps of the foreground. Every
house has its proper relief against the sky- every brick and
stone its proper hue of sunlight and shade- and every degree
of distance its proper tone of retiring air (…) But what
more there is in Venice than brick and stone- what there is
of mystery and death, and memory and beauty- what there is to
be learned or lamented, to be lobed or wept- we look for the
Canaletti in vain.” (John Ruskin: Modern Painters (1843-1860)
in Evans: Lamp of Beauty, 24-25). |
[36] |
Ein exponiertes Beispiel dafür ist: Victor
Hehn: Italien. Ansichten und Streiflichter (1879, 1. Aufl.),
Darmstadt 1992. |
[37] |
Volker Michels (Hg.): Hermann Hesse, Italien.
Schilderungen, Tagebücher, Gedichte, Aufsätze, Buchbesprechungen
und Erzählungen, Frankfurt am Main 1983, 54. |
[38] |
zitiert nach Heinrich Kretschmayr: Geschichte
von Venedig, Stuttgart 1934, Aalen 1986, Bd. 3, 243. |
[39] |
Keller: Kunstlandschaften. |
[40] |
Stendhal: Promenades dans Rome. Wanderungen
in Rom. Dt. von Friedrich von Oppeln-Bronikowski, Berlin o.
J. (1920), 275. |
[41] |
Zu Lanzis Gedankengut: Giovanna Perini: Luigi
Lanzi: questioni di stile, questioni di metodo, in: Gli Uffizi.
Quattro secoli di una Galleria. Convegno internazionale di studi.
Fonti e Documenti, Firenze 1982, 215-265. |
[42] |
Dieses Problem ist von Enrico Castelnuovo und
Carlo Ginzburg dargelegt worden; Castelnuovo / Ginzburg: Zentrum
und Peripherie, I, 28-29. |
[43] |
Martino Cappucci (Hg.): Luigi Lanzi: Storia
pittorica della Italia dal risorgimento delle belle arti fin
presso al fine del XVIII secolo (1795-1796, 1. ed.), I, Firenze
1967, 259. |
[44] |
Besonders deutlich wird dies an der Hervorhebung
der Tradition seiner Heimatstadt Arezzo als Kunst- und Kulturstadt,
womit Vasari auch an seinem eigenen Mythos arbeitete. Dazu:
Paul Barolsky: Warum lächelt Mona Lisa? Vasaris Erfindungen.
Aus dem Englischen von Robin Cackett, Berlin 1995, 113-120. |
[45] |
Fernando Bologna: Il problema metodologico,
in: Storia dell’arte italiana, Bd. 1: Questioni di metodo,
Torino 1979, 193. |
[46] |
Ein Beleg hierfür ist die Struktur der
von dem Mailänder Verlag herausgegebenen Reihe 'La Pittura
in Italia', die das regionale Prinzip selbst noch für die
Malerei des 19. Jahrhunderts bis in die heutigen kommunalen
Verwaltungseinheiten hinein befolgt. |
[47] |
Paola della Pergola / Luigi Grassi / Giovanni
Previtali (Hg.): Giorgio Vasari, Vita di Battista Franco, in:
Giorgio Vasari, Le Vite de’ più eccellenti pittori
scultori e architettori (1568, 1. ed.), Novara 1967, VI, 431.
Die Folgen dieser Attacke auf Tintoretto lassen sich bis ins
20. Jahrhundert feststellen, siehe Cornelia Syre: Tutto spirito,
tutto prontezza. Tintorettos Gonzaga-Zyklus, in: Tintoretto.
