DiPP NRW
zeitenblicke
Direkt zum Inhalt
Sektionen

 

<1>

Ahnentafeln und Nachfahrentafeln sind zunächst visuelle Hilfsmittel, um Verwandtschaftsverhältnisse zu veranschaulichen. Darüber hinaus enthalten sie jedoch auch eine Botschaft, die sie zu einem geeigneten Mittel vornehmlich adliger Selbstdarstellung werden ließ: sie demonstrieren dynastische Kontinuität und visualisieren das über Generationen einigende Band der Familie. Selten werden Blutsbande so anschaulich wie in den Verwandtschaftstafeln der Genealogie. Insbesondere für den europäischen Adel waren das Alter und die edle Abstammung der eigenen Familie bedeutsame Attribute der Selbstdarstellung. Zum einen war der Verweis auf die eigenen vornehmen Vorfahren ein Mittel, um die besondere Stellung des Adelsstandes gegenüber den anderen Ständen hervorzuheben. Zum anderen diente der Hinweis auf Rang und Alter der eigenen Familie stets auch als ein Distinktionsmittel innerhalb des adligen Standes. Für das symbolische Kapital eines jeden Adligen war der Verweis auf die Vorfahren ein nahezu unverzichtbares Mittel zur Repräsentation seiner eigenen Stellung. [1]

<2>

Eine Folge dieser beständigen Sorge um die eigene Familiengeschichte war die besondere Gedächtnistiefe des Adels, das Wissen um die eigenen Vorfahren, das die Mitglieder der Aristokratie den anderen Ständen voraus hatten. Oexle zählt denn auch diese Form der Memoria zu den Grundeigenschaften des Adels. [2] Aber auch wenn man die Familienmemoria den allgemeinen Strukturmerkmalen des Adels zurechnet, lässt sich konstatieren, dass die Genealogie am Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit besondere Konjunktur zu haben schien. Diese Blüte der Genealogie lässt sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts auch in Mecklenburg beobachten. Zwar gibt es bereits zahlreiche mittelalterliche Beispiele dynastischer Memoria. [3] Mit Nikolaus Marschalks in sieben Bänden 1521 erschienenen "Annalen der Heruler und Wenden", dem nur einem Jahr später erschienenen Druck "Ein Außtzog der Meckelburgischen Chronicken" sowie schließlich der prachtvollen Bilderhandschrift des Schweriner Hofmalers Erhard Altdorfer war allerdings ein erster Höhepunkt genealogischer Selbstdarstellung erreicht. [4]

<3>

Nikolaus Marschalk war nicht nur herzoglicher Rat, er war auch an der Universität Rostock tätig und mit seinem breiten Interesse für historische, theologische und naturwissenschaftliche Fragen ein Paradebeispiel eines humanistischen Gelehrten. [5] In dieser Rolle betrieb er für Herzog Heinrich den Friedfertigen Hofhistoriographie zur Steigerung der Ehre des Herrscherhauses und verfasste in diesem Sinne seine Fürstengenealogie. Diese Verbindung von humanistischer Gelehrsamkeit mit dem Ziel fürstlicher Selbstdarstellung war eine durchaus typische Konstellation. Nur in den seltensten Fällen waren Adlige selbst tätig, wenn es galt, die Geschichte der eigenen Dynastie zu dokumentieren.

<4>

Ein vergleichbares Zusammenwirken von Fürsteninteresse und humanistischem Forscherfleiß findet sich erneut fünfzig Jahre später mit Herzog Ulrich und David Chytraeus. Herzog Ulrich nutzte die Genealogie als Mittel fürstlicher Repräsentation in besonderer Weise. Von den 1570er-Jahren bis zu seinem Tod im Jahre 1603 lässt sich dies in zahlreichen Kunstaufträgen ablesen. Ulrich hatte das Glück, sich mit David Chytraeus der Dienste des vielleicht prominentesten Humanisten versichern zu können, der in Mecklenburgischen Diensten stand. Der Rostocker Professor beförderte die Durchführung dieser genealogischen Darstellungen durch eigene Forschungen über die Geschichte des mecklenburgischen Fürstenhauses. Hierüber kam es zwischen dem humanistischen Gelehrten und dem Herzog zu einem mehr als zweieinhalb Jahrzehnte dauernden teilweise regen Briefwechsel. Welche Bedeutung Herzog Ulrich Chytraeus´ Arbeiten zumaß, ist auch an einem Neujahrsgeschenk abzulesen: 1596 erhielt der Humanist eine goldene Medaille mit dem Porträt des Herzogs überreicht, [6] eine am Hof typische Auszeichnung für verdiente Personen.

<5>

Dem Interesse Herzog Ulrichs von Mecklenburg für genealogische Repräsentation widmet sich dieser Beitrag. Zum einen sollen die einzelnen Kunstwerke, in denen die Genealogie des Hauses Mecklenburg zum Gegenstand fürstlicher Repräsentation gemacht wurde, in diesem Aufsatz vorgestellt werden. Zum anderen knüpft sich daran die Frage an, welche Funktion die Genealogie nicht nur für die Selbstdarstellung der Dynastie, sondern auch konkret für den Herzog Ulrich erfüllte. Es gab nämlich durchaus spezifische politische Gründe, die es Ulrich hilfreich erscheinen ließen, den Verweis auf die dynastischen Vorfahren als legitimierendes Argument anzuführen. Durch eine gleichzeitige Betrachtung der genealogischen Selbstdarstellungspraxis und des konkreten politischen Kontextes zum Zeitpunkt ihrer Entstehung wird das Motiv erkennbar, das dem gesteigerten Interesse an den eigenen Vorfahren zugrunde lag.

