Die Reichstagsgesandten-Forschung steht im Kontext der personengeschichtlichen Forschung, der Landesgeschichte, der Diplomatiegeschichte, der Forschungen zum Alten Reich. Vor diesem Bezugsrahmen werden die Quellen zur Biographie, Personengeschichte und Prosopographie der Gesandten zum Immerwährenden Reichstag in Regensburg vorgestellt. Neben deren hinterlassenen persönlichen Zeugnissen, Grabsteinen, Stammbüchern, Nachlässen usw., veränderte sich im 18. Jahrhundert das Personalschrifttum (Leichenpredigten et cetera). Es entstanden erste zeitgenössische Gesandten-Biographien. Auch die gedruckten Gesandtenverzeichnisse unterlagen einer wesentlichen Entwicklung. Als dritte Quellengruppe kommen die Gesandtschaftsakten selbst in Betracht. Diese zeigen einen deutlichen Wandel des Verhältnisses zwischen Fürst und Gesandtem. Vielfach musste der Gesandte den Spielraum für eigenständiges Handeln und eigenständige Politik, auch für gesellschaftliche und familiäre Bereiche, neu definieren. Die Grenzen der persönlichen Handlungsspielräume der Gesandten im 18. Jahrhundert werden anhand der Veränderung der ständischen Herkunft, der Qualifikation, der Professionalisierung der Gesandtentätigkeit, an Karrierebrüchen und alternativen Biographien von Gesandten, denen der Auftrag entzogen wurde, deutlich. Für die Gesamtgruppe der Gesandten stellt sich damit allerdings auch die Frage der Vergleichbarkeit ihrer Biographien in den verschiedenen Kollegien und Ständen. Jene Gesandten, die eine längere Zeitspanne oder gar ihre gesamte Karriere am Reichstag verbrachten, werden als einflussreiche Gruppe des "Reichspersonals" definiert. Aus den aufgezeigten Möglichkeiten und Grenzen prosopographischer Forschungen zum Immerwährenden Reichstag ergeben sich Perspektiven eines 'Gesandtenlexikons' bzw. einer korrespondierenden biographischen Datenbank.
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Der Immerwährende Reichstag wurde in den ersten 200 Jahren seit seiner Auflösung fast durchgängig als komplexes Verfassungsorgan des Alten Reiches, als Bühne internationaler Politik, ja zum Teil als Debattierclub, noch häufiger als Theaterkulisse für Zeremonialstreitigkeiten behandelt. Die Gesandten traten erst durch Fragen, wo genau sie in Regensburg lebten, nach ihrer spezifischen Selbstdarstellung, ihrer Karriereplanung mittels Grundbesitz in Regensburgs Umgebung oder nach ihrem Mäzenatentum in den Fokus der Geschichtswissenschaft. [1]
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Noch 1982 stellte Helmut Neuhaus mit Bezug auf die Gesandten der Reichstage im 16. Jahrhundert fest, dass mangels prosopographischer Arbeiten eine wünschenswerte Identifizierung der auftretenden Personen nur sehr eingeschränkt möglich sei. [2] Matthias Schnettger betonte 1996 in seinem Kapitel "Die Gesandten" zum Reichsdeputationstag 1655-1663, dass der Wunsch nach einer ausführlichen Biographie für jeden Gesandten am Mangel an prosopographischem Material scheitern müsse. [3] Doch sind inzwischen neuere Arbeiten erschienen, die auch die Biographie bzw. Biographien der Gesandten in den Blick nehmen. [4] Eine Prosopographie, wie die hier zu erörternde, hat Armin Kohnle für die Reichstagsgesandten der Fürsten im Reformationszeitalter vorgeschlagen und begonnen auszuführen. [5] Es liegt auf der Hand, dass gerade Gesandte zum Immerwährenden Reichstag als "Reichspersonal" bezeichnet werden können, wenn dieses als "eigenständige soziale und kulturelle Formation, die sich in funktionalen Zusammenhängen, Selbst- und Fremdwahrnehmung manifestiert", definiert wird. [6]
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In der "Allgemeinen Deutschen Biographie" (ADB), weniger allerdings in der "Neuen Deutschen Biographie" (NDB) und neuerdings auch in biographischen Online-Lexika werden einige wenige der rund 600 Gesandten, die überhaupt auf dem Immerwährenden Reichstag gewesen sind, behandelt. [7] Allerdings bildeten nach den Anfangsjahren meist rund 45 Personen den Reichstag. Verzeichnet wurden die Gesandten in zahlreichen zeitgenössischen Werken und zuletzt im Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder. [8] Die kaiserlichen, bayerischen und die reichsstädtischen Gesandten hat Walter Fürnrohr untersucht. [9] Er hat auch alle weiteren Gesandten erfasst und ihre Biographien mit Quellenzitaten angereichert. Dabei standen ihm vor allem die Regensburger und die Münchner Quellen zur Verfügung. Einzelne kleinere Untersuchungen haben die Gesandten Braunschweigs oder Thüringens zum Gegenstand gehabt. [10] In neueren Arbeiten über den Reichstag werden beispielsweise die Gesandten Augsburgs, Ansbachs und Bayerns vor dem Hintergrund des Informations- und Kommunikationssystems des Immerwährenden Reichstags um 1700 behandelt. [11] Aus dem Kreis der evangelischen Gesandten im Fürstenrat waren diejenigen, die die Stimmen der Fürstentümer Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel vertreten haben, Teil einer eigenen Untersuchung; diese umfasste wegen der Stimmenkumulation allerdings auch weitere prägende Persönlichkeiten des Reichstagsgeschehens. [12]
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Die Gesandten standen als Personen der Öffentlichkeit im Spannungsfeld von Familie, Fürst, Amt und Auftrag. Hierzu sind zahlreiche neuere Forschungen erschienen. [13] Die Gesandten spielten quasi – im Sinne des Theaters – eine Rolle. [14] Aber ihre Möglichkeiten, diese Rolle zu spielen, beruhten ein gutes Stück weit auf ihrer Herkunft, ihrer Verwandtschaft, ihrer Ausbildung und ihrer bisherigen Karriere. Die Untersuchungsperspektive dieser je individuellen Konstellationen hat in der Wissenschaft wieder deutlich an Resonanz gewonnen. Das zeigen auch die Fachtagungen zu biographischen Lexika der letzten Jahre. [15] Einzelne der neuerdings zahlreichen Untersuchungen widmen sich dem Gesandtenwesen, unter anderem Erwin Matschs Studie über den Auswärtigen Dienst Österreichs 1720-1920. [16] Private Nachlässe, vor allem für das 20. Jahrhundert, waren zunächst für die Archive von so großem Interesse, dass hier eine Art Wettbewerb entstand. [17] Inzwischen sind sie in der Forschung auch für das 18. Jahrhundert zu einer wichtigen Quellengruppe avanciert. [18]
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Die Biographie und die Biographieforschung haben schon seit über einem Jahrzehnt Hochkonjunktur in der Geschichtswissenschaft, sodass ihr bald ein Wikipedia-Artikel gewidmet und mit BIOS eine eigene Zeitschrift begründet wurde. [19] Sie ist für unsere Fragestellung jedoch noch nicht einschlägig. Vielmehr zeigt sich in der gegenwärtigen Bücherwelt das Phänomen, dass zunächst Biographien auch des 18. Jahrhunderts – wenn sie gut vermarktet werden – weiterreichenden Erfolg haben können. Zuletzt bekannt wurde Norbert Leitholds halbliterarische Biographie über den Grafen Schlitz genannt von Goertz. [20] Er machte sich zunutze, dass das Schreiben von Briefen sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bisweilen zum 'kommunikativen Suchtverhalten' entwickelte. Leithold fand die Briefe, die Graf Goertz mit seiner Ehefrau wechselte, und formulierte daraus eine romanhafte Biographie, in der auch das Verhältnis von Goethe zur Herzogin Anna Amalie in Weimar skandalträchtig dargestellt werden konnte. Der Reichstag kommt allerdings in diesem Buch praktisch überhaupt nicht vor.
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Biographien einzeln, aber vor allem vergleichend zu untersuchen, kann neue Impulse zu einer Kulturgeschichte des Politischen vermitteln. Hierbei sollten dann nicht mehr kommunikative Exkurse, sondern individuelle Wahrnehmungen und Handlungsbedingungen ergründet werden. Deren Vielfalt und Besonderheit ergibt sich aus denjenigen Biographien, die tiefgreifend erforschbar sind.
