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2 (2003), Nr. 1: Inhalt
Das Projekt
Der Daten-Broker
Retrieval- und Mappenfunktionen
Lernelemente
Ausblick
Anmerkungen
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Ute Verstegen

p r o m e t h e u s - das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre

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In der Kunstgeschichte und Archäologie ist der Umgang mit medialen Repräsentationen realer Objekte durch den Einsatz vergleichender Diadoppelprojektion zu Lehrzwecken seit über 100 Jahren gebräuchlich. Durch das Erstellen der dafür nötigen Dias sind die Fachinstitute im Laufe der Jahre zu nicht zu unterschätzenden Bildquellen herangewachsen. Diese Diatheken werden inzwischen vermehrt in Datenbanken verwaltet, und auch die Möglichkeit der Bildprojektion mittels Digitalprojektor findet zunehmend Einzug in den Lehrbetrieb.[1]

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Damit ist man seit einigen Jahren mit der Situation konfrontiert, dass die erforschten Kunstobjekte nicht nur in den Museen und Archiven, in denen sie verwahrt werden, sondern auch an den Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Institutionen zeitgleich, aber unabhängig voneinander in Bilddatenbanken erfasst werden. Diese Datenbanken können, den jeweiligen lokalen Bedürfnissen und Ressourcen entsprechend, in der Komplexität ihrer Strukturen, in ihrem Datenvolumen und ihrer Schwerpunktsetzung stark variieren. In Zeiten der globalen Vernetzung liegt es nahe, diese verteilten Ressourcen zusammenzuführen und im Sinne einer gemeinsamen Datenbasis zu nutzen.[2]

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Die Synergieeffekte, die dabei entstehen, liegen auf der Hand. So entfällt der Arbeitsaufwand zur Aufnahme, Beschreibung und Digitalisierung bereits an anderer Stelle vorhandener Bilder. Ebenso können Lücken und Unstimmigkeiten in der Datenerfassung leicht erkannt und gezielt beseitigt werden, ohne verschiedene fachspezifische Blickwinkel auf die Objekte zu egalisieren. Nicht zuletzt erlauben Datenbank-Managementsysteme - über Bilder hinaus - auch das Anbinden anderer Medienformate wie Videos oder QuickTime VR Panoramen, die bei Nutzung eines Digitalprojektors im Seminar vor allem neues Potential für die Präsentation räumlicher Zusammenhänge bereit stellen.

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Ein umfassendes digitales Bildarchiv für die Nutzung in der Forschung und Lehre hat auch ganz praktische Vorteile. Digitale Bilder können nicht verstellt werden, wie dies in Diatheken vorkommt, und können beliebig oft und ohne Qualitätsverlust vervielfältigt und digital bearbeitet werden. Sie sind in ihrer materiellen Ungebundenheit nicht der mechanischen Abnutzung und der chemischen Alterung ausgesetzt wie Dias oder andere stoffliche Bildträger.

Das Projekt

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Ansätze, verteilte Daten(-banken) unter einer Oberfläche zugänglich zu machen, sind im WWW bereits seit einiger Zeit durch die sogenannten Metasuchmaschinen realisiert. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmb+f) unterstützt seit April 2001 im Rahmen des Programms Neue Medien in der Bildung für drei Jahre das bundesweite Verbundprojekt prometheus - Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre. [3]

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prometheus hat sich zum Ziel gesetzt, digitale Bilddatenbanken nach Muster einer Metasuchmaschine zu verknüpfen und unter einer einheitlichen Oberfläche mit gemeinsamen Retrieval-Funktionen verfügbar zu machen, ohne in den internen Aufbau der beteiligten Datenbanken einzugreifen oder einheitliche Datenstrukturen vorzuschreiben. Der dadurch zusammengeführte Datenbestand wird einem spezifischen Anwenderkreis - Lehre und Forschung - nutzbar gemacht. Zugleich wird das Potential digitaler Bildverarbeitung und -archivierung für Forschung und Lehre in den Kulturwissenschaften erprobt. In Zusammenarbeit mit InformatikerInnen, MediendesignerInnen und MediendidaktikerInnen entsteht ein System, das einerseits verteilte digitale Bildarchive zusammenführt und andererseits Lernelemente anbietet, die die herkömmliche Lehre ergänzen, die Möglichkeiten zum Selbststudium verbessern und die Medienkompetenz bei Lehrenden und Studierenden fördern sollen.