<6>

Die besondere Botschaft von Ulrichs genealogischer Repräsentationspraxis läßt sich nur verstehen, wenn man die spezifische Ausprägung der mecklenburgischen Landesherrschaft im 16. Jahrhundert in den Blick nimmt. Hierzu zählen insbesondere die wiederholt praktizierten Landesteilungen zwischen den jeweils regimentsfähigen Brüdern des Herrscherhauses. Meist waren es die jeweils jüngeren Brüder, die eine Landesteilung einforderten, um damit an der Landesherrschaft partizipieren zu können. So forderte Albrecht VII. (1488-1547) gegen seinen älteren Bruder und regierenden Herzog Heinrich V. (1479-1552) vehement eine Landesteilung, um ebenfalls zumindest über einen Teil Mecklenburgs in eigener Regie regieren zu können. Dies wurde ihm faktisch gewährt, obschon man sich zugleich auch auf eine gemeinsame Regierung über das gesamte Land verständigt hatte. [7] Mit demselben Anspruch trat eine Generation später auch Herzog Ulrich (1527-1603) gegenüber seinem älteren Bruder Herzog Johann Albrecht (1525-1576) auf. 1555 wurde die erneute Landesteilung in Mecklenburg vollzogen: Ulrich erhielt insbesondere den östlichen Teil des Landes mit Güstrow als Residenzort. Johann Albrecht verwaltete den westlichen Teil Mecklenburgs von seiner Residenz in Schwerin aus. [8] Die Stadt Rostock, die dort angesiedelte Universität, das Hofgericht und das Konsistorium fielen in gemeinsame Zuständigkeit [9] und boten damit die Möglichkeit zu fortgesetzten Auseinandersetzungen. Die Einheit des Landes wurde nicht von den regierenden Herzögen verkörpert, sondern von den Landständen, die sich in der Landständischen Union des Jahres 1523 zur Unteilbarkeit der Stände und damit des Landes bekannten. [10] Ulrichs Politik ebenso wie seine Selbstdarstellung war darauf angelegt, den Anspruch auf Landesherrschaft in der Auseinandersetzung mit seinem älteren Bruder aufrecht zu halten. Im folgenden soll dargelegt werden, welche Rolle Ulrichs genealogische Inszenierungen hierbei spielen sollten.

<7>

Die genealogische Repräsentation Herzog Ulrichs war an zwei Orten konzentriert, die miteinander in enger Verbindung standen: dem Dom zu Güstrow, einer ehemaligen Stiftskirche, die seit 1565 renoviert wurde und fortan als Hofkirche diente, sowie das nahegelegene herzogliche Schloss, das Herzog Ulrich seit 1558 an Stelle einer bislang bestehenden mittelalterlichen Burganlage errichten ließ. Die Baumaßnahmen an Hofkirche und Schloss standen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Herrschaftsantritt des Herzogs Ulrich in Güstrow. Hier trat er 1556 sein Amt als regierender mecklenburgischer Herzog an, nachdem er sich 1555 nach lang andauernden Auseinandersetzungen mit seinem älteren Bruder, Johann Albrecht, über die Teilung der Landesherrschaft verständigt hatte. Johann Albrecht residierte seit 1553 in Schwerin und trieb dort planmäßig den Ausbau der Residenz und des Hofes voran.

<8>

In unmittelbarer Nähe zur Residenz des Herzogs Ulrich befand sich die Stiftskirche, die am 13. Juni 1226 von Heinrich Borwin II., einem Vorfahren Herzog Ulrichs, gegründet wurde. Das Stiftskolleg konnte sich bis 1552 in Güstrow halten, obwohl in der Güstrower Pfarrkirche am Markt bereits seit 1533 evangelische Predigten gehalten wurden. Die vergleichsweise späte Hinwendung des Landes Mecklenburg zur Reformation im Jahre 1549 setzte indes auch der Tätigkeit des Stiftskapitels ein schnelles Ende. Bis zum Beginn der Herrschaft Herzog Ulrichs blieb die Kirche verwaist, Gottesdienste fanden keine mehr statt. [11]

Abb. 1

<9>

Nach dem Herrschaftsbeginn des Herzogs Ulrich fand die Stiftskirche dann als Hofkirche der nahegelegenen Residenz erneut Verwendung. Insbesondere etablierte Herzog Ulrich in der Hofkirche eine neue Grablege, die fortan bis zum Ende des Güstrower Herzogtums Verwendung fand. [12] Damit verlagerte Ulrich den ursprünglichen Begräbnisort der Herzöge in Doberan [13] nach Güstrow, in seine Residenzstadt. Diese Verlagerung von Grablegen aus Klöstern in die jeweilige Residenz der Landesherren lässt sich im 16. Jahrhundert in zahlreichen Territorien beobachten. [14] Die neue Nutzung der Kirche dokumentiert sich auch in einer neuen Ausstattung der Kirche, mit der die Dynastie des Hauses Mecklenburg sichtbar in der Kirche Einzug hielt. Hierzu zählen vor allem zwei äußerst aufwendig gestaltete Grabdenkmäler, die beide die Genealogie des Hauses Mecklenburg zum Gegenstand haben.

<10>

Von besonderer Aussagekraft ist das Grabmonument, das Ulrich zu Ehren von Borwin II. im Chor des Güstrower Domes errichten ließ. Wenn man den Angaben des Humanisten Nikolaus Marschalk Glauben schenken darf, so befindet sich das Grab Borwins II. tatsächlich in der Stiftskirche, [15] auch wenn die meisten Vorfahren der Obotritendynastie in der Klosterkirche in Doberan begraben wurden. Mit dem prächtigen Kenotaph, den Ulrich für seinen Vorgänger in der Mitte des Chores errichten ließ, war der Stifter der Kollegiatskirche jedoch nun auch symbolisch präsent.

<11>

Das Monument zu Ehren Borwins II. fügt sich ein in eine Reihe weiterer Maßnahmen der Erinnerung an die verstorbenen Vorläufer der Dynastie. Auch seinen in Doberan bestatteten Vorfahren erwies Ulrich seine Referenz. Um ihrer zu gedenken, errichteten Ulrich und seine erste Gemahlin Elisabeth 1583 in Doberan das Große Fürstenepitaph. [16] Die sichtbare Erinnerung an die Vorfahren versprach auch für das lebende Herzogspaar symbolischen Gewinn. Zum einen dokumentiert sich in jedem dieser Ahnendenkmäler die lang zurückreichende vornehme Abkunft des Herrscherhauses. Diese Botschaft war für alle Mitglieder der Herzogfamilie von Nutzen, also neben Ulrich auch für seinen älteren Bruder Johann Albrecht und seinen jüngeren Bruder Christoph. Zum anderen beweisen sich Ulrich und Elisabeth mit diesen Erinnerungsgesten als legitime Nachfahren und als eigentliche Sachwalter der mecklenburgischen Ahnen. Diese Botschaft betonte die Leistung der Erinnernden, verbuchte den symbolischen Gewinn daher allein für die Personen Ulrich und Elisabeth. Es war insbesondere dieser Aspekt individueller Prestige- und Legitimitätssteigerung, der Ulrich dazu bewegte, als Stifter mehrerer aufwendiger Ahnendenkmäler in Erscheinung zu treten. In der politischen Auseinandersetzung mit seinem älteren Bruder Johann Albrecht um die Landesherrschaft suchte sich Ulrich mit seiner Memorialpraxis als wahrer Repräsentant des mecklenburgischen Herrscherhauses darzustellen. Er erwies den Vorfahren sichtbare Reverenz, um auf diese Weise die Ahnen als Zeugen seiner Landesherrschaft anrufen zu können.

