Die sich in einer Reihe von Zeichnungen widerspiegelnden Ideen des Kronprinzen und Königs Friedrich Wilhelm IV., Residenzschlösser der Hohenzollern durch signifikante Erweiterungen und Modifikationen zu vergrößern, sind aussagekräftige Bildzeichen seines Verständnisses von Staat und Krone und seiner Selbstwahrnehmung als präsumtiver und dann inthronisierter König Preußens. Die von ihm genutzten architektonischen Versatzstücke rekurrieren wie im Fall der Berliner Residenz auf die Bauformen der Zeit des ersten preußischen Königs, Friedrichs I., oder sie orientieren sich wie im Falle des Schlosses Charlottenburg am traditionsreichsten Schlossbau der französischen Könige, an Versailles.
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Die Machtspitze einer Gesellschaft, ganz gleich, welche politische Form der Sozialverband besitzt, drängt danach, ihre Stellung öffentlich zu präsentieren und zur Schau zu stellen. So banal dieser Allgemeinplatz auch scheinen mag, nimmt das Fragen nach der Art und Weise, wie dieses Äußerungsverlangen durch die jeweilige politische Autorität künstlerisch und architektonisch umgesetzt wurde, seit jeher einen bedeutenden Platz in der Kunstgeschichtsschreibung ein. Friedrich Wilhelm IV. von Preußen wurde offenbar frühzeitig bewusst, welchen propagandistischen Wert Kunst besitzt und wie insbesondere Bauten der Krone auf das Publikum und die zeitgenössische Publizistik wirken konnten. Die lange Tradition von politisch determinierter Herrschaftsarchitektur in den Monarchien Europas war ihm aus seinem Unterricht und vielen Stichwerken bekannt. So scheint es nicht allein aus der privaten Vorliebe des königlichen Architekturdilettanten zu resultieren, dass sich auf den meisten seiner hinterlassenen Zeichnungsblätter architektonische Motive finden. Hier kreuzt sich vielmehr der Hang Friedrich Wilhelms zur großangelegten und mit einer diffusen Tendenz zum Genialischen versehenen Bauplanungseuphorie mit der Einsicht, dass die Monarchie aus politischen Gründen eine schlagkräftige und überzeugende architektonische Außendarstellung benötige, sowohl im Profanbau als auch bei Kirchenbauten.
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Das traditionelle, auch noch im 19. Jahrhundert lebendige Bedeutungsgefüge, das mit der öffentlichen Selbstinszenierung des Staates und insbesondere seiner Architektur verbunden ist, veranschaulicht beispielsweise ein Artikel in der vielgelesenen Leipziger "Illustrirten Zeitung" von 1846, der von den aktuellen "königlichen Neubauten" in Berlin berichtet. Dieser zeitgenössische journalistische Text belegt zum einen, welche Verweiskraft der Architektur zugeschrieben wurde, und zum anderen bemüht er den aufschlussreichen Vergleich Friedrich Wilhelms IV. mit seinem Vorfahren König Friedrich I. Letzteres wäre für gewöhnlich kein Lob für den regierenden Monarchen gewesen, denn die finanziellen Aufwendungen Friedrichs I. für die Repräsentation des neuen Königreiches waren in der preußischen Geschichtsschreibung – vor allem durch Friedrich den Großen – als ungerechtfertigt hoch und als der Eitelkeit entsprungen kritisiert worden. In der "Illustrirten Zeitung" aber ist der Vergleich eher auf den Anspruch beider Könige gemünzt, dem preußischen Königshof und damit dem preußischen Staat mit künstlerischen und architektonischen Mitteln zur überzeugenden und politisch gerechtfertigten Magnifizenz zu verhelfen.
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Die "Illustrirte Zeitung" schreibt: "Zwei Eigenschaften sind es, welche das unumschränkte Königthum von je mit seinem Begriffe zu verbinden suchte: die der Macht und des Glanzes […] Auch das Königthum in Preußen verschmähte es seit seinem Entstehen nur unter Friedrich Wilhelm I. nach Außen hin das zu scheinen, was es war, und wie einfach auch das Privatleben Friedrich's d. Gr. und Friedrich Wilhelm's III. blieb, doch ließen sie selten eine Gelegenheit