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An der Umsetzung von prometheus beteiligt sind die Hochschule Anhalt in Dessau/Köthen (Fachbereiche Informatik, Design, Didaktisches Design), die Humboldt Universität zu Berlin (Kunstgeschichtliches Seminar), die Justus-Liebig-Universität in Gießen (Professuren für Klassische Archäologie und für Kunstgeschichte), sowie die Universität zu Köln (Institut für Kunstgeschichte, Institut für historisch-kulturwissenschaftliche Informationsverarbeitung, Seminar für Pädagogische Psychologie).

Der Daten-Broker

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Kern von prometheus ist der zentrale Daten-Broker, der einen einheitlichen Zugriff auf eine heterogene und verteilte Datenbasis ermöglicht. Auf dem zentralen Datenbankserver von prometheus wurde das von Manfred Thaller entwickelte, nicht-relationale Datenbanksystem Kleio implementiert, das im Zuge des Projektverlaufs durch zahlreiche Zusatzkomponenten ergänzt wird.

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Kleio kann Daten aus beliebig vielen Datenbanken mit unterschiedlichen technischen Strukturen und unterschiedlichen inhaltlichen Regeln (zum Beispiel Schlagwortverzeichnissen) aufnehmen und verwalten. Syntax und Semantik der verschiedenen Datenbanken werden aneinander abgeglichen und ermöglichen es so, dem/r BenutzerIn über das WWW eine (vermeintlich) inhaltlich und strukturell einheitliche Datenbank zu präsentieren.

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Die Herausforderungen an den zentralen Abgleich sind bereits jetzt im prometheus-Verbund breit gefächert, die beteiligten Bilddatenbanken fußen auf unterschiedlichsten Datenbanksystemen (Filemaker, MS Access, HiDA/MIDAS, MySQL). Anders als im DISKUS-Verbund verfolgt prometheus die Strategie, die vorliegende, internetspezifische Dezentralität und Heterogenität beizubehalten und zugleich eine größtmögliche Integration zu gewährleisten. Aus diesem Grund verbleibt die Entscheidung für eine spezifische Datenbanksoftware immer in der Verantwortung des jeweiligen Verbundpartners.

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Die konzeptuelle Offenheit spiegelt sich nicht nur in der Einbeziehung unterschiedlicher Bilddatenbanken, sondern auch in deren Inhalten. Schon heute bieten die Bilder, dem interdisziplinären Ansatz von prometheus entsprechend, ein zeitliches und inhaltliches Spektrum von altägyptischen Statuen bis zur Cyberkunst. Entsprechend den eigenen Schwerpunkten werden die Bilder einschließlich der Kerndaten von den beteiligten Projektpartnern in Datenbanken aufgenommen. Darüber hinaus sind schon heute weitere Partner assoziiert, deren Datenbanken entweder bereits angebunden sind oder sich in der Phase der Einbindung befinden.[4]

Retrieval- und Mappenfunktionen

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prometheus greift unter einer einheitlichen Oberfläche auf die einzelnen Bilddatenbanken zu. Über eine Identifizierung kann sich jede/r berechtigte NutzerIn (Studierende und WissenschaftlerInnen) in das System einloggen. Innerhalb von prometheus werden zwei wesentliche Bereiche unterschieden. Der erste Bereich umfasst die (technische) Verknüpfung der einzelnen Datenbanken und die Realisierung der Retrieval-Oberfläche. Der zweite Bereich betrifft den (fachspezifischen) Umgang mit den Retrieval-Ergebnissen bzw. mit der zur Verfügung stehenden Gesamtdatenmenge. Als erste weiterverarbeitende Module werden hier die Möglichkeit zur personalisierten Online-Speicherung von Retrieval-Ergebnissen in sogenannten Arbeitsmappen sowie die Erzeugung und Präsentation digitaler Bildprojektionen angeboten.