Der Gonzaga-Zyklus (Ausstellung München 2000), München
2000, 13-27, hier: 23-26. Als eine der ersten besonders vehementen
Befürworter Tintorettos und Gegner Michelangelo ist John
Ruskin zu erwähnen (The Relation between Michel Angelo
and Tintoret, siehe Evans: Lamp of Beauty, 117-128). |
[48] |
Paola Barocchi (Hg.): Scritti d’arte del
Cinquecento, IX (Colore), Milano-Napoli 1971, 2304, 2295, 2300;
dazu auch: Thomas Puttfarken: The Dispute about Disegno and
Colorito in Venice: Paolo Pino, Ludovico Dolce and Titian, in:
Peter Ganz, Martin Gosebruch u.a. (Hg.): Kunst und Kunsttheorie
1400-1900, Wiesbaden 1991, 75-95. |
[49] |
Dazu Luigi Grassi: Teorici e Storia della critica
d’arte, II: L’età moderna: il Seicento, Roma
1973, 31. |
[50] |
Vgl. Denis Mahon: Studies in Seicento Art Theory
(1947, 1. ed.), Westport (USA) 1971, 109-191. |
[51] |
“La scuola romana della quale sono stati
i primi Raffaele e Michelangiolo, ha seguitato la bellezza delle
statue si è avvicinata all’artificio degli antichi“,
siehe Evelina Borea (Hg.): Giovan Pietro Bellori, Le vite de’
Pittori Scultori e architetti moderni (1672, 1. ed.), Torino
1976, 191. |
[52] |
Laut Vasari hielt der junge Tizian an dem für
die Venezianer typischen Prinzip fest “di cacciar si avanti
le cose vive, e naturali e di contraffarle quanto sapeva il
meglio con i colori e macchiarle con le tinte crude e dolci,
che il vivo mostrava.” Aber auch der Spätstil des
Meisters war laut Vasari durch diese Malweise gekennzeichnet:
"colpi, tuirate via di grosso e con macchie ovvero bozze
senza esser finita punto.” (Vasari: Le Vite, VII, 308
und 332). Allgemein zum 'linguaggio di macchia': Nicola Ivanoff:
Arte e critica d’arte nella Venezia del Seicento, in:
Storia della civiltà veneziana nell’età
barocca, Firenze 1959, 81-95, hier: 81. |
[53] |
Nach Grassi: Teorici, II, 50. |
[54] |
"In suma la maniera Veneziana porta con
sì l’istessa libertà, che porta ognun che
vive in sta cita, Patria che tien l’obligacion lontana“,
nach Bologna: Il problema metodologico, 192. |
[55] |
"Noi pittori ci pigliamo licenzia che si
pigliano i poeti e i matti“ (nach Remigio Martini: Paolo
Veronese, Opera completa, Milano 1973, 84). |
[56] |
Memoirs of a Cavaliere (1720), zitiert nach
Battilana: Scrittori inglesi, 85. |
[57] |
Zu Malvasias lokalpatriotischer Einstellung:
Grassi: Teorici, II, 48-49. |
[58] |
Raffael erhielt von de Piles 65, Tizian 51 und
Annibale Carracci 58, vgl. Pochat: Ästhetik, 357. |
[59] |
"Venezia può tuttora vantarsi di
possedere i pittori più abili di tutta l’Italia
e tale da potersi annoverare fra le migliori in tutta Europa.“
(Michael Levey: La pittura a Venezia nel diciottesimo secolo,
(1959, 1. ed.) Milano 1983, 30). |
[60] |
Vgl. Gabriele Barucca und Alessandra Sfrappini:
“Tutta per ordine dipinta”: la Galleria di Palazzo
Buonaccorsi a Macerata (Ausstellung Macerata, Palazzo Buonaccorsi,
2002), Urbino 2001. |
[61] |
Krzysztof Pomian: Venise dans l’Europe
artistique au XVIIIe siècle, in: Lionello Puppi (Hg.):
Giambattista Tiepolo nel terzo centenario della nascita, Atti
del convegno Università Ca’ Foscari di Venezia,
Padua 1998, 395. |
[62] |
Die Akademie, die erst 1750 offiziell gegründet
wurde, hatte einen Vorläufer in der zwar privaten, aber
intensiv von Ausländern frequentierten Zeichenakademie
Piazzettas, die seit Beginn der 1720er Jahre existierte, vgl.
