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Ein medientheoretisches Diktum lautet, dass Medien das Wissen, das in ihnen zirkuliert, unter Bedingungen stellen, die sie selbst schaffen. Was immer die Medialität der Medien im Detail ausmacht, eines scheint klar: Medien sind mehr als bloße Werkzeuge oder Instrumente für ihnen vorgelagerte Zwecke, sie sind konstitutiv für die je aktuellen Gesellschafts- und Wirklichkeitskonstruktionen, indem sie die Möglichkeiten der Kommunikation bzw. „die spezifische Ausprägung gesellschaftlicher Sinn-Inszenierung organisieren“. [1] Auf ganz basaler Ebene sind sie konstitutiv für Kommunikation, sie etablieren eine unhintergehbare Zäsur, die trennt und verbindet – eine notwendige und eine je spezifische Sozialität stiftende „Dazwischenkunft“; sie stellen notwendige „Einrahmungen und Entrahmungen des Mitteilbaren“ [2] dar. [3] Das gilt für das Medium der Sprache ebenso wie für Verbreitungsmedien wie das hier zur Diskussion stehende Medium Internet. Mit anderen Worten: Medien haben einen ‚Eigensinn’, der zwar gewissermaßen verborgen bleibt und hinter der Erscheinung dessen, was Medien hervorbringen, zurücktritt, jedoch nichts desto weniger als organisierendes Element die Bedingungen für Kommunikation festlegt. [4] Im Medium Internet sind dies vor allem die Möglichkeit der zeit- und ortsungebundenen, interaktiven Kommunikation, des Speicherns, der Anonymität, die Fülle der Informations- und Kommunikationsangebote sowie (für die hier behandelten Formate) die Schriftlichkeit.

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Doch nicht nur das Medium, auch die Form der Kommunikation hat einen strukturierenden ‚Eigensinn’. Das öffentliche Sprechen über Sexualität war zunächst nur in der Beichte, dann innerhalb der Therapie verortet. [5] Heute ist vor allem die Beratung die sozial anerkannte Weise, über die eigene Sexualität zu sprechen. Diese mittlerweile in jedem Medium und in diversen Formaten zu findende Form der Kommunikation erleichtert die Zugänglichkeit von entsprechenden Ratschlägen und erhöht die Bereitschaft, die eigene Sexualität zu thematisieren. Beratung in Fragen der Sexualität einzuholen, ist in gewisser Weise zu einer sozialen Verpflichtung gegenüber sich selbst und seinem Partner geworden.

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Im Folgenden werden zunächst allgemein die Charakteristika der Form der Kommunikation – die Beratung – wie auch die spezifischen Formate aktueller Sexualitätsberatung im Internet (Foren und Chats) vorgestellt. Das Angebotsspektrum reicht von privaten BeraterInnen wie „adama-online“ [6] (die ausschließlich zum Thema Sexualität berät und informiert) oder Angeboten staatlich geförderter Einrichtungen wie pro familia [7] über spezielle Rubriken in allgemeinen Informationsportalen [8] bis hin zu Netzauftritten von Zeitschriften wie Praline (deren virtuelle Ratgeberspalte mit pornographischen Fotos gestaltet ist) und Beratungsangeboten von Firmen, die Waren und Dienstleistungen rund um „die schönste Nebensache der Welt“ anbieten. [9] Eine ähnliche Vielfalt findet sich auch bei den Inhalten. So stehen Jugendlichen [10] ebenso spezielle Angebote zur Verfügung wie Homo- und Bisexuellen. [11] Die einen verorten sich im Kontext allgemeiner Lebenshilfe, andere in einem explizit sexualpädagogischen, wieder andere in einem sexualkonsumistischen Kontext. Unterschiede bestehen darüber hinaus im Grad der Professionalisierung und dem damit verbundenen Anspruch an die beraterische Qualität sowie im Umgang mit Anonymität und Vertrauen. Bei allen Differenzen teilen die Anbieter jedoch gewisse medienspezifische Charakteristika: Die Beratung wird im Medium der Schrift geführt, ist öffentlich, kennt keine Zugangsbeschränkungen, ist geprägt durch die Möglichkeit zur Anonymität und vermischt Beratung, Information und Unterhaltung. Formatspezifisch kommt in Diskussionsforen und Chats die Multiplizierung der Ratgebenden hinzu. Den AdressatInnen steht mithin ein ausdifferenziertes Spektrum von Anbietern und Formaten zur Verfügung, das zu einer Auswahl nötigt.
Auch wenn diese Formate (Schriftlichkeit, Öffentlichkeit, Anonymität) auf den ersten Blick im Widerspruch zu den üblichen Rahmenbedingungen eines Beratungsprozesses stehen, so lässt vor allem die große Popularität von Sexualitätsberatung im Internet vermuten, dass auch – und möglicherweise gerade – unter Bedingungen der Anonymität und Unterhaltung ein attraktiver Rahmen entsteht, die eigene Sexualität zu thematisieren.

Die Form der Kommunikation: Beratung

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Beratung zielt darauf ab, aus dem Zirkel ausschließlicher Selbstbezüglichkeit zu befreien und interveniert, indem sie die externe Beobachtungsperspektive zur Selbstbeobachtung anbietet. Beratung lässt sich somit als eine kommunikative Praxis begreifen, das Wissen des Subjekts über sich selbst zu steigern und zu modifizieren – und daraus Veränderungsmöglichkeiten zu gewinnen. Dazu sind Beratungsangebote auf bestimmte Verfahren und ein spezifisches räumliches und soziales Setting angewiesen, das als „‚Stätte der Heilung’ gesellschaftlich ausgewiesen“ [12] ist. Dabei zielen alle Dimensionen dieser Form darauf ab, das Unbehagen mit der eigenen Sexualität als Problem zu figurieren, das zugleich die Vorstellung von dessen Lösbarkeit und Lösung generiert.

Soziale Dimension

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Entscheidend ist das soziale Arrangement, von Ratsuchenden und Ratgebenden, das als ein asymmetrisches Verhältnis angelegt ist: Der eine sucht Rat, die andere gibt ihn. Die Entfaltung dieser Positionen ist an bestimmte diskursive Voraussetzungen geknüpft. So muss zum einen die Position der Ratgebenden identifizierbar sein. Sie werden mit der Erwartung konfrontiert, über spezialisiertes Wissen und/oder Fähigkeiten zu verfügen, um bei Problemen helfen zu können; ihnen wird ein Bezeichnungs- und Unterscheidungsreichtum unterstellt, den sie auf den konkreten Fall anwenden können. Diese Unterstellung eines anderen, oder vielmehr eines ‚besseren’ Wissens ist eine der entscheidenden Voraussetzungen für das Eingehen einer Beratungskommunikation; Ratsuchende und BeraterIn müssen von dieser Prämisse ausgehen. Das Thema Sexualität, in das jedes Beratungsansinnen in diesen Formaten eingeschrieben werden muss, generiert dabei eine spezifische Schnittstelle: Zum einen als unhintergehbar, ubiquitär, allgemein menschlich und als notwendige Bedingung eines erfüllten Lebens verhandelt und zum anderen als das ganz Persönliche, Intime, die eigene Subjektivität in ihrem Kern Konstituierende gedacht. Das Feld, in dem sich die SexualratgeberInnen im Internet profilieren, ist mithin eines, das jeden und jede etwas angeht und auf dem sich jede und jeder bewähren muss. Es ist somit eben gerade nicht selbstverständlich, dass sich in diesem Bereich ein Verhältnis von ExpertInnen und Laien ausbildet.

