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Jeder Historiker, der sich mit europäischer Geschichte beschäftigt, stößt auf den Adel. "Europäisch" meint hier einen im Westen des eurasischen Kontinents gelegenen geographischen Raum mit fluktuierenden Grenzen und, im Osten (Russland) und Südosten (Byzanz, Osmanisches Reich), breiten Übergangszonen. Dieser Raum zeichnet sich durch politische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Gemeinsamkeiten bzw. Verflechtungen aus, die sich seit dem Mittelalter entwickelt haben. Zu den sozialen Gemeinsamkeiten bzw. Verflechtungen gehört das, was ich "europäischer Adel" nenne. [1] Dessen – natürlich idealtypisch gezeichnete – Merkmale sollen zunächst skizziert und dann mit den Charakteristika "außereuropäischer" Eliten verglichen werden.

Der Glaube an die Vererbbarkeit hervorragender Eigenschaften

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Die Ideen, die diesem Adel zugrunde liegen, spiegeln sich in den Wortfeldern, denen die drei in allen romanisch-germanischen Sprachen existierenden Bezeichnungen dieses sozialen Phänomens angehören, nämlich Adel, Nobilität und Aristokratie: Man ist "edel" im Vergleich zum (all-)"gemeinen" Volk, fällt auf (lat. no(ta)bilis) durch Bekanntheit und "nobles" also vornehmes, großmütiges Verhalten und bildet schließlich in Bezug auf hervorragende menschliche Eigenschaften – Talente, Tugenden, Tüchtigkeit auf unterschiedlichen Gebieten – eine Gemeinschaft der "Besten" (griech. aristoi). [2] Der Adel als Denkform basierte auf der Überzeugung von der Vererbung der besagten hervorragenden Eigenschaften. [3] Deshalb sprachen manche Adelstheoretiker von einer besonderen, etwa blaublütigen "Rasse". Daraus ergab sich geradezu zwangsläufig ein Anspruch dieser Elite auf Vorrechte, die ebenfalls erblich sein sollten. [4]

Kriegertum und Multifunktionselite

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In der sozialen Realität entwickelte sich dieser Adel aus römischen und germanischen, ethnisch gesehen teilweise auch aus slawischen Wurzeln. In römischer Tradition war der Adelige Repräsentant der "öffentlichen Gewalt", damit orientiert auf einen "ersten Mann" im "Staate". In den germanischen Reichen aber bedeutete "Königsdienst" primär militärische Gefolgschaft. Was sich im Frühmittelalter als Adel herausbildete, war dementsprechend eine Gemeinschaft von Kriegern – allerdings nicht nur dies. Denn der Adel stellte eine multifunktionale Elite dar. [5] Er dominierte durch seine Ämter und seine Macht politisch und militärisch, durch seinen Herrschaftsbesitz ökonomisch, durch sein überlegenes Prestige sozial und durch das Vorbild seiner Lebensweise und sein Mäzenatentum auch kulturell. Insbesondere beherrschte er auch die römische Kirche, indem er – wenigstens in katholischen Ländern bis in die Umbruchszeit um 1800, im Falle des Papsttums noch länger – die Masse der geistlichen Würdenträger stellte. [6]

"Adelige Elite" als Herrschaftsträger

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In welcher Stellung auch immer – Adelige waren geborene Herrschaftsträger. Zwar fächerte sich die einheitliche Herrengewalt seit dem Hochmittelalter immer mehr in unterschiedliche Herrschaftsrechte auf (Grundherrschaft, später auch Gutsherrschaft, Leibherrschaft, Patrimonialgerichtsbarkeit etc.). Aber weiterhin unterlag deren Ausübung durch Nichtadelige in der Regel bestimmten Einschränkungen. [7] Denn die Herrschaft von Adeligen war zunächst einmal wenigstens faktisch autonom, nicht abgeleitet, und daher erblich. Eine Elite, die eine solche Herrschaft ausübt, nenne ich "adelige Elite". Darüber hinaus übten Adelige im Dienst von Königen, Fürsten, Kirchen oder Korporationen natürlich auch eine "fremde", "verliehene" oder delegierte Herrschaft aus – bis hin zu den adeligen "Staatsbeamten" des 19./20. Jahrhunderts. Aber erst ab 1789 setzte sich das Gewaltmonopol des Staates durch. Damit gingen dem europäischen Adel seine "eigenen" Herrschaftsrechte verloren, aus denen er einen Teil seines Selbstverständnisses bezogen hatte. Seine Berufung war es nämlich, selbst zu herrschen und / oder einem Höheren zu dienen. Körperliche Arbeit war dagegen stets verpönt, zunächst fast ebensosehr eine geschäftliche Aktivität außerhalb der Verwertung von Produkten, die auf eigenen Grund und Boden erzeugt wurden. Selbst Fernhandel galt, zumindest außerhalb Italiens, lange Zeit als mehr oder minder "unstandesgemäß". [8]

Der europäische "Adelsstand"

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Seit dem 11./12. Jahrhundert bildete sich der Adel nämlich als Stand im rechtlich-sozialen Sinne aus, als "Adelsstand". [9] Das heißt, er setzte sich von der übrigen Bevölkerung ab durch eine besondere, ihn verpflichtende Lebensweise (siehe <6-8>) sowie durch erbliche und rechtlich fixierte Privilegien, die ihm meist, aber nicht allesamt durchgängig und nicht immer exklusiv zustanden: 1. Ehrenvorrechte (besondere Anrede bzw. Titel, ein bevorzugter Platz in der Kirche, Wappen etc.), 2. Privilegien jurisdiktioneller Art (Standesgerichte, weder Folter noch "unehrenhafte" Strafen), 3. Monopole auf bestimmte Herrschafts-, speziell Gerichtsrechte, weitgehend auch auf höhere Ämter im fürstlichen oder kirchlichen Dienst oder auf gewisse Formen des Grundbesitzes (Lehen, Rittergüter) samt dem Jagdrecht auf fremdem Grund, 4. besondere erbrechtliche Normen (Bevorzugung des Erstgeborenen, Fideikommisse), die das adelige Familienvermögen in vielen europäischen Ländern über lange Zeiträume zusammenhielten, 5. Befreiung von staatlichen Lasten (wie Steuern, Fronen, Einquartierungen oder dem persönlichen Milizdienst). [10]

Adelsehre und Adelsfamilie

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Schließlich stand seit dem Hochmittelalter nicht mehr die Sippe im Vordergrund, sondern das "Adelshaus", immer häufiger mit patrimonial-linearer Erbfolge. Denn der Adel bestand nicht aus Individuen, sondern aus "Familien", genauer aus "gentes", eben "Geschlechtern" bzw. "Häusern". Unter anderem wurde damit auf einen tatsächlichen oder fiktiven "Stammsitz" der Familie bzw. einen "Stammvater" hingedeutet. [11] Andererseits erhoben nun Monarchen Personen für bestimmte Verdienste in den Adelsstand. Für die nachfolgenden Generationen konstituierte die – oft hingebungsvoll gepflegte – kollektive Erinnerung an den oder die großen Ahnen in beiden Fällen das Bewusstsein, etwas Besseres zu sein oder zumindest sein zu sollen. [12]

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Diesen Anspruch dokumentierte schon ein Ehrerbietung erheischendes Äußeres: wertvoller Schmuck, luxuriöse Kleidung (entsprechend frühneuzeitlichen Kleiderordnungen), Perücke usw. Man aß nicht, man speiste – nach Möglichkeit Herrenspeisen (Edelfische, Wild) – mit edlem Geschirr, nicht auf einfachen Holztellern, man ging nicht, man ritt aus usw. Ostentativer Konsum prägte die Architektur und das Innere der Wohngebäude ebenso wie die Teilnahme an bestimmten städtischen oder höfischen Vergnügungen. [13] Schließlich gehörte es zum Adel, nicht nur den eigenen Rang zu wahren, sondern nach Möglichkeit eine Rangerhöhung zu erreichen.

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Entscheidend für den (Vor-)Rang einer Adelsfamilie war zunächst einmal deren Alter, sozusagen das von den Vorfahren kumulierte "symbolische Kapital der Ehre" (P. Bourdieu). Ihm sollte jedoch jede Generation möglichst viel hinzufügen. Was "ehrenhaftes Verhalten" meinte, ergab sich anfangs aus dem Ehrenkodex des Rittertums, als eines Produkts der höfischen Laienkultur des Hochmittelalters. [14] Auf die Vermittlung derartiger adeliger Werte war die ganze Erziehung und Ausbildung des adeligen Nachwuchses gerichtet. Speziell für die männliche Jugend gab es dazu seit dem 16. Jahrhundert mehr oder minder exklusive Bildungseinrichtungen. [15] Das Idealbild des Höflings änderte seit dieser Zeit mehrfach seine Form. Was aber blieb, war das allgemeine Prinzip, dass ein Adeliger die eigene Ehre, noch mehr die seiner Familie, notfalls mit Gewalt verteidigen sollte. [16] Außerdem hatten Männer wie Frauen, mit Blick auf das Familienvermögen und die Vererbung adeliger Tugenden, der Familie ihr eigenes Interesse unterzuordnen, insbesondere in Fragen einer eventuellen Heirat. [17] Prinzipiell war der Adel endogam.

"Ständischer Adel"

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Ebenfalls seit dem Hochmittelalter konstituierte sich der Adel als Stand im politischen Sinn. Ich nenne ihn in dieser Funktion "ständischen Adel". [18] Fast überall in Europa entstanden nämlich ständische Korporationen, die auf Reichs- oder Landtagen mehr oder minder häufig und mit größerem oder geringerem Erfolg politische Mitsprache praktizierten. Eine Adelskammer fehlte dabei fast nie, auch nicht in der späteren Entwicklung. [19] In einigen Fällen (Polen, Venedig) beherrschte der Adel eine "Republik" sogar praktisch ausschließlich. Noch die konstitutionellen Monarchien des "langen" 19. Jahrhunderts besaßen überwiegend adelig besetzte Oberhäuser, die bei der Legislative mitwirkten.

Europäische Strukturen und Verflechtungen der Adelswelt

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Der "europäische" Adel war "europäisch" durch seine Strukturen und Verflechtungen. Strukturell zerfiel er seit dem Mittelalter in einen Hoch- und einen Niederadel, ohne dass die Zuordnung im Einzelfall immer leicht zu treffen wäre. [20] Seitdem bildete sich eine Titelhierarchie aus, die sich über den ganzen Kontinent, wenn auch nach Nord- und Osteuropa mit Verspätung, verbreitete: Herzöge, Markgrafen, Grafen, Freiherren etc. Nur in Polen blieb die rechtliche Gleichheit im Adel äußerlich, mit Blick auf Titel, weitgehend erhalten. Dabei prägten sich gerade hier – wie etwa auch in Ungarn oder Spanien – die Besitzunterschiede zwischen einer Handvoll Magnaten und der Masse eines besonders zahlreichen Kleinadels extrem aus. [21]

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Teilweise unabhängig von der Rangfrage aber zeichnete sich der Adel durch ein hohes Maß an geographischer Mobilität aus. Schon im Mittelalter führten die Kreuzzüge viele Ritter in ferne Länder, in der Frühen Neuzeit gingen zahlreiche junge Edelleute auf Kavalierstour. [22] Adelige dienten als Offiziere, aber auch als zivile Amtsträger fremden Fürsten – nicht nur wenn sie sich aufgrund der politischen Verhältnisse in ihrer Heimat zur Emigration veranlasst sahen. Da Adel grundsätzlich Zutritt bei Adel hatte, entstanden so vielfältige Kontakte, die zu Ehen führen konnten. Der Hochadel, gar die Dynasten, suchten sich ihre Heiratspartner ohnehin gern außerhalb der eigenen Region bzw. des eigenen Landes, da sie auf Ebenbürtigkeit achteten. So entstand ein europaweites Netz an Heiratsverbindungen, das nur im 18. / 19. Jahrhundert vielleicht ein wenig ausdünnte. [23] Einzelne Herrscherfamilien sind jedoch wahrlich als "europäische" Dynastien anzusprechen. So haben die meisten Länder Europas irgendwann einmal einen Habsburger oder eine Habsburgerin auf ihren Thronen gesehen.

Die Merkmale des europäischen Adel

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Zusammengefasst lässt sich der "europäische Adel" somit als eine Herrschaft ausübende "adelige Elite" mit vielfältigen Funktionen beschreiben, als ein hierarchisierter sozialer und politischer "Stand" mit besonderen Ehrbegriffen, Verhaltensweisen, (Erziehungs-)Idealen, familiären Normen, relativem Reichtum und entsprechend standesgemäßem Aufwand, der geographisch vergleichsweise mobil und daher an der Spitze über große Entfernungen hinweg verflochten war.