Abb. 2

<12>

Auch und gerade das Grabmonument für Borwin II. sollte diesem Zweck dienen. Mit der Errichtung dieses Grabdenkmals wurde die Hofkirche der Güstrower Residenz zugleich ein Ort dynastischer Kontinuität, Güstrow damit zu einem altehrwürdigen Zentrum mecklenburgischer Landesherrschaft. Ulrich zeigte sich in seiner Rolle als "Renovierer des Doms und damit als Bewahrer des Borwinischen Erbes". [17] Hierzu diente nicht nur der Kenotaph allein, der Borwin zu Ehren in der Mitte des Chores aufgestellt wurde. Weit sichtbarer noch war das Wandmonument, das bis 1577 von Philipp Brandin fertiggestellt wurde. Die Wandtafel enthält eine Stammtafel des mecklenburgischen Herrscherhauses von Borwin II. bis zu den Kindern der Brüder Johann Albrecht und Ulrich, und verzeichnet über einen Zeitraum von mehr als 300 Jahren 115 männliche und weibliche Familienangehörige. Da es sich um eine Nachfahrentafel handelte, sind neben Ulrich auch alle seine Brüder auf der Wandtafel namentlich aufgeführt. Die Inschriftentafel am Fuße des Monuments nennt jedoch neben dem Namen Herzog Borwins II., dem Stifter der Kirche, nur noch den Namen Herzog Ulrichs als Auftraggeber des Denkmals im Jahre 1574. Nur Ulrich wird daher in seiner Sorge um das väterliche Erbe und die Traditionswahrung der Familie namentlich genannt. Der Ort dieser inszenierten Eintracht von Ahnherr und Erbe aber war Güstrow, Sitz der Residenz des Herzogs Ulrich. Der Verweis auf die Vorfahren sollte Güstrow den notwendigen Status verleihen, um in Konkurrenz mit der anderen mecklenburgischen Residenzstadt Schwerin bestehen zu können.

Abb. 3

<13>

Ulrichs Grabmonument, das sich neben der Nachfahrentafel Herzog Borwins II. ebenfalls im Chor des Güstrower Domes befindet, gehört "zu den genealogisch aufwendigsten Grabmonumenten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und im nordeuropäischen Kulturraum überhaupt". [18] Am Fuß des Grabmonuments gibt der steinerne Herzog zusammen mit seinen beiden Gemahlinnen, Elisabeth von Dänemark († 1586) und Anna von Pommern-Wolgast († 1626), ein Beispiel für die 'Pietas' der Herzogfamilie. Seit 1576 errichtete zunächst Philipp Brandin, nach dessen Tod dann Claus Midow und Bernt Berninger die beiden Statuen und die dazugehörigen Ahnentafeln für Herzog Ulrich sowie Elisabeth von Dänemark. Nach der erneuten Heirat Ulrichs im Jahre 1588 wurde umgehend auch die Statue Annas mit ihrer Ahnentafel hinzugefügt. Die Heilige Schrift auf den Lesepulten vor den drei knienden Figuren kann als Hinweis auf die reine Lehre des Evangeliums und daher als protestantisches Bekenntnis gedeutet werden. Die Tafeln unterhalb der Statuen enthalten vor allem einzelne Bibelstellen.

<14>

Den größten Raum beanspruchen die Ahnentafeln der drei dargestellten Personen der Herzogsfamilie. Sämtliche angeführten Vorfahren - jeweils 5 Generationen - werden neben einer Schrifttafel mit ihrem Namen auch mit ihrem Wappen und einer kleinen Statuette dargestellt. Um diese Ahnentafeln anfertigen zu können, bedurfte es zunächst intensiver Nachforschungen seitens Chytraeus', um die notwendigen Informationen über die Vorfahren Herzog Ulrichs zu sammeln. Ulrich selbst schien weder seinen Geburtstag noch den seiner Gemahlin zu kennen und hatte auch über die eigene Hausgeschichte nur schemenhafte Kenntnisse. [19] Erst historische Nachforschungen befähigten Brandin also zu seinem Grabmonument.

<15>

Die demonstrative Abbildung der Ahnentafeln enthält zahlreiche Botschaften, die der Selbstdarstellung der Familie, insbesondere aber der Person Herzog Ulrichs dienen sollten. So lieferte jede der drei Ahnentafeln den Beweis der edlen Herkunft der drei Personen. Der Nachweis von 16 Ahnen adliger Herkunft war um 1600, spätestens aber im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts in den meisten Domkapiteln, Kanonikerstiften und geistlichen Ritterorden Aufnahmevoraussetzung. [20] Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Ahnentafel im Güstrower Dom nebenbei den Nachweis liefert, dass Herzog Ulrich auch als Kanoniker in der ehemaligen Stiftskirche Aufnahme gefunden hätte, wäre sie in dieser Funktion nicht der durch seinen Onkel und Bruder eingeführten Reformation zum Opfer gefallen.