Sachliche und zeitliche Dimension

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Beratung kann prinzipiell alles zum Inhalt haben – vorausgesetzt, es handelt sich um ein Problem, das einer Lösung zugeführt werden soll. Beratung ist somit immer bezogen auf ein Problem, das manchmal im Verlauf des Beratungsprozesses erst zu identifizieren respektive zu modifizieren ist. Doch Beratung adressiert „nicht ein intrapersonelles psychisches oder physisches Krankheitssymptom, welches Heilungs- und Resozialisierungsprozesse nahelegt, sondern eine die individuelle Problematik übergreifende sozial typische Problemlage“. [13] Bernd Dewe definiert Beratung dementsprechend als „fall- und sachbezogenen, aber an sozial anerkannten Mustern der Problembearbeitung orientierten punktuellen Deutungsvorgang individueller, situativ-konkreter Problemlagen“. [14] Folgt man ihm, erweist sich Beratung als ein Prozess der Transformation allgemeinen Wissens auf eine sozial typische, aber doch je spezifische Situation des Klienten. Ein wesentliches Moment der Beratung stellt somit die angemessene Konstellation des Problems dar: Was genau ist das Problem? Wie drückt es sich aus? Aber auch: Was ist nicht problematisch? Woran ist das erkennbar? Je nach Problemlage ergeben sich verschiedene Wege, dem Problem zu begegnen. Von der Informationsweitergabe:
„Kennt Ihr solche Kondome [ohne Latex, S.D.], und wenn ja, wäre ich Euch sehr verbunden, wenn Ihr mir den Produktnamen nennen könntet“ [15]
über die Bewertung von Informationen oder Handlungen:
„Hallo, ist es normal, wenn ich meinem Kumpel ab und zu mal einen blase oder er bei mir?“ [16]
bis zum Aufdecken der Konstruktionsprinzipien des Handelns. Dazu steht den professionellen Beratern ein Arsenal von diagnostischen Mitteln zur Verfügung, die das Problem eingrenzen, in seine Bedeutungskomponenten zerlegen und in neue Zusammenhänge einbetten. [17] Das Dr.-Katja-Schlegger-Team der Blitz-Illu macht es explizit:
„Hoppla, lieber Richard, da kommt eine ganze Menge zusammen. Darum zerlegen wir Dein Problemfeld in kleine Einzelteile, um sie überhaupt beackern zu können!“ [18]
Unabhängig von den verschiedenen Arten der Problembearbeitung, den jeweiligen Lösungswegen und konkreten Ratschlägen formiert jede Beratungskommunikation zugleich ihre eigenen unabdingbaren Wirkvoraussetzungen: Jede Beratung konzipiert die Welt als etwas, auf das eingewirkt werden kann und schreibt jedem ratsuchenden und ratgebenden Subjekt diese Möglichkeit der Einwirkung zu. [19] Ein weiteres, für alle Angebote wichtiges Charakteristikum der Form der Beratung stellt die zeitliche Dimension dar: Beratung ist auf die Zukunft ausgerichtet. Sie wird als etwas beobachtet, „in dem Möglichkeiten hausen, aus denen in der künftigen Gegenwart durch Selektion (durch Taten) jeweils eine wirkliche Wirklichkeit entstehen wird.“ [20] So wird jede (vergangene oder gegenwärtige) Handlung auf ihren Bezug zu künftigen Handlungen hin thematisiert. Trat die Psychoanalyse einst an, die „Position des Selbst zu seiner eigenen Vergangenheit neu zu denken“ [21], so steht nun die Tat im Vordergrund, die dem Rat in der Zukunft folgen soll. [22] So kann alles, was geschehen ist und geschehen wird, auch die (Probleme) mit Sexualität, als Entscheidung des Einzelnen und gerade nicht als unhintergehbares Schicksal figuriert werden. [23]

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Durch räumliche, sachliche, soziale und zeitliche Distanzierungen entsteht ein Abstand zum Problem und eine Möglichkeit zur Selbstreflexion außerhalb alltäglicher Kommunikation, außerhalb direkter Handlungsanforderungen, außerhalb des eingeschliffenen Wissens über sich selbst. Doch zugleich werden die Ratsuchenden auf ein Problem verpflichtet – sie werden dazu angehalten, sich als jemand darzustellen, der ein Problem hat, dieses zu identifizieren und als solches zu akzeptieren, ein Beratungsangebot zu wählen, das dem Problem angemessen ist, das Problem im Hinblick auf sozial typische Erklärungsweisen zu betrachten und die Bereitschaft zu signalisieren, das Problem auch lösen zu wollen. [24] Einzig ob sie das Problem auch tatsächlich lösen, bleibt den Ratsuchenden selbst überlassen.

Die Formate der Kommunikation

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Vergleicht man die verschiedenen Formate im Medium Internet, so zeigt sich auf den ersten Blick eine erstaunliche Übereinstimmung: Überall wird fast alles gefragt und auch die Antworten unterscheiden sich auf der sachlichen Ebene kaum. Alle Ratgebenden zeigen sich liberal gegenüber allen legalen Sexualpraktiken, alle folgen explizit einem partnerschaftlichen Ideal, alle setzen die Grenzen der sexuellen Handlungen in der Freiheit und dem Wunsch des Anderen, alle votieren für Befriedigung und Genuss sowie für partnerschaftliche Kommunikation und zärtlichen Austausch.
Ganz anders gestaltet sich dies allerdings auf der formalen und emotionalen Ebene. Die Prinzipien professioneller Beratung (dialogische Verhandlung und Erarbeitung eines Konsenses) leiten in den hier untersuchten Internetangeboten die Beratungskommunikation. Das komplette Gegenteil dazu bildet die Beraterin von Praline und Blitz-Illu, Katja Schlegger. Sie gibt ausgesprochen konkrete Tipps, die im humanistischen Beratungsverständnis als direktiv abgelehnt würden:
Zusammenfassung: Zuerst muss die Ex-Familie ihr Leben neu regeln, dann findest Du mit Deiner Freundin eine Zwischenlösung für eine Beziehungsform auf Zeit, mit der gemeinsamen Auswertung dieser Übergangsphase fällt Ihr dann zusammen eine endgültige Beziehungsentscheidung. [25]
Professionelle BeraterInnen sind unterstützender, weniger direktiv, begründen ausführlicher ihren Ratschlag – und vor allem machen viele das Angebot, einen Medienwechsel vorzunehmen und in einem Face-to-Face-Kontakt oder telefonisch weiter zu beraten. Gerade bei hoch emotionalen und umstrittenen Themen wie beispielsweise Schwangerschaftsabbruch könnte dies ein wichtiges Kriterium der Wahl darstellen. Über Schwangerschaftsabbruch wird in Foren zu Schwangerschaft viel geschrieben, aber neben bestätigenden finden sich auch solche Antworten, die einen Schwangerschaftsabbruch ausgesprochen negativ bewerten und die anfragenden Frauen diffamieren. So wird beispielsweise auf die Frage von wie schmerzhaft ein Schwangerschaftsabbruch sei, vier Monate nach der Fragestellung geantwortet:
„man was bist du für ein mensch denkst nur an dich an deine schmerzen hallo weist du wa du machst das ist dein fleisch und blut was du das abtreiben lässt,tut dir das nicht weh es ist dein kind was bist du für eine mutter denkst an denn sex an alles an deine schmerzen mein gott,du löscht ein leben aus und denkst nur an dich!!!!mir fehlen die worte um das zu beschreiben wie gefühlslos ein mensch sein kann!!!“ [26]
Hier zeigt sich deutlich, dass und wie Fragen der sozialen In- und Exklusion verhandelt werden bzw. wie die Lebensführung der Einzelnen zu sozialen Normen in Beziehung gebracht wird. Die professionellen BeraterInnen machen das ‚feinfühliger’ und legen größeren Wert auf ein dialogisches Verfahren – doch im Hinblick auf Selbstbestimmung, Autonomie oder die Verbindung von Sexualität mit Liebe und Genuss vermitteln alle Ratgebenden diese partnerschaftlichen Normen virtuos mit dem individuellen Problem der Ratsuchenden.