Adel an der Peripherie Europas: Das russische Bojarentum

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Russland – das Moskauer Reich – war vor dem 18. Jahrhundert praktisch weder in derartige dynastische Verflechtungen einbezogen, noch besaß sein Adel europäische Strukturen. Das Land hatte anscheinend von Anfang an nur einen Dienstadel, an der Spitze Bojaren, die – einzeln oder in Gruppen – vom Herrscher zu dessen Beratung berufen wurden ("Bojarenduma" ist freilich ein späterer Begriff !). Solange sie, mit ihren Erbgütern, zwischen verschiedenen dienstgebenden Fürsten wechseln konnten, war ihre Position noch relativ stark, wenn auch nicht so stark wie in Kiew oder Nowgorod. Aber ihre interne Konkurrenz, ihre häufige Versetzung an verschiedene Orte, die Expansion des Moskauer Reiches und das Prinzip der Erbteilung schwächten sie. Auch war ihre Herkunft „internationaler“ Natur: Die Moskauer Bojaren entstammten nämlich teils den alten Gefolgschaftsleuten der Zaren, teils den Herrscherfamilien bzw. einem Teil der vornehmen Dienstmänner der seit dem 14. Jahrhundert angegliederten Fürstentümer. Über ihre bäuerlichen Gemeinschaften herrschten sie, ohne dass die Zentralgewalt dies – bis ins 19. Jahrhundert hinein – effektiv zu kontrollieren vermochte. Sie bildeten also eine in sich hierarchisierte, multifunktionale, auf lokaler Ebene herrschende "adelige Elite", jedoch keinen anerkannten "Adelsstand". Denn der Bojarenrang pflegte zwar, nach einer gewissen Dienstzeit, an Mitglieder von Bojarenfamilien verliehen zu werden, war aber nicht direkt vererbbar. Natürlich geboten diesen Kreisen Familientradition und der Wille der Herrscher den Dienst für den Zaren. Dieser quasi-erbliche "Dienstadel" umfasste 1681 vermutlich knapp 0,6% der Bevölkerung. Er besaß jedoch nur wenige und eher gewohnheitsmäßig als rechtlich gesicherte Privilegien. Denn auch die Bojaren hatten ihre Stellung und ihr Vermögen spätestens seit Iwan IV., der die Erb- den Dienstgütern anglich, ausschließlich den autokratischen Zaren zu verdanken. Selbst in Zeiten der Unsicherheit, ab 1610 und 1648/49, gelang es ihnen nicht, eine dauerhafte ständische Mitsprache zu etablieren. Der letzte Inhaber eines Bojarenrangs starb 1750. [24]

Eine "europäische" Elite für Russland: Der petrinische Adel

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Zar Peter I. hatte nämlich 1722 eine neue Rangtabelle erlassen: Alle militärischen Ränge ab dem Fähnrich und alle höheren zivilen Ämter verliehen den Erbadel, alle niedrigeren zivilen Stellungen ab dem Kollegienregistrator den persönlichen Adel. Die Höhe des Ranges bestimmte die Privilegien, auch wurden eine "europäische" Titelhierarchie eingeführt und damit erstmals Nobilitierungen (mit Titeln wie "Graf") vorgenommen. Doch der militärische und zivile Staatsdienst war noch wenig personalintensiv. So rekrutierte sich das Offizierskorps zunächst weiterhin zu über 80% aus dem Erbadel als einer mächtigen, aber nicht abgeschlossenen "Herrschaftsklasse". Zumindest anfänglich stärkten die Reformen die alten Bojarenfamilien damit sogar. 1762 wurde der Adel von der Dienstpflicht befreit (was nur eine Minderheit nutzte) und seitdem offiziell mit Privilegien ausgestattet wie dem Monopol auf den Besitz von Land und nunmehrigen Leibeigenen. So entstand erstmals ein russischer "Adelsstand", dessen Rechte jedoch erst in den 1830er Jahren – unvollständig – kompiliert wurden. An der "Gesetzgebungskommission" von 1766/68 und an den 1785 "von oben" eingerichteten Korporationen, die auf Gouvernements- und Kreisebene gewisse Mitwirkungsrechte und -pflichten erhielten, wurde er maßgeblich beteiligt. Das war der Ansatz eines vom Adel indes wenig genutzten politischen Ständewesens nach westlichem Vorbild. Es wurde ab 1864 weiter ausgebaut, allerdings unter Einbeziehung von Zensus-Kriterien. Aber nach der Aufhebung der Leibeigenschaft 1861 verkaufte ein Großteil des Adels – durch die Ausweitung des Staatsdienstes verfügte Russland nun über rund 1% Erb- und 0,5% Personaladelige – seinen Grundbesitz. Damit war zwar nicht zwangsläufig ein ökonomischer Abstieg verbunden, denn oftmals wurde das Geld in lukrative Geschäfte investiert. Aber das Standesbewusstsein schwand. Mit der Einrichtung der Staatsduma, eines nationalen Parlaments, ab 1906 erhielten die führenden Kreise, darunter vor allem ab 1907 viele Adelige als Gutsbesitzer, erstmals eine formelle Beteiligung an der Staatsmacht, nachdem die Ansätze im 17./18. Jahrhundert gescheitert waren. Diese war jedoch eher theoretischer Natur, denn die Dumaversammlungen wurden mehrfach aufgelöst, u. a. weil sich die Großgrundbesitzer heftig gegen eine Demokratisierung wehrten. Nun hatte Russland also in gewissem Sinne einen "europäischen Adel". Aber der war innerlich gespalten – bis ihn der aus einer Beamtenadelsfamilie stammende Lenin 1917 abschaffte. [25]

Adel in Südosteuropa

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Der Südosten des europäischen Kontinents begann sogar erst im 19. Jahrhundert, adelsgeschichtlich gesehen, nach Europa "hineinzuwachsen". Zwar besaßen etwa Bulgaren oder Serben im 13./14. Jahrhundert "adelige Eliten", die sich mit denjenigen anderer europäischer Länder vergleichen ließen. Diese Strukturen wurden jedoch durch die osmanischen Eroberungen des 14./15. Jahrhunderts zerstört. Die als wirtschaftliche Basis der christlichen Adelsfamilien dienenden Güter übertrug man meist der türkischen Provinzkavallerie in Form von Pfründen. Aus diesen Gründen hatten Serben und Bulgaren (anders als die islamisierten Bosnier) bis zum 19. Jahrhundert praktisch keine eigene Führungsschicht mehr. Ein "europäischer" Adel war hier eine – mitgliederschwache – Schöpfung der neu gegründeten Königreiche. [26]

Das Osmanische Reich in seiner Blütezeit: ein Imperium ohne Adel

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Im gesamten Osmanischen Reich vermochte sich ein Adel in dieser Form auch deshalb nicht auszubilden bzw. zu behaupten, weil das osmanische "Timar-System" lange Zeit weder Erblichkeit noch Standesprivilegien kannte. Zwar hatte es in "alttürkischer" Zeit offenbar eine Führungsschicht gegeben, für die etwa spezielle Bestattungsriten üblich waren, [27] und die Seldschuken besaßen, unterhalb der Ebene der "Fürsten" (arab. Emir bzw. Amir, türk. Beg bzw. Bey), eine grundbesitzende Oberschicht. Aber bei der Expansion des osmanischen Emirats von einem Kleinfürstentum zu einem mächtigen Sultanat wurden die eroberten Ländereien nur zum Teil und als größenmäßig nach Rang gestaffelte Pfründen an die Mitglieder und Militärs, später auch an die Zivilbeamten der Osmanendynastie vergeben ("Timar" war zunächst die Pfründe eines Mitglieds der schweren Reiterei). Die Inhaber zahlten keine Steuern und erhielten von den Bauern eine festgesetzte Rente, übten über sie jedoch keine sonstigen Rechte aus. Mehmet der Eroberer reduzierte schließlich durch eine "Bodenreform" den Anteil des vererbbaren Privateigentums auf kaum mehr als 5-10% der Nutzfläche des Reiches. Die Pfründen aber, die weder verkauft, verschenkt noch vererbt, dafür jederzeit widerrufen werden konnten, erhielten meritokratische Würdenträger, die großenteils besitzlos und völlig vom Sultan abhängig, ja oft via Serailschule aus der "Knabenlese" hervorgegangen waren. Sie waren demnach "internationaler", aber vielfach keineswegs adeliger Herkunft. Ein Teil von ihnen bildete den Reichsrat (dīwān), der indes den wahrhaft absoluten Herrscher lediglich beraten konnte. Ein Adel existierte zur Blütezeit des Osmanischen Reiches also weder im Sinne eines rechtlich noch eines politisch privilegierten, sondern allenfalls in Form eines "inoffiziellen" Standes. Auch die zahlreichen Nachkommen des Propheten können nicht als "adelige Elite" gelten. [28]

Ansätze zur Adelsbildung im späten Osmanenstaat

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Das Timar-System begann sich seit dem Ende des 16. Jahrhunderts, verschiedener Reorganisationsversuche zum Trotz, indes langsam aufzulösen; aufgehoben wurde es allerdings erst 1831. Zunehmend gebärdeten sich die Großwürdenträger als Eigentümer und erweiterten ihren Besitz – auch auf Kosten der (zum Teil aufgeteilten und durch die Inflation entwerteten) Timare. Die Praxis der "Knabenlese" verfiel, Korruption und Ämterkäuflichkeit griffen um sich. Gebürtige Türken hatten nun in der Regel die höchsten Positionen inne, aber die Zentralgewalt verlor trotz dieser ethnischen Homogenisierung von Spitzenbeamtenschaft und Generalität an Einfluss. Die Macht ging im 18. Jahrhundert auf "Talfürsten" und lokale erbliche Feudalherren über, denen nunmehr schollengebundene Bauern Frondienste schuldeten. Schließlich berief die Regierung sogar eine "Reichsversammlung" aus den Kreisen dieser "adeligen Elite" ein. In ihr wurde 1808 ein Dokument unterzeichnet, in dem der Sultan als Gegenleistung für eine gewissen Unterordnung die Stellung der Notabeln verbriefte. Eine Palastrevolte beendete diese Ansätze zur Bildung eines "Adelsstandes" und eines "ständischen Adels". 1818 wurden die Frondienste abgeschafft, in den 1820er-Jahren die Notabeln mit Gewalt unterworfen. Die folgende "Neuordnung" (tanzimat) orientierte sich dann zwar an europäischen Vorbildern. Aber dass das nach der Verfassung von 1876 eingerichtete Parlament (das überdies schon 1878 wieder aufgelöst wurde) neben dem Abgeordnetenhaus einen "Rat der Notabeln" bzw. "Senat" bekam, dessen Mitglieder allein der Sultan bestimmte, zeigt, dass es keinen Adelstand gab, auf den er glaubte, Rücksicht nehmen müssen. [29]

Die indischen Kshatriyas – eine "adelige Elite" mit begrenztem Ansehen

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Ein wesentlich komplexeres Bild zeigt die Geschichte Indiens. Der freilich keineswegs unumstrittenen Theorie von Louis Dumont zufolge, waren die vier Varna in der Frühzeit Stände. Zu ihnen gehörte ein Stand der Kshatriyas (Krieger, wörtl. "Leute des Reichs"), der sich in einen fürstlichen Hochadel und einen diesem untergeordneten Niederadel teilte. Er übte Herrschaft aus, indem er etwa Abgaben von den Dörfern bezog, wobei er vielleicht schon früh in rivalisierende Clans zerfiel. Dieses Varna-System wurde aber überlagert von dem eigentlichen, regional freilich höchst unterschiedlich ausgeprägten Kastenwesen (jāti), das nach den Abstufungen der religiösen Reinheit aufgebaut war. Dass in beiden sozialen Hierarchien die Brahmanen (Priester) an der Spitze standen, zeige – so Dumont –, dass in Indien das soziale Ansehen stark von der Verteilung der Macht differierte. Zwar bildete auch in Europa traditionell der Klerus den "Ersten Stand". Aber während hier seit dem Mittelalter die höchsten geistlichen Würden von Adeligen besetzt wurden, waren die Kasten bzw. Unterkasten durch Endogamie und verschiedene Kontaktverbote (z. B. bei der Nahrungsaufnahme) strikt, wenn auch nicht ausnahmslos von einander getrennt. Status und Macht, geistig-geistliche und weltliche Autorität waren nur dadurch verbunden, dass die Macht der Kshatriyas den Brahmenen untergeordnet sein (und dadurch legitimiert werden) sollte. Auch wenn es dann in der Praxis umgekehrt gewesen sein mag – die polygam lebenden, Fleisch essenden und damit ziemlich "unreinen" Kshatriyas waren eine "adelige Elite". Aber ihre soziale Funktion war viel begrenzter als bei ihrem mittelalterlichen europäischen Pendant. [30]