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Dazu sind die Überlieferung von Reflexionen und Mitteilungen über das eigene Selbstverständnis in autobiographischen Schriften, in den Briefen möglichst beider Korrespondenten, in Tagebüchern und sonstigen Erinnerungsschriften wichtig. Gerade für die Gesandten des Immerwährenden Reichstags lassen sich hieraus wichtige Fragestellungen entwickeln, wie Susanne Friedrich gezeigt hat. Auf diese Weise ergibt Biographie-Forschung einen neuen Vergleichshorizont zur klassischen Verwaltungsgeschichte und zur Geschichte der hohen Politik. Ein besonders prägnantes Beispiel sind die Memoiren des Karl Heinrich von Gleichen (1733-1807), der – noch nicht einmal eindeutig legitimiert – 1795 Gesandter für Holstein-Oldenburg und Lübeck am Reichstag war. Gleichen entwickelte sich als Bayreuther Kammerherr und Begleiter der Markgräfin nach Rom (1756) zu einem weltläufigen Unterhalter in allen bedeutenden Salons seiner Zeit, vornehmlich aber in Paris. Er wechselte zunächst in dänische Dienste und war Botschafter in Madrid, Paris, dann in Neapel. Als er nach Stuttgart gehen sollte, schied er aus dänischen Diensten aus und führte das Leben eines gebildeten Weltreisenden in ganz Europa, ehe er sich 1779 in Regensburg ansiedelte und die letzten 30 Jahre die Gesellschaft der Reichstagsgesandten mitprägte. Schon 1813 veröffentlichte der Freund "A. W." (hinter dem sich Alexander Graf von Westerholt verbarg) die "Memoires de M. le Baron de Gleichen" [21] und 1847 wurden wenige Teile von Gleichens teils autobiographischen "Notices biographiques" [22] in Leipzig publiziert. Immer wieder wurden leider nur diese Skizzen "merkwürdiger Persönlichkeiten" übersetzt und nachgedruckt. Gleichens eigentlicher Nachlass blieb bis heute unausgewertet und unbekannt. Wie viel über das gesellschaftliche Leben Regensburgs auch aus Biographien und Dokumenten zu verschiedenen Zeitgenossen geschöpft werden kann, bewies die Ausstellung über die Grafen von Westerholt in Regensburg 2008. [23]
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Durch das Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648) [24] ist das gesamte Personal der Gesandten selbst, nicht aber das der Mitarbeiter in den Gesandtschaften weitestgehend bekannt. Die zeitgenössischen Verzeichnisse setzten eine Tradition des 16. Jahrhunderts fort und reichen von einem Blatt (Paul Fürst, 1640) über die Regensburger Comitialkalender (1767f.) bis hin zu umfassenden Verzeichnissen. [25] 1689 erschien das "Verzeichnus Der Chur-Fürsten / Fürsten und Stände des Heil. Römischen Reichs". [26] Weiterhin erschienen Verzeichnisse von Johann Gottfried von Meiern (1738), [27] Johann Jacob Moser (1753) [28] und Christian Gottfried Oertel (1760). [29] Am Immerwährenden Reichstag waren ganz unterschiedliche Gruppen von Gesandten vertreten. Wie ihre Herren hatten auch sie jeweils sehr unterschiedliche Einflussmöglichkeiten, aber als Gesandte am Reichstag waren sie zugleich eine Gruppe des "Reichspersonals". Sie müssen in die Gruppen der Juristen und Diplomaten, der Bürgerlichen und Adligen differenziert werden. Hier reichte die Spannbreite vom Fürsten selbst (Fürst Solms-Laubach, 1795) bis zum reichsstädtischen Bürger.
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Im 18. Jahrhundert trat diese Differenzierung mehr und mehr zurück, um bei den Schlussverhandlungen wieder aufzuleben. Weitere ergeben sich nach der Konfession. Es müssen aber vor allem Gesandte, die nur kurzfristig am Reichstag verweilten, von solchen unterschieden werden, die sich für lange Jahre oder gar ihr ganzes weiteres Leben in Regensburg legitimierten. Beim Vergleich der Karrieren der Gesandten kann man feststellen, dass die Entsendung zum Reichstag zunächst eine befristete Aufgabe eines Ministers darstellte. Erst seit der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert finden sich mehr und mehr Karrieren, die in der diplomatischen Vertretung am Immerwährenden Reichstag ihren Zielpunkt fanden. Diese Entwicklung, die vielfach Rückschlüsse auf die den Gesandten jeweils zuzuordnende Regionalgeschichte ermöglicht, für die Gesamtheit der Gesandten vergleichend aufzuzeigen, bleibt weitgehend noch ein dringend einzulösendes Forschungsdesiderat. Die Notwendigkeit der Differenzierung unterstreicht insbesondere die Dauer der Gesandtschaft.
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Wenn zunächst die Zahl von circa 600 Gesandten zum Immerwährenden Reichstag genannt wurde, dann beinhaltet dies eine höchst unterschiedliche Verweildauer am Reichstag und entsprechend auch höchst unterschiedliche Einflussnahmen auf die dortigen Vorgänge. Die einflussreicheren Diplomaten, die sich über eine längere Zeit in ihrem Auftrag halten konnten, sollten von jenen unterschieden werden, die nur gelegentlich einer Gesandtschaft angehörten oder aus sonstigen Gründen nur kurz am Reichstag weilten. Für Kurmainz, das heißt als Reichsdirektoren, waren nur vier Gesandte länger als zehn Jahre am Reichstag: Dompropst Franz Conrad Freiherr von Stadion (1666), Ignaz Anton Freiherr von Otten (1700), Johann Friedrich Caspar Freiherr von Otten (1730) und Philipp Wilhelm Albrecht Freiherr Lyncker von Lützenwick (1744). [30]
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Für Kurtrier und Kurköln waren sechs Gesandte länger als zehn Jahre am Reichstag: Franz Johann Freiherr von Wetzel (1691, für Trier), Georg Carl Freiherr Karg von Bebenburg (1732, für Trier), Johann Franz Freiherr Lyncker von Lützenwick (1779, für Trier), Petrus Holzemius (1670, für Köln), Johann Ludwig Umgelter von Teissenhausen (1698, für Köln), Max Josef Freiherr Karg von Bebenburg (1774, für Köln, sieben Jahre auch für Kurmainz). Kurböhmen wurde seit der Readmittierung 1702 von den folgenden vier Gesandten länger als zehn Jahre vertreten: Franz Carl Graf Wratislav von Mitrowitz (1709), Christian August Graf von Seilern (1752), Adam Franz Graf von Hartig (1764), Joseph Johann Graf von Seilern und Aspang (1785).
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Länger als zehn Jahre wurde Kurpfalz vertreten von Caspar Freiherr von Borcke (1662), Johann Ferdinand Freiherr von Sickingen (1703), Christoph Heinrich Freiherr von Zeller zu Ettmannsdorf (1717), Johann Bernhard Freiherr von Francken (1732), Philipp Nerius Graf von und zu Lerchenfeld-Premberg (1781), also von fünf Gesandten. Nur Johann Georg Graf von Königsfeld (1717) und Joseph Maria Freiherr von Neuhaus (1748) vertraten Kurbayern länger als zehn Jahre. Sechs Gesandte Kursachsens waren länger als zehn Jahre in Regensburg legitimiert: Augustin Strauch (1664), Anton Schott (1675), Georg Freiherr von Werthern, Johann Friedrich Graf von Schönberg (1725), Johann Georg von Ponikau (1749), Peter Johann Friedrich Graf von Hohenthal-Dölkau (1779).