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Zeigen sich inhaltlich keine Unterschiede, dann sind im Hinblick auf die Ausgestaltung der Beratungsformate Differenzen zu finden. So weisen Chat- und E-mail-Beratung, die von etablierten Beratungsstellen wie ProFamilia und zunehmend auch von der Caritas [27] oder Diakonie [28] angeboten werden, starke Ähnlichkeiten mit der Face-to-Face-Beratung auf. Hier wird ein geschützter Raum geschaffen, der nur für die beteiligten Personen zugänglich ist, in dem Datenschutzbestimmungen eingehalten und Informationen vertraulich behandelt werden, in dem es feste Öffnungszeiten gibt und die Standards professioneller Beratung gelten. Dementsprechend weist beispielsweise ProFamilia als etablierte, gesellschaftlich anerkannte, staatlich geförderte und nach den Kriterien der Professionalität aufgebaute Organisation sein Beratungsportal sextra.de als professionell und seine online-BeraterInnen als professionelle BeraterInnen aus. Dazu werden Name, Funktion und Ausbildung genannt, ein Foto der Ratgebenden soll zudem ihre Existenz im ‚real life’ beglaubigen. [29]

Die Angebote, die in der Regel an Institutionen im ‚real-life’ angegliedert sind, schließen hier an, während andere durch die Möglichkeiten von Speicherung, öffentlicher Zugänglichkeit und Anonymität geprägt sind.

Beratung unter den Bedingungen der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ [30]

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Das große Angebot im Internet stellt die Ratsuchenden vor die Qual der Wahl und bedeutet für die Ratgebenden große Konkurrenz. Folglich drängt sich eine Frage auf, die jede Form der Beratung begleitet: Wie kommt es, dass einigen ein ‚Mehr’ an Wissen unterstellt wird? Die Antwort auf diese Frage ist so eindeutig wie ernüchternd: Weil sie sich als Wissende ausweisen. Wie bei jedem anderen Expertenwissen auch hängt dies von der Inszenierung des Wissens ab. [31] Erwartungen können verschieden bedient werden. Inszeniert sich ProFamilia als in jeder Hinsicht professionell (s.o.), so wählen kommerzielle Anbieter andere Strategien. Hier scheint oft schon das Ausflaggen als Ansprechperson zu genügen.

Die schlichte Aussage „Sie fragen – ich antworte! Ich bin Alex und betreue für Sie das Forum rund um die schönste Nebensache der Welt“ ist offenbar hinreichend, um Fragen an „Alex“ [32] zu richten – auch wenn sie explizit betont, kein Ersatz für professionelle Beratung zu sein. Folgerichtig gibt es auch Angebote, die auf ein Foto ganz verzichten. So wird beim ausgesprochen gut besuchten Angebot von Lycos die Beraterin „Beatrice“ buchstäblich als ‚Figur’ vorgestellt. [33]

Liebes- und Sexberatung Beatrice
Fragen zu Liebe und Sexualität? In der Liebes- und Sexberatung nimmt Beatrice auch bei heiklen Fragen kein Blatt vor den Mund.
In dieser schematischen Darstellung wird paradigmatisch deutlich, wie eine Beratungsofferte ‚in Szene gesetzt’ sein muss, um buchstäblich ‚ansprechend’ zu sein: Ein Gesicht, ein offener Blick, ein Eigenname und die Ansprechbarkeit für (sexuelle) Probleme. [34] Und dies lässt sich noch weiter reduzieren, wie das Angebot auf Blitz-Illu.de zeigt [35]:
„Hast du eine intime Frage? Hier kannst du dich ganz vertraulich an unser Experten-Team wenden. Sexual-Beraterin Dr. Katja Schlegger und ihr kompetentes Team antworten dir persönlich auf deine intime Frage.“ [36]

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Ein Name und eine Website scheinen die beiden einzigen unabdingbaren Voraussetzungen für eine Beratungskommunikation zu sein. Die Entwicklung der Ratgeberseite der Zeitschrift Praline zeigt allerdings, dass nicht jede Inszenierung möglich bzw. publikumskompatibel ist. Im Laufe des Jahres 2006 wurde dreimal der Beratungsexperte gewechselt. Zwischen Mai 2003 und Mai 2006 führte Dr. Gisbert Redecker eine „intim Sprechstunde“.

Er firmierte unter seinem wirklichen Namen und war auch außerhalb dieses Internetangebots sexualtherapeutisch tätig. [37] Dass er ein Buch geschrieben sowie eine professionelle Ausbildung genossen hatte, beglaubigte sein Expertenwissen:

Gisbert Redecker, Sexual- und Paartherapeut sowie Autor des Buches "Sex zwischen den Ohren"

... kennt sich aus: bei Sexschwierigkeiten, Liebesproblemen oder seelischen Belastungen. Er berät dich: mehr 

Aus welchen Gründen seine Sprechstunde ersetzt wurde, wird den Lesenden nicht mitgeteilt. Seine Nachfolgerin setzte allerdings einen auffallend anderen Akzent. Die Expertise von „Erotik-Star“ Isabel Golden bestand in ihrer Erfahrung als Pornostar [38] und als sexuell erfahrener Frau. [39]

Den akademisch legitimierten Therapeuten durch einen Erotikstar zu ersetzen, kam aber ebenfalls nicht an. Mit der Expertin Katja Schlegger [40], die auch für das Magazin Blitz-Illu tätig ist, wird nun wieder auf die Inszenierung von Offenheit, persönlicher Zuwendung, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit gesetzt.

Wieder anders stellen sich die Verhältnisse in Foren dar. Hier betritt zuerst die ratsuchende Person die Bühne, die (potentiellen) BeraterInnen bleiben unsichtbar. Wer aus der prinzipiell unbestimmbaren, möglicherweise aber riesigen Leserschaft einen Rat gibt, ist zunächst ungewiss. Rat zu geben, verliert so seine Exklusivität, die ExpertInnen multiplizieren sich – wer im konkreten Fall Rat gibt, ist situationsspezifisch und ergibt sich durch die Antwort. Die Notwendigkeit, sich als Experte zu inszenieren, ist in diesen Formaten gering, denn allein durch das Schreiben stellt man sich als jemand dar, der etwas zu sagen hat.