Adelsstrukturen in den frühen hinduistischen Großreichen

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Im Maurya-Reich als dem ersten Großreich der indischen Geschichte scheinen die Kshatriyas in hohem Maße vom Königtum abhängig geworden zu sein. Ähnlich dürfte es im Kerngebiet des Gupta-Reiches ausgesehen haben. An dessen Rändern jedoch gab es Fürsten, die zu Tributen und zur persönlichen Hoffahrt verpflichtet waren und sich in der Folgezeit zu Herrschern bzw. Vasallen der verschiedenen Nachfolgereiche entwickelten. Seit dem 7. Jahrhundert n. Chr. fehlte es nämlich an einer effizienten Zentralgewalt. Waren bis dahin hohe Beamte noch durch feste Gehälter entlohnt worden, erhielten sie nun, wie die mit Ämtern und Würden ausgestatteten "Grenzfürsten", die den Gupta-Kaiser umgaben, die Steuereinnahmen von Dörfern bzw. ganzen Distrikten übertragen. So zerfiel das Reich in lose verbundene, sich oft bekriegende Fürstentümer. In ihnen entwickelte sich neben den neuen Regionalkönigen nun ein Feudaladel ohne einheitliche Titel bzw. Hierarchie, aber mit erblichem Status. Diese Adeligen sprachen Recht, schützten die Bevölkerung durch eigene Truppen und erhoben Steuern. Gegenüber ihren Königen waren sie zu regelmäßigen Tributzahlungen, gegebenenfalls zur Truppenstellung und bei bestimmten Anlässen zum Hofbesuch verpflichtet, hatten dafür aber auch gewisse Mitwirkungsrechte bei der Thronfolge. Sie konnten ihre Lehen regelmäßig vererben. Selbst wenn einem von ihnen – etwa wegen Verrats – sein Lehen genommen wurde, übertrug man es meist an ein anderes Familienmitglied. Die indische Gesellschaft nahm also Züge an, die sich durchaus mit jenen der hochmittelalterlichen europäischen Ständebildung vergleichen lassen. Bei einem Teil der Kshatriyas, den Rajputen in Rajasthan, entwickelte sich sogar eine Art Ritterkultur von großer Ausstrahlung auf ganz Nordindien. [31]

Der Adel in den islamischen Reichen Indiens

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Ähnlich wie auf dem Balkan wurde diese Entwicklung in Indien durch den Einfall des Islam abgebrochen. In dem turko-afghanischen Sultanat von Delhi (1206-1525) vermochten sich Hindu-Eliten nur noch auf dem flachen Land zu behaupten. Die Herrschaftsschicht auf der Zentral- und Provinzialebene bildete der muslimische "Schwertadel", dessen Mitglieder ganz unterschiedlicher, großenteils aber türkischer Abkunft waren. Er wirkte entscheidend mit bei der Expansion des Reiches, der Abwehr mongolischer Invasionen, der Unterdrückung von Rebellionen und auch in Fragen der Thronfolge. Praktisch alle Sultane stammten aus seinen Reihen, mehrere waren ursprünglich sogar Sklaven gewesen, die zu hohen Ämtern aufgestiegen und schließlich auf den Thron gelangt waren. Im Grunde handelte es sich nämlich bei dem "Schwertadel" um einen bloßen, allerdings mächtigen Dienstadel, eine Kreation der einzelnen Dynastien bzw. Sultane, dessen Personal mit diesen großenteils wechselte. Durch sein Mäzenatentum und seinen reichen Landbesitz spielte er eine wichtige kulturelle und ökonomische Rolle. Aber der einzelne Adelige hatte keinen gesicherten rechtlichen Status, sondern nur ein Amt und besaß seine Lehen theoretisch nur auf Zeit. Faktisch wurden die Pfründen unter schwachen Herrschern, ähnlich wie bei den späten Osmanen, allerdings erblich. [32]

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Mit der Eroberung Indiens durch Baber änderte sich daran strukturell nicht viel. Natürlich bestand der Adel der ersten beiden Mogul-Kaiser ganz überwiegend aus Turaniden. Da diese aber großenteils auf ihre eigene timuridische Abstammung pochten, Erbprivilegien besaßen und sich als wenig loyal erwiesen, zog Akbar der Große zunehmend andere Kräfte zur Regierung heran: emigrierte schiitische Perser, Usbeken, indische Sunniten und sogar hinduistische Rajputenadelige bzw. -fürsten. Der indische Lokaladel der Zamindars (Grundherren) wurde erstmals teilweise integriert, teilweise aber vernichtet. Die Pfründen ließ Akbar vorübergehend einziehen, vermessen und neu verteilen. Alle Ämter wurden nach einem ausgeklügelten Zahlensystem klassifiziert, das den Status bzw. die Gehaltsgruppe sowie die Größe des zu stellenden Kavallerieregiments bezeichnete. Dieses meritokratisch ausgerichtete System verhinderte aber nicht, dass in der Folge die Selbstrekrutierung innerhalb dieses Beamtenadels und die Häufigkeit der Vererbung von Pfründen wieder zunahmen. Gleichzeitig entwickelte sich der Adel von einer militärischen Gefolgschaft in Richtung auf einen kultivierten Hofadel. Dabei festigte er insgesamt seine Position, indem nun bei den Thronkämpfen die unterlegene Partei regelmäßig schnellen Anschluss an den neuen Herrscher fand. Es gab also Ansätze zur Ausbildung eines "Adelsstandes" – jedoch niemals eines "ständischen Adels". Dazu war die ethnische wie religiöse Heterogenität zu groß. Überhaupt geriet das System aus dem Gleichgewicht, als Shah Jahan und sein Sohn Aurangzeb im Zusammenhang mit ihren jeweiligen Eroberungskriegen die Zahl der bepfründeten Amtsinhaber stark vermehrten und neue Elemente aus dem Süden einbezogen. Damit sanken die Einnahmen der einzelnen Pfründeninhaber. Zudem erwies sich mit dem Vordringen der Feuerwaffen die Organisation des Mogulheeres zunehmend als unzeitgemäß. Nach dem Tod des orthodox-islamistischen Kaisers Aurangzeb (1707), der immer mehr die Kontrolle über seinen zunehmend gespaltenen Adel verloren hatte, begann sich das Reich aufzulösen. [33]

Elitentransformation unter britischer Kolonialherrschaft

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Schließlich unterstellten die Briten die ziemlich selbstständig gewordenen Regionalfürsten (Maharadschas) ihrer mehr oder minder indirekten Kontrolle. Sie belohnten sie und manche Großgrundbesitzer jedoch nach 1857 für erwiesene Loyalität, stärkten ihre Position jedenfalls faktisch und suchten eine Art Vasallenverhältnis zwischen ihnen und der neuen Kaiserin Victoria herzustellen. Gleichzeitig nahmen sie den zwischenzeitlich erstarkten Zamindars zumindest einen Teil ihrer obrigkeitlichen Funktionen, erklärten aber die bisherigen Grundherren, zumindest in Bengalen, zu steuerpflichtigen Grundeigentümern von verpachtetem Land. Auf dieser Ebene gab es in Indien seitdem also allenfalls noch eine "adelige Elite", die man vielleicht als eine Art "Gentry" charakterisieren könnte. [34]

Der Feudaladel der chinesischen Frühzeit

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Wie in Indien finden wir in China am Anfang – beginnend in der Shang-, ausgeprägt in der Zhou-Zeit – ein "feudales" System: eine durch eine Reihe von Titeln gegliederte Oberschicht, in der niedere Herren höheren gegenüber zu Hilfe- bzw. Tributleistungen verpflichtet waren, ihrerseits aber vielfach faktisch autonome Herrschaftsrechte innerhalb ihrer Lehen besaßen. Es gab also eine "adelige Elite". "Fürstendiener", "Herr" bzw. "Ritter" mit einem Clannamen (shi) scheint ursprünglich gewesen zu sein, wer auf einem Streitwagen kämpfte. In den Kriegen der "Streitenden Reiche" (481-256 v. Chr.) – Lehensfürstentümern, die zu unabhängigen "Staaten" geworden waren – ruinierte sich ein Großteil dieser Adelsfamilien, die sich auf einen göttlichen Ahnen zurückführten. Schon in dieser Zeit bedienten sich die herrschenden Kreise jedoch einer neuen Gesellschaftsgruppe, der "Gelehrten" – gemeint sind Ritualfachleute wie Konfuzius. Auf sie wurde das Wort "shi" schließlich übertragen. [35]

Die chinesische "Gentry"

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Denn konfuzianische, aber vom Legalismus beeinflusste "Gelehrte" sollten schließlich – durch Schriftkenntnis, Amtssprache und gemeinsame Wertvorstellungen – zur bürokratischen und kulturellen Trägerschicht jenes zentral regierten chinesischen Reiches werden, das der autokratische "Erste Kaiser" 221 v. Chr. gründete. Die inzwischen weiter entwickelte konfuzianische Lehre propagierte gewisse ethische bzw. meritokratische Prinzipien und eine universale patriarchalisch-hierarchische Ordnung. Sie kam daher den Bedürfnissen der größeren Grundbesitzer entgegen, die nach dem weitgehenden Ende des Lehenswesens auf lokaler Ebene den Ton angaben. Ebenso entsprach sie den Bedürfnissen der Herrscher, die sich zu Regierungszwecken der Literaten-Beamten bedienten, freilich am Ast ihrer eigenen Legitimität sägten, wenn sie deren Grundvorstellungen verletzten. Denn die (zentrale) Beamtenschaft und die "lokale Gentry" standen in enger Beziehung, was nicht ausschließt, dass die Interessen zwischen "bürokratischer" und "lokaler Elite" partiell differierten. Ein Teil der Großfamilie lebte nämlich auf dem Stammgut. Der Clan sorgte aber dafür, dass begabte Söhne eine Ausbildung erhielten, damit sie in den meist weniger lukrativen als prestigeträchtigen Staatsdienst treten konnten (was natürlich nicht allen gelang). Schon die kindliche Dankbarkeit verpflichtete sie dann, im Interesse ihrer Familie zu wirken. Das Charakteristikum der "chinesischen Gentry" bestand also in der Verbindung von formalem Rang, regelmäßig erworben durch Bildung, und Vermögen, normalerweise in Form von Grund und Boden. Jedenfalls die Hauptlinien derartiger "Gentry"-Clans erhielten ihre Führungspositionen vielfach über Jahrhunderte, nicht nur in der Han-Zeit, sondern – freilich mit vielen, auch personellen Veränderungen – bis zur "Literarischen Revolution" (1917/19), d. h. der Abschaffung des Prüfungssystems sowie des administrativen und literarischen Monopols der klassischen Schriftsprache, bzw. bis zur "Bodenreform" der Kommunisten seit 1950. [36]

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Dennoch wird man höchstens bedingt von einer "adeligen Elite" sprechen dürfen. Die "lokale Gentry" lebte nämlich wesentlich von ihren Pachteinnahmen, verfügte aber über keine erblichen Privilegien, wenngleich ihr Angehörige etwa bei der Besteuerung oder in Kriminalfällen oft mit einer bevorzugten Behandlung rechnen konnten. Sie übte auch meist keine eigentliche Herrschaft aus (am ehesten wohl in der Song-Zeit), sondern kontrollierte aufgrund von Reichtum und Ansehen lediglich die lokalen Selbstverwaltungsorgane. Diese hatten zahlreiche Aufgaben wie Organisation von Bewässerungsarbeiten, religiöse Aktivitäten, Selbstverteidigung oder Vermittlung bei persönlichen Disputen. "Soziale Leistungen" wie die Patronage von Tempeln festigten das Prestige der "lokalen Gentry". Rechtsprechung und Steuererhebung lagen indessen regelmäßig in den Händen der (häufig versetzten) staatlichen Beamten. Nach der Zurückdrängung des alten Feudaladels wurden jedoch schon seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. spezielle Schulen gegründet und dort Examina für künftige Bürokraten eingeführt, wenngleich nicht obligatorisch für alle. Der Zerfall des Han-Reichs hatte damit zu tun, dass die regionalen Interessen der "Gentry" in den Vordergrund traten. Wegen des Vordringens der "Barbaren" aus dem Norden wichen viele Familien in den Süden aus, wo ihre Kultur im 6. Jahrhundert n. Chr. ihren Höhe- und Wendepunkt erlebte. Hier wird man für mehrere Jahrhunderte sogar von einem "Adelsstand" eher als von einer "Gentry" im oben genannten Sinne sprechen können. Die Macht lag nämlich bei einer Oligarchie etlicher hundert Sippen, die sich durch ihre Genealogien und einen eigenen Verhaltenskodex definierten, wobei die Gegensätze zwischen einer Beamten-Meritokratie aus Zuwanderern und den einheimischen Großgrundbesitzern mit der Zeit anscheinend abgebaut wurden. Im Norden hingegen herrschten zunächst nichtchinesische halbnomadische Eliten, von denen die turkstämmigen Tuoba-Wei ab 496 n. Chr. sogar viele Ämter für erblich erklärten. Doch versippte sich die nordchinesische "Gentry" bald mit diesen Eliten.