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Für Kurbrandenburg führten sieben Gesandte längere Zeit die Stimme: Konrad Asche von Marenholtz (1664), Gottfried von Jena (1675), Ernst Graf von Metternich (1692), Adam Heinrich von Pollmann (1737), Erich Christoph Freiherr von Plotho (1654), Joachim Ludwig Freiherr von Schwarzenau (1762), Johann Eustach Graf Schlitz genannt von Goertz (1788). Für Kurbraunschweig sind seit 1708 drei Gesandte zu nennen: Rudolf Johann Freiherr von Wrisberg (1714), Ludwig Friedrich Freiherr von Beulwitz (1770), Dietrich Heinrich Ludwig Freiherr von Ompteda (1783). Unter den Gesandten der ausländischen Mächte mit Territorien im Reich sind solche, die länger als zehn Jahre am Reichstag tätig waren: Johann Jacob von Holtzen (1716 für Dänemark), Georg von Snoilsky (1663 für Schweden), Georg Friedrich von Snoilsky (1681 für Schweden), Dietrich von Staden (1717 für Schweden als Envoyé Extraordinaire), Johann August Freiherr von Greiffenheim (1752 für Schweden). Unter Berücksichtigung der von Walter Fürnrohr behandelten wichtigsten Vertreter des Kaisers bzw. des Hauses Habsburg und der zwei Dutzend prägendsten Gesandten des Fürstenkollegs und der Städte ergibt sich fast vollständig die Gruppe der einflussreichen Persönlichkeiten am Reichstag. [31] Mithilfe dieser Differenzierung lassen sich dann auch eindeutig jene Gesandten markieren, die als "Reichspersonal" anzusprechen wären. [32]
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In einem ersten Schritt sollten die Biographien dieser prägenden Personen nach gleichen Standards aufgearbeitet werden. Hier sind die schon mehrfach genannten Bereiche Verwandtschaft, Lebensdaten, Stand, Ausbildung, Karriere, Einbindung in die Verwaltung, Verhältnis zum Fürsten, diplomatisches Handeln, Akten, Nachlässe, Literatur und Porträts zu berücksichtigen. [33] Für die Reichstagsgesandten sollte in ihren Biographien dargestellt werden, wie sich hier protokollarische Differenzen und Kontinuitäten spiegeln. Sinnvoll wäre eine Differenzierung in Gruppen, die Grade der Nähe und der Distanz darzustellen ermöglicht. [34] Dabei sind maximal Anknüpfungspunkte für die Lebens- und Handlungsfelder der Gesandten mit einzubeziehen. An erster Stelle sind diese Differenzierungen anhand der Quellen, und speziell nach je unterschiedlicher Gattung selbst vorzunehmen. Zugleich könnte die Biographieforschung wichtige Beiträge zur Interpretation der Quellengattungen leisten.
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Die Gesandten standen im Zentrum der Öffentlichkeit ihrer Zeit. Über sie wurde in zeitgenössischen Printmedien berichtet (Kalender, Verzeichnisse, 'Zeitungen'), sie berichteten vielfach über die politischen Entwicklungen, Meinungen, über sich, ihre Möglichkeiten, Erfolge und die Kosten, die sie dafür zu tragen hatten. In den meisten Staatsarchiven und in den Archiven der großen Reichsstädte findet sich daher die Abteilung Gesandtschaftsberichte vom Reichstag. Bisweilen geben diese Aktenkonvolute Auskunft über das Lebensschicksal des Gesandten und seiner Angehörigen, dazu auch über dasjenige der weiteren Gesandtschaftsangehörigen: Sekretäre, Schreiber, Kutscher, Diener. Auch diese bieten mit ihren meist wenigen Daten Mosaiksteine für die Gesandten-Biographien. Vielfach wurden Gesandte der mindermächtigen Staaten im 18. Jahrhundert von Sekretären vertreten. [35] Für zahlreiche Gesandte existieren Personalschriften zum Begräbnis, zur Hochzeit oder zu ähnlichen Ereignissen. Die Leichenpredigten bilden gerade für das 17. Jahrhundert eine besonders wichtige Quelle. Von den Gesandten sind in Regensburg in St. Emmeram und auf dem Gesandtenfriedhof hinter der Dreifaltigkeitskirche hervorragende Zeugnisse der Grabsteinkunst überliefert und auch schon mehrfach untersucht worden. [36]
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Eine größere Gruppe der Gesandten gehörte Familien an, die bemüht waren, ein Familienarchiv aufzubauen bzw. zu erhalten. Wenn dieses bis heute, bisweilen auf dem der Familie zugehörigen Gut, noch vorhanden ist, bietet es für die Biographien der Gesandten einen bemerkenswerten Schatz (Beispiel: Gemmingen-Guttenberg). Bisweilen wurden diese Familienarchive an die Staatsarchive abgegeben oder sie wurden schon im 19. Jahrhundert verkauft und dadurch leider teils zerstreut. Dieser Frage sollte die Biographie-Forschung zu den Gesandten ihr besonderes Augenmerk zuwenden. Dort finden sich dann vielfach die schon erwähnten Korrespondenzen, bisweilen auch biographische Skizzen aus der Hand anderer Familienangehöriger. [37]
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Allerdings lagern Quellen zur Biographie von Gesandten auch noch an anderen Orten. Die Geburtsstände der Gesandten produzierten oft ihnen eigene Quellengattungen: die Reichsritterschaften, die städtischen Patrizier und Stände, die Landstände, denen die Gesandten entstammten und für die sie oft als Consulenten und Syndici oder ähnliches zuvor tätig gewesen waren, bergen entsprechendes Material. Gleiches gilt für jene Stände und ihre Akten, in die die Gesandten durch Privilegien (Erhebung in den Adelsstand usw.) und Erwerb von Grundbesitz und Privilegien eintraten, etwa bei der Reichsritterschaft. Weitere einschlägige Aktenbestände finden sich gemäß der Karriere der Gesandten in den Archiven der unterschiedlichen Verwaltungsorgane. Diese wurden bisher am häufigsten ausgewertet.
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Wichtig sind drei Tätigkeitsbereiche von Gesandten, die meist Teil ihrer Karriere waren und zu ihrer Gesandtenbiographie Wesentliches beigetragen haben. Vielfach waren Reichstagsgesandte auch Reichshofräte, waren zuvor am Reichskammergericht in Speyer bzw. Wetzlar tätig gewesen und/oder erhielten ein Hofpfalzgrafenamt. [38] Allerdings bestanden Reichshofrat und Reichskammergericht bereits seit Anfang des 16. Jahrhunderts, also 150 Jahre länger als der Immerwährende Reichstag. Zahlreiche Untersuchungen zum Reichskammergericht haben die Nähe beider Juristengruppen zueinander schon vielfach dargelegt. [39] Auch Gabriele Haug-Moritz plädierte 2004 dafür, "die personellen Beziehungsnetze" der Reichshofräte (über das Material, das Gschließer zusammengetragen hat, hinaus) genauer zu untersuchen. [40] Die randständige Stellung der Reichshofräte am Wiener Hof würde vielleicht durch eine vielfältigere Einbindung in die Kreise der Reichsjuristen ergänzt. Für eine erfolgreiche Karriere als Gesandter im Reich war während der Ausbildung das Praktikum am Reichskammergericht, am Reichshofrat oder auch am Reichstag empfehlenswert. [41]
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Die Ausbildungsstätten (Hohe Schulen, Universitäten, Kollegien, Ritterakademien usw.) selbst sind durch neuere Untersuchungen über ihr Personal und die Ausbildung mittlerweile gut erforscht. Dies ergibt wesentliche Bausteine auch für Gesandten-Biographien. Die Matrikeln der Universitäten und Hohen Schulen werden schon seit längerem ausgewertet, Professorenkataloge wurden vielfach untersucht, und seit einiger Zeit sind auch entsprechende Online-Kataloge im Aufbau (in Kiel, Rostock, Greifswald, Leipzig und Halle). [42] Die sich dort abbildenden Netzwerke lassen sich auch auf die Gesandten übertragen. Wenigstens erwähnt werden sollen hier noch die vielfach auswertbaren, teils über längere Zeit geführten Stammbücher. [43]
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Es gab weniger auffällige, aber dennoch wirkmächtige Gruppen-Netzwerke in Regensburg, wie beispielsweise die protestantischen Exulanten aus den habsburgischen Ländern in Ungarn und auf dem Balkan, speziell aus Oedenburg. Und es existierten darüber hinaus die bekannten, vielfach untersuchten Netzwerke wie die Freimaurer (Ompteda) und die Illuminaten (Gemmingen) oder vorher die Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft wie auch die Orden, in denen einzelne Gesandte Ritterbrüder waren. [44] All deren Archive bergen Quellenmaterial für die Biographien der Gesandten. Als netzwerkbildend müssen nicht zuletzt auch die großen Leidenschaften des 18. Jahrhunderts gelten: die Antikenverehrung, die Sammelleidenschaft, der Mystizismus der Schwarm- und Schwindelgeister, die Geisterseherei im Speziellen und die Magie. [45] Dieser ebenso von Aufklärung wie von Geheimniskrämerei geprägte Geist trieb auch den schon genannten Karl Heinrich von Gleichen.