<16>

Außerdem dokumentiert ein Blick auf die kognatischen Vorfahren, dass man auch höherrangige Vorfahren für sich geltend machen konnte: Unter den angeführten Ahnen finden sich Angehörige der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen, der Königsfamilien von Dänemark und Schweden, ja mit Herzogin Anna, Tochter des römischen Königs Albrecht II. und Gemahlin des sächsischen Herzogs Wilhelms III., sogar ein Mitglied der Habsburgerdynastie. Im Textfeld der Herzogin Anna wird ihr Vater Albrecht irrtümlich, aber nutzbringend, als Kaiser bezeichnet. Ebenso aussagekräftig ist ferner ein Blick auf die Ahnen Elisabeths, der ersten Gemahlin Herzog Ulrichs. Werden normalerweise in den Textfeldern der weiblichen Vorfahren nur deren Väter genannt, so konnte man es sich nicht verkneifen, bei der Herzogin Elisabeth aus dem Hause Wittelsbach nicht nur auf ihren Vater, den Herzog Friedrich von Bayern, sondern auch auf ihren Urgroßvater hinzuweisen, den römischen König Ludwig, der ebenfalls als Kaiser tituliert wird. [21]

<17>

Und schließlich zeigt Ulrichs Grabmonument, dass es ihm selbst vergönnt war, mit Elisabeth von Dänemark eine Frau aus königlicher Familie zu heiraten, was das symbolische Kapital des eigenen Hauses, aber auch seiner Person, ebenfalls steigerte. Um dies zu demonstrieren, sind oberhalb des Baldachins die Landeswappen der drei dargestellten Personen angebracht. Die Herzogswürde Ulrichs und Annas wird durch ein herzogliches Wappen mit dreifacher Helmhaube dargestellt, über Elisabeth ist hingegen das dänische Königswappen mit der Krone zu sehen. Auch die unterschiedliche Kopfbedeckung der Statuen Elisabeths und Annas zeigt deren Rangunterschied an. [22]

<18>

Die Botschaft Herzog Ulrichs, sich mit Hilfe seiner genealogischen Repräsentationsbemühungen im Güstrower Dom als eigentlichen Nachfolger und Erben Fürst Borwins darzustellen und damit seinen älteren Bruder in Schwerin in den Schatten zu stellen, ist in Mecklenburg nicht ungehört geblieben. Dies belegt die Rezeption des Grabmonuments für die Gestaltung der Grablege seines jüngeren Bruders Christoph im Schweriner Dom. War es zunächst Herzog Ulrich selbst, der seinen Herrschaftsanspruch in der Familie gegen den älteren Bruder Johann Albrecht durchsetzen musste, so lieferte sich sein jüngerer Bruder Herzog Christoph ebenfalls einen lang anhaltenden Streit um die Herrschaft in Mecklenburg, der auch den Reichshofrat beschäftigte. [23] Die Auseinandersetzungen endeten erst mit dem Tod Christophs im Jahr 1592. In der Gestaltung seines Grabdenkmals im Schweriner Dom ist die Konkurrenz zu seinem älteren Bruder Ulrich deutlich erkennbar. Eine Statue zeigt ihn in derselben Pietas-Haltung wie Herzog Ulrich, kniend vor einem Lesepult. [24] Zweimal sechzehn Ahnenwappen von ihm und seiner Gemahlin, Elisabeth von Schweden, zeugen darüber hinaus von einer Herkunft, die der seines Bruders in nichts nachstand - logischerweise war ja seine eigene Ahnentafel mit derjenigen Ulrichs identisch. Damit hatte er den Anspruch auf Gleichrangigkeit und damit auch auf die Teilhabe an der Herrschaft des Landes über den Tod hinaus symbolisch dargestellt. Die Ahnen dienten als Zeugen und als symbolisches Kapital in einer innerfamiliären Auseinandersetzung um die Teilhabe an der Landesherrschaft.

<19>

Neben der Hofkirche war die neu errichtete Residenz in Güstrow Ort genealogischer Repräsentation. [25] Der Neubau trat an die Stelle einer wenig repräsentativen und mittlerweile baufällig gewordenen spätmittelalterlichen Burganlage. 1558 begann der Baumeister Franziskus Parr mit den Bauarbeiten, bereits fünf Jahre später war der repräsentative Südflügel des Schlosses fertiggestellt. Zwar wurde der West- und der Nordflügel erst in den Jahren 1583 bis 1589 vollendet, die Innenarbeiten des Südflügels waren bis dahin allerdings bereits im wesentlichen abgeschlossen. Von herausragender Bedeutung ist dabei insbesondere der Festsaal des Schlosses, insbesondere der Rotwildfries, den Christoph Parr in den Jahren 1569-71 gestaltete. Der Hirschenfries dieses Repräsentationssaales war stilbildend im norddeutschen Raum und findet sich auch in zahlreichen weiteren Schlossbauten. [26] Die Rehböcke und Hirsche des Frieses tragen echte Geweihe. Vermutlich hat Herzog Ulrich auf Einladung des brandenburgischen Kurfürsten Johann Georg die Tiere persönlich geschossen.  [27]

Abb. 4

<20>

Der aufwendig gestaltete Hirschenfries dient auch als Träger genealogischer Selbstdarstellung. Oberhalb des Frieses befinden sich 16 Wappen mit Namensfeldern, die die Namen der 16 Ur-Urgroßeltern des Herzogs Ulrich enthalten. Die acht Ehepaare der vierten Vorfahrengeneration sind dabei auch paarweise angeordnet worden. Damit lesen sich die Namens- und Wappenfelder wie ein Auszug aus der Ahnentafel Herzog Ulrichs. Vergleicht man den Fries mit der im Jahre 1593 von Cornelis Crommeney gemalten Ahnentafel, so ist im Saal nur die oberste Ahnenzeile dargestellt.