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All diese ‚Internet-Auftritte’ sind – wie es so präzise heißt – Inszenierungen, die BeraterInnen als ExpertInnen in Szene setzen und dabei offen lassen, worin ihr spezifisches Expertenwissen besteht. Professionelles Wissen ist nicht zwingend gefragt: Sexuelle Probleme lassen sich ebenso mit Erfahrungswissen, durch ein gemeinsames Schicksal oder den gesunden Menschenverstand verhandeln. Eigene Betroffenheit oder ein spezifisches Wissen scheinen zwar von Vorteil, doch kann sich jeder berufen fühlen, zu antworten – vorausgesetzt er oder sie signalisiert, Fragen offen zu beantworten. Impliziert dies nun eine Verkehrung von Laien und Experten? Auch wenn es zu einer Aufwertung des Laienwissens kommt, ausgedient hat Expertenwissen auch für die Internet-Sexualität nicht. Obwohl sich die Wissensbestände von Experten und Laien auf vielfältige Weise überkreuzen, so wird in Bezug auf Legitimität und Autorität doch weiterhin eine Asymmetrie gepflegt. Gelingt es, Wissen als Expertenwissen auszuweisen, hat es nach wie vor größere Chancen, als gültig anerkannt zu werden. Die Inszenierung der Expertenposition zeigt jedoch: Die Erfüllung der Aufgabe, den eigenen Ratschlägen Autorität zu verleihen und eine vertrauensvolle Beratungsbeziehung aufzubauen, braucht nur rudimentäre Anhaltspunkte über die beratende Person. Das beraterische Diktum kann dennoch verwirklicht werden: Die Person des Ratsuchenden bzw. ihr Problem, nicht aber der Ratgebende sollen im Zentrum der Beratungskommunikation stehen.

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Doch nicht nur die Ratgebenden, auch die Ratsuchenden müssen ihre Position medienspezifisch ausweisen. Denn beraten werden nur diejenigen, die glaubhaft machen können, dass sie ein Problem haben, welches sie nicht selbstständig überwinden können [41]. Sie müssen Einsicht in ihr Problem und einen Beratungsbedarf erkennen lassen und damit ihre Beratungsfähigkeit signalisieren. Dementsprechend explizieren alle Ratsuchenden ihre Beratungsbedürftigkeit bzw. ihre Orientierungs- und Ratlosigkeit. So schreibt beispielsweise „Syradon“ bei sextra.de:
„ICh brauche Hilfe von euch und zwar sehr sehr dringend!… Bitte helft mir!!!! Ich bin am Ende und werde wenn diese Phase noch lange andauert das ganze nicht durchstehen! Aber bitte keine Sprüche ala "Andere Mütter haben auch schöne Töchter" die helfen mir nicht.“ [42]
Keine Bereitschaft zur Veränderung zu zeigen, sich nicht helfen zu lassen oder einfach, sich nicht klar auszudrücken, wird negativ bewertet:
„Ohne dir zu nahe treten zu wollen - worum genau geht es dir eigentlich? Um eine Diskussion über Polyamory? Könnte interessant sein, aber der Rest deines Beitrags klingt eher nach Verwirrung und allgemeinem Lebensfrust.“ [43]
Um als Ratsuchender anerkannt zu werden, ist es unumgänglich, eine (möglichst konkrete) Frage zu stellen. So antwortet die Peer-Beraterin Pilar auf die Frage von „Nichts-Wisser“, ob er bei der Anfrage alles richtig gemacht habe:
„hey nichts-wisser,
hast alles richtig gemacht
Du hast ja eine Frage gestellt...“ [44]
Beide Seiten – Ratgebende und Ratsuchende – müssen ihre Position so deutlich machen, dass sie glaubwürdig wird und so geschickt ‚platzieren’, dass Ratsuchende bzw. Ratgebende auf sie aufmerksam werden. Mit erstaunlich wenigen Ausnahmen geschieht das im Medium der Schrift, lediglich die professionellen Ratgebenden präsentieren sich und ihr Angebot mit einem Portrait.

Beratung unter Bedingungen der Schriftlichkeit

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Wo alle Kommunikation auf die Schrift verwiesen ist, können Gesten, Blicke, Distanzen, Geschlecht und Alter des Körpers nicht als zusätzliche Informationsquellen genutzt werden. „Die digitale Schrift blendet den Körper sowohl als sozial positionierende und gewichtende Kraft als auch als dramaturgische Ressource völlig aus“, [45] doch die Abwesenheit des Körperbezugs wird durch die Kodierung nonverbaler Inhalte mittels Emoticons und anderer Kurzzeichen kompensiert. Dennoch entsteht mit der Schriftlichkeit eine andere Qualität – die einer höheren Präzisierung der Fragestellung: „Die geschriebenen Wörter schärfen jedoch das analytische Denken, weil den einzelnen Wörtern mehr abverlangt wird. Wenn man sich ohne Gesten, ohne Gesichtsausdruck, ohne Betonung und ohne einen wirklichen Zuhörer erklären will, muss man alle möglichen Verständnisweisen einkalkulieren, auf die das Gesagte bei jedem möglichen Leser in jeder möglichen Situation treffen könnte“ [46]. Auch die Ratsuchenden zeichnen sich somit durch eine große Kompetenz aus: Sie sind in der Lage, ihre Unzufriedenheit im Hinblick auf Sexualität so zu formulieren, dass das Problem erkennbar wird, dass die Explikation eine relevante Auswahl aus der Fülle der Ereignisse ausschneidet und so aussagekräftige Informationen und Emotionen liefert, ohne sich in Details zu verlieren – innerhalb weniger Zeilen werden die notwendigen Fakten geliefert, in eine emotional ansprechende Narration verpackt und eine konkrete Frage gestellt. So trägt gerade die Verschriftlichung der Beratung dazu bei, das Unbehagen mit der eigenen Sexualität so auf den (einen) Punkt zu bringen, dass es sich als lösbares Problem darstellt.  [47]

Beratung unter Bedingungen der Anonymität

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Im Anfrageformular der Blitz-Illu wird vorausgesetzt, dass Ratsuchende ihre „intime Frage“ anonym stellen. Zwar ist diese Vorgehensweise nicht medienspezifisch, theoretisch wäre sie auch in Zeitungskolumnen möglich und wird in der Telefonseelsorge praktiziert, im Internet scheint sie jedoch geradezu konstitutiv für die Sexualberatung zu sein. Blitz-Illu gestattet es auch, unter einem Pseudonym zu fragen. [48]

Als das Medium Internet noch ein ‚neues Medium’ war, wurde jener Möglichkeit, seine Identität zu verschweigen, zu verstellen oder neu zu erfinden in den diversen wissenschaftlichen Beobachtungen des Mediums relativ große Aufmerksamkeit geschenkt. Inzwischen sind Euphorie und Hysterie einer nüchternen empirischen Überprüfung gewichen. [49] Es hat sich gezeigt, dass das Spiel mit Identitäten weitaus seltener genutzt wird, als angenommen. [50] Zwar werden Pseudonyme oder Chiffren gewählt [51] oder die eigene Geschichte mit fiktionalen Elementen versehen, doch sämtliche Studien zur Chatkommunikation kommen zu dem Schluss, dass sich stabile Identitäten um die (Wieder-)Erkennbarkeit und Kohärenz des gewählten Namens bilden. [52] Der gewählte Name (oder auch die fiktive Geschichte) sind oft aussagekräftiger als ein Eigenname es sein könnte. Nicknames sind „the only initial way of saying who we are, in literally one word or one expression“ [53] und nehmen den „topic of conversation“ oft vorweg. [54] Die selbst gewählten Namen wie „Schwächling“, „Hilflos“ oder „Sorge“ sind dabei ebenso vielsagend wie das Motto, das man sich in einigen Foren zulegen kann. Nicht selten wird dabei die ‚erotische Karte’ gespielt: [55]