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Nach der neuerlichen Reichseinigung suchten die "halbchinesischen" Dynastien Sui und Tang die Loyalität der regionalen Adelsgesellschaften, deren Selbstverständnis und Ansehen als (auch moralische) Führungsgruppen ungebrochen waren, zu gewinnen. Die Schaffung neuer Bildungsinstitutionen und die Perfektionierung des Prüfungssystems vom 8.-13. Jahrhundert erlaubten es jedoch, verstärkt auf (nicht-erblich) qualifizierte "nationale" Beamte zu setzen. Die Bürokratie rekrutierte sich zwar schon wegen der vielfach hohen Kosten der Ausbildung auch weiterhin großenteils aus der "Gentry". Aber die Konkurrenz war nicht nur angesichts von deren Kinderreichtum groß. Auch aus anderen sozialen Schichten schafften, besonders unter den südlichen Song oder den späteren Ming, nicht wenige den Aufstieg. Zudem blieb die stets personalschwache Bürokratie, in der Tang-Zeit hierarchisch mit eigenem "Dienstland" ausgestattet, unter den Song im Reich endgültig dominierend, zwar von Steuer- und Konskriptionspflichten selbst befreit. Sie besaß jedoch offiziell keine eigene Entscheidungsgewalt. Diese übte – theoretisch – allein der Kaiser aus. Informell freilich vermochte die "Gentry" über die beamteten Familienmitglieder und Freunde einen erheblichen Einfluss auszuüben, unter Umständen bis in die Hauptstadt hinein. Von einem "Adelsstand" oder gar einem "ständischen Adel" war man in China seit der Song-Zeit jedoch weit entfernt, zumal ein Teil der Macht zu verschiedenen Zeiten bei den Eunuchen am Kaiserhof lag. [37]

"Chinesische Gentry" versus "adelige Fremdherrschaft"

<27>

Auch in Zeiten der "Fremdherrschaft" änderte sich diese Situation also nur bedingt. Die zentralasiatischen Eroberer, etwa die Dschurdschen, hatten freilich ihren Geburtsadel, der zunächst einmal die Spitzenpositionen – im militärischen Bereich praktisch vollständig – übernahm. Auch feudale Strukturen lebten nach Eroberungen regelmäßig wieder auf. Aber längerfristig wirkten zwei Faktoren entscheidend: 1. die zahlenmäßig Schwäche und kulturelle Unterlegenheit der Eroberer, die sich in dem Riesenreich verteilten und daher bald in der Masse der chinesischen Einwohner aufzugehen drohten, zumindest aber rasch (weiter) "sinisierten", 2. ihre administrative Unerfahrenheit, die sie auf die chinesischen Beamten angewiesen sein ließ. Mit anderen Worten: Ihre Herrschaft konnte auf Dauer nur stabil sein, wenn sie die Mitarbeit der alten chinesischen Elite gewann. Die "Gentry" war indes stets bereit, mit Eroberern zu paktieren, falls diese ihr wenn schon nicht die politische, so doch zumindest ihre ökonomische Macht beließen. [38]

<28>

Nur die Mongolen nahmen darauf wenig Rücksicht. Im Norden enteigneten sie viele chinesische Großgrundbesitzer. Zur Verwaltung des Reichs aber zogen sie vor allem privilegiert behandelte Angehörige zentral- und vorderasiatischer "Hilfsvölker" heran, daneben – jedenfalls in hohen Ämtern – nur wenige Chinesen, zumal aus dem Süden. Kein Wunder, dass unter den gegebenen Umständen viele Literaten den Staatsdienst mieden! Die daraus resultierenden Schwächen der "Gentry", vielleicht aber auch Ansätze wie die zeitweise Wiederbelebung der literarischen Examina führten dazu, dass sich vornehme Chinesen zunächst nicht an den ausbrechenden Aufständen beteiligten, ja sie sogar bekämpften. Diese richteten sich nämlich anfänglich allgemein gegen die Oberschicht insgesamt. Dem nachmaligen ersten Ming-Kaiser gelang es jedoch, eine Art "nationale Einheitsfront" zu bilden, die Fremden zu vertreiben und, obwohl er selbst niederer Herkunft war, die zum Teil personell erneuerte chinesische Elite ab 1368 in sein freilich nun stark absolutistisch geprägtes System einzubinden. Dieses System überstand letztlich auch die Eroberung Chinas durch die Mandschu und wurde vom Kangxi-Kaiser neu gefestigt(1644). [39]

Die Auflösung adeliger Strukturen seit der Spätzeit der Qing-Dynastie

<29>

Es ist interessant zu sehen, dass die am Kaiserhof damals anwesenden Europäer, namentlich die Jesuiten, von denen einige ja hohe Mandarinränge erreichten, die Bedeutung des Mandschu-Adels und der bald wiederum zahlreichen kaiserlichen Prinzen gering bewerteten. Für sie gab es im Reich der Mitte eigentlich nur einen, nichterblichen, sozusagen meritokratischen "Adel": die chinesischen Literaten-Beamten. Daraus lässt sich schließen, dass in China die gesellschaftliche Mobilität im späteren 17. und im 18. Jahrhundert deutlich größer gewesen sein dürfte als im zeitgenössischen Europa. [40] Die Stellung der mandschurischen Aristokratie wurde durch den Taiping-Aufstand (1850-1864) jedenfalls weiter geschwächt. Doch schon zuvor vermochte wohl nur die soziale und ethische Homogenität der Bürokratie, wie in der Song-Zeit, den kaiserlichen Absolutismus zu mildern. Erst die Niederlage im Krieg gegen Japan (1894/95) und das europäisch-amerikanische Vorbild bewirkten, dass 1909/10, unmittelbar vor dem Ende der Qing-Dynastie, ephemere Selbstverwaltungsorgane, insbesondere Provinzial-Landtage und ein "Vorparlament", gebildet wurden. Sie sollten Prinzen, Mandschu-Adeligen und Angehörigen der – auch durch Titelkauf – auf rd. 1,9% der Bevölkerung angewachsenen "Gentry" erstmals eine institutionalisierte politische Mitsprache erlauben. Doch war die alte Elite zunehmend politisch gespalten, (auch regional) fragmentiert und – durch den Aufstieg einer neuen Militärkaste, westlich orientierte Intellektuelle und politisierte "Gentry-Kaufleute" – diversifiziert. Trotz ihrer Auflösung lassen sich indes Traditionslinien von ihr bis zu den heutigen Eliten der Volksrepublik ziehen. [41]

Der altjapanische Hofadel

<30>

Japan folgte nur bedingt dem chinesischen Beispiel. [42] Von alters her war es ein Land mit zwei getrennten Adelsgesellschaften. Fassbar wird seit dem 6. Jahrhundert n. Chr., mit der "Kaiserdynastie" an der Spitze, ein patriarchalisch strukturierter Sippenverbund in Yamato, der Gegend des heutigen Nara. Er weitete seine politisch-religiöse Macht aus und integrierte dabei bis dahin autonom herrschende Clanführer Zentral- und Westjapans. Durch die offizielle "Verstaatlichung" des Grundbesitzes und die Verdrängung alter Sippen vom Hof wuchs im 7. Jahrhundert die Macht des Kaisertums. Doch auch danach beherrschten immer wieder einzelne hochadelige Clanführer die Kaiser und übten die eigentliche Macht aus. Zudem besetzten die Angehörigen des nunmehrigen Hofadels und der Provinzeliten weiterhin die entsprechend mit Reisland ausgestatteten militärischen und zivilen Führungsränge, wenngleich nun innerhalb einer nach chinesischem Muster gebildeten Hierarchie: Innerhalb der Kreise, die berechtigt waren, vor dem Tennō zu erscheinen, bezeichnete man nun die Magnaten in ihrer erblichen Funktion als Inhaber der höchsten Ränge als "Ki" (= adelig; vgl. <36> kizoku = Ki-Geschlecht). Die Inhaber mittlerer Ämter erschienen als "Tsuki" (= quasi- bzw. halbadelig) und dienten dem Kaiser direkt (z. B. als Präfekten) oder indirekt (im Rahmen der "staatsrechtlich" und ähnlich den Präfekturen organisierten riesigen grundherrschaftlichen "Haus"-Verbände der "Ki"). Trotz zahlreicher weiterer chinesischer Einflüsse setzte sich jedoch das Prüfungssystem für Beamte, das die Rekrutierungsbasis für die Inhaber von Machtpositionen wenigstens potenziell erweitert hätte, in Japan nie durch. [43]

<31>

So beherrschte in der Heian-Zeit (794-1185) der zahlenmäßig kleine, mit Erbtiteln ausgestattete Hofadel in Kooperation und Konfrontation mit dem Kaiserhaus das Feld. Er erwarb reiche Ländereien, insbesondere in der Umgebung der Hauptstadt Kyōto, besetzte zahlreiche hohe Ämter, hatte zeremonielle Aufgaben am Hof zu erfüllen und pflegte, vor allem durch hochkultivierte Damen, eine höchst ästhetisierte Lebensweise. Politisch hielt er bis ins 12. Jahrhundert das Heft in der Hand, indem er sich mit eigenen Truppen der Rebellionen regionaler Kriegerverbände zu erwehren wusste. Seit dem Gempei-Krieg (1180/85) begann dieser Adel jedoch langsam zu verarmen, verstärkt in der Muromachi-Zeit (1338-1573). Er wirkte kulturell stilbildend und war weiterhin hoch angesehen, wurde aber nun politisch zunehmend bedeutungslos und übte kaum mehr eigene Herrschaft aus. Denn auch die Kaiser spielten, nach einem gescheiterten Versuch, die alleinige Macht zurückzugewinnen (1333/36), bis zur Meiji-Restauration (1868) endgültig fast nur mehr noch eine religiös-rituelle Rolle – abgesehen davon, dass sie von Zeit zu Zeit benötigt wurden, um eine neue politische Machtverteilung insbesondere durch die Vergabe eines Shōgunats zu legitimieren. Der Hofadel war also maximal bis zum 14. Jahrhundert eine "adelige Elite", danach, in relativ strenger Endogamie, auch noch ferner ein "Adelsstand", aber sicherlich kein "ständischer Adel" – wenn es eine institutionalisierte ständische Mitsprache des Hofadels jemals gegeben haben sollte. [44]

Der Aufstieg einer "zweiten Adelsgesellschaft": die Samurai

<32>

Der Abstieg des Hofadels hing zusammen mit dem Aufstieg einer anderen Adelsformation. Bewaffnete Reiterkrieger, die gleichzeitig selbst wirtschaftende Grundbesitzer waren, gab es schon in der Yamato-Epoche, in der zeitweise eine Art "allgemeine Wehrpflicht" bestand. In der Heian-Zeit setzte die Regierung jedoch eher auf zunehmend professionelle Eliteeinheiten, gebildet aus Söhnen und Brüdern von Beamten und anderen angesehenen Leuten. Diese Krieger entwickelten sich zu regelrechten Grundherren, indem sie sich Bauern dienstbar machten. Teilweise profitierten sie dabei – wie der Hofadel – von der "Reprivatisierung" verstaatlichten Landes. Darüber hinaus erschlossen sie als Rodungsherren bzw. Großbauern Neuland, das seit 743 in ihr Eigentum überging und schließlich sogar von Steuern befreit wurde. Aus ihnen, aber auch aus Angehörigen verschiedenster sonstiger Herkunft, entstand um 950 eine identifizierbare sozio-ökonomische und militärische Gruppe, zusammengeschlossen in gesonderten Verbänden mit eigener Binnenhierarchie und speziellen Ehrbegriffen: die Bushi ("Krieger-Gelehrte", "Gentleman-Ritter"), heute gern als "Samurai" (eigentlich: "Diener") bezeichnet. Meist geführt von Abkömmlingen der alten Eliten mochten sie Räuberbanden darstellen, im Dienst von hohen Beamten als Inhaber zunehmend erblicher kleinerer Ämter Steuern eintreiben oder mächtigen Grundherren in deren Privatarmeen dienen. Schließlich griffen sie immer mehr in die Machtkämpfe am Hof ein. [45]