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Die hier als einflussreich zusammengefassten Gesandten zum Immerwährenden Reichstag stellen eine Gruppe dar, für die sich die Möglichkeit einer Typologie exemplarisch anbietet. Sie spielten ihre Rollen als "Reichspersonal". [46] Aber eine große Teilmenge von ihnen weist sehr unterschiedliche Lebensläufe auf. Eine Biographiensammlung der Gesandten, als biographisches Lexikon, gedruckt oder online, wird die Biographien stets vor der Folie der Typologie entwickeln und muss dabei zugleich das Spezifische der jeweils persönlichen Geschichte herausstellen. Typologie und Biographie müssen bei Gesandten stets aufeinander bezogen sein.
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Die vielfach vorhandenen Selbstdarstellungen und Rechtfertigungen der Gesandten zeigen häufig einen prägnanten Wechsel. Viele Gesandte am Immerwährenden Reichstag stammten aus einfacheren Verhältnissen, als sie es, geadelt und in den Freiherrenstand erhoben, später in ihren Selbstdarstellungen wissen und kundtun wollten (Schütz von Pflummern, Otten, Henninges, Montmartin, Hugo, Leykam). Zwar begann der soziale Aufstieg manches Mal schon in der Generation der Väter oder Großväter (Karg von Bebenburg, [47] Graf Raab von Rauenheim, [48] Pollmann, [49] Strauß, [50] Fahnenberg [51]). Doch wurde meist die Identität einer altadligen Familie mit ritterschaftlicher Herkunft und Sozialisation konstruiert (behandelte Beispiele: Wetzel, Schwarzenau). [52] Für diese Gesandten sollten die Biographien jeweils Wunsch und Wirklichkeit einerseits und andererseits die tatsächliche Entwicklung aufeinander beziehen.
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Während im 17. Jahrhundert auf dem Reichstag vornehmlich die bürgerlichen Juristen der fürstlichen Verwaltungen vertreten waren, standen im 18. Jahrhundert jene im Mittelpunkt des Regensburger Geschehens, die sich als klassische Diplomaten verstanden. Die Biographien sollten entsprechend das unterschiedliche Verhältnis zwischen Fürst und Gesandtem verdeutlichen. Hierzu gehört das Vertreten und gegebenenfalls das Verteidigen der Interessen des entsendenden Fürsten durch die Person des Gesandten, das Treue- und bisweilen Freundschaftsverhältnis zwischen Fürst und Gesandtem, die Intrigen, selten der Verrat, Hochverratsprozesse und Haft. Im Vergleich der Biographien über die fast 150 Jahre des Bestehens des Immerwährenden Reichstags werden die bemerkenswerten Veränderungen der Typologie deutlich werden.
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Seit etwa zehn Jahren befinden sich verknüpfte biographische Datenbanken in der Entwicklung. Die ADB/NDB ist in Kooperation mit dem "Österreichischen Biographischen Lexikon" (ÖBL) und dem "Elektronischen Historischen Lexikon der Schweiz" (eHLS) bei der Entwicklung des Portals "biographie.eu" vorangegangen. Bald wurde von Seiten der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Bayerischen Staatsbibliothek der Schwerpunkt allerdings auf das Portal "Deutsche Biographie.de" gelegt; es kumulierte ADB/NDB mit Vollartikeln und Gesamtindex. Daneben entwickelten sich regionale biographische Datenbanken in Sachsen, Westfalen, Hessen und Bayern sowie gattungsspezifische Datenbanken, von denen für die Gesandten zum Immerwährenden Reichstag der Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten" (GESA) besonders wichtig ist, aber auch die Personendatenbanken der "Acta Pacis Westphalicae" und des Bundesarchivs sowie die Portale für Abgeordnete können hier herangezogen werden. Die meisten der Biographieportale bilden durch die "Gemeinsame Normdatei" (GND) der Nationalbibliothek (ehemals "Personennamendatei" PND) einen speziellen Verbund. Die Gesandten zum Immerwährenden Reichstag sind hier noch spärlich vertreten. Eine entsprechende Neueinrichtung wäre wünschenswert.
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Allerdings sollte sich eine solche Datenbank nicht auf die Gesandten zum Immerwährenden Reichstag beschränken, sondern alle Gesandten, das heißt von ihren Fürsten Entsandte auf Reichstagen seit dem späten 15. Jahrhundert erfassen, wobei diese Gruppe seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an Relevanz gewinnt. [53] Anhand der Gesandten nach Münster und Osnabrück, zum Nürnberger Exekutionstag, zu den Reichstagen von 1640 und 1653 wird bei einer Betrachtung des handelnden Personals sogleich deutlich, dass diese zusammen mit den Gesandten nach Regensburg (1664ff.) eine Einheit bilden. Gerd Dethlefs hat mit seiner Porträtsammlung "Die Herrscher und ihre Gesandten beim Westfälischen Friedenskongress 1645/49" mit 64 Personen im Internetportal "Westfälische Geschichte" bereits einen Anfang gemacht. [54]
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Die Datenbank sollte verschiedene Merkmale des jeweiligen Gesandten berücksichtigen:
– die Herkunft des Gesandten, sein heimatliches Umfeld, Ausbildungswege und Karriere sollten vergleichbar sein
– die jeweilige "Wirksamkeit", das Handeln als Gesandter sollte charakterisiert werden (auch im negativen Fall)
– die jeweilige Zusammensetzung des Reichstags sollte darstellbar sein; dabei sollten gerade Koalitionen, Koalitionswechsel, Mehrfachstimmführung und Stimmenübertragungen deutlich werden.
– die Datenblätter sollten Hinweise auf Quellen und Literatur enthalten.
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Zwar existiert bereits die Regensburger Porträtgalerie mit rund 5.000 Porträts aus der Graphischen Sammlung des Hauses Thurn und Taxis mit dem Schwerpunkt auf Personen des 17. und 18. Jahrhunderts im Netz, aber diese Datenbank lässt sich bisher nur sehr schwer von außen bedienen. [55] Die Bayerische Landesbibliothek Online bietet bisher nur Bosls bayerische Biographie, das heißt sehr wenig zum Reichstag. [56] Aber das graphische Material der Regensburger Porträtgalerie lockt geradezu, es mit Datenblättern zu verbinden.
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Eine solche Datenbank sollte auch das Umfeld des Reichstags mit einbeziehen, womit nochmals eine spezielle Quellengruppe für Gesandtenbiographien genannt wäre: die Stadt Regensburg bot als Reichsstadt, Bischofssitz, Thurn- und Taxis'sche Residenz, Sitz namhafter Stifter und Klöster sowie mit ihren Verbindungswegen in die Donauländer ein reiches Spektrum an Besuchern. Zum Reichstag kamen auch die Fürsten und der Kaiser selbst mit großem Gefolge. Neben Frankfurt am Main war Regensburg im 18. Jahrhundert eines der wichtigsten Zentren im Alten Reich. Biographien von Personen aus allen der genannten Bereiche ergänzen auch jene der Reichstagsgesandten. Jüngst wurde nochmals mit einer Ausstellung das Verhältnis des Hauses Thurn und Taxis zum Reichstag gewürdigt. [57]
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Möglichkeiten und Grenzen prosopographischer Forschung zum Immerwährenden Reichstag werden auch an Einzelfällen deutlich. Franz Caspar (seit 1686) Freiherr von Stadion war seit 1673 Bischof von Lavant. Zuvor, seit 1663, war er für die Bistümer Würzburg, Worms und Speyer Gesandter auf dem Reichstag gewesen. 1666 bis 1672 war er Direktor. 1667/68 war er dann für den Bischof von Würzburg in Rom, eine Mission, welcher Stadion auch seine Position in Salzburg sowie den Bischofssitz in Lavant verdankte. [58] Wir kennen bisher weder Stadions genaues Geburtsdatum noch wissen wir etwas über seine Ausbildung. Auch seine Gesandtentätigkeit am Reichstag liegt noch weitgehend im Dunkeln.