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Stellt man diese verschiedenen Weisen der Selbstadressierung nebeneinander, ergibt sich ein auf den ersten Blick kontraintuitiver Befund: Anonymisierung und Pseudonymisierung erweisen sich weder auf der Seite der Ratgebenden noch auf derjenigen der Ratsuchenden als Hindernis für Beratungskommunikation. Stattdessen scheint sich durch diese Möglichkeit das beraterische Postulat der Niederschwelligkeit geradezu paradigmatisch zu verwirklichen und stimulierend zu wirken. Über Offenheit und Verschwiegenheit selbst zu befinden, erhöht offenbar die Bereitschaft, vertrauensvoll über die eigene Sexualität zu sprechen. [56] Zwar muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass die Angaben der Teilnehmer zu ihrer Identität nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen – doch dies scheint niemanden zu irritieren. Im Gegenteil: So sind Chatter im Netz „anscheinend offener und ehrlicher als in ihrem sonstigen Leben … Und sie haben das Gefühl, mehr Intimität zu erfahren als bei ihren Bekannten und Freunden im Alltag … prekäre Themen [kommen] online eher auf den Tisch.“ [57] Diese Einschätzung wird von den BeraterInnen von Sextra geteilt: „Insbesondere mit Scham oder Ängsten verbundene Anliegen werden im virtuellen Kontakt viel schneller als in der persönlichen Beratung angesprochen und teilweise schon beim ersten Anliegen ausführlich geschildert.“ [58]

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Im Hinblick auf die Veröffentlichung des Intimen erscheint dies paradox, die normalen Regeln der sozialen Distanzierung scheinen nicht zu funktionieren: Es wird mehr Offenheit und Aussagefreudigkeit möglich bzw. erwartet als in der Alltagskommunikation. [59] Die relative Fremdheit und körperliche Abwesenheit des Gegenübers erlaubt Aufrichtigkeit und Vertrauen, da keine Autoritätsgefühle, Angst oder Scham entwickelt werden: „Gerade die prinzipielle Auslagerung persönlicher Elemente wie Emotionalität, Wissen voneinander oder Bewusstseinslagen aus der ‚Normalkommunikation’ erlaubt es, in begrenzten Situationen Kommunikation hochgradig mit Persönlichem, mit Intimität anzureichern.“ [60]

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In Chats und Foren werden diese Möglichkeiten ausgiebig genutzt. So entstehen gewissermaßen ‚Beratungsgemeinschaften’ mit mehr oder weniger zentralen Figuren, die viele Fragen stellen und/oder häufig Beiträge im Forum lancieren. [61] Entscheidend für die Gemeinschaftsbildung sind neben der relativen Kontinuität der Personen auch Regeln sowie Sanktionen bei Nicht-Einhaltung. So weist beispielsweise der User „Marcel“ einen anderen User in einem Forum der schueler-beratung.de zurecht:
„PS: Glaub die Leute hier im Forum würden sich auch freuen, wenn Du sie in Deinen Beiträgen mit einem "Hallo" oder so begrüßen würdest ... und ein paar Grüße am Ende wären vielleicht auch noch drin ;-)“  [62]
Damit kommt es nicht nur zu einer Vervielfältigung der Ratgebenden und der Ratsuchenden, [63] die Kommunikation erfährt auch eine Akzentverschiebung bezüglich der Motivation der Ratsuche. Was Katelyn McKenna und J.A. Bragh als zwei Motive der Beteiligung an Internetkommunikation ausmachen, [64] „self-related motives“ und „social-related motives“, erscheint hier als Hoffnung auf konkrete Problemlösung und als wechselseitige emotionale Unterstützung. [65] Neben dem Rat ist die Nachfrage nach Sorge, Empathie und Sympathie ein wichtiges Moment der Anfrage – und wird von den Ratgebenden auch explizit bedient:
„würd mich freunen wenn du wieder antworten würdst =) kopf hoch wir beide schaffen das schon =) viele grüße blaze  [66]
Die Ratgebenden zeigen Interesse am Problem, erzeugen durch das Erzählen eigener Erfahrungen Solidarität, verstärken die aggressiven Emotionen der Ratsuchenden, sprechen ihnen Mut zu oder leiden gemeinsam mit ihnen. Charakteristisch ist dabei die Unterstützung durch mehrere Personen, die sich gegenseitig widersprechen oder auch ergänzen können:
„hallo samydeluxeboy! ich finde carys antwort schon sehr gut wollte aber noch hinzufügen das du nichts machen solltest wenn du dir unsicher bist....“ [67]
Manchmal gibt es Forenleiter wie „Michi“, der im Hintergrund bleibt, doch dessen Begleitung man sich sicher sein kann:
„Hi crunkjunk, ich wollte dich nur wissen lassen, dass wir dein Thema mitlesen und bei Bedarf für dich da sind – im Moment wollen wir aber gar nicht stören, da dir schwarzweiß sehr gute Antworten gibt. Bis dann!“ [68]
Dieses vielstimmige Konzert radikalisiert die generelle Tendenz der Beratung, Autoritäten und Perspektiven zu vervielfältigen. Obwohl Beratung Probleme mindern soll, generiert sie somit neue: Den Zwang zur Wahl und die Selbstbestimmung im Hinblick auf Annahme und Ausführung des Rates. [69]

Beratung unter den Bedingungen des Archivs

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Der entscheidende Unterschied zwischen E-mail- oder geschützten Chatberatungen und anderen Formaten besteht in der Veröffentlichung der Beratungskommunikation. Formate, in denen eine Ratgeberin auf Fragen antwortet, sind ähnlich einer Zeitungskolumne organisiert. Hier wird der schriftliche Austausch zwischen einer Ratsuchenden und einer Ratgeberin redaktionell bearbeitet, öffentlich zugänglich gemacht und archiviert. Im Fall der Zeitungskolumne [70] bleiben diese Archive jedoch vor dem Publikum verborgen. Nicht so im Internet. Hier kann sich jeder und jede, bevor er oder sie Beratung einholt, über Beratungsstile und -inhalte informieren, kann ein passendes Beratungsangebot auswählen oder sich eventuell bereits mit den Beispielfällen ausreichend beraten fühlen. Die Archive werden mithin selbst zu einem wichtigen Element der Beratung, sie gewinnen eine eigenständige Qualität, die als Ergänzung, meist sogar als Ersatz für Beratungsanfragen fungieren soll. So verweist beispielsweise „Alex“ von love-contor.de nicht nur ausdrücklich auf dieses Angebot, sie delegiert die Ratsuchenden in erster Instanz an ihr Archiv.  [71]

Sollen Ratsuchende hier eher davon abgehalten werden, persönliche Fragen zu stellen, wird dies in der Zeitschrift Blitz-Illu [72] weniger direkt formuliert:

Auf die Möglichkeit, persönliche Fragen zu stellen, verzichtet die Liebes- und Sexberatung „Beatrice“ bei Lycos vollständig. Hier steht Ratsuchenden ausschließlich ein großes Archiv mit FAQs zur Verfügung.
Liebes- und Sexberatung Beatrice
Fragen zu Liebe und Sexualität? In der Liebes- und Sexberatung nimmt Beatrice auch bei heiklen Fragen kein Blatt vor den Mund.
Stöbere hier in den FAQs oder direkt in den über 1500 Briefen unseres Sex- bzw.- Liebes-Archivs.
Auch wenn unklar bleibt, wie man ein Ratgesuch stellen kann, lassen sich Rückkopplungen beobachten. So werden Briefe zu identischen oder ähnlichen Fällen empfohlen:
Lieber Willi,
eigentlich finden Sie alle Antworten auf Ihre Fragen und Sorgen bereits auf meinen Seiten, und zwar vor allem im Sex-Briefarchiv unter der Rubrik "Das erste Mal", ein paar Briefe auch unter "Verschiedenes". Bitte gehen Sie dort ausgiebig stöbern. [73]
Ebenso wird darauf insistiert, dass diese gelesen und die Tipps befolgt werden – der eigene ‚Fall’ aber dennoch eine Beratung erfordert:
„Ich habe ja schon viel in deinem Forum gelesen- auch das es bei manchen beim ersten Mal nicht geklappt hat- konnte jedoch nirgends einen passenden Brief finden. Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Sie war ja sehr feucht, ich habe sie auch nicht gedrängt, den Tipp mit dem Kissen haben wir auch wahrgenommen und ich habe es auch sehr vorsichtig und langsam versucht.“  [74]
Die verfügbaren Informationen im allgemeinen Archiv reichen offenbar nicht immer dazu aus, eine Antwort auf das eigene Problem zu finden. So wendet sich auch Mary (24) an „Beatrice“:
Liebe Beatrice,
ich habe versucht zu meinem Problem im Internet zu recherchieren, habe aber bisher nichts dazu gefunden. [75]
Auf den Beratungsseiten von Bravo.de findet sich eine Kombination von beantworteten Fragen und weiterführenden Links, die zusätzliche Fachinformationen bieten.

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Archive und Links transformieren die Bedingungen des Ratsuchens radikal: Statt innerhalb einer persönlichen Beratung muss das Problem selbst identifiziert werden. Dies erfordert die spezifische Kompetenz, das eigene Problem in einen vorgefundenen Katalog einordnen zu können. Diese Fähigkeit wird nicht nur beim Lesen der FAQs benötigt, auch beim Lancieren einer Anfrage muss man sie beherrschen, etwa entscheiden, in welcher Rubrik man sein Problem verortet wissen will.

Diese formatspezifischen, technisch operationalisierten Vorgaben, über sich und sein Problem zu sprechen, tragen, so die These, wesentlich dazu bei, zum einen das Problem als ein sozial typisches zu konfigurieren und es zweitens zu modularisieren. Problematisiert wird hier nicht das Individuelle eines Lebens in seiner Ganzheit, sondern vielmehr das Allgemeine des spezifischen Einzelaspektes.

Transformationen des Sexuellen

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Auch auf dem Feld der Sexualität haben sich die Beratungsangebote vervielfältigt und medien- sowie formatspezifisch ausdifferenziert. Damit gehen Transformationen der Beratung einher, die auch das Sprechen über und das Verhältnis zur eigenen Sexualität verändern. Auf den ersten Blick zeigt sich eine quantitative Veränderung: Die Vervielfältigung der Beratungsangebote und deren Niederschwelligkeit erlaubt einen unkomplizierten Zugang und eine vereinfachte Ratsuche. Die Anonymität erleichtert zusätzlich die Bitte um Rat, und zwar im Hinblick auf jedes Problem: Ob es sich um eine sexuelle Frage, eine Beziehungskrise oder lediglich um einen Mangel an Information über Verhütung handelt, alles kann Gegenstand der Beratungskommunikation werden. Die ubiquitäre Verfügbarkeit von Rat macht es möglich und wahrscheinlich, jedes Detail der Sexualität und der Beziehungsprobleme mit als Experten ausgewiesenen anderen in der Form der Beratung (d.h. ohne weitergehende soziale Verpflichtungen wie in einer Freundschaft) zu problematisieren. Es ist anzunehmen, dass dies – auch bei den passiven Rezipienten dieser Beratungskommunikation – wesentlich dazu beiträgt, die individuelle Selbstproblematisierung auszudifferenzieren und die eigene Sexualität im Hinblick auf jedes Detail zu befragen und gegebenenfalls zu ändern. Sexualität wird, so ließe sich zusammenfassen, zu einem Objekt permanenter Problematisierung und Optimierung – auch und gerade wenn sie nicht mehr in moralische oder pathologische Diskurse eingespannt ist.
Diese Figuration der Sexualität als (sozial typisches) Problem wird durch die verschiedenen Bedingungen der Kommunikation im Internet gestützt. Kommunizieren die Sprechenden anonym sowie als „technisch vollständig verhüllter Akteur[e], [deren] materieller Körper völlig in der textuellen Repräsentation aufgeht“ [76], wird jede Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt. Die Person tritt so hinter ihrer Darstellung des Problems zurück. Doch nicht zuletzt ist es die Form der Beratung selbst, die die Problematisierung des Sexuellen als lösbares Problem erscheinen lässt. Um wirksam zu werden, muss sie davon ausgehen, dass Handeln Wirkungen zeitigt, mithin, dass Veränderungen möglich und Probleme lösbar sind. Sie ist nicht wie die psychoanalytische Therapie an vergangenen und möglicherweise unbewussten Vorgängen interessiert, sondern konsequent auf eine Tat (sprich auf eine die Wirklichkeit verändernde Handlung) in der Zukunft ausgerichtet. Das nimmt möglicherweise die Tiefenschärfe, verbreitert aber das Phänomen – denn nichts ist unabschließbarer und ungewisser als die Zukunft. Dementsprechend wird die Notwendigkeit zur Selbstbeobachtung und zur Selbstbearbeitung auf Dauer gestellt.
Diese (Möglichkeit zur) permanenten Problematisierung heißt dabei nicht, auf Effektivität zu verzichten. Im Gegenteil: Die diversen Angebote in den Medien machen täglich vor, wie Fragen präzise zu stellen und Probleme lösungsorientiert zu formulieren sind. Dass sie in den hier vorgestellten Formaten im Medium der Schrift artikuliert werden müssen, verstärkt diese Tendenz. Entgegen der These, die Schriftlichkeit ließe die Kommunikation verarmen, zeigt die mehr oder weniger große Virtuosität, mit der die Ratsuchenden ihre Probleme darstellen, einen Gewinn an Präzisierung und Reflexion. Der Zwang zur reflexiven Selbstbeziehung, der mit der der Form der Beratung und ihrer Verschriftlichung einhergeht, wird durch die Notwendigkeit zur Kategorisierung des eigenen Problems dynamisiert. Das sexuelle Problem und die damit verbundenen Emotionen werden entäußert und in einer Form fixiert; die Problematisierung des Sexuellen wird fragmentiert und rationalisiert. Was Eva Illouz über Verfahren zum Umgang mit Emotionen sagt, lässt sich auch auf die Verschriftlichung und Kategorisierung von sexuellen Problemen übertragen: „Das Erfinden von Prozeduren, die dazu dienen, Emotionen zu bewältigen und sie durch angemessene und standardisierte Sprechmuster zu ersetzen, impliziert, dass sie zunehmend von konkreten und partikularen Handlungssituationen und Beziehungen abgekoppelt werden. Voraussetzung der ‚Kommunikation’ ist, paradox genug, die Aufhebung der eigenen emotionalen Verwobenheit mit einer sozialen Beziehung.“ [77] Diese „Textualisierung der Subjektivität“ [78], die zugleich als ihre Fragmentierung verstanden werden kann, generiert auch im Hinblick auf die eigene Sexualität einen Selbstbezug, der einer Selbstproblematisierung, Selbstbearbeitung und Selbstoptimierung zuarbeitet. Erfüllte und selbstbestimmte Sexualität erweisen sich so als Produkte der Selbstbearbeitung, die nicht ohne die Abstimmung mit anderen zu haben ist. Sexualität wird in der Form der medialisierten Beratung paradox: Ganzheitliche Erfüllung ist nur über Fragmentierung des Sexuellen zu erlangen und sexuelle Selbstbestimmung kommt erst in und durch die permanente Konsultation von RatgeberInnen zur Entfaltung.