Die Samurai als "adelige Elite" vom 12.-16. Jahrhundert

<33>

Noch während des Gempei-Krieges ließ sich Minamoto Yoritomo vom Kaisertum das Recht übertragen, Ämter und Lehen zu vergeben. Nachdem er sich gegen das rivalisierende Geschlecht der Taira durchgesetzt hatte, begründete er ein Shōgunat, d. h. er wurde, formal untergeordnet, faktisch eher neben dem Kaiser und dessen Hof, offiziell ziviler und militärischer Machthaber in Japan. Als solcher schuf er eine Art Militärregierung (bakufu) mit einem Amt, das für die Angelegenheiten seiner Vasallen zuständig sein sollte. Damit wurde die rechtliche Trennung von "Volk" und Samurai eingeleitet. Letztere stellten von nun an die "nationale" Machtelite dar: von Infanteristen begleitete Reiterkrieger mit vornehmer Herkunft und Einkommen aus Grundbesitz. In dem entstehenden "Adelsstand" der Samurai bildete sich eine Hierarchie (Hauptvasallen – Aftervasallen) mit einem eigenen Kriegerethos heraus. An die Stelle der älteren Sippen traten patriarchalisch regierte "Häuser", kleinere Familienverbände mit eigenen, von deren Stammsitzen abgeleiteten Namen und statusorientierten Heiratsstrategien. Das alles erinnert stark an die etwa gleichzeitige Entwicklung des europäischen Rittertums. Auch die Samurai erfuhren eine religiöse Prägung, freilich nicht als "christliche Streiter" (mit Heidenkampf, Minnedienst usw.), sondern durch den Zen-Buddhismus im Sinne von Willensstärke, Askese und "stoischer" Todeserwartung. Die mit vielen Opfern verbundene Abwehr der Mongolen-Invasionen (1274/81) leitete allerdings eine neue Dezentralisierung der Macht ein, die ab 1467 in einem rund hundertjährigen "Kampf der Provinzen" kulminierte. Erbliche Militärgouverneure oder erfolgreiche Heerführer etablierten sich als Daimyō ("großer Name"). Mit Hilfe älterer oder unterworfener neuer Vasallen und in wechselnden Bündnissen suchten sie ihre autokratisch regierten Territorien auf Kosten ihrer Nachbarn auszuweiten. Treue und Verwandtschaft galten da nicht mehr viel, entscheidend war die Macht des Schwertes. Nunmehr nicht nur die wichtigste, höchst wertvolle Waffe, sondern "auch ein Statussymbol und materieller Ausdruck einer elitären geistig-moralischen Disposition" (W. Schwentker) wurde das Schwert zur "Seele des Samurai". Im 16. Jahrhundert verloren die Samurai indes ihre Autonomie, sie wurden ihren Daimyō hierarchisch untergeordnet. Aber gleichzeitig wurden sie endgültig zu einem "Adelsstand". [46]

Vom Krieger- zum Verwaltungsstand: die Samurai in der Edo-Zeit

<34>

Schon der zweite der drei "Reichseiniger", Hideyoshi, legte die Grundzüge der neuen Ordnung fest. Mit den "Schwertjagden" von 1588/90 verloren alle Angehörigen des "gewöhnlichen Volks" (heimin) ihre Schwerter, Lanzen und Musketen. Das Privileg der "zwei Schwerter" (Kurz- und Langschwert) zeichnete von nun an die Samurai ebenso exklusiv aus wie bald das Vorrecht des Familiennamens, in differenzierter Form etwa auch der Haarknoten oder eine bestimmte Kleidung. In der Edo-Zeit (1603-1868) pflegten sie, getrennt von den anderen Ständen (Bauern, Handwerkern und – nach konfuzianischer Tradition zuunterst – Kaufleuten) in der Nähe der Burg ihres Herrn zu wohnen, wobei sich Größe, Gestaltung und Standort der Wohnhäuser nach dem jeweiligen Status bemaßen. Hideyoshi hatte das Land neu verteilt. Die Daimyō hatten, je nach erwiesener Treue, Lehensterritorien erhalten und vergaben ihrerseits Lehensland an ihre Samurai-Vasallen entsprechend deren Rang. Im Tokugawa-Staat kontrollierten die Shōgune rund ein Viertel des (Reis-) Landes mittels kleiner Vasallen direkt. Fast der gesamte Rest war auf rund 240-300 große Lehensgebiete verteilt, und zwar in hierarchisierter Form, so dass etwa als Daimyō galt, wer über mindestens 10.000 koku (1 koku = ca. 180 l Reis) Ertragsland verfügte. In ihren Lehensgebieten konnten die Daimyō weitgehend autonom herrschen – aber nur, sofern sie dem Shōgun gegenüber loyal blieben. Das wurde u. a. dadurch sicher gestellt, dass sie regelmäßig in Edo, am "Amtssitz" des Shōgun, mit ihrem Gefolge Residenz beziehen mussten. Ebenso wie die Abschließung Japans ab 1639, die dem Shōgunat ein lukratives Außenhandelsmonopol bescherte, schwächte das die Daimyō auch ökonomisch. Beide Seiten aber trugen schwer an der Last der Besoldungen für ihre Samurai. [47]

<35>

Zu den Samurai zählten nämlich 5-7% der Bevölkerung, um 1850 mithin rund 1,5, vielleicht sogar 2 Millionen Menschen. Ihre Ländereien durften sie nicht mehr selbst bebauen, Handelstätigkeit war ihnen versagt. Ihrem Rang, d. h. ihrem Lehen (bestehend aus einem Stück Land oder auch nur einem Amt), entsprach ein in seiner Höhe unterschiedlich festgesetztes Reisstipendium. Das reichte aber, angesichts zeitweise drastischer Preissteigerungen und der Verführungen des Stadtlebens, seit dem 18. Jahrhundert bei den meisten kaum mehr zu einem einigermaßen "standesgemäßen" Leben aus. Als Krieger konnte man sich allenfalls noch bei der Niederschlagung eines lokalen Bauernaufstandes hervortun. Viele blieben, etwa als Polizei- oder Verwaltungsbeamte, ziemlich unterbeschäftigt – selbst bei der üblicherweise geringen Besoldung eher parasitäre als produktive Existenzen. Nur ein kleiner Teil der zahlreichen Samurai vermochte neue lukrative Einkommensquellen zu erschließen. Nicht nur, dass dieser Stand also ökonomisch immer inhomogener wurde – die Masse seiner Angehörigen vermochte auch immer weniger mit dem Wohlstand vor allem des prosperierenden Händlerstandes zu konkurrieren. Theoretisch hatte jeder Samurai das Recht, einen Volksangehörigen, der ihm nicht respektvoll begegnete, zu züchtigen oder sogar ungestraft zu töten. Jetzt kam es vor, dass ein verzweifelter Samurai seine Kinder tötete und sich gegenüber einem Kaufmann verbeugte, bei dem er hoffnungslos verschuldet war. Dementsprechend wurden die sozialen Grenzen durchlässig: Samurai verzichteten auf ihren Stand, Händler zahlten dafür, durch Adoption in eine Samurai-Familie aufgenommen zu werden. [48]

Die "Öffnung" Japans und das Ende des Samurai-Standes

<36>

In dieser Krise der sozialen Ordnung wiesen die Werke von Gelehrten verschiedene Auswege: der Samurai als "Gentleman" im Sinne von sozialer Erzieher und Garant der öffentlichen Ordnung oder aber auch, konservativer, als bis zum Tod für Herrn und Vaterland kämpfender Krieger. Die von außen erzwungene, aber vom Bakufu verantwortete "Öffnung" Japans ab 1853 provozierte dementsprechend vielfältige Reaktionen. Meist niedrige, jüngere, oft sozial deklassierte Samurai bestimmten die Tagespolitik, allerdings in sehr unterschiedlicher Form. Manche suchten ihre nationalistischen Ziele dadurch zu erreichen, dass sie Ausländer und anschließend sich selbst töteten, entsprechend der wohl im 12. Jahrhundert aufgekommenen, in der Edo-Zeit in eine privilegierte, streng ritualisierte Strafe für höhergestellte Samurai verwandelten freiwilligen Selbstentleibung. Andere wollten den Westen mit dessen eigenen Waffen schlagen und setzten daher auf eine Modernisierung des Landes. Dies führte im Endeffekt, von zwei reformfreudigen Daimyaten im Westen ausgehend, nach kurzem Kampf zum Ende des Shōgunats und zur Meiji-"Restauration", also zur Machtübernahme durch den Kaiser. Schrittweise wurde dann die Neuordnung von Staat und Gesellschaft betrieben. Die Daimyō begannen, dem Kaiser ihre Lehensregister zurückzugeben, und wurden dafür vorübergehend zu Gouverneuren ernannt. Mit dem Hofadel wurden sie, zusammen mit einigen Aufsteigern aus dem Stand der Samurai, zu einem neuen, weniger als 3.000 Familien umfassenden, nach europäischem Vorbild durch Titel gegliederten Hochadel (kazoku bzw. kizoku) zusammengeführt, der nicht durch Großgrundbesitz, dafür indes bald durch geschäftliches Engagement auffiel. Ab 1890 war er im neu geschaffenen Oberhaus repräsentiert. Den Stand der Samurai teilte die Regierung auf: Dessen Mitglieder mit erblichen Besitz- und Herrschaftsrechten bildeten die "Kriegerfamilien" (shizoku). Die anderen wurden letztlich dem "gewöhnlichen Volk" zugerechnet, durften sich dafür aber in Handel, Handwerk oder Landwirtschaft engagieren. Die hohen Modernisierungskosten erforderten weitere Reformen: Die Reisstipendien wurden zunächst besteuert, dann in Staatsanleihen verwandelt. Auch wenn Verwaltungsposten nicht mehr nach Herkunfts-, sondern nach Leistungskriterien vergeben wurden, hatten die besser gebildeten Samurai hier auch weiterhin sehr gute Chancen. Aber die Proklamation der allgemeinen Wehrpflicht (1872) beseitigte das Waffenmonopol der alten Standes. Schließlich wurde als letztes der Privilegien das Vorrecht der beiden Schwerter beseitigt. Diese einschneidenden, zum Teil als Demütigung empfundenen Maßnahmen lösten 1874/77 heftige, aber erfolglose Aufstände aus, an denen sich jedoch nur rund 6% der ehemaligen Samurai beteiligten. Denn u. a. durch Hilfsprogramme (wie die Begünstigung von Kolonisationsprojekten auf Hokkaidō) wurde die Auflösung der Samurai als feudaler Herrschaftsstand und deren Integration in die moderne japanische Gesellschaft insgesamt erfolgreich bewältigt. Der Anteil der (formell 1947 abgeschafften) Shizoku an Führungspositionen ging erst nach 1900 zurück und betrug noch 1969 immerhin 21%; ihr Ethos hat Japan noch lange geprägt. [49]

Resümee: Die Spezifika des europäischen Adels im globalen Vergleich

<37>

In den Abschnitten <1>-<12> wurden folgende Merkmale des "europäischen" Adels als charakteristisch bezeichnet: Er stellte 1. eine "adelige Elite" im Sinne einer faktisch erbliche Herrschaft ausübenden Elite dar. Er bildete 2. einen "Adelsstand", der sich von der übrigen Bevölkerung durch eine besondere, ihn verpflichtende Lebensweise sowie durch erbliche und rechtlich fixierte Privilegien abgrenzte. Er trat 3. als "ständischer Adel" in Erscheinung, der mittels Korporationen in mehr oder minder großem Umfang politische Mitsprache praktizierte. In den folgenden Abschnitten wurde untersucht, inwieweit diese Merkmale auch in Großreichen nachzuweisen sind, die am Rande oder außerhalb Europas lagen. [50] Als Ergebnis lässt sich Folgendes festhalten:

"Adelige Elite"

<38>

Das Osmanische Reich besaß von der zweiten Hälfte des 15. bis etwa zum Beginn des 18. Jahrhunderts keine "adelige Elite". Für das Russland von Iwan IV. bis Peter I., die islamischen Reiche Indiens und das frühe Britisch-Indien lässt sich (mit Blick auf die Bojaren bzw. die Zamindars) von einer "adeligen Elite" nur auf der Lokalebene sprechen, kaum jedoch auf Reichsebene. Natürlich gab es in all diesen Reichen immer wieder Männer – und mitunter auch Frauen –, die neben den Zaren oder Sultanen in Reichtum schwelgten und eine gewaltige Macht ausübten, ja sogar die Herrscher selbst beherrschten. Aber ihre Stellung war die von "Dienstadeligen", damit stets prekär und jedenfalls nicht automatisch vererblich. Auch wenn die indischen Kshatriyas zu verschiedenen Epochen eine mehr oder weniger ausgedehnte Herrschaft zumindest auf lokaler Ebene ausübten, wurden sie an Ansehen von den Brahmanen übertroffen. Auf dieser Ebene dominierte im China der Han- und seit der Song-Zeit eine "Gentry". Sie besaß aber keine eigentlichen Herrschaftsrechte, und soweit sie auf höherer Ebene Einfluss ausübte, tat sie dies auf informellem Wege über Mitglieder, die der kaiserlichen Bürokratie angehörten.