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Gut sind wir durch die Forschungen von Niederquell, Arens und von Aretin über den Reichstagsdirektor Ignaz Anton Freiherr von Otten informiert, auch weil es über ihn eine zeitgenössische Leichenpredigt gibt. [59] Sein Sohn Friedrich Kaspar Freiherr von Otten (1704-1744), der als kurmainzischer Hofrat Mitdirektor neben dem Vater wurde und zunächst für Berchtesgaden, dann für Kurböhmen, Kurtrier sowie die schwäbischen und rheinischen Prälaten die Stimme führte, wird von Niederquell mit behandelt. Er starb 1744 in Frankfurt am Main, wo ihm im Dom ein Altar gewidmet wurde. [60]
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Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten langjährigen Mainzer Direktor des Reichstags. Über Philipp Wilhelm Albert Freiherr von Lyncker und Lützenwick (1710-1779, Direktor seit 1744) sind zwar noch keine biographischen Artikel verfasst worden, aber es gibt durchaus einige Hinweise in der Literatur. [61] Das genaue Todesdatum seines Sohns Johann Franz (1753-1811), 1779 bis 1797 Kurtrierer Comitialgesandter, ist noch nicht festgestellt worden. Dessen Witwe wurde erst 1834 in Regensburg begraben.
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Auch der Kurtrierer Gesandte Franz Johann Freiherr von Wetzel (1652-1717), seit 1691 Gesandter, ist noch nicht biographisch untersucht worden. Vor allem die bemerkenswerte Karriere des Vaters als Postmeister in Brüssel und dann als Oberpostdirektor in Frankfurt am Main fordert mancherlei Richtigstellungen gegenüber der bisherigen Literatur. Er wurde in den Adels- bzw. Freiherrenstand erhoben, erwarb ein eigenes Schloss sowie eine zu ihrer Zeit weitbekannte Gemäldesammlung. Bis zu seinem Tod 1702 war der Vater oberster Chef der Kurierdienste in Frankfurt am Main und hierin folgte ihm sein Sohn Eugen Alexander, der Bruder des Reichstagsgesandten. [62] Franz Johanns eigener Sohn Hugo Wilhelm Freiherr von Wetzel (1696-1760) wurde dann 1725-1740 Reichstagsgesandter für die Bistümer Lüttich, Freising, Regensburg und 1740-1741 sowie 1745-1747 auch für Kurbayern. [63] Seine eigentliche Aufgabe war jedoch seit 1742 der bayerische Gesandtenposten in Dresden und die Obersthofmeisterstelle bei der bayerischen Kurprinzessin Maria Antonia Walburga (1724-1780) in Dresden. Hugo Wilhelms Witwe füllte diese Stelle bis zu ihrem Tod aus. Sie starb erst 1799. Die Wetzel sind gleichsam eine Post- und Reichstagsfamilie, so wie die Thurn und Taxis, allerdings in der zweiten Reihe. Wie die Wetzel lassen sich auch die Westerholt, Berberich, Vrints, Kurtzrock oder die geadelten Plettenberg (auch Gesandte am Immerwährenden Reichstag) als Familien untersuchen, die in gleicher Weise dem Unternehmen der Thurn und Taxis wie der Reichspolitik verbunden waren.
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Karl Heinrich von Gleichen siedelte sich 1779 in Regensburg an, wo er nicht nur die Reichstagsgesandten und Herren vom diplomatischen Corps antraf, "umgängliche Leute, die der gastfreie Plauderkünstler gern zu behaglichen, allwöchentlich regelmäßig wiederkehrenden Symposien in seine Junggesellenwirthschaft lud", sondern er genoss auch das Theater. Kaiser Joseph II., der sich 1781 auf der Durchreise in Regensburg die "teutsche Comödie" zu Diderots "Hausvater" ansah, "schien ganz angenehm überrascht zu sein, als er den Baron Gleichen, dessen Bekanntschaft er in Wien und Paris gemacht hatte, unter der Menge der Umstehenden erblickte und bezeugte ihm seine Bewunderung, wie er nach so vielen gemachten Reisen sich an den Aufenthalt in Regensburg habe gewöhnen können. Dieser versetzte, wie er die hiesige Luft seiner Gesundheit zuträglich finde, worauf der Graf Falkenstein [Inkognito Josephs II., L.L.] ihm" – mit wahrhaft kaiserlichem Humor – "erwiderte, wie er nicht begreifen könne, daß eine durch die Politik in beständiger Erregung erhaltene Luft der Gesundheit zuträglich sein möge."
Anton Bettelheim setzt in dieser seiner Darstellung von Gleichens Leben fort: "Keinesfalls hinderte die völlige Windstille der Regensburger Reichstagsverhandlungen Gleichen, seinen Liebhabereien nachzugehen, den von ihm selbst so genannten recherches hyperscientifiques, kabbalistischen und theosophischen Spielereien, sich hinzugeben." Aus dieser Perspektive ergeben sich für Biographien der Gesandten zahllose weitere Forschungsfelder. [64]
[1] Zum Erwerb von Gütern in der Umgebung von Regensburg vgl. immer noch Carl August Boehaimb: Die Besitzer von 51 ehemaligen Pfalzneuburgischen Hofmarken im kgl. Regierungsbezirk von Oberpfalz und Regensburg, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 18 (1858), 205-351, hier: 205ff.; und Thomas Barth: Diplomatie und ländliche Gesellschaft im 18. Jahrhundert. Die Bedeutung des Immerwährenden Reichstags in Regensburg für den pfalz-neuburgischen und oberpfälzischen Landadel in der Oberpfalz, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 143 (2003), 241-294.
[2] Helmut Neuhaus: Reichsständische Repräsentation im 16. Jahrhundert. Reichstag – Reichskreistag – Reichsdeputationstag, Berlin 1982, 527. Neuerdings vgl. Maximilian Lanzinner / Arno Strohmeyer (Hg.): Der Reichstag 1486 bis 1613: Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten, Göttingen 2006.
[3] Matthias Schnettger: Der Reichsdeputationstag 1655-1663, Münster 1996.
[4] Vgl. Matthias Freitag: Gesandte und Gesandtschaften am Immerwährenden Reichstag, in: Martin Dallmeier (Hg.): Reichsstadt und Immerwährender Reichstag (1663-1806). 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposiums zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998, Kallmünz 2001, 175-190. Zum Ende des Reichstags vgl. die Arbeit von Wolfgang Burgdorf: Ein Weltbild verliert seine Welt. Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806, München 2006; und ders.: Reichsstaatsrecht und Geschichtswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der letzten Generation der Regensburger Reichstagsgesandten, in: Gonthier-Louis Fink / Andreas Klinger (Hg.): Identitäten. Erfahrungen und Fiktionen um 1800, Frankfurt a. M. 2004, 413-453.
[5] Armin Kohnle: Die Reichstagsgesandten der Fürsten. Projekt einer Prosopographie im Reformationszeitalter, in: Anette Baumann / Peter Oestmann / Stephan Wendehorst / Siegrid Westphal (Hg.): Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich, Köln / Weimar / Wien 2003, 335-341.
[6] Stephan Wendehorst / Siegrid Westphal: Reichspersonal in der Frühen Neuzeit? Überlegungen zu Begrifflichkeit und Konturen einer auf Kaiser und Reich bezogenen Funktionselite, in: dies. / Baumann / Oestmann: Reichspersonal (wie Anm. 5), 1-20, hier: 2.
[7] In der ADB/NDB sind die Prinzipalkommissare Marquard Schenk von Castell, Johann Philipp Graf Lamberg, ferner Gottfried von Jena, Joseph Pachner von Eggenstorff, Joachim Ludwig von Schwarzenau, Johann Peter Sieveking mit Artikeln gewürdigt. In der Sächsischen Biographie werden behandelt: Johann Friedrich Graf von Schönberg, Carl Gottfried Graf von Bose, Carl und Heinrich Freiherr von Friesen, Nicol Freiherr von Gersdorf, Otto Ferdinand Graf von Loeben. Vgl. hierzu Jochen Vötsch: Kursachsen, das Reich und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. / Berlin / Bern / Wien 2003. An neueren prosopographischen Arbeiten sind zu nennen: Ernst Schütz: Die Gesandtschaft Großbritanniens am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg und am kur(pfalz)-bayerischen Hof zu München 1683-1806, München 2007. Über die englischen Gesandten Sir Etherege und Hughes vgl. Karl Heinz Göller: Sir George Etherege und Hugh Hughes als englische Gesandte am Reichstag, in: Dieter Albrecht (Hg.): Regensburg – Stadt der Reichstage, Regensburg 1994, 143-166; die französischen Gesandten behandelt Heinrich Rubner: Die französische Gesandtschaft am Regensburger Reichstag (1663-1702), in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 147 (2007), 165-204.