Autorin:

Dr. Stefanie Duttweiler
Institut für Pädagogik
Universität Zürich
Freie Strasse 36
CH- 8032 Zürich
sduttweiler@paed.uzh.ch



[1] Ludwig Jäger: Die Verfahren der Medien, in: Jürgen Fohrmann / Erhard Schüttelpelz: Die Kommunikation der Medien, Tübingen 2004, 69-80, hier: 71.

[2] Christoph Tholen: Die Zäsur der Medien. Kulturphilosophische Konturen, Frankfurt a. M. 2004, 344.

[3] Sibylle Krämer hat dieses Wirken im Verborgenen als Spur im Freudschen Sinne gedeutet. Sybille Krämer: Das Medium als Spur und als Apparat, in: dies. (Hg.): Medien, Computer, Realität. Wirklichkeitsvorstellungen und Neue Medien, Frankfurt a. M. 1998, 83-94.

[4] Auch wenn ihre Nutzung vom diskursiven hergestellten Sinn abhängig ist, wie Bernhard Dotzler betont. Bernhard Dotzler: Diskurs und Medium. Noten zur Grundlegung einer historischen Techno-Logie, in: Jürgen Fohrmann / Erhard Schüttelpelz: Die Kommunikation der Medien, Tübingen 2004, 21-36.

[5] Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit, Bd. 1, Frankfurt a. M. 1983 sowie Sabine Maasen: Genealogie der Unmoral. Zur Therapeutisierung sexueller Selbste, Frankfurt a. M. 1998.

[6] http://www.sexualberatung.ch/start/index.htm. <zuletzt eingesehen am 06.12.2008>.

[7] Pro familia wird überwiegend aus öffentlichen Mitteln, das heißt kommunalen, Länder- und Bundesmitteln finanziert und ist seit 1997 mit einem breit gefächerten und stark frequentierten Beratungsangebot http://www.sextra.de online.

[8] So beispielsweise das Angebot unter http://www.lycos.de/life/gesundheit/sex-beratung/. <zuletzt eingesehen am am 06.12.2008>.

[9] Von der Fachpresse wird die Beratung auf http://www.lovetoys.de/sexberatung/ gelobt, das Forum sowie die Möglichkeit zur persönlichen Beratung wurden jedoch inzwischen eingestellt. Das Angebot von „Alex“ auf www.lovecontor.de ist als „Love-Talk“ bezeichnet und somit nicht auf Anhieb als Beratung zu identifizieren.

[10] Die Beratungsseite für Jugendliche http://rbx.at/beratung/ zählt nach eigenen Angaben „zum meistgenutzten Angebot innerhalb dieser Jugend-Community. Durchschnittlich 13.000 und vereinzelt bis zu 23.000 Jugendliche täglich nehmen dieses Beratungsangebot wahr. Damit ist sexbox auf rbx.at die umfassendste Beratung in Sachen Liebe und Sex im deutschsprachigen Raum.“ Vgl. Wolfgang Kostenwein / Bettina Weidinger: sexbox – Von den Anfängen bis heute (1998-2006), in: e-beratungsjournal.net 1 (2006) http://www.e-beratungsjournal.net/ ausgabe_0106/weidinger.pdf, 4 . <zuletzt eingesehen am am 06.12.2008>

[11] http://www.knackpunkt.net/index.php?id=knackpunkt. <zuletzt eingesehen am am 06.12.2008>.

[12] Frank Nestmann: Beratungsmethoden und Beratungsbeziehung, in: ders. / Frank Engel / Ursula Sickendiek (Hg.): Handbuch der Beratung. Band 2: Ansätze, Methoden und Felder, Tübingen 2004, 783-796, hier: 790.

[13] Bernd Dewe: Beratung, in: H.-H. Krüger / W. Helsper, (Hg.): Einführung in Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft, Opladen 1996, 119-130, hier: 122.

[14] Ebd., 124.

[15] http://www.sextra.de/main.html?page=1087#_Toc125426604. <zuletzt eingesehen am 06.12.2008>.

[16] http://www.sextra.de/main.html?page=1087#_Toc125426604. <zuletzt eingesehen am06.12.2008>.

[17] Auf den Beratungsseiten von www.bravo.de wird eine Kombination der Strategien angeboten: Neben dem Beantworten der Fragen werden gezielt Informationen angeboten, die in diesem Falle hilfreich sein könnten. http://www.bravo.de/online/render.php?render=000012 <07.03.2008>.

[19] Peter Fuchs / Enrico Mahler: Form und Funktion von Beratung, in: Soziale Systeme 6 (2000), 349-368.

[20] Peter Fuchs: Die magische Welt der Beratung, in: Rainer Schützeichel / Thomas Brüsemeister (Hg.): Die beratene Gesellschaft. Zur gesellschaftlichen Bedeutung von Beratung, Wiesbaden 2004, 239-258, hier: 248.

[21] Eva Illouz: Gefühle in Zeiten des Kapitalismus, Frankfurt a. M. 2006, 17.

[22] Fuchs / Mahler: Beratung (wie Anm. 19).

[23] Stefanie Duttweiler: Beratung als Ort neoliberaler Subjektivierung, erscheint in: Roland Anhorn/ Frank Bettinger/ Johannes Stehr (Hg.): Foucaults Machtanalyse und Soziale Arbeit. Eine kritische Bestandsaufnahme, Wiesbaden 2007, 261-276.

[24] Besonders erwähnenswert ist der oben zitierte, zufällig herausgegriffene Fall von „Syradon“, der nach einigen Dialogen über das Problem, verlassen worden zu sein, nun von der Beratungscommunity die Deutung eines Traums verlangt. Wurden sonst die Antworten immer ausgesprochen zügig gegeben, blieben sie nun aus – da er keinen Rat möchte, der eine Tat nach sich zieht, und somit kein lösbares Problem schildert, übersteigen seine Wünsche die Möglichkeiten dieser Form der Beratung.

[26] http://forum.gofeminin.de/forum/adoption/__f164_adoption-Schwangerschaftsabbruch.html#4458. <20. 02. 2008> Zwar wird meist sehr einfühlsam und unterstützend auf Anfragen bezüglich eines Schwangerschaftsabbruchs reagiert, und doch sind Angriffe wie dieser keine Seltenheit – allerdings nur in diesem Zusammenhang zu finden.

[27] Bei einer Chat-Beratung der Caritas kann man zwischen zwei Angeboten wählen: der Chat-Beratung, die einem Face-to-Face-Gespräch am nächsten kommt: „10 Mal in der Woche, können Sie unsere Beraterinnen online erreichen. Sie führen ein persönliches Gespräch mit einer Beraterin, ohne dass Dritte das Gespräch verfolgen und sich einschalten können“ und der „Beratung per E-Mail. Sie können uns jederzeit eine E-Mail senden. Wir bemühen uns, Ihre Anfrage innerhalb von 24 Stunden zu beantworten. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Antwort an Wochenenden etwas verzögert.“ http://www.beratung-caritas.de/index.php?id=schwangerschaftsbera <07.03.2008>.

[28] Persönliche Auskunft der zuständigen Fachberaterin der Diakonie Baden Ingrid Reutemann.

[30] Georg Franck: Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf, München 1998.

[31] Ronald Hitzler: Wissen und Wesen der Experten. Ein Annäherungsversuch – zur Einleitung, in: ders. / Anne Honer / Christoph Maeder (Hg.): Expertenwissen. Die institutionalisierte Kompetenz zur Konstruktion von Wirklichkeit, Opladen 1994, 13-30.