<39>

Immerhin sind "adelige Eliten" auch außerhalb Europas nicht selten anzutreffen. Der japanische Hofadel der Frühzeit stellte eine solche Elite dar, bevor er vom 12.-14. Jahrhundert in dieser (Herrschafts-)Position von den Samurai abgelöst wurde. Seit dem 16. Jahrhundert beschränkte sich die Ausübung von Herrschaft allerdings auf den Shōgun und die Daimyō – die einfachen Samurai wurden zu deren "Beamten" degradiert. In den "feudalen" Frühphasen der osmanischen, der indischen wie der chinesischen Geschichte finden sich "adelige Eliten", ebenso im russischen und im späten Osmanenreich. In China und Nordindien tauchten sie regelmäßig wieder auf, wenn zentralasiatische Eroberervölker dort die Macht übernahmen.

"Adelsstand"

<40>

Seltener wird man von einem "Adelsstand" sprechen können. Einen solchen bildete zweifellos in Japan der Hofadel, und auch die Samurai konstituierten sich in einem langen, um 1600 abgeschlossenen Prozess als weiterer "Adelsstand". Beide wurden nach 1868 als solche abgeschafft. An ihre Stelle traten jedoch ein neu gebildeter "Hochadel" und ein "Kriegeradel", wobei indes vor allem letzterem bald keine Privilegien mehr verblieben. Im Falle Chinas lassen sich allenfalls für den Süden zwischen der Han- und der Song-Zeit "adelsständische" Strukturen nachweisen. Ansonsten wurden derartige Strukturen zwar immer wieder von fremden Eroberervölkern ins Reich der Mitte importiert. Doch wurden diese regelmäßig früher oder später von den bürokratischen Strukturen des chinesischen Literaten-Beamtentums abgelöst oder zumindest in den Hintergrund gedrängt. Nur tendenziell entwickelte sich in Indien im 6.-12., erneut im 17. Jahrhundert, im Osmanischen Reich seit dem 18. ein "Adelsstand". In Russland suchten die Zaren seit Peter I. einen solchen nach "europäischem" Vorbild zu kreieren, nicht ohne Erfolg. Doch ging der "Dienstcharakter" des russischen Adels nur teilweise verloren.

"Ständischer Adel"

<41>

Einen "ständischen Adel" sucht man hingegen außerhalb von (Kern-)Europa weitgehend vergeblich. In den indischen Großreichen ist ein solcher überhaupt nicht nachzuweisen. Auch im Osmanischen Reich wird man selbst für dessen Spätzeit nur von rudimentären Versuchen in dieser Richtung sprechen dürfen. In Russland entwickelten sich, nach gescheiterten früheren Anläufen, entsprechende Ansätze seit dem späten 18. Jahrhundert, ausgeprägt indes erst um 1900. In beiden Fällen stand offenbar das "europäische" Vorbild Pate, ebenso wie bei dem diesbezüglichen Anlauf zu einer Parlamentarisierung, den das Qing-Reich kurz vor seinem Ende unternahm. Selbst Japan, dessen Adelsgeschichte fraglos bemerkenswerte Parallelen zur europäischen Entwicklung ausweist, erhielt erst in diesem Zusammenhang 1890 ein Oberhaus, in dem Adelsinteressen in institutionalisierter Form in die politische Willensbildung des Landes einflossen. Eine solche Repräsentation hatte es zuvor weder auf Shōgunats- noch Daimyatsebene gegeben. Natürlich ließen sich sowohl Shōgune wie Daimyōs regelmäßig von ihren wichtigsten Vasallen beraten. [51] Aber die Entscheidung lag letztlich bei ihnen allein – und sie hatten, auch wenn sie sich gegen die klare Mehrheit ihrer Lehensleute entschieden, zumindest seit dem 16. Jahrhundert keinen legalen bzw. grundsätzlich legitimen Widerstand zu erwarten. Während in Europa seit dem Hochmittelalter der Satz galt: "Was alle angeht, muss von allen gebilligt werden", und spätestens seit dem 16. Jahrhundert diverse Theorien einen legitimen Widerstand begründeten, fehlte in Japan vor dem 19. Jahrhundert die Vorstellung eines subjektiven Rechts auf Widerstand gegen den eigenen Herrn. Zugespitzt gesagt: Das vasallische Verhältnis war in Europa zweiseitig, in Japan einseitig in dem Sinne, dass nur der Vasall dem Herrn gegenüber etwas schuldig war, nämlich absoluten Gehorsam. [52] Wenn man also unter globalgeschichtlichen Aspekten nach den Spezifika des europäischen Adels sucht, wird man nur teilweise bei seiner Rolle als Herrschaftsträger fündig, eher schon bei seiner Ausprägung und vor allem seiner Langlebigkeit als rechtlich-sozialer Stand, aber ganz sicher bei seiner Rolle als anerkannter "Mitregent" eines Landes oder Reichs.

Autor:

Prof. Dr. Walter Demel
Universität der Bundeswehr München
Werner Heisenberg Weg 39
85577 Neubiberg
Walter.Demel@unibw-muenchen.de



[1] Epochenübergreifende Darstellungen zum europäischen Adel: Michael L. Bush: The European Nobility, 2 Bde., New York bzw. Manchester / New York 1983/88; Jonathan Dewald: The European Nobility, 1400–1800, Cambridge / New York / Melbourne 1996; Otto Gerhard Oexle / Werner Paravicini (Hg.): Nobilitas. Funktion und Repräsentation des Adels in Alteuropa, Göttingen 1997; Jonathan Powis: Der Adel, Paderborn / München 1986; Hans-Ulrich Wehler (Hg.): Europäischer Adel 1750–1950, Göttingen 1990. Die folgenden Abschnitte <1> bis <12> resümieren Ausführungen, die in Walter Demel: Der europäische Adel. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 2005, gemacht wurden.

[2] Vgl. Werner Conze / Christian Meier: Adel, Aristokratie, in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 1, Stuttgart 1970, 1-48, hier 1f., 9.

[3] Otto Gerhard Oexle: Aspekte der Geschichte des Adels im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, in: Wehler: Adel (wie Anm. 1), 19-56, hier 21f.; Monique de Saint Martin: Der Adel. Soziologie eines Standes, Konstanz 2003, 22, 275f.

[4] Zur Idee einer adeligen Rasse vgl. Guy Chaussinand-Nogaret: Une histoire des élites 1700-1848, Paris / La Haye 1975, 24f. Zum Elite-Begriff: Thomas Burton Bottomore: Elite und Gesellschaft, München 1966. Günter Endruweit: Elite und Entwicklung. Theorie und Empirie zum Einfluß von Eliten auf Entwicklungsprozesse, Frankfurt a. M. / Bern / New York 1986, 22-33, definiert Elite als eine durch einen Ausleseprozess gewonnene, in der Regel als positiv bewertete Minderheit und unterscheidet Eliten dann nach unterschiedlichen Kriterien (Wertelite, Leistungselite, Machtelite usw.).

[5] Karl-Ferdinand Werner: Naissance de la Noblesse. L’essor des élites politiques en Europe, 2. Aufl., Paris 1998, IIf., 19, 89, 122f., 150f., 325f., 508; ders.: Adel – "Mehrzweck-Elite" vor der Moderne?, in: ders.: Einheit der Geschichte, Sigmaringen 1999, 120-135; Friedrich Prinz: Klerus und Krieg im frühen Mittelalter, Stuttgart 1971; ders.: Europäische Grundlagen deutscher Geschichte (4.-8. Jahrhundert) (Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. I, Abschnitt II), 10. Aufl., Stuttgart 2004, 470-477; Werner Hechberger: Adel, Ministerialität und Rittertum im Mittelalter (= Enzyklopädie deutscher Geschichte Bd. 72), München 2004, 5-15, 63-72.

[6] Zur adeligen Kirchenherrschaft im Reich: Johannes Rogalla v. Bieberstein: Adelsherrschaft und Adelskultur in Deutschland, Limburg an der Lahn, 3. Aufl., 1998, 130-163.

[7] Wenn im 18. Jahrhundert ein bürgerlicher Erwerber eine bayerische Hofmark kaufte, konnte er die damit verbundenen Gerichtsrechte nicht ausüben, erwarb er ein sächsisches Rittergut, erhielt er damit nicht das Landtagsprivileg. Hans Rall: Kurbayern in der letzten Epoche der alten Reichsverfassung 1745-1801 (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, Bd. 45), München 1952, 353f.; Axel Flügel: Bürgerliche Rittergüter. Sozialer Wandel und politische Reform in Kursachsen (1680-1844) (Bürgertum, Bd. 16), Göttingen 2000, 76, 81, 197-209.

[8] Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger: Handelsgeist und Adelsethos. Zur Diskussion um das Handelsverbot für den deutschen Adel vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Historische Forschung 15 (1988), 272-309.

[9] Martin Aurell: La noblesse en Occident (Ve – XVe siècle), Paris 1996, 94-132; Philippe Contamine: La Noblesse au royaume de France de Philippe le Bel à Louis XII, Paris 1997, 21-45.

[10] Vgl. Bush: Nobility (wie Anm. 1), Bd. I, der die Privilegien zum Teil ein wenig anders kategorisiert. In Grenzfällen – wie der englischen Gentry oder den ungarischen Szeklern – verfügte eine Gruppe allerdings nur über wenige der angesprochenen Privilegien, zumindest in rechtlich fixierter Form.

[11] Oexle: Aspekte (wie Anm. 3), 27-30; Werner: Naissance (wie Anm. 5), 458f.

[12] Contamine: Noblesse (wie Anm. 9), 65-84; Saint Martin: Adel (wie Anm. 3), 25.

[13] Vgl. z. B. Werner Paravicini: Die ritterlich-höfische Kultur des Mittelalters (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 32), München 1994, 8-10; Timothy Reuter: Nobles and Others: The Social and Cultural Expression of Power Relation in the Middle Ages, in: Anne J. Duggan (Hg.): Nobles and Nobility in Medieval Europe. Concepts, Origins and Transformations, Woodbridge 2000, 85-98, hier 89-93.

[14] Paravicini: Kultur (wie Anm. 13), 6-8; Werner: Naissance (wie Anm. 5), 485-488; Maurice Keen: Das Rittertum, München / Zürich 1987 (im Original zuerst 1984).

[15] Zur adeligen Bildung: Norbert Conrads: Ritterakademien der frühen Neuzeit. Bildung als Standesprivileg im 16. und 17. Jahrhundert (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 21), Göttingen 1982, bes. 28f., 40-43,80, 243-246; Rudolf Stichweh: Der frühmoderne Staat und die europäische Universität, Frankfurt a. M. 1991, 261-284; Rogalla v. Bieberstein: Adelsherrschaft (wie Anm. 6), 283-311.

[16] Verwiesen sei nur auf die langdauernde Bedeutung des Duells, das schließlich sogar auf die "bürgerliche Gesellschaft" ausstrahlte. Vgl. Ute Frevert: Ehrenmänner. Das Duell in der bürgerlichen Gesellschaft, München 1991.

[17] Vgl. allgemein: Dewald: Nobility (wie Anm. 1), 168-176; intensiv untersuchtes Fallbeispiel: Heinz Reif: Westfälischer Adel 1770-1860 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Bd. 35), Göttingen 1979, 78-122, 240-315.

[18] Fallbeispiel etwa: Karl Bosl: Die Geschichte der Repräsentation in Bayern: Landständische Bewegung, Landständische Verfassung, Landesausschuß und altständische Gesellschaft, München 1974.

[19] Zu frühneuzeitlichen Ausnahmefällen wie Kastilien oder dem Herzogtum Württemberg vgl. Volker Press: Kaiser Karl V., König Ferdinand und die Entstehung der Reichsritterschaft (Institut für europäische Geschichte Mainz, Vorträge, Nr. 60), Wiesbaden 1976, 16-20; Antonio Domínguez Ortiz: El Antiguo Régimen: Los Reyes Católicos y los Austrias (Historia de España Alfaguara, Bd. III), Madrid 1973, 9. Neudruck 1986, 214.