[8] Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), Bd. 1 (1648-1715), hg. von Ludwig Bittner und Lothar Groß, Oldenburg 1936; Bd. 2 (1716-1763), hg. von Friedrich Hausmann und Leo Santifaller, Zürich 1950; Bd. 3 (1764-1815), hg. von Otto Friedrich Winter, Leo Santifaller und Edith Wohlgemuth-Kotasek, Graz / Köln 1965.
[9] 13 Prinzipalkommissare, 15 Konkommissare, 16 Gesandte für Böhmen, 25 österreichische Direktorialgesandte, von denen Lamberg allerdings zwei Mal entsandt war, zusammen also 65 Gesandte. Vgl. Walter Fürnrohr: Die Vertreter des habsburgischen Kaisertums auf dem Immerwährenden Reichstag, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 123 (1983), 71-139 und 124 (1984), 99-148; ders.: Die kurböhmischen Gesandten auf dem Immerwährenden Reichstag, in: Sudetendeutsche Familienforschung 19 (1977), 25-47; ders.: Kurbaierns Gesandte auf dem Immerwährenden Reichstag. Zur baierischen Außenpolitik 1663 bis 1803, Göttingen 1971.
[10] Gerhard Richter: Die Vertretung der thüringischen Staaten beim Regensburger Reichstag 1663-1806, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 98 (1962), 121-158, hier: 122f.; Werner Hillebrand: Das Gesandten- und Agentenwesen des Herzogtums Braunschweig-Wolfenbüttel am Ende des Alten Reiches 1764-1806/07, in: Braunschweigisches Jahrbuch 44 (1963), 119-160. Vgl. weiter Hans-Dieter Loose: Hamburger Gesandte auf dem Regensburger Reichstag 1640/41. Ein Beitrag zur Geschichte von öffentlicher Meinung und Diplomatie Hamburgs in der Mitte des 17. Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 61 (1975), 13-31.
[11] Susanne Friedrich: Drehscheibe Regensburg. Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700, Berlin 2007.
[12] Lupold von Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert. 2 Bde., Darmstadt 2003. Darin werden 51 Gesandte zum Immerwährenden Reichstag vorgestellt, die in 46 Fällen aus Hessen stammten.
[13] Vgl. Daniel Legutke: Diplomatie als soziale Institution. Brandenburgische, sächsische und kaiserliche Gesandte in Den Haag, 1648-1720, Münster 2010; Jeannette Falcke: Studien zum diplomatischen Geschenkwesen am brandenburgisch-preußischen Hof im 17. und 18. Jahrhundert, Berlin 2006; Judith Matzke: Gesandtschaftswesen und diplomatischer Dienst Sachsens 1694-1763, Leipzig 2011; und biographisch: Ruth Kohlndorfer-Fries: Diplomatie und Gelehrtenrepublik. Die Kontakte des französischen Gesandten Jaques Bongars (1554-1612), Tübingen 2009; Ludolf Pelizaeus: Fürstlicher Gesandtenalltag hessischer und württembergischer Gesandter vom Zeitalter Ludwigs XIV. bis Napoleon: Theorie und Realität, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 136 (2000), 165-198. Listen enthält auch: ders.: Der Aufstieg Württembergs und Hessens zur Kurwürde 1692-1803, Frankfurt a. M. 2000, 605-618.
[14] Friedrich: Drehscheibe (wie Anm. 11), 269f., weist darauf hin, dass der Gesandte im 18. Jahrhundert als Schauspieler gesehen wird.
[15] Tagungsbericht Biografische Lexika im Internet. 30.05.2008-31.05.2008, Dresden, in: H-Soz-u-Kult, 31.07.2008, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2204 <20.8.2012>; Bernhard Ebneth / Stefan Jordan: Neues biographisches Informationssystem im Netz. Das internationale Biographie-Portal an der Bayerischen Staatsbibliothek, in: Bibliotheksforum Bayern 4 (2010), 60; Workshop 2010 "Personen-Daten-Repositorien", BBAW Berlin, vgl. http://idw-online.de/pages/de/event32015 <20.8.2012>; und Tagungsbericht Workshop "Personen – Daten – Repositorien". 27.09.2010-29.09.2010, Berlin, in: H-Soz-u-Kult, 02.03.2011, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=3560 <20.8.2012>; Tagungsbericht Entwicklung eines zentralen Historisch-biographischen Informationssystems für den deutschsprachigen Raum. 23.07.2012-24.07.2012, München, in: H-Soz-u-Kult, 20.08.2012, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4372 <20.8.2012>.
[16] Nach den diplomatischen Missionen behandelt Matsch die diplomatischen Vertretungen und hier an erster Stelle die "Allgemeine Reichsversammlung". Erwin Matsch: Der Auswärtige Dienst von Österreich(-Ungarn) 1720-1920, Wien u.a. 1986, 157f. Biographische Daten teilt Matsch nur sehr vereinzelt mit. Zum Reichstag vgl. Nikolaus Leiher: Die rechtliche Stellung der auswärtigen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag zu Regensburg. Eine rechtshistorische Untersuchung unter Auswertung der Schriften zum Ius Publicum des Alten Reiches, Aachen 2003.
[17] Die "Zentrale Datenbank Nachlässe" des Bundesarchivs verzeichnet über 25.000 Nachlässe in mehr als 1.000 Institutionen; Kalliope weist über 1,5 Millionen Autographen in über 25.000 Beständen nach.
[18] Vgl. Sylvia Krauss: Nachlässe im Bayerischen Hauptstaatsarchiv 1800 bis heute, München 2005, 15f. Im Bayerischen Hauptstaatsarchiv befinden sich keine Nachlässe von Reichstagsgesandten und nur wenige Überlieferungen zu Diplomaten für die Zeit vor 1806: Johann Nepomuk Gottfried Krenner oder Franz Gabriel Graf von Bray (beide waren Legationsräte auf dem Rastatter Kongress, Bray war zudem 1801 Gesandter in Berlin). Unter den Nachlässen des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem sind die des Außenministers Heinrich Graf von Podewils, jene der Diplomaten Fabian Burggraf zu Dohna, Christian Wilhelm von Dohm, Philipp Karl Graf von Alvensleben, und insbesondere jene der Reichstagsgesandten Heinrich von Henninges, Gustav von Mardefeld, Johann Eustach Graf Schlitz genannt von Görtz und der Wiener Agenten und Residenten Gottfried Stoesser von Lilienfeld und Karl Heinrich von Caesar. Vgl. Ute Dietsch: Familienarchive und Nachlässe im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin 2008, 193f., 196f., 200-203, 207. In der Nachlassdatenbank des Bundesarchivs [ http://www.nachlassdatenbank.de ]<20.8.2012> finden sich für den Reichstag in Regensburg: Zacharias Prüschenk von Lindenhofen, Christian Wilhelm von Eyben, August Adolf Freiherr von Cramm, Friedrich Philipp Usener, Johann Philipp Karl Freiherr von Fechenbach, Franz Joseph Freiherr von Albini und Johann Alois Freiherr von Hügel. Ungewöhnlich reichhaltiges Material mit einer Autobiographie, Familiengeschichten der Zeit und Briefen bietet der Nachlass des Gesandten Joachim Ludwig Freiherr von Schwarzenau, Freiherrlich Gayling'sches Gesamtarchiv Ebnet, Freiburg im Breisgau-Ebnet.
[19] Unter einem Link waren am 5. Juni 2011 unter der Wikipedia-"Liste der Biographien" des deutschsprachigen Wikipedia 390.502 Personen verzeichnet, darunter als Gruppe nur die Prinzipalkommissare mit Ausnahme von David Graf von Ungnad-Weißenwolff und Ferdinand August Fürst Lobkowitz. Daneben werden Otto Ferdinand von Loeben, Heinrich Günther von Thulemeyer, Ernst von Metternich, Adam Franz Graf von Hartig, Friedrich Samuel von Montmartin, Gottfried von Jena, Jacob Christoph Raßler von Gammerschwang und Johann Eustach Graf Schlitz genannt von Görtz, Christoph Wilhelm von Koch in Wikipedia (Stand Anfang September 2011) behandelt. In der Zeitschrift BIOS, seit 1988 zweimal jährlich erscheinend, werden das 18. Jahrhundert bis 2006 praktisch nicht, Gesandte oder der Reichstag überhaupt nicht behandelt.
