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Unter Kameralliteratur versteht man eine frühneuzeitliche Literaturgattung, die sich speziell mit der obersten Gerichtsbarkeit des Alten Reiches beschäftigte. Mehrere Gruppen können unterschieden werden. So gab es zum einen Quelleneditionen, z. B. das berühmte Corpus Iuris Cameralis von Georg Melchior Ludolf von 1724.
Unter Kameralliteratur versteht man eine frühneuzeitliche Literaturgattung, die sich speziell mit der obersten Gerichtsbarkeit des Alten Reiches beschäftigte. Mehrere Gruppen können unterschieden werden. So gab es zum einen Quelleneditionen, z. B. das berühmte Corpus Iuris Cameralis von Georg Melchior Ludolf von 1724.
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Hinzu kamen Kommentare zu den Gerichtsordnungen, Traktate zu Einzelproblemen und vor allem am Ende des 18. Jahrhunderts zahlreiche Reformvorschläge. Die höchste Bedeutung kommt jedoch der sog. Entscheidungsliteratur zu. Dieser Sammelbegriff umfasst sämtliche Werke, die die Urteilstätigkeit der Gerichte dokumentierten, teilweise auch kommentierten. Weil die Mitteilung der Entscheidungsgründe gegenüber den Parteien in der frühen Neuzeit verboten war, erfüllten diese Werke eine zentrale Funktion bei der Veröffentlichung und Verbreitung höchstrichterlicher Entscheidungen. Wegweisend wurden die Observationensammlungen der beiden Kammergerichtsassessoren Joachim Mynsinger (1563) und Andreas Gail (1578). In kurzen Abhandlungen kommentierten sie jeweils die Rechtsprechung des Reichskammergerichts zu ausgewählten Rechtsproblemen. Bezeichnenderweise warf man den Autoren den Bruch des Gerichtsgeheimnisses vor. Nach und nach wurde es jedoch üblich, dass Gerichtsmitglieder außerhalb ihrer Dienstzeit wissenschaftlich tätig waren. Johann Ulrich von Cramer veröffentlichte im 18. Jahrhundert sogar eine eigene Zeitschrift, die Wetzlarischen Nebenstunden, mit 128 Folgen.
Hinzu kamen Kommentare zu den Gerichtsordnungen, Traktate zu Einzelproblemen und vor allem am Ende des 18. Jahrhunderts zahlreiche Reformvorschläge. Die höchste Bedeutung kommt jedoch der sog. Entscheidungsliteratur zu. Dieser Sammelbegriff umfasst sämtliche Werke, die die Urteilstätigkeit der Gerichte dokumentierten, teilweise auch kommentierten. Weil die Mitteilung der Entscheidungsgründe gegenüber den Parteien in der frühen Neuzeit verboten war, erfüllten diese Werke eine zentrale Funktion bei der Veröffentlichung und Verbreitung höchstrichterlicher Entscheidungen. Wegweisend wurden die Observationensammlungen der beiden Kammergerichtsassessoren Joachim Mynsinger (1563) und Andreas Gail (1578). In kurzen Abhandlungen kommentierten sie jeweils die Rechtsprechung des Reichskammergerichts zu ausgewählten Rechtsproblemen. Bezeichnenderweise warf man den Autoren den Bruch des Gerichtsgeheimnisses vor. Nach und nach wurde es jedoch üblich, dass Gerichtsmitglieder außerhalb ihrer Dienstzeit wissenschaftlich tätig waren. Johann Ulrich von Cramer veröffentlichte im 18. Jahrhundert sogar eine eigene Zeitschrift, die Wetzlarischen Nebenstunden, mit 128 Folgen.
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Von hohem dokumentarischem Wert ist ferner eine Sammlung von ca. 40.000 Reichskammergerichtsurteilen, die von Raphael Seiler und Christian Barth ediert wurde. Eine amtliche Entscheidungssammlung am Reichskammergericht gab es nur von 1800 bis 1804.
Von hohem dokumentarischem Wert ist ferner eine Sammlung von ca. 40.000 Reichskammergerichtsurteilen, die von Raphael Seiler und Christian Barth ediert wurde. Eine amtliche Entscheidungssammlung am Reichskammergericht gab es nur von 1800 bis 1804.
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Die Entscheidungsliteratur des Reichshofrats ist quantitativ nicht so gewichtig wie die kammergerichtliche Literatur und setzt auch etwas später ein. Mehrbändige Sammlungen wie diejenige des berühmten Johann Jacob Moser zeigen jedoch, dass die Wissenschaft des 18. Jahrhunderts sich zunehmend auch für den Reichshofrat interessierte. Insgesamt dürfte die Kameralliteratur einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung des gelehrten Prozessrechts und damit zur Rechtsvereinheitlichung in Deutschland geleistet haben.
Die Entscheidungsliteratur des Reichshofrats ist quantitativ nicht so gewichtig wie die kammergerichtliche Literatur und setzt auch etwas später ein. Mehrbändige Sammlungen wie diejenige des berühmten Johann Jacob Moser zeigen jedoch, dass die Wissenschaft des 18. Jahrhunderts sich zunehmend auch für den Reichshofrat interessierte. Insgesamt dürfte die Kameralliteratur einen entscheidenden Beitrag zur Verbreitung des gelehrten Prozessrechts und damit zur Rechtsvereinheitlichung in Deutschland geleistet haben.
Heinrich Gehrke: Die privatrechtliche Entscheidungsliteratur Deutschlands (= Ius Commune-Sonderheft 3), Frankfurt a.M. 1974.