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Die Recherche in prometheus ist so gestaltet, dass sie auch von Laien leicht zu bedienen ist. Daraus resultierende Ergebnisse können aber dennoch die jeweilige Detailtiefe der dokumentgebenden Datenbank widerspiegeln. Die einfachste, in prometheus integrierte Retrieval-Version ist die textuelle Recherche und Ergebnisanzeige in einer Liste. Über dieses auch heute im Internet fast ausschließlich anzutreffende textuelle Listen-Retrieval hinaus will prometheus die medienspezifischen Besonderheiten des Internet nutzen und auch andere Anzeigevarianten anbieten, die modular angegliedert werden können.

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An der FH Anhalt wurde beispielsweise in Zusammenarbeit mit DesignerInnen und InformatikerInnen die TimeLine entwickelt, die neue Visualisierungsmöglichkeiten im Bereich des Informationsretrieval bietet. Hierbei werden Recherche und Ergebnis in einem gemeinsamen Anzeigebereich visualisiert. Die Ergebnisse sind dabei nicht als Liste, sondern grafisch als Punktmengenverteilung auf einem Zeitstrahl dargestellt, das heisst bei Künstlern zwischen Geburts- und Sterbedatum sortiert. Per Mausklick kann man die einzelnen Bilder anwählen und vergrößern.

 

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Parallel dazu soll das System künftig um eine visuelle Recherche auf der Basis von Bildeingaben ergänzt werden, ein sogenanntes Content-Based Image Retrieval (CBIR), wie es beispielsweise die Eremitage oder das Projekt ARTISTE einsetzen. In Zusammenarbeit mit dem Projekt Cairo der TU Clausthal wurde bereits ein Test durchgeführt, der die Möglichkeiten des CBIR zur Analyse kunsthistorischen Bildmaterials ausloten sollte.
Mittels all dieser Retrievalmöglichkeiten können dann von den AnwenderInnen Bilder ausgewählt und in Arbeitsmappen zusammengestellt und für Präsentationen sortiert werden. Eine Arbeitsmappe und/oder Präsentation kann personalisiert sowohl offline als auch online abgespeichert werden und steht damit den NutzerInnen unabhängig vom Standort permanent zur Verfügung.



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Lernelemente

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prometheus steht aber nicht nur für verteilte digitale Bildarchive, sondern stellt sich insbesondere auch der Frage, wie man die medienspezifischen Eigenheiten des Internet für die Vermittlung kulturwissenschaftlicher Themen ausloten kann.[5]
Die mediendidaktische Konzeption der prometheus-Umgebung geht davon aus, dass die Lernenden ihren Lernprozess aktiv organisieren und effektiver gestalten. Fokus des Konzepts ist hierbei ein exploratives Lernen, das über den Einsatz herkömmlicher Lernumgebungen in der virtuellen Lehre hinausgeht, die sich üblicherweise darauf beschränken, Lernmaterialien in strukturierter Form bereitzuhalten und Kommunikationsmöglichkeiten für Lerngruppen (wie zum Beispiel Mailingliste oder Chatroom) anzubieten. [6] Schon der Einsatz der Retrieval-Funktionen von prometheus, insbesondere der TimeLine, soll neugierig machen, neue Assoziationen wecken und zum forschenden Lernen auffordern.

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Außer den bereits erwähnten, auf die universitäre Lehrnutzung ausgerichteten prometheus-Bestandteilen Arbeitsmappe und Präsentation entstehen drei weitere Kernbereiche, die vor allem dem Selbststudium dienen sollen: Themenraum, Grundlagentrainer und Methodencoach. Ziel ist es, bis zum Projektende exemplarisch jeweils ein Beispiel für jedes dieser Elemente zu entwickeln und als beliebig erweiterbares, mediengerechtes Modul zur Verfügung zu stellen.