[20] Norbert Leithold: Graf Goertz. Der große Unbekannte. Eine Entdeckungsreise in die Goethe-Zeit, Berlin 2010; vgl. Elmer Krekeler: Das doppelte Leben des Norbert Leithold, in: Die Welt, 24.10.2010.
[21] Mémoires de M. le Baron Charles Henri de Gleichen, Ministre de Danemark à differentes cours depuis 1760-1771, hg. von A. W., Sulzbach 1813.
[22] Denkwürdigkeiten des Barons Carl Heinrich von Gleichen. Eine Reihe aus seiner Feder geflossener Aufsätze über Personen und Verhältnisse aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Leipzig 1847. Vgl. auch Souvenirs de Charles-Henri baron de Gleichen. Précédés d'une notice par Paul Grimblot, Paris 1868.
[23] Vgl. Thomas Barth: "Wir sind unnütze Knechte". Die Familie Westerholt in Regensburg und ihr Beitrag zur bayerischen Kulturgeschichte, Regensburg 2008.
[24] Vgl. Anm. 8.
[25] Vgl. Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten (wie Anm. 12), Bd. 1, 549f.; und Friedrich: Drehscheibe (wie Anm. 11), 568f.; Paul Fürst: Sessio S.R. Imperii Statuum Solennis apud Ratisbonenses. Eigentlicher Abriß der ReichstagsSolennitet, so den 3./13. Sept. diß 1640 Jahrs in Regespurg beij eröfnung F: propositio angestelt und gehalten worden, Kupferstich, Nürnberg 1640.
[26] Verzeichnus Der Chur-Fürsten / Fürsten und Stände des Heil. Römischen Reichs / wie Dieselbe auf dem von [...] Leopoldo Dem Ersten [...] auf den 8. Junii 1662 ausgeschriebenen und biß auf gegenwertiges 1689. Jahr annoch continuierrenden Reichstag [...] sich ordenlich legitimiret haben, o.O., 1689.
[27] Johann Gottfried von Meiern: Nachrichten von den Lebens-Umstaenden derer auf dem Universal-Friedens-Congress, zu Münster und Oßnabrück, sich befundenen Gesanden, in: ders.: Acta Pacis Executionis Publica oder Nürnbergische Friedens-Executions-Handlungen und Geschichte, 2. Teil, Leipzig / Göttingen 1737.
[28] Johann Jacob Moser: Teutsches Staats-Recht. 50 Bde., Nürnberg 1737, ab Bd. 2, Frankfurt / Leipzig / Ebersdorf 1738-1753. Die den Reichstag betreffenden Teile: Bd. 42, 405ff.; die Listen der Gesandten mit Legitimationsdaten: Bd. 45.
[29] Christian Gottfried Oertel: Vollstaendiges und zuverlaeßiges Verzeichniß der Kaiser, Churfuersten, Fuersten und Staende des Heil. Roem. Reichs, wie auch Derselben und auswaertigen Maechte Gesandtschaften, welche bey dem fuerwaehrenden Reichs-Tage, von seinem Anfange 1662 an, biß zum Jahr 1760 sich eingefunden haben, Regensburg 1760.
[30] Vgl. Karl Härter: Das Kurmainzer Reichstagsdirektorium – eine zentrale politische Schaltstelle des Reichserzkanzlers im Reichssystem, in: Peter Claus Hartmann (Hg.): Der Mainzer Kurfürst als Erzkanzler. Funktion, Aktivitäten, Ansprüche und Bedeutung des zweiten Mannes im Alten Reich, Stuttgart 1997, 171-203.
[31] Vgl. die Arbeiten von Fürnrohr in Anm. 9; die meisten wesentlichen Gesandten des Fürstenkollegs finden sich in: Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten (wie Anm. 12), Bd. 2; die Gesandten der Reichsstädte behandelt ebenfalls Walter Fürnrohr: Das Patriziat der Reichsstadt Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstages, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 93 (1952), 153-308.
[32] Armin Kohnle: Die Reichstagsgesandten (wie Anm. 5), 340, der auch alle einmalig entsandten Räte in sein Sample mit aufgenommen hat.
[33] Vgl. wiederum Kohnle: Die Reichstagsgesandten (wie Anm. 5), 339.
[34] Beispiele sind: 1a. regionale Herkunft: I. Landeskind des entsendenden Fürsten; II. aus einem Territorium, das mit dem entsendenden Fürstenhaus verknüpft ist; III. Landeskind aus Koalitions-Ländern; IV. – V. Landeskind fremder Länder 1b. eigene verwandtschaftliche Qualifikation: I. Vater = Jurist in führender Position; II. Großvater oder Onkel = Jurist in führender Position; III. Verwandter, der Einfluss auf die Karriere nahm = Jurist in führender Position; IV. Verwandter ohne ersichtlichen Einfluss = Jurist in führender Position; V. kein Jurist in führender Position oder vergleichbarer Protektor in der Verwandtschaft 2. Ausbildung: I. Studienbeginn als Landeskind an heimatlicher Universität mit Stipendium; II. Landeskind mit Studium auch an heimatlicher Universität; III. Studium an von den Verwandten bevorzugter Ausbildungsstätte; V. ohne Studium mit Protektion. 3. gesellschaftliche Sozialisation durch Heirat, Stellung des Schwiegervaters bzw. der Verwandten der Frau: I.-V. 4. Karriere: I. Karriere innerhalb der heimatlichen Verwaltungen vom Schreiber zum Kanzler; II. 1. Wechsel III. 2 Wechsel 5. Dauer des Dienstes beim entsendenden Fürsten: ohne Umschweife an die Spitze; durchgehend in Diensten des entsendenden Fürsten, aber mit Umwegen in der Verwaltung; mit Unterbrechungen; Wechsel zu anderen Fürsten; nur durch besondere Umstände in Diensten des entsendenden Fürsten.
[35] Vgl. das hessische Beispiel der Familie Bauriedel in der hessischen Kanzlei: Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten (wie Anm. 12), Bd. 2, 121f.
[36] Vgl. Der Gesandtenfriedhof der Dreieinigkeitskirche in Regensburg. Europas einzigartige Diplomatennekropole, Regensburg 2008; Gudrun Reichmeyer / Bettina Wollenweber / Michael Altmann: Die lateinischen Epitaphien im Regensburger Gesandtenfriedhof (an der Dreieinigkeitskirche). Texte, Übersetzungen, Anmerkungen, Regensburg 1992; und den von der Hochschule Regensburg initiierten 3D-Film: http://www.hs-regensburg.de/nc/einrichtungen/oeffentlichkeitsarbeit/nachrichten/news-detail/article/video-der-gesandtenfriedhof-in-3d.html <19.9.2011>; sowie Fritz Arens: Die Grabmäler von Mainzer Beamten in St. Emmeram in Regensburg, in: Mainzer Zeitschrift 79 (1984), 55-60; und Herbert Kößler / Hans Schlemmer / Christoph Kößler: Die Grabdenkmäler in St. Emmeram: ein Rundgang. Lateinisch – deutsch, Regensburg 2006.
[37] Friedrich: Drehschreibe (wie Anm. 11), 199f.
[38] Zum Verhältnis von Reichskammergericht und Reichshofrat und zur Neubewertung in der Forschung: Bernhard Diestelkamp: Reichskammergericht und Reichshofrat im Spannungsfeld zwischen reichsständischer Libertät und habsburgischem Kaisertum (Ferdinand I. bis Leopold I.), in: Heinz Duchhardt / Matthias Schnettger (Hg.): Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum, Mainz 1999, 187-194; Wolfgang Sellert (Hg.): Reichshofrat und Reichskammergericht. Ein Konkurrenzverhältnis, Köln 1999; und vor allem: Gabriele Haug-Moritz: Des "Kaysers rechter Arm": Der Reichshofrat und die Reichspolitik des Kaisers, in: Harm Klueting / Wolfgang Schmale (Hg.): Das Reich und seine Territorialstaaten im 17. und 18. Jahrhundert. Aspekte des Mit-, Neben- und Gegeneinander, Münster 2004, 23-42. Johann Jacob Moser stellte unmissverständlich die Bedeutung des Reichshofrats für die kaiserliche Reichspolitik heraus und betont: "Je besser oder schlechter er besezet ist, und je mehr oder weniger er im Reich im Ansehen stehet; je grösser oder geringer ist auch des Kaysers Autorität selbst." Johann Jacob Moser: Von der Teutschen Justiz-Verfassung [...], Bd. 2, Frankfurt a. M. / Leipzig 1774, 11, hier zitiert nach Haug-Moritz: Des "Kaysers rechter Arm" (wie Anm. 39), 23.