Abb. 5

<21>

Kilian Heck hat darauf hingewiesen, dass mit den Ahnenwappen zugleich eine Raumchoreographie erkennbar wird. Ahnentafeln listen die Ahnen des Probanden auf, d.h. zum Abschluss einer jeden Ahnentafel findet sich derjenige, dessen Ahnen dokumentiert werden sollen. Interpretiert man die 16 Namensfelder oberhalb des Hirschenfrieses als Ahnentafel Herzog Ulrichs und ihn als Proband, so bleibt die Frage zu klären, an welcher Stelle im Raum die Leerstelle zu finden ist, die der Herzog durch sein persönliches Erscheinen leibhaftig besetzen konnte. Heck zufolge ist das Eingangsportal des Festsaales zugleich die von Ulrich einzunehmende Position, die dem Ahnenfries ihren legitimatorischen Sinn verleiht: "Herzog Ulrich fokussiert im Moment seines leibhaftigen Erscheinens im Türrahmen wie ein Schlussstein das über den ganzen Raum verteilte System aus Wappen in seiner nur für kurze Zeit real anwesenden Person." [28]

<22>

Auch in dieser Inszenierung lässt Ulrich seine Ahnen für sich und seine Herzogwürde auftreten. Wie bei Ahnentafeln üblich, ist jeweils nur ein Proband vorgesehen. Dass die Ahnentafeln für die Geschwister einer Familie jeweils gleich ausfallen müssen, ist zwar eine logische Folge, findet im genealogischen Schema der Ahnentafel jedoch keine Anwendung. Die Ahnentafel ist zur Repräsentation des Herrschaftsanspruchs Herzog Ulrichs daher nicht nur durch dasjenige geeignet, was sie abbildet, nämlich die vornehmen Vorfahren des Herzogs. Mindestens ebenso groß ist der Nutzen desjenigen, was sie als Information auslässt: den Hinweis auf konkurrierende Brüder, die gleichfalls die Herzogwürde innehaben und die Landesherrschaft für sich beanspruchen. Zumindest an der Güstrower Residenz sucht man vergeblich nach Hinweisen auf die Residenz in Schwerin und Johann Albrecht als regierenden Herzog Mecklenburgs neben Ulrich.

<23>

An welche Adressaten sich diese Botschaft richtete, lässt sich leider schwerer ausmachen als die Botschaft selbst. Angesprochen waren die Besucher des Herzogs, die persönlich in Güstrow erschienen. Hierunter zählte sicherlich die eigene Verwandtschaft, die man bei der genealogischen Inszenierung sicherlich im Blick hatte, konnten Familienmitglieder die eher versteckt angebrachte Botschaft doch am ehesten entschlüsseln. Daneben dürfte die Inszenierung natürlich für die Hofgesellschaft gedacht sein, die in Güstrow versammelt war. [29] Und schließlich zählen vermutlich auch die Mitglieder der gutsbesitzenden Ritterschaft und Vertreter der Landstände zu den potentiellen Adressaten, [30] sofern sie den Weg in die herzogliche Residenz fanden. Gerade für sie war die Botschaft bedeutsam. Schließlich standen sie zugleich auch mit Johann Albrecht und seiner Regierung in Kontakt und waren daher bestens vertraut mit der Situation zweier rivalisierender Herzöge in Mecklenburg. Dass die Ahnentafeln des Herzogs Ulrich sowie seiner Gemahlinnen schließlich auch für die Öffentlichkeit des Reichsadels bestimmt gewesen waren, lässt sich daran ablesen, dass sie nicht nur im Grabmonument der Güstrower Hofkirche installiert, sondern auch in der gedruckten Grabpredigt von David Chytraeus aufgeführt sowie in weiteren Einzeldrucken verbreitet worden waren. [31]

Abb. 6

<24>

Zusätzlich suchte man den Reichsadel mit anderen genealogischen Inszenierungen zu beeindrucken. Um im Ahnen-Wettstreit mit den übrigen Reichsfürsten zu bestehen, ließ Herzog Ulrich seinen Hofmaler Cornelius Krommeny in den 1570er Jahren einen repräsentativen Holzschnitt erstellen, der auf zwei Meter Länge insgesamt 44 Ahnengenerationen umfasste. Dieser Stammbaum der mecklenburgischen Herzöge mit der Form eines Apfelbaumes beginnt mit Anthyrius als Stammvater, Sohn einer Amazone und Heerführer unter Alexander dem Großen. Allerdings handelt es sich bei dieser Ahnenreihe um keine eigenständige Kreation aus der Zeit Herzog Ulrichs. Vielmehr wurde die Genealogie aus den Annalen Nikolaus Marschalks, die bereits der Bilderhandschrift aus der Werkstatt Erhard Altdorfers aus dem Jahre 1526 zugrunde lag, auch zur Gestaltung des Stammbaums herangezogen.

<25>

Die Stammliste reiht sich damit ein in die im 15. und 16. Jahrhundert zunehmend häufiger auftretenden mythischen Stammbäume der regierenden Dynastien, mit denen dynastische Kontinuität von den Urzeiten bis in die Gegenwart symbolisiert werden sollte. [32] Insbesondere das Beispiel des Kaisers Maximilian I., dessen habsburgisches Geschlecht der Humanist Jakob Mennel bis auf den trojanischen König Priamos zurückführte, verschaffte mythischen Genealogien in den folgenden Jahrzehnten in den Familien des Reichsadels ungeahnte Konjunktur. [33] Erst im Laufe des 17. Jahrhunderts trat die Bedeutung dieser mythischen Genealogien zunehmend hinter die gesicherten Genealogien zurück. [34]

Abb. 7

<26>

In der Literatur wird zurecht darauf hingewiesen, dass David Chytraeus mit den notwendigen Vorarbeiten zur Gestaltung des Stammbaumes beauftragt worden war. [35] Ein Vergleich des Stammbaumes mit der früheren Bilderhandschrift macht indes deutlich, dass beide Male dieselbe legendäre Genealogie abgebildet wurde. Chytraeus Arbeiten dürften wesentlich darin bestanden haben, die Umsetzung der einzelnen Bildtafeln in die Form des Stammbaums sinnvoll zu gestalten. [36] Dieser Stammbaum schien sich aus zweierlei Gründen zur Repräsentation der mecklenburgischen Herzöge besonders anzubieten. Zum einen inszenierte er dynastische Kontinuität und eine in Urzeiten zurückreichende Landesherrschaft der Obotriten über Mecklenburg. Zum anderen verwies er auf die königlichen Ursprünge der Obotritenherrschaft. Bis zum letzten König Pribislaws versammelt der Stammbaum eine Folge von insgesamt 36 regierenden Wendenkönigen, bis dann mit Heinrich Borwin der erste Reichsfürst auf den Plan tritt. Ulrich verschenkte diesen Stammbaum wiederholt an andere Fürsten und scheute hier auch nicht vor höheren Ausgaben zurück. Besondere Exemplare wurden auf Pergament gedruckt, Papierdrucke wurden meist auf Leinen aufgezogen. [37] Offenkundig stand auf der Bühne des Alten Reiches die Botschaft einer ursprünglich königlichen, seit der Antike ungebrochenen Herrschaft der Obotriten über Mecklenburg im Vordergrund. Die politische Rivalität zwischen dem Brüderpaar hingegen war im Kreis der Reichsfürsten weit weniger zur Selbstdarstellung geeignet.