Ausblick

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Um die weitere kostenlose Nutzung des Systems nach Projektende (März 2004) zu garantieren, ist auch künftig eine Anbindung an die Hochschulen angestrebt. Ziel ist es, eine Geschäftsstelle einzurichten, die die Verbundpartner in einer Vereinsstruktur koordiniert und weitere Projektentwicklungen über die Fachgrenzen hinaus fördert.
Während der Wissenschaftsbetrieb von recht engen Abgrenzungen der einzelnen Fächer geprägt ist, begreift prometheus die Heterogenität der Sichtweisen und Techniken als Kern der geisteswissenschaftlichen Informationsverarbeitung und -vermittlung, den es zu bewahren gilt. Bereits bestehende Lösungen werden nicht ersetzt, sondern unter einer gemeinsamen Oberfläche gleichwertig vernetzt und einheitlich zugänglich gemacht. Neben der Erzeugung von Synergieeffekten soll damit eine interdisziplinäre Zusammenarbeit nachhaltig unterstützt werden.

Anmerkungen

1Stephan Hoppe / Holger Simon: Abschied vom Dia. Vorteile elektronischer Bildprojektion in der kunsthistorischen Lehre, in: Kunstchronik 53 (2000), H.7, 338-339.
2 Beispiele für entsprechende Verbundprojekte sind das Art Museum Image Consortium (http://www.amico.net/), das ArtSTOR-Projekt der Andrew W. Mellon-Foundation (http://www.mellon.org) und das Visual Arts Network for the Exchange of Cultural Knowledge (VAN EyCK, http://www.vaneyck.org/). Vergleiche auch Louise Smith (Hg.): Building the Digital Museum. A National Resource for the Learning Age. A Joint Report of The National Museums Directors' Conference, Resource and Museum Documentation Association. Version: 08/10/2000. - Verfügbar unter: http://www.mda.org.uk/digitalmuseums.pdf. (02.05.2003)
3Informationen zum Projekt auf der Homepage http://www.prometheus-bildarchiv.de, dort auch weitere Literaturhinweise wie: Jürgen Nemitz / Manfred Thaller: Das verteilte Bildarchiv Prometheus: Gleiche unter Gleichen, in: EDV-Tage Theuern 2001. Tagungsbericht 2002, 50-58. Georg Hohmann / Holger Simon / Ute Verstegen: prometheus - Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre. Synergetische Nutzung heterogener Datenbasen in den Geisteswissenschaften, in: nfd Information - Wissenschaft und Praxis 53 (2002), H. 6, 355-360.
4 Stellvertretend für andere seien hier beispielsweise genannt die Universitäten Berlin (TU), Frankfurt a.M., München und Zürich, Museen in Köln und Regensburg (http://www.bistumsmuseen-regensburg.de/html/domschatz.htm), die Universitätsbibliothek und das Forschungsarchiv für Antike Plastik Köln (http://134.95.113.208/index.html), sowie das Wissenschaftliche Bildarchiv für Architektur in Berlin (http://www.wissenschaftliches-bildarchiv.de/ (02.05.2003)) (02.05.2003)
5Diesem Thema widmete sich auch die zweite von prometheus veranstaltete Tagung "Wieviel Kultur geht durch den Draht? E-Learning in den Kulturwissenschaften" (3.-5. Oktober 2002 an der Universität zu Köln). Nähere Informationen unter "workshops" bei http://www.prometheus-bildarchiv.de.
6Vergleiche den Beitrag von Holger Simon in dieser Publikation.

Autor

Ute Verstegen
Universität zu Köln
E-Mail: ute.verstegen@uni-koeln.de
Web: www.prometheus-bildarchiv.de

Empfohlene Zitierweise:

Ute Verstegen: p r o m e t h e u s - Das verteilte digitale Bildarchiv für Forschung & Lehre, in: zeitenblicke 2 (2003), Nr. 1 [08.05.2003],
URL: <http://www.zeitenblicke.historicum.net/2003/01/verstegen/index.html>

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ZEITENBLICKE ISSN: 1619-0459
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