Gino Fogolari: L’Accademia Veneziana di Pittura e Scoltura
del Settecento, in: L’Arte XVI (1913), 241-272, 364-394;
Elena Bassi: L’Accademia di Belle Arti di Venezia nel
suo bicentenario. 1750-1950, Venezia 1950. Daneben scheint noch
mindestens eine weitere Privatakademie existiert zu haben, und
zwar die von Tiepolos Lehrer Gregorio Lazzarini. Ihr Aussehen
ist in einer Zeichnung von Tiepolo überliefert, dazu: Adriano
Mariuz: Giambattista Tiepolo: "il vero mago della pittura“,
in: Giambattista Tiepolo, 1696-1996 (Ausstellung Venedig New
York 1996-1997), Milano 1996, 4, Abb. 1. |
[63] |
Francis Haskell: Maler und Auftraggeber. Kunst
und Gesellschaft im italienischen Barock (1963, 1. Aufl.), Köln
1996, 374. |
[64] |
Zur Außenwirkung Venedigs und zu den Sammlern
und Sammlungen ist neben Haskells Standardwerk (Haskell: Maler
und Auftraggeber) zu nennen: Krzysztof Pomian: Venise dans l’Europe
artistique au XVIIIe siècle, in: Puppi: Tiepolo nel terzo
centenario, 393-400. |
[65] |
James Thomson, Liberty (1736), nach Battilana:
Scrittori inglesi, 86. |
[66] |
Öl auf Leinwand, 2,75 x 3,09 m, siehe Jeffery
Daniels: Sebastiano Ricci, Hove 1967, 24-25. Es ist nicht klar,
wo sich das Bild befunden hat. Die Innenansichten des Raumes
(Antoine Aveline nach Raymond Leplat, circa 1708-1709) lassen
keine Altarbilder erkennen. Möglicherweise befand sich
das Bild auf der Empore, wofür das Breitformat sprechen
würde. Der Hochaltar enthielt nur eine Gloriole mit dem
Trinitätssymbol. 1725 erhielt die Kirche ein hochformatiges
Altarbild mit einer Darstellung der Trinität von Antonio
Pellegrini, vgl. Heinrich Gerhard Franz: Die Katholische Hofkirche
in Dresden (Kathedrale St. Trinitatis) und die Rückkehr
zum Barock. Vorgeschichte, Pläne, Vorentwürfe 1736–1738,
in: Das Münster 41 (1994), 21–32, hier: 23. Eine
Abbildung des Altarbildes von Pellegrini in: George Knox: Antonio
Pellegrini 1675-1741, Oxford 1995, Abb. 153. |
[67] |
Daniels: Ricci, Nrn. 114, 125. |
[68] |
Steffi Roettgen (Hg.): Mengs. Die Erfindung
des Klassizismus (Ausstellung Padua-Dresden 2001), München
2001, 144-149. |
[69] |
Harald Marx: Die Gemälde des Louis de Silvestre,
Dresden 1975, 33. |
[70] |
Giuseppe Niccola d’Azara / Carlo Fea (Hg.):
Opere di Antonio Raffaello Mengs (…), Roma 1787, 133. |
[71] |
Roettgen: Mengs, 263. |
[72] |
Als Beispiel für die Positionen der älteren
Kritik ist der Vortrag von Samuel Theodor Gericke vor der Berliner
Akademie vom 12. November 1705 zu erwähnen, der auf der
Rede des Philippe de Champaigne von 1676 vor der Pariser Akademie
basierte. Tizian wurde hier auf dem Höhepunkt der französischen
Debatte um Zeichnung und Kolorit wegen der zeitgenössischen
Gewänder und seiner mangelnden historischen Korrektheit
kritisiert. Vgl. Ausstellungskatalog 'Die Kunst hat nie ein
Mensch allein besessen', Berlin, Akademie der Künste 1996,
42. |
[73] |
Anton Raphael Mengs: Gedanken über die
Schönheit und über den Geschmack in der Mahlerey (1762),
in: Helmut Pfotenhauer / Norbert Miller / Markus Bernauer (Hg.):
Frühklassizismus. Position und Opposition. Winckelmann,
Mengs, Heinse (= Bibliothek der Kunstliteratur 2), Frankfurt
1995, 246. |
[74] |
Vgl. besonders die Passagen über die Malweise
der 'macchia', die Lanzi mit dem Gebrauch der ungemischten und
kräftigen Farben verbindet, die auf einen weißgrundig
präparierte Bildträger aufgebracht werden und die
besonders auf die Entfernung wirken (Lanzi: Storia pittorica,
II, 44-45). |
[75] |
Lanzi: Storia pittorica, I, 48. |
[76] |
"anzi sbozzate prima le opere con certa
libertà e coraggio, lasciavele così da banda per
qualche tempo, e tornava poi con occhio fresco ed attento apurgarle
d’ogni difetto“ (Lanzi: Storia pittorica, II, 70).