[20] Hechberger: Adel (wie Anm. 5), 22f., 32; Paravicini: Kultur (wie Anm. 13), 22, 36; Michael Jones (Hg.): Gentry and Lesser Nobility in Late Medieval Europe, New York 1996.

[21] Vgl. die einschlägigen Beiträge in: Hamish M. Scott (Hg.): The European Nobilities in the Seventeenth and Eighteenth Centuries, 2 Bde., London / New York 1995; Jean-Stanislas Myciński: La noblesse polonaise de l’Ancien Régime et son évolution, Lille 1992; Edward Opalinski: Die Freiheit des Adels. Ideal und Wirklichkeit in Polen-Litauen im 17. Jahrhundert, in: Ronald G. Asch (Hg.): Der europäische Adel im Ancien Régime. Von der Krise der ständischen Monarchien bis zur Revolution (1600-1789), Köln / Weimar / Wien 2001, 77-104; Robert J. W. Evans: Der Adel Ungarns in der Habsburgermonarchie im 18. Jahrhundert, in: ebd., 345-362; David García Hernán: La Nobleza en la España moderna, Madrid 1992, 20f., 29-38, aber auch ebd., 59, Anm. 36.

[22] Werner Paravicini: Die Preußenreisen des europäischen Adels (= Francia, Beiheft 17), 2 Bde., Sigmaringen 1989/95, Bd. I, 24-29; ders.: Von der Heidenfahrt zur Kavalierstour. Über Motive und Formen adeligen Reisens im späten Mittelalter, in: Horst Brunner / Norbert Richard Wolf (Hg.): Wissensliteratur im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Bedingungen, Typen, Publikationen, Sprache (Wissensliteratur im Mittelalter, Bd. 13), Wiesbaden 1993, 91-130; Peter Thorau: Die Kreuzzüge, München 2004, 49-55; Hans Eberhard Mayer: Geschichte der Kreuzzüge, 8. Aufl., Stuttgart 1995, 23-28, 39-42. Zur Kavalierstour als Fallbeispiel: Katrin Keller: Der sächsische Adel auf Reisen. Die Kavalierstour als Institution adeliger Standesbildung im 17. und 18. Jahrhundert, in: dies. / Josef Matzerath (Hg.): Geschichte des sächsischen Adels, Weimar 1997, 257-274.

[23] Walter Demel: "European nobility" oder "European nobilities"? Betrachtungen anhand genealogischer Verflechtungen innerhalb des europäischen Hochadels (ca. 1650-1800), in: Wolf Dieter Gruner / Marcus Völkel (Hg.): Region – Territorium – Nationalstaat – Europa, Rostock 1998, 81-104.

[24] Harmut Rüss: Adel und Adelsopposition im Moskauer Staat, Wiesbaden 1975; Robert O. Crummey: Die Staatsbedingte Gesellschaft revisited, in: ders. / Holm Sundhaussen / Ricarda Vulpius (Hg.): Russische und Ukrainische Geschichte vom 16.-18. Jahrhundert (Forschungen zur Osteuropäischen Geschichte, Bd. 58), Wiesbaden 2001, 21-27; Geoffrey Hosking: Russia and the Russians, Cambridge/Mass. 2001, 34f., 67-70, 86-96, 112f., 121-124; 138-141; Klaus Heller: Russische Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. I: Die Kiever und die Moskauer Periode (9.-17. Jahrhundert), Darmstadt 1987, 84-99; Edgar Hösch: Geschichte Rußlands. Vom Kiever Reich bis zum Zerfall des Sowjetimperiums, Stuttgart / Berlin / Köln 1996, 87-91; Andreas Kappeler: Russische Geschichte, 3. Aufl., München 2003, 17, 20f., 49; Isabel de Madariaga: The Russian Nobility in the Seventeenth and Eighteenth Centuries, in: Scott (Hg.), Nobilities (wie Anm. 21), 223-273. Ebenso auch zum folgenden: Hans-Joachim Torke: Adel, in: ders. (Hg.), Lexikon der Geschichte Rußlands, München 1985, 11-16.

[25] Jurij M. Lotman: Rußlands Adel. Eine Kulturgeschichte von Peter I. bis Nikolaus I., Köln / Weimar / Wien 1997 (im Original zuerst 1994), 19-43; Marc Raeff: The Russian Nobility in the Eighteenth and Nineteenth Centuries: Trends and Comparisons, in: Ivo Banac / Paul Bushkovitch (Hg.): The Nobility in Russia and Eastern Europe, in: dies. (Hg.): The Nobility in Russia and Eastern Europe, New Haven 1983, 99-121; Hosking: Russia (wie Anm. 24), 202, 205, 374-378; Kappeler: Geschichte (wie Anm. 24), 24-26, 54f.; Hösch, Geschichte (wie Anm. 24), 160-162, 190-193, 209-214, 276f., 315; John P. LeDonne: Absolutism and Ruling Class. The Formation of the Russian Political Order 1700-1825, New York / Oxford 1991, VIII-XIII, 3-9, 22-28, 297-309; Seymour Becker: Nobility and privilege in late imperial Russia, Dekalb/Ill. 1985, 16-29, 140-143, 158-166, 171-178.

[26] Ivo Banac / Paul Bushkovitch: The Nobility in Russia and Eastern Europe, in: dies. (Hg.), Nobility (wie Anm. 25), 1-16, hier 6f.

[27] Bruno Öhrig: Bestattungsriten alttürkischer Aristokraten im Lichte der Inschriften, München 1988, 22, 76-80, 85, 335-343.

[28] Ferenc Majoros / Bernd Rill: Das Osmanische Reich 1300-1922, Wiesbaden 2004, 114, 180f.; Klaus Kreiser: Der Osmanische Staat 1300-1922 (Oldenbourg Grundriss der Geschichte, Bd. 30), München 2001, 20, 24, 145f.; Josef Matuz: Das Osmanische Reich. Grundlinien seiner Geschichte, Darmstadt 1985, 20-23, 31, 39f., 68-71, 81 mit Anm. 58, 86-89, 100, 104f., 110f.; Stanford J. Shaw: Das Osmanische Reich und die moderne Türkei, in: Gustave Edmund v. Grunebaum (Hg.): Der Islam II: Die islamischen Reiche nach dem Fall Konstantinopels (= Fischer Weltgeschichte 15), Frankfurt a. M. 1971, 24-159, hier 41-61; Suraiya Faroqhi: Geschichte des Osmanischen Reiches, 3. Aufl., München 2004, 21f., 29f.; dies.: Crisis and Change 1590-1699, in: Halil Inalcık / Donald Quataert (Hg.): An Economic and Social History of the Ottoman Empire, 1300-1914, Cambridge / New York / Melbourne 1994, 411-636, hier 549-552; Halil Inalcık: L’Empire ottoman, in: ders.: Studies in Ottoman Social and Economic History, London 1985, II, 75-103, hier 81-86; ders.: The Nature of Traditional Society: Turkey, in: ders., The Ottoman Empire. Conquest, Organization and Economy, London 1978, XV, 42-63, hier 43f.

[29] Matuz: Das Osmanische Reich (wie Anm. 28), 146f., 152-155, 177-183, 190, 197, 204, 215f., 222-224, 236, 240; Shaw: Osmanisches Reich (wie Anm. 28), 100f., 106, 131; Majoros / Rill: Das Osmanische Reich (wie Anm. 28), 259f., 351; Kreiser: Staat (wie Anm. 28), 35; Inalcık: L’Empire (wie Anm. 28), 99-103; ders.: Nature (wie Anm. 28), 45-63; Faroqhi: Geschichte (wie Anm. 28), 63, 87, 94-97; Bruce McGowan: The Age of the Ayans, 1699-1812, in: Inalcık / Quataert (Hg.): History (wie Anm. 28), 637-758, hier 658-679.

[30] Louis M. Dumont: Gesellschaft in Indien. Die Soziologie des Kastenwesens, Wien 1976 (im Original zuerst 1966), 35, 39, 90-98, 139-143, 188-205; Hermann Kuhlke / Dietmar Rothermund: Geschichte Indiens, Stuttgart / Berlin / Köln / Mainz 1982, 45-47; Michael Witzel: Das Alte Indien, München 2003, 38, 42, 64. Zur Kritik an Dumont ausführlich: Gordon Johnson (Hg.): The New Cambridge History of India [NCHI], 31 Bde. geplant, Cambridge / New York [u. a.] 1987ff., hier Bd. IV/3: Susan Bayly: Caste, Society and Politics in India from the Eighteenth Century to the Modern Age, ebd., 1999, 14-24, 30, 50-52, 59-63, 327-331; Ram Nath Sharma, Society and Culture in India, Meerut 1975, 9-12, 20-22.

[31] Witzel: Indien (wie Anm. 30), 83, 110; Kuhlke / Rothermund: Geschichte (wie Anm. 30), 46, 66f., 94, 129f., 142-152; Direndra Nath Ojha: Aristocracy in Medieval India, Delhi 1993, 9-18.

[32] Ojha, Aristocracy (wie Anm. 31), 15-47; Kuhlke / Rothermund: Geschichte (wie Anm. 30), 187-202, behandelt auch den gescheiterten Versuch von Sultan Ala-ud-din (1296-1316), eine loyale Bürokratie von der Lokal- bis zur Zentralebene aufzubauen.

[33] Kuhlke / Rothermund: Geschichte (wie Anm. 30), 224-231; Afsal Husain: The Nobility under Akbar and Jahāngīr, Manohar 1999, S. 1-10, 182-192; Firdor Anwar: Nobility under the Mughals (1628-1658), Manohar 2001, 190-194; Barbara N. Ramusack: The Indian Princes and Their States, in: NCHI (wie Anm. 30), Bd. III/6, 111-114, 185; John F. Richards: The Mughal Empire, in: NCHI (wie Anm. 30), Bd. I/5, 19-25, 59-68, 80-88, 143-150, 163f., 172f., 191-193, 242-246, 294-296; Muhammad Athar Ali: The Mughal Nobility under Aurangzeb, Delhi / Calcutta / Chennai / Mumbai 1997, XIXf., 12-37, 171-174, dem zufolge (ebd. XV, 39) nur die Inhaber höherer Ränge als Mitglieder des Adels ("umara") galten.

[34] Christopher A. Bayly: Indian society and the making of the British Empire, in: NCHI (wie Anm. 30), Bd. II/1, 9-11, 65f., 147-153, 197f; Kuhlke / Rothermund: Geschichte (wie Anm. 30), 268, 271, 290.

[35] Wolfram Eberhard: Geschichte Chinas, Stuttgart 1971, 24f., 30, 35, 43; Hsiao-tung [Xiaotong] Fei: China’s Gentry, hg. v. M. P. Redfield, Chicago 1953, 17f. mit Anm. 1; Herbert Franke / Rolf Trauzettel: Das Chinesische Kaiserreich (= Fischer Weltgeschichte 19), Frankfurt a. M. 1968, 34, 39, 42, 44, 50f., 55f.; Dieter Kuhn: Status und Ritus. Das China der Aristokraten von den Anfängen bis zum 10. Jahrhundert nach Chr., Heidelberg 1991, 186f., wonach Konfuzius selbst "aus einer kleinadeligen Familie der Klasse der shi" stammte (ebd., 238f.). Ferner Helwig Schmidt-Glintzer: Das alte China: von den Anfängen bis zum 19. Jahrhundert, 3. Aufl., München 2002, 24-27; ders.: China. Vielvölkerreich und Einheitsstaat, München 1997, 64f. Herrn Prof. Dr. Schmidt-Glintzer (Göttingen / Wolfenbüttel) danke ich herzlich für seine freundlichen Hinweise zu den folgenden Abschnitten.

[36] Eberhard: Geschichte (wie Anm. 35), 45-48, 56-59, 64, 72-75, 81-85, 89-99, 107, 203-206, 237, 339, 374-381, 409; Fei: Gentry (wie Anm. 35), 17, 23f., 26-58; Kuhn: Status (wie Anm. 35), 310, 337-339, 385, der jedoch Eberhards These der Kontinuität der Gentry während der gesamten Kaiserzeit ablehnt (ebd., 481). Vgl. Franke / Trauzettel: Kaiserreich (wie Anm. 35), 51, 65-68, 74-76, 82f., 88-96, 122, die indes eine gewisse Distanz zu der "Gentry"-Theorie erkennen lassen, zu dessen Protagonisten Eberhard gehört. Auch Schmidt-Glintzer: China (wie Anm. 35), 17f., passim, bevorzugt eher den Begriff "Elite". Zur Terminologie ferner: Albert Feuerwerker: State and Society in Eighteenth-Century China: The Ch’ing Empire and Its Glory, Ann Arbor / Mich. 1976, 108-115, der den Begriff "intelligentry” ins Spiel bringt.