<27>

Ulrich konnte seiner Gedächtnispolitik auch deswegen besonderen Nachdruck verleihen, da er Johann Albrecht um 26 Jahre überleben sollte. Güstrow blieb dadurch in den letzten Jahrzehnten bis zu seinem Tod 1603 die meiste Zeit die einzig verbliebene Residenz in Mecklenburg - sieht man einmal ab von der eher provisorischen Hofhaltung Johanns VII., der nur zwischen 1585 und 1592 in Schwerin regierte. Die repräsentative Hofhaltung in Schwerin fand mit dem Tod Johann Albrechts ein vorläufiges Ende. Ulrich entließ große Teile des Hofstaates und hatte sichtlich kein Interesse, die Residenz in Schwerin fortzuführen. Erst unter Adolf Friedrich I. und Johann Albrecht II. etablierten sich seit 1611 wieder zwei parallele Hofhaltungen in Schwerin und Güstrow.

<28>

Damit hat der historische Ablauf der Ereignisse dem alternden Herzog Ulrich eine Situation beschert, wie er sie in seinen genealogischen Inszenierungen zuvor nur imaginieren konnte. Es ließ sich zeigen, dass die Genealogie einer Fürstenfamilie keineswegs nur die Einheit und Kontinuität einer Familie wiedergeben konnte. Je nach Inszenierung ließ sich das genealogische Argument durchaus von Angehörigen des Herrscherhauses gegen andere Mitglieder der Familie in Stellung bringen. Das symbolische Kapital, das die in der Genealogie nachgewiesene Ahnenfolge bereithielt, konnte nicht nur der Familie als Ganzes zugute kommen. Das Beispiel Herzog Ulrichs zeigt, dass einzelne Mitglieder einer Fürstenfamilie mit spezifischen Formen familiärer Gedächtnispolitik durchaus versuchen konnten, dieses verfügbare symbolische Kapital nicht auf ihre Familie, sondern vor allem auf ihre Person zu verbuchen. Sollten sie damit erfolgreich sein, konnten sie in innerdynastischen Konflikten - die gerade innerhalb der Mecklenburger Fürstenfamilie keineswegs selten zu beobachten waren - einen symbolischen Punktgewinn verbuchen und ihrem Herrschaftsanspruch zusätzliche Legitimität verleihen.

<29>

Da gerade im 16. Jahrhundert in einer Zeit erst allmählich sich verfestigender Territorien Konflikte innerhalb der herrschenden Dynastien des Alten Reiches keineswegs selten zu beobachten sind, mag das Beispiel von Ulrichs Memorialpraxis in mancher Hinsicht auch paradigmatische Züge aufweisen. Auch in anderen Herrschaftsfamilien des Reichsadels ließ sich die Genealogie nicht nur im Sinne der Familie nach außen, sondern ebenso auch innerhalb der Familie und damit gegen andere Familienmitglieder als Argument vorbringen. [38] Die Einheit der Familie, die ja auch in der Genealogie gleichsam symbolisch abgebildet wurde, sie war auch in der adligen Lebenswelt der frühen Neuzeit weit mehr beschworenes Ideal als historische Wirklichkeit. Der Bruderzwist der mecklenburgischen Herzöge Johann Albrecht und Ulrich war innerhalb des Reichsadels wohl weit eher die Regel als die Ausnahme.

Ich danke Prof. Dr. Ernst Münch, Dr. Andreas Röpcke und Dr. Jürgen Luh für zahlreiche wertvolle Hinweise.



[1] Hierzu allgemein Gert Melville: Vorfahren und Vorgänger. Spätmittelalterliche Genealogien als dynastische Legitimation zur Herrschaft, in: Peter-Johannes Schuler (Hg.): Die Familie als sozialer und historischer Verband, Sigmaringen 1987, 203-309.

[2] Otto Gerhard Oexle: Aspekte der Geschichte des Adels im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Hans-Ulrich Wehler (Hg.): Europäischer Adel 1750-1950, Göttingen 1990, 19-56, hier 25f.

[3] Zur mittelalterlichen Grablege der mecklenburgischen Fürstenfamilie in Doberan als wichtigstem Zentrum fürstlicher Memoria vgl. Ilka S. Minneker / Dietrich W. Poeck: Herkunft und Zukunft. Zu Repräsentation und Memoria der mecklenburgischen Herzöge in Doberan, in: Mecklenburgische Jahrbücher 114 (1999), 17-55.

[4] Allgemein zum Zusammenhang von Historiographie und landesherrlicher Selbstdarstellung und territorialer Identität vgl. Franz Brendle / Dieter Mertens / Anton Schindling / Walter Ziegler (Hg.): Deutsche Landesgeschichtsschreibung im Zeichen des Humanismus, Stuttgart 2001. Zu Mecklenburg die Hinweise bei Andreas Röpcke (Hg.): Die Mecklenburger Fürstendynastie und ihre legendären Vorfahren. Die Schweriner Bilderhandschrift von 1526, Bremen 1995, 9.

[5] Andreas Röpcke: Nikolaus Marschalk - ein Humanist gestaltet Landesgeschichte, in: Mecklenburgische Landesgeschichtsschreibung: Autoren, Werke, Intentionen, hrsg. v. Landesheimatverband Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin 1999, 17-24, hier 17-19.

[6] Carsten Neumann: David Chytraeus und die Kunst am Hofe Herzog Ulrichs zu Mecklenburg, in: David Chytraeus (1530-1600). Norddeutscher Humanismus in Europa. Beiträge zum Wirken des Kraichgauer Gelehrten, hrsg. v. Karl-Heinz Glaser / Steffen Stuth, Ubstadt-Weiher 2000, 45-72, hier 47.