[34] Dass „Beatrice“ sich auch als Autorin von Sexualratgebern und -romanen einen Namen gemacht hat, ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen, man muss auf der Seite ganz nach unten navigieren, um zu den Buchvorstellungen zu gelangen.

[40] Das doppelte Beratungsmandat von Katja Schlegger führt dazu, dass einige der vorgestellten Fälle in beiden Archiven zu finden sind. Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass sich die Leserschaft der jeweiligen Zeitschriften – trotz nahezu ununterscheidbarem Inhalt – kaum überschneidet.

[41] Dies mag im Zusammenhang mit sozialarbeiterischer Beratung trivial erscheinen. Im Zuge einer Untersuchung zur Sexualberatung in einer Zeitungskolumne konnte jedoch en détail nachgezeichnet werden, welche Anstrengungen die Leserbriefschreiberinnen unternehmen, um ihr Problem respektive ihre Krise als beratungsbedürftig zu annoncieren. Vgl. Stefanie Duttweiler / Peter-Paul Bänziger: „Chère Marta, j'ai un problème.“ Problématisations du malaise sexuel dans la forme de la communication conseillère, in: Revue des Sciences Sociales 36 (2006), 108-115.

[45] Herbert Willems / Sebastian Pranz: Vom Beichtstuhl zum Chatroom. Strukturwandlungen institutioneller Selbstthematisierung, in: Günter Burkart (Hg.): Die Ausweitung der Bekenntniskultur – neue Formen der Selbstthematisierung, Wiesbaden 2006, 73-103, hier: 88.

[46] Walter Ong: Oralität und Literalität. Die Technologisierung des Wortes, Opladen 1987, 105.

[47] Diese voraussetzungsvolle Leistung ist dabei lange eingeübt: Aufgrund der Veralltäglichung von Beratungsangeboten in allen Medien, bei denen dem Einzelfall in der Regel wenig Zeit und Raum zur Verfügung steht, können Ratsuchende diesen Modus der Präzisierung permanent beobachten und selbst erproben.

[48] http://www.blitzillu.de/beratung/mail.html. <zuletzt eingesehen am 06.12.2008>.

[49] Diese entgegengesetzten Wertungen zwischen Heilserwartung und Dystopie lassen sich generell bei jeder Einführung eines neuen Mediums nachzeichnen, vgl. Leander Scholz: Rhetorik des Neuen. Mediendiskurs zwischen Buchdruck, Zeitung, Film, Radio, Hypertext und Internet, in: Jürgen Fohrmann / Erhard Schüttelpelz: Die Kommunikation der Medien, Tübingen 2004, 177-274.

[50] Das trifft insbesondere auf den möglichen Geschlechtswechsel zu. Vgl. Christiane Funken: Female, Male, Neutre, Either. Gibt es ein Geschlecht im Cyberspace?, in: U. Thiedeke (Hg.): Soziologie des Cyberspace. Medien, Strukturen und Semantiken, Wiesbaden 2004, 193-214.

[51] Nicknames fungieren als Gradmesser der Anonymität: Man vergibt sie selbst, das heißt, sie sind ein Produkt der bewussten Entscheidung, auch wenn sie davon bestimmt sind, wie häufig der gewünschte Name im Chat-Universum bereits vorkommt. Doch die Anonymität darf nicht übertrieben werden: Die „Verwendung von Chiffrenummern [ist] durchweg negativ konnotiert … Eine Chiffrenummer scheint … weit weniger vertrauenswürdig zu sein als ein Nickname.“ Vgl. Heike Gallery: Variable Anonymität im Chat, in: Caja Thimm (Hg.): Soziales im Netz. Sprache, Beziehung und Kommunikationskulturen im Internet, Opladen 2000, 71-88, hier: 81f.

[52] Joachim R. Höflich / Julian Gebhardt: Der Computer als Kontakt- und Beziehungsmedium. Theoretische Verortung und explorative Erkundungen am Beispiel des Online-Chats, in: Medien & Kommunikation 49 (1/2001), 24-43.

[53] Hava Bechar-Israeli: From <Bonehead> to <cLoNehEAd>: Nicknames, Play, and Identity on Internet Relay Chat (1995) http://jcmc.indiana.edu/vol1/issue2/bechar.html <07.03.2008>.

[54] Willems / Pranz: Strukturwandlungen (wie Anm. 45), 92.

[56] Diese Steigerung der Kontrolle über die Kommunikation ergibt sich auch durch die jederzeit gegebene Möglichkeit, die Kommunikation abzubrechen. Im Unterschied zur Beratung in einer Beratungsstelle kann man hier mit einem Mausklick aus einer unangenehmen Situation entkommen.

[57] Christine Eichenberg im Interview mit der Internetzeitschrift explore (1/2005), 33. http://schult.de/Journalismus/Koennen_wir_Computern_vertrauen.pdf <07.03.2008>.

[58] Helmut Paschen: Möglichkeiten und Grenzen der Onlineberatung unter besonderer Berücksichtigung einer systemischen Sichtweise, in: http://www.sextra.de/main.html?page=2107 <20.02.2008>.

[59] Das wird nicht zuletzt durch die vertrauliche Anrede unterstützt. So werden mit Ausnahme von Dr. Gisbert Redecker alle BeraterInnen geduzt.

[60] Uwe Sander: Die Bindung der Unverbindlichkeit, Frankfurt a. M. 1998, 188.

[61] In einigen Foren werden die Beitragsfrequenz angezeigt und bewertet sowie Kategorien für die Benutzerhäufigkeit vergeben. So kann man beispielsweise im erotikforum.at je nach Häufigkeit der Einträge von der „Jungfrau“ über die „Pubertierende“ zur „Sex-Gott/Göttin“ ‚aufsteigen’.

[63] So hatte sextra.de am 06.12. 2008 53269 Community Mitglieder.

[64] Katelyn McKenna / J.A. Bargh (2000): Plan 9 From Cyberspace: The Implications of the Internet for Personality and Social Psychology, in: Personality and Social Psychology Review 4 (2000), 57-75.

[65] Alexandra Klein: Online-Beratung für alle? Themenfelder, Unterstützungsmuster und Reichweiten netzbasierter Beratung (2005). http://www.kib-bielefeld.de/externelinks2005/OnlineBeratungfueralle.pdf, <07.03.2008>.

[69] Zur immanenten Verpflichtung der Form der Beratung auf Selbstbestimmung vgl. Stefanie Duttweiler: Sein Glück machen. Arbeit am Glück als neoliberale Regierungstechnologie, Konstanz 2007 sowie dies.: Beratung, in: Ulrich Bröckling / Thomas Lemke / Susanne Krassmann (Hg.): Glossar der Gegenwart, Frankfurt a. M. 2004, 23-29.

[70] Siehe das Projekt „Liebe Marta“ in dieser Ausgabe.

[71] http://www.love-contor.de/ <07.03.2008>.

[76] Willems / Pranz: Strukturwandlungen (wie Anm. 45), 87.

[77] Illouz: Gefühle (wie Anm. 21), 64, Hervorhebung im Original.

[78] Illouz: Gefühle (wie Anm. 21), 119.

Empfohlene Zitierweise:

Stefanie Duttweiler : Frequently asked questions: Sexualberatung im Internet , in: zeitenblicke 7, Nr. 3, [2008], URL: https://www.zeitenblicke.de/2008/3/duttweiler/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-16433

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