[37] (Auch zu <25>:) Franke / Trauzettel: Kaiserreich (wie Anm. 35), 95f., 102, 111f., 131f., 151, 158-161, 168f., 195-197, 201, 252, 267; Eberhard: Geschichte (wie Anm. 35), 93, 167, 238, 255-259, 308-310, 338; Fei: Gentry (wie Anm. 35), 75-90; Helwig Schmidt-Glintzer: Geschichte Chinas bis zur mongolischen Eroberung 250 v. Chr. – 1279 n. Chr. (= Oldenbourg Grundriß der Geschichte 26), München 1999, 123f., 143-145; ders.: China (wie Anm. 35), 18, 30-34, 64, 112, 134f.; ders.: Das alte China (wie Anm. 34), 37, 54, 65f., 72f., 61, 85, 89f., 97-101; Denis Twitchett / John K. Fairbank (Hg.): The Cambridge History of China [CHC], 16 Bde. geplant, Cambridge / London u. a. 1978ff., speziell: Patricia Ebrey: The economic and social history of Later Han, in: ebd., Bd. I, 608-648, hier 630-646; Denis Twitchett: Introduction, in: ebd., Bd. III/1, 1-47, hier 3f., 8-11, 28; Harold A. Wechsler: T’ai-tsung (reign 626-49) the consolidator, ebd., 188-241, 212f.; Richard W. L. Guisso: The reigns of empress Wu, Chung-tsung and Jui-tsung (684-712), ebd., 290-332, hier 299, 306, 329-331; Denis Twitchett: Hsüan-tsung (reign 712-56), ebd., 333-463, hier 382-384, 420-426; Robert M. Somers: The end of the T’ang, in: ebd., 682-789, hier 706, 709f., 718-720; Kuhn: Status (wie Anm. 35), 416-427, 431, 480-488, 536-538, 594-599, betont den Bruch im 10. Jahrhundert, in dem das "China der Aristokraten" zu Ende gegangen und durch das "China der Beamten-Gelehrten" abgelöst worden sei (ebd., 17, 46f., 612).

[38] Eberhard: Geschichte (wie Anm. 35), 129, 153, 160, 168f., 172, 175-178, 186f., 246f.; Franke / Trauzettel: Kaiserreich (wie Anm. 35), 120-124, 131-133, 187; Schmidt-Glintzer: China (wie Anm. 35), 34-36, 160f., 178-181; Herbert Franke: The Chin dynasty, in: CHC (wie Anm. 37), Bd. VI, 215-320, hier 269-273, 283-285, 319f.

[39] Franke / Trauzettel: Kaiserreich (wie Anm. 35), 223f., 228-231, 239-243, 249-254, 275, 278-283, 298-301, 316, 319-322, 330, 335; Eberhard: Geschichte (wie Anm. 35), 277f., 283-291, 331-333, 340; Schmidt-Glintzer: China (wie Anm. 35), 112-114; Morris Rossabi: The reign of Khubilai Khan, in: CHC (wie Anm. 37), Bd. VI, 414-489, hier 418, 452; Ch’i-Ch’ing Hsiao: Mid-Yüan politics, in: ebd., 490-560, 491f., 520-522, 526f., 560; John Dardess: Shun-ti and the end of Yüan rule in China, in: ebd., 561-586, hier 564, 569; Elizabeth Endicott-West: The Yüan government and society, in: ebd., 587-615, hier 610-613; Frederick W. Mote: Chinese society under Mongol rule, 1215-1368, in: ebd., 616-664, hier 624-635, 645f.; Charles O. Hucker: Ming government, in: CHC (wie Anm. 37), Bd. VIII, 9-105, hier 24f., 28-32; Martin Heijdra: The socio-economic development of rural China during the Ming, in: ebd., 417-578, hier 552-564; Timothy Brook: Praying for Power. Buddhism and the Formation of Gentry Society in Late-Ming China, Cambridge/Mass. / London 1993, 2, 12-14, 18-24, 322f.

[40] Darüber möchte ich demnächst eine Abhandlung publizieren. Vgl. zu dem in Europa verbreiteten Bild vorerst etwa: Walter Demel: China in the Political Thought of Western and Central Europe, 1570-1750, in: Thomas H. C. Lee (Hg.): China and Europe. Images and Influences in Sixteenth to Eighteenth Centuries, Hong Kong 1991, 45-64, hier 55-58.

[41] Helwig Schmidt-Glintzer: Das neue China: von den Opiumkriegen bis heute, München 1999, 29f.; ders.: China (wie Anm. 35), 198-206, 218, 222-225; Eberhard: Geschichte (wie Anm. 35), 255, 372; Jürgen Osterhammel: China: Reichsverfall und gesellschaftliche Neubildung von 1800 bis 1916, in: Sepp Linhart / Erich Pilz (Hg.): Ostasien. Geschichte und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert, Wien 1999, 29-46; Chung-li Chang: The Chinese Gentry. Studies on Their Role in Nineteenth-Century Chinese Society, Seattle/Wash. 1955, bes. 137-141.

[42] Die folgenden Abschnitte 30-36 orientieren sich stark an der neuen Darstellung von Wolfgang Schwentker: Die Samurai, 2. Aufl., München 2004.

[43] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 22-27; John W. Hall: Das Japanische Kaiserreich (= Fischer Weltgeschichte 20), Frankfurt a. M. 1968, 34-43, 50-60; ders. / Marius B. Jansen / Madoka Kanai / Denis Twitchett (Hg.): The Cambridge History of Japan [CHJ], 6 Bde., Cambridge / New York u. a. 1988/99, hier: Delmer M. Brown: The Yamato kingdom, in: ebd., Bd. I, 108-162, hier 124f., 137f.; marxistisch unterlegt: Kiyoshi Inoue: Geschichte Japans, 3. Aufl., Frankfurt a. M. / New York bzw. Köln 2003, 36-40, 47, 52, 71, 75, 78; George Sansom: A History of Japan, 3 Bde., 3. Aufl., Rutland/Vm. / Tokyo 1979, hier Bd. I, 43, 53, 169-171; ders.: Japan, Von der Frühgeschichte bis zum Ende des Feudalsystems, Essen 1975, 47-50, 96-99, 118-142; Edwin O. Reischauer: The Japanese, 13. Aufl., Rutland/Vm. / Tokyo 1979, 42, 45f.; Shiro Ishii: Zur Kriegerterminologie des mittelalterlichen Japans. Samurai, Kenin, Kerai und Bushi, in: The Hokkaido Law Review XLI (1991)/5-6, 645-660, hier 657-660. Ich danke herzlich meinem Freund Prof. Takuro Wada (Städt. Univ. Osaka) für seine Hinweise und meinem lieben Kollegen Prof. Toru Takenaka (Univ. Osaka) dafür, dass er mir ermöglichte, meine Forschungen an seiner Universität vorzustellen.

[44] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 19-22, 29f., 42, 50; Margret Neuss-Kaneko: Familie und Gesellschaft in Japan, München 1990, 16f.; Reischauer: Japanese (wie Anm. 43), 45, 49f.; Donald H. Shively / William McCullough: Einleitung, in: CHJ (wie Anm. 43), Bd. II, 1-19, hier 3-5; Harold Bolitho: The Tempō crisis, in: ebd., Bd. V, 116-167, hier 128-133; Hall: Kaiserreich (wie Anm. 43), 68-79, 82, 91f., 108-110, 178; Samson: Japan (wie Anm. 43), 255f., 300, 333f., 433; ders.: History (wie Anm. 43), Bd. I, 196f.; II, 22-58, 127-143. Der ebd., Bd. I, 317f., 324, erwähnte, auf Betreiben Yoritomos 1185 errichtete, aus zehn führenden Adeligen bestehende kaiserliche Rat bildete nur eine ephemere Etappe auf dem Weg zum Shōgunat.

[45] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 12f., 18-22, 25-37; Sansom: History (wie Anm. 43), Bd. I, 234-263, 339-369; ders.: Japan (wie Anm. 43), 288f., 296-298; Hall: Kaiserreich (wie Anm. 43), 12, 79-86 (beide auch zum japanischen Feudalismus); Inoue: Geschichte (wie Anm. 43), 79f., 88-95.

[46] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 37-58, zum Familienleben der Samurai ebd., 62-73, zit. 53; Sansom, Japan (wie Anm. 43), 294-319, 331-333, 345-355, 385f.; ders.: History (wie Anm. 43), Bd. I, 310-467; II, 249-260; Hall: Kaiserreich (wie Anm. 43), 90-93, 96-99, 110-114, 130-136; Jeffrey Mass: The Kamakura bakufu, in: CHJ (wie Anm. 43), Bd. III, 46-88, hier 46-49; Reischauer: Japanese (wie Anm. 43), 52-58; Neuss-Kaneko: Familie (wie Anm. 44), 11-30. Nach Ishii: Krieger-Terminologie (wie Anm. 43), 645-657, waren Samurai ursprünglich kleine Dienstleute unterhalb der „Tsuki“ – man vergleiche die europäischen Ministerialen. Mit Yoritomos Aufstieg zum „Ki“ begann der Prozess, alle Krieger in den Hausverband des Shōgun (und damit formal in den Militärdienst des Tennō) hinein zu drängen.

[47] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 60f., 73-76, 81-90; Sansom: Japan (wie Anm. 43), 410-416, 445-451; ders.: History (wie Anm. 43), Bd. III, 29, 49f., 91; Hall: Kaiserreich (wie Anm. 43), 155, 162-184; ders.: Introduction, in: CHJ (wie Anm. 43), Bd. IV, 1-39, hier 12-15; ders.: The bakufu System, in: ebd., 128-182, hier 180f.; Reischauer: Japanese (wie Anm. 43), 68-74; Sepp Linhart: Die vormoderne japanische Gesellschaft, in: Linhart / Pilz: Ostasien (wie Anm. 41), 17-27.

[48] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 88-92, 95-98; Sansom: Japan (wie Anm. 43), 451-458, 508-515; ders.: History (wie Anm. 43), Bd. III, 128, 160-164, 187f., 211-218; Hall: Kaiserreich (wie Anm. 43), 188-212, 230f.; Marius B. Jansen: Japan in the early nineteenth century, in: CHJ (wie Anm. 43), Bd. V, 50-115, hier 74, 79; Gilbert Rozman: Social change, in: ebd., 499-568, hier 528-531; Bolitho: Tempō crisis (wie Anm. 44), 126f.

[49] Schwentker: Samurai (wie Anm. 42), 77-81, 92-95, 99-116; Rozman: Social change (wie Anm. 48), 530-533; W. G. Beasley: Meiji political institutions, in: CHJ (wie Anm. 43), Bd. V, 618-673, hier 630-641, 646f.; Hall: Kaiserreich (wie Anm. 43), 247-266, 271-277; Sansom: Japan (wie Anm. 43), 476-500. Zum Fortleben hierarchischer Prinzipien: Reischauer, Japanese (wie Anm. 43), 157-166.

[50] Den Vergleich mit den Adelsgesellschaften des Inka- und des Aztekenreiches sowie einen Hinweis auf das Kongo-Königreich habe ich hier, zur Begrenzung des Umfangs meines Beitrags, weggelassen. Alle diese Reiche waren allerdings auch bei weitem nicht so langlebig wie die hier behandelten Imperien.

[51] Linhart: Gesellschaft (wie Anm. 47), 18, erwähnt z. B. einen "Ältestenrat" der Tokugawa-Shōgune, bestehend aus 4-5 befreundeten Daimyōs.

[52] Bosl: Geschichte (wie Anm. 18), 26, in der Formulierung: "Quod omnes tangit, ab omnibus comprobetur". Junichi Murakami: Einführung in die Grundlagen des japanischen Rechts, Darmstadt 1974, 2, betont überhaupt, "daß man keinen Begriff des Rechts im subjektiven Sinne in der traditionellen japanischen Rechtskultur finden kann". Vgl. Sansom: Japan (wie Anm. 43), 311; ders.: History (wie Anm. 43), Bd. I, 360f.; Reischauer: Japanese (wie Anm. 43), 57.

Empfohlene Zitierweise:

Walter Demel : Die Spezifika des europäischen Adels. Erste Überlegungen zu einem globalhistorischen Thema , in: zeitenblicke 4 (2005), Nr. 3, [13.12.2005], URL: https://www.zeitenblicke.de/2005/3/Demel/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-2440

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