[7] Otto Vitense: Geschichte von Mecklenburg, ND Würzburg 1990 [1920], 140f.; ferner Steffen Stuth: Höfe und Residenzen. Untersuchungen zu den Höfen der Herzöge von Mecklenburg im 16. und 17. Jahrhundert (= Quellen und Studien aus den Landesarchiven Mecklenburg-Vorpommerns 4), Bremen 2001, 32.

[8] Ernst Münch: Mecklenburgs widerspruchsvoller Übergang in die frühe Neuzeit 1477-1621, in: Wolf Karge / Hartmut Schmied / Ernst Münch (Hg.): Die Geschichte Mecklenburgs, 3. Aufl., Rostock 2000, 57-68, hier 60.

[9] Vitense: Geschichte von Mecklenburg (wie Anm. 7), 165.

[10] Uwe Heck / Gerhard Heitz: Die Union der Stände von 1523. Ereignis und Folgen, in: Wolf Karge / Peter Joachim Rakow / Ralf Wendt (Hg.): Ein Jahrtausend Mecklenburg und Vorpommern. Biographie einer norddeutschen Region in Einzeldarstellungen, Rostock 1995, 134-142.

[11] Die Fundationsurkunde findet sich abgedruckt in: Mecklenburgisches Urkundenbuch, hrsg. v. Verlag für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Bd. 1 (786-1250), Schwerin 1863, 323 f., Nr. 331; vgl. ferner Friedrich Lisch: Die Domkirche zu Güstrow, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 35 (1870), 165-200, hier 167; Adolf Friedrich Lorenz: Der Dom zu Güstrow, Berlin 1955, 1f., 24.

[12] Stuth: Höfe und Residenzen (wie Anm. 7), 56.

[13] Minneker / Poeck: Herkunft (wie Anm. 3), 17-55.

[14] Kurt Andermann: Kirche und Grablege. Zur sakralen Dimension von Residenzen, in: ders. (Hg.): Residenzen. Aspekte hauptstädtischer Zentralität von der Frühen Neuzeit bis zum Ende der Monarchie, Sigmaringen 1992, 159-187.

[15] Nikolaus Marschalk: Annalium Herulorum ac Vandalorum libri septem, (zuerst Rostock 1521). ND mit der Übersetzung von Elias Schedius in: Ernst Joachim de Westphalen: Monumenta inedita rerum Germanicarum praecipue Cimbricarum et Megapolensium, Leipzig 1719, Bd. 1, Sp. 165-340, hier III, 2: "Dieser ist derjenige gewesen, der erstlich den Thum in der Stadt Güstrow zu stiften und zu erbauen angefangen der heiligen Caecilien zu Ehren, als an ihrem Festtage schier gantz Wendland den christlichen Glauben auf- und angenommen, wie er auch in dieser Kirchen begraben im Jahr 1228." Die gleiche Information auch bei Thiele: Der Hoch-Fürstlichen Dom-Kirchen (wie Anm. 11), 3, 118-120.

[16] Stuth: Höfe und Residenzen (wie Anm. 7), 137.

[17] Kilian Heck: Genealogie als Monument und Argument. Der Beitrag dynastischer Wappen zur politischen Raumbildung der Neuzeit (= Kunstwissenschaftliche Studien 98), München / Berlin 2002, 201.

[18] Heck: Genealogie als Monument (wie Anm. 17), 192.

[19] Detloff Klatt: Chytraeus als Geschichtslehrer und Geschichtsschreiber, in: Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock 5 (1909), 1-202; ferner Friedrich Lisch: Über des Herzogs Ulrich von Mecklenburg-Güstrow Bestrebungen für Kunst und Wissenschaft, in: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde 35 (1870), 3-44, hier 33. Die Unkenntnis von regierenden Reichsfürsten über die eigene Verwandtschaft war im 16. Jahrhundert durchaus nicht untypisch. So antwortete Heinrich Reuß-Gera David Chytraeus auf seine Frage nach der Geschichte seines Geschlechtes, dass er darüber wenig Bescheid wisse; siehe hierzu Vinzenz Czech: Legitimation und Repräsentation. Zum Selbstverständnis thüringisch-sächsischer Reichsgrafen in der frühen Neuzeit, Berlin 2003, 52. Dass es sich bei dieser genealogischen Unkenntnis deutscher Reichsfürsten um ein Erbe des Spätmittelalters handelte, zeigt Karl-Heinz Spieß: Familie und Verwandtschaft im deutschen Hochadel des Spätmittelalters: 13. bis Anfang des 16. Jahrhunderts, Stuttgart 1993, 489-493.

[20] A. Dylong: Das Hildesheimer Domkapitel im 18. Jahrhundert, Hannover 1997, 119; Peter Herrsche: Die deutschen Domkapitel im 17. und 18. Jahrhundert, 3 Bde., Bern 1984, Bd. 2, 115-137; allgemein hierzu Ronald G. Asch: Nobilities in Transition 1550-1700. Courtiers and Rebels in Britain and Europe, London 2003, 20-22.

[21] Thiele: Der Hoch-Fürstlichen Dom-Kirchen (wie Anm. 11), Faltblatt 2-4.

[22] Heck: Genealogie als Monument (wie Anm. 17), 195.

[23] Vitense: Geschichte von Mecklenburg (wie Anm. 7), 170-178.

[24] Heck: Genealogie als Monument (wie Anm. 17), 198.

[25] Auch dies war durchaus typisch für reichsfürstliche Repräsentation im 16. Jahrhundert, wie exemplarisch an den zahlreichen Beispielen unter den thüringisch-sächsischen Reichsgrafen deutlich wird; vgl. hierzu Czech: Legitimation (wie Anm. 19), 117-124.