[39] Vgl. die Beiträge von Wolfgang Burgdorf, Eva Ortlieb und Anette Baumann, in: Baumann / Oestmann / Wendehorst / Westphal: Reichspersonal (wie Anm. 5).
[40] Haug-Moritz: Des "Kaysers rechter Arm" (wie Anm. 38), 30.
[41] Insgesamt hierzu: Wolfgang Burgdorf: Die reichsrechtliche Peregrinatio academica im 18. Jahrhundert, in: Baumann / Oestmann / Wendehorst / Westphal: Reichspersonal (wie Anm. 5), 21-57, der vier der Biographien der 30 "Gesandten der letzten Generation der Comitialgesandten in Regensburg" (29f.) und den Aufenthalt Johann Stephan Pütters in Regensburg (46-49) behandelt.
[42] Vgl. Tagungsbericht Professorenkataloge online. 14.11.2008-15.11.2008, Leipzig, in: H-Soz-u-Kult, 27.04.2009, http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2587 <17.1.2013>.
[43] Vgl. Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten (wie Anm. 12), Bd. 1, 414f.
[44] Zu diesen im Einzelnen wiederum Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten (wie Anm. 12), Bd. 1, 401f., 420f.
[45] Hier sind vor allem die Gelehrten Gesellschaften in Regensburg zu nennen, an erster Stelle der Naturwissenschaftliche Verein. Vgl. Martin Hartl / Norbert Limmer: Der Naturwissenschaftliche Verein, in: Universität Regensburg (Hg.): Gelehrtes Regensburg, Stadt der Wissenschaft. Stätten der Forschung im Wandel der Zeit, Regensburg 1995, 173-176.
[46] So auch Susanne Friedrich in ihrem Beitrag zur Tagung in Salzburg am 23.9.2011.
[47] Der Vater des Gesandten Georg Carl Freiherr Karg von Bebenburg (1686-1747) war der bambergische Kanzler Hieronymus Carl Freiherr Karg von Bebenburg, Sohn des bambergischen Ober-Einnehmers Friedrich Karg (†1679). Johann Heinrich von Quentel "erhielt vom Herzog Philipp Wilhelm von Neuburg wegen seiner Verdienste als Gesandter die Pflege des Amtsbezirkes Schwandorf als Erbrecht für sich und seine Nachkommen". Vgl. Johann Baptist Schulz: Chronik des königlich bayerischen Schlosses Trausnitz im Thal, Trausnitz im Thal 1890, 109. Nach dem Konkurs seines Enkels Thomas Constantin 1763 erwarb die Herrschaft Trausnitz der kurbayerische Regimentsrat in Amberg Johann Balthasar von Hannakam, dessen einzige Tochter Maria Theresia das Erbe ihrem Ehemann Ludwig Karl Freiherr Karg von Bebenburg zubrachte. Dessen Großvater, der Reichstagsgesandte Georg Carl Freiherr Karg von Bebenburg, erwarb das Gut Hochdorf 1735 für 29.000 Gulden, Buch, Großmannsdorf und Ober- und Mittelweilersbach. Johann Baptist Schulz bietet in seiner Chronik von Trausnitz zahlreiche Quellen und biographische Details zu den Karg von Bebenburg und ihren Verwandten als Gutsherren in der Oberpfalz, vgl. ebd., 119-140.
[48] Carl Joseph Graf Raab von Rauenheim (1698-1775), Sohn des geadelten Advokaten Friedrich von Raab (†1719).
[49] Adam Heinrich von Pollmann (1685-1753), Sohn des Advokaten und Vogtes Johann Pollmann, Enkel des Eisenkaufmanns Caspar Pollmann in Reppinghausen.
[50] Gottlieb Freiherr von Strauß (1738-1796), Sohn des Kurmainzer Hofkammerdirektors Damian von Strauß, Enkel des Deutsch-Ordens-Sekretärs in Mergentheim Johann Adam Strauß, ursprünglich 'Unnflatt' (†1691).
[51] Carl Egid von Fahnenberg (1749-1827), Sohn des Franz Xaver Mayer von Fahnenberg, Hauptmann, Enkel des JUD Franz Ferdinand Mayer von Fahnenberg, Stadtschreiber in Freiburg im Breisgau, und Urenkel des Adam Melchior Meyer, Einwohner und Syndicus in Freiburg im Breisgau.
[52] Vgl. insbesondere zu Schwarzenau: Lehsten: Die hessischen Reichstagsgesandten (wie Anm. 12), Bd. 2, 410-419.
[53] Im Vergleich mit der von Kohnle: Die Reichstagsgesandten (wie Anm. 5) vorgeschlagenen Datenbank aller Räte, die am Prozess der Reformation beteiligt waren, traten die Fürsten, die bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts noch in Persona auf den Reichstagen auftraten, gegenüber den Gesandten zurück.
[54] http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=58&url_tabelle=tab_projekt und http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/erweiterte_suche/recherche_go.php <19.9.2011>.
[55] http://rzbvm005.uni-regensburg.de/tut/ <19.9.2011>.
[56] http://rzblx2.uni-regensburg.de/blo/boslview/boslview.php <Zugriff 19.9.2011>, hier findet sich lediglich eine Ansicht der gedruckten Seiten.
[57] Vgl. Dallmeier: Reichsstadt (wie Anm. 4), darin vor allem: Hans-Christoph Dittscheid: Memento Mori. Die barocken Epitaphien des protestantischen Gesandtenfriedhofs an der Dreieinigkeitskirche in Regensburg, 191-221.
[58] GND 102486121X, vgl. France M. Dolinar: Stadion, Franz Caspar von, in: Erwin Gatz (Hg.): Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, 480f. Hier wird als Geburtsdatum angegeben: "1644 (err.) zu Solothurn", in allen anderen Nachschlagewerken wird 1637 als Geburtsjahr angegeben. 1803-1806 war aus gleicher Familie Friedrich Lothar Graf Stadion-Thannhausen und Warthausen der kurböhmische Gesandte.
[59] GND 104174455. Vgl. Theodor Niederquell: Ignaz Anton Freiherr von Otten, kurmainzischer Prinzipalgesandter und Direktor am Reichstag in Regensburg (1664-1737), in: Mainzer Zeitschrift 75 (1980), 115-151; Karl Otmar Freiherr von Aretin: Otten, Ignaz Anton Freiherr von, in: Neue Deutsche Biographie 19 (1998), 652 [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd104174455.html <30.8.3012>.
[60] Elsbeth de Weerth: Die Ausstattung des Frankfurter Domes, Frankfurt a. M. 1999; J. E. Gaudelius (Hg.): Beitrag zur Geschichte der älteren und neueren Verfassung der Reichs-Stadt Frankfurt, Bd. 1, [Frankfurt a. M.] 1806, 66. Gaudelius nennt ihn Kurmainzischen Geheimen Rat, Reichstags-Prinzipal- und Direktorialgesandten, dabei aber einen großen Freund der Künste.
[61] GND 13789547X, Übersicht über die Familie: NDB 15 (1987), 585f.
[62] Genealogisch-biographische Daten, mitgeteilt durch die Familie und Forschungen von Georg Itzerott (†), Frankfurt a. M., vgl. Institut für Personengeschichte, Bensheim, Akten "Personen u. Familien": "Wetzel".
[63] Fürnrohr: Kurbaierns Gesandte (wie Anm. 9), 96ff.
[64] Anton Bettelheim: Karl Heinrich von Gleichen, in: ADB 49 (1904), 381-385. Die Begegnung mit Joseph II. berichtet Bettelheim unter Verweis auf Friedrich Nicolai: Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz im Jahr 1781, und P. Wild: Über Schauspiele und Schaustellungen in Regensburg, [Regensburg] 1901, 68f.
Empfohlene Zitierweise:
Lupold von Lehsten : Möglichkeiten und Grenzen prosopographischer Forschungen zum Immerwährenden Reichstag im 18. Jahrhundert , in: zeitenblicke 2, Nr. 11, [30.01.2013], URL: https://www.zeitenblicke.de/2012/2/Lehsten/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-35697
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