Lanzis Charakterisierung Tizians stützt sich auf die Beobachtungen
von Mengs, den er als einen der profundesten Kenner seines Stils
bezeichnet (Lanzi: Storia pittorica, II, 68). Auch die Ausführungen
über Giorgione gehen weitgehend auf Mengs zurück,
wie sich u. a. daran zeigt, dass er wie Mengs Giorgione in der
"grandiosità del gusto“ über Tizian stellt,
vgl. d'Azara / Fea: Mengs, 131. |
[77] |
Antonio Maria Zanetti: Della Pittura veneziana
e delle pitture pubbliche de’Veneziani maestri, Venezia
1771. |
[78] |
Zanetti: Pittura Veneziana, 97-105. |
[79] |
Robert R. Wark (Hg.): Sir Joshua Reynolds, Discourses
on Art, New Haven / London 1975, 57-73. |
[80] |
Francesco Milizia: Dell’arte di vedere
nelle belle arti del disegno, Venezia 1781, 104. |
[81] |
Orazione recitata nella pubblica veneta Accademia
di Pittura, Scultura ed architettura, il 28 settembre 1787 nella
quale si criticano i principii dell’architettura lodoliana,
in: Elementi d’artchitettura lodoliana ossia L’Arte
del fabbricare con solidità scientifica e con eleganza
non capricciosa. Edizione corretta ed accresciuta dall’autore
nobile Andrea Memmo, patrizio veneto, Cavalier e Procuratore
di S. Marco, già ambasciatore presso la Santa Sede. Zara
1834, 2, 187-207. |
[82] |
Gianfranco Torcellan: Una figura della Venezia
settecentesca: Andrea Memmo. Ricerche sulla crisi dell’aristocrazia
veneziana, Venezia / Roma 1963. |
[83] |
Giuseppe Pavanello: Rezzonico. Committenza e
collezionismo fra Venezia e Roma, in: Arte Veneta 52 (1998),
109, Abb. 19. |
[84] |
Lanzi: Storia pittorica, I, 431: "Ben può
dirsi che se la pittura va crescendo, il suo avanzamento cominciò
in Roma.“ |
[85] |
Lanzi: Storia pittorica, II, 182. |
[86] |
Die faire Beurteilung des Modernitätsgrades
der italienischen Malerei des 19. Jahrhunderts im europäischen
Maßstab scheitert bis heute an der lokalhistorischen Betrachtungsweise
und an den durch die Historienmalerei ausgebildeten Kategorien
der Betrachtung, die das kleine Format und ihre Sujets schon
in der musealen Präsentation benachteiligen, wie ein Gang
durch die Galleria d’Arte Moderna in Florenz nur allzu
deutlich macht. |
[87] |
Lindsay Stainton: William Turner in Venedig,
München 1985, 7-38. |
[88] |
Dazu: Nicola Ivanoff: Arte e critica d’arte
nella Venezia del Seicento, in: Storia della civiltà
veneziana del barocco, Firenze 1959, 81-95. |
[89] |
Lanzi: Storia pittorica, II, 179 hebt die Neuigkeit
von Canalettos Darstellung gebührend hervor, wenn er sagt,
dass seine Veduten die großartigsten und die modernsten
der Welt seien, da er ihnen die Natur und die Kunst vereint
habe. Er bewundert an ihnen das "grazioso misto di moderno
e di antico, di vero e di capriccioso.“ |
[90] |
Die Wiederentdeckung Guardis, der von Lanzi
deutlich auf eine niedrigere Stufe als die Canalettos gestellt
hatte, geht auf Paul Leroi zurück, der sich auch schon
in einem Aufsatz in der Zeitschrift 'L’art' (1876) für
Tiepolo eingesetzt hatte. Leroi war, wie Haskell darlegt, ein
entschiedener Antiakademiker. |
[91] |
Es ist nicht bekannt, ob sich die 'Macchiaioli'
mit Turner auseinandergesetzt haben bzw. seine Werke kannten.
|
[92] |
Signorini hat in seiner Selbstbiographie diese
Station seines Lebens wie folgt resümiert: "mi portai
a Venezia coll’artista Vito d’Ancona e Federigo
Maldarelli di Napoli. Là vi rimasi tutto l’anno
1856, studiai nei musei e nei canali, strinsi amicizia con Enrico
Gamba e Federigo Leighton e vari altri stranieri. Nel mio ritorno
a Firenze ebbi i miei primi lavori rigettati della nostra Promotrice
per eccessiva violenza di chiaroscuro e fui attaccato dai giornali
come macchiajuolo.” (nach Ettore Spalletti: Telemaco Signorini,
Soncino 1994, 13). |
[93] |
Spalletti: Signorini, 22. |
[94] |
Dazu: Francesca Dini: Giuseppe Abbati, una retrospettiva,
in: Francesca Dini / Carlo Sisi (Hg.): Giuseppe Abbati, 1836-1868
(Ausstellung Castiglioncello 2001), Torino 2001, 21. |
[95] |
Zur künstlerischen Situation in Venedig
in diesen Jahren: Fernando Mazzocca: Arti e politica nel Veneto
asburgico, in: Sergio Marinelli, G. Mazzariol, F. Mazzocca (Hg.):
Il Veneto e l’Austria. Vita e cultura artistica nelle
città venete 1814-1866 (Ausstellung Verona 1989), Milano
1989, 40-79, hier: 66-70. |
[96] |
Vgl. Benedetto Croce: Una teoria della macchia,
in: Problemi di estetica, Bari 1923, 236-246; siehe auch: Luigi
Grassi: I concetti di schizzo, abbozzo, macchia, non-finito
e la costruzione dell’opera d’arte, in: Studi in
onore di Pietro Silva, Firenze 1957, 97-106. |
[97] |
Vittorio Imbriani über die 'macchia' (1869),
in Dini / Sisi: Abbati, 26. |
[98] |
Mario de Micheli: Carte d’artisti dal
neoclassicismo al simbolismo. Lettere, confessioni, interviste,
Milano 1995, 159 [nach: G. Fattori: Ricordi autobiografici,
in: F. Errico (Hg.): Scritti autobiografici editi e inediti,
Roma 1980, 46 (die Äußerung wird in das Jahr 1903
datiert)]. |
[99] |
Donata Levi: La fortuna critica di Tiepolo alla
fine del Settecento, in: Puppi: Tiepolo nel terzo centenario,
453-458. |
[100] |
Haskell: Tiepolo e gli artisti, II, 481-497.
|
[101] |
John Addington Symonds: On an altarpiece by
Tiepolo, in: In the key of the blue, London 1892; siehe Haskell:
Tiepolo e gli artisti, 495-496. |
[102] |
Burckhardt: Cicerone, 936. |
[103] |
John Ruskin: St. Mark’s rest (1887): “È
lui che ha inaugurato il modernismo; questi quadri (Sant’
Alvise, Venedig) sono esattamente ciò che produrrebbe
un buon allievo dell’Accademia delle Belle Arti di Parigi
(…)”, nach: Anna Pallucchini (Hg.): Tiepolo. L’opera
completa, Milano 1968, 11. |
[104] |
Dazu: Mariuz: Giambattista Tiepolo, 1996, 3-13.
|
[105] |
Svetlana Alpers / Michael Baxandall: Tiepolo
and the Pictorial Intelligence, New Haven / London 1994. |
[106] |
Diego Valeri: Il mito del Settecento veneziano,
in: La civiltà veneziana del Settecento, Firenze 1960,
3-26, hier: 12. |
[107] |
Charakteristisch für diese Haltung ist
das Urteil von Paolo D’Ancona: Tiepolo a Milano. Gli affreschi
di Palazzo Clerici, Milano 1956, siehe auch Pallucchini: Tiepolo,
13. |
[108] |
Pavanello: Rezzonico, 91, 104. |
[109] |
Steffi Roettgen: Anton Raphael Mengs in Dresden
und Madrid: Zur Geschichte des Hochaltarbildes in der katholischen
Hofkirche, in: Christoph Rodiek (Hg.): Dresden und Spanien (Akten
des interdisziplinären Kolloquiums, Dresden, 22.-23. Juni
1998), Frankfurt am Main 2000, 13-23, hier: 21. |
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Prof. Dr. Steffi Roettgen
LMU München
Department Kunstwissenschaften
Georgenstraße 7
80799 München
steffi.roettgen@t-online.de
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Empfohlene
Zitierweise:
Steffi Roettgen: Venedig oder Rom – Disegno e Colore. Ein
Topos der Kunstkritik und seine Folgen, in: zeitenblicke
2 (2003), Nr. 3 [10.12.2003], URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/03/roettgen.html>
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