[26] Zum Hirschenfries in Schloss Güstrow vgl. Ralf Weingart: Der Rotwildfries im Güstrower Schloß – Voraussetzungen und Nachfolge, in: Mecklenburgische Jahrbücher 115 (2000), 119-152. Vgl. ferner Bernd Müller: Der Hirschsaal von Schloß Gottorf, in: Gottorf im Glanz des Barock. Kunst und Kultur am Schleswiger Hof 1544-1713, hg. v. Heinz Spielmann / Jan Drees, Schleswig 1997, Bd. 1, 179-186. Weitere Hirschsäle finden sich im dänischen Frederiksborg (1575), in Kronborg (1583/85), in Kalmar (1572/74), in Tondern (1582/85), in Königsberg (1588), und auch im Süden des Reiches, in Weikersheim (1597-1605) sowie in Würzburg (1603/04). Frühere Beispiele, die Güstrow als Muster haben dienen können, gibt es entweder auf dem Gut des dänischen Kanzlers Johann Friis in Hesselagergaard (1540), oder aber in den französischen Schlössern Filain (1550/60) und Chitré (1557). Vgl. ferner Christine Knupp: Jagdfriese in Renaissanceschlössern in Deutschland und Skandinavien, Frankreich und England, Hamburg 1970.

[27] Regina Erbentraut: Schloß Güstrow, hg. v. Staatlichen Museum Schwerin, Schwerin 1999, 28.

[28] Kilian Heck: Genealogie als dynastische Sphärenbildung. Herzog Ulrich zu Mecklenburg in Güstrow, in: Kilian Heck / Bernhard Jahn (Hg.): Genealogie als Denkform in Mittelalter und Früher Neuzeit, Tübingen 2000, 137-144, hier 141.

[29] Vgl. hierzu Stuth: Höfe und Residenzen (wie Anm. 7), 125-136.

[30] Dies vermutet Heck: Genealogie (wie Anm. 28), 139.

[31] Neumann: David Chytraeus (wie Anm. 6), 54. Chytraeus veröffentlichte 1587 seine Lobrede, "Der Durchleuchtigsten Hochgebornen Fürstin und Frawen / Frawen Elisabeth". Dieser Lobrede beigefügt war "Ein Stammregister von I.F.G. Sechszehen Urahnen her"; Lisch: Über Herzog Ulrichs von Mecklenburg-Güstrow Bestrebungen (wie Anm. 19), 32.

[32] Zu vergleichbaren Bemühungen anderer Reichsfürsten; Reinhard Stauber: Herrschaftsrepräsentation und dynastische Propaganda bei den Wittelsbachern und Habsburgern um 1500, in: Cordula Nolte / Karl-Heinz Spieß / Ralf-Gunnar Werlich (Hrsg.): Principes. Dynastien und Höfe im späten Mittelalter (= Residenzenforschung 14), Stuttgart 2002, 371-402, hier 383; Jean-Marie Moeglin: Die Genealogie der Wittelsbacher. Politische Propaganda und Entstehung der territorialen Geschichtsschreibung im Mittelalter, in: MIÖG 96 (1988), 33-54; Jean-Marie Moeglin: Dynastisches Bewußtsein und Geschichtsschreibung. Zum Selbstverständnis der Wittelsbacher, Habsburger und Hohenzollern im Spätmittelalter, in: HZ 256 (1993), 593-635; Jan-Dirk Müller: Gedechtnus: Literatur und Hofgesellschaft um Maximilian I. (= Forschungen zur Geschichte der älteren Literatur 2), München 1982.

[33] Dieter Mertens: Geschichte und Dynastie - Zu Methode und Ziel der "Fürstlichen Chronik" Jakob Mennels, in: Kurt Andermann (Hg.): Historiographie am Oberrhein im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit, Sigmaringen 1988, 121-153; Alphons Lhotsky: Apis Colonna. Fabeln und Theorien über die Abkunft der Habsburger, in: ders.: Aufsätze und Vorträge, München 1971, Bd. 2, 7-102, hier 68; Alphons Lhotsky: Dr. Jacob Mennel. Ein Vorarlberger im Kreise Maximilians I., in: ders.: Aufsätze und Vorträge, München 1971, Bd. 2, 289-311, hier 293-299.

[34] Vgl. hierzu demnächst Jürgen Luh: Vom Alter und vom Rang. Genealogie im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation 1500-1800, in: Ulrich Gotter u.a. (Hg.): Bluts-Bande (erscheint demnächst). Kompilationen der Genealogien einzelner regierender Dynastien im Alten Reich verweisen daher auch eher summarisch auf die mythischen Ursprünge. So wird bei Friedrich Leutholf von Franckenberg: Europäischer Herold, 1705, 492, auf den Ursprung der mecklenburgischen Herzöge nur sehr indirekt Bezug genommen. Erwähnt wurde nur der auch historisch fassbare Pribislaw, dessen Sohn Heinrich Borwin Mecklenburg im Jahr 1167 von Heinrich dem Löwen als Lehen entgegennahm, womit die Geschichte Mecklenburgs als Reichsterritorium und die Geschichte der Obotriten als Reichsfürsten ihren Anfang nahm. Allerdings verweist man kurz auf die mythische Selbstbeschreibung der Dynastie, indem man Pribislaw zugleich als "der letzte und 40ste König der Obotriten" bezeichnete. Es bleibt allerdings unklar, aus welchen Quellen Franckenberg diese Angaben erhielt. In der Bilderhandschrift war Pribislaw der 36., nicht der 40. Wendenkönig.

[35] Neumann: David Chytraeus (wie Anm. 6), 48f.

[36] Neumann: David Chytraeus (wie Anm. 6), 52.

[37] Ebenda.

[38] Dies führt Reinhard Stauber am Beispiel der Auseinandersetzung innerhalb der Wittelsbacherdynastie vor: Stauber: Herrschaftsrepräsentation (wie Anm. 32), 396.

Empfohlene Zitierweise:

Andreas Pecar : Genealogie als Instrument fürstlicher Selbstdarstellung , in: zeitenblicke 4 (2005), Nr. 2, [2005-06-28], URL: https://www.zeitenblicke.de/2005/2/Pecar/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-1261

Bitte setzen Sie beim Zitieren dieses Beitrags hinter der URL-Angabe in runden Klammern das Datum Ihres letzten Besuchs dieser Online-Adresse. Zum Zitieren einzelner Passagen nutzen Sie bitte die angegebene Absatznummerierung.

Lizenz

Jedermann darf dieses Werk unter den Bedingungen der Digital Peer Publishing Lizenz elektronisch über­mitteln und zum Download bereit­stellen. Der Lizenztext ist im Internet abrufbar unter der Adresse http://www.dipp.nrw.de/lizenzen/dppl/dppl/DPPL_v2_de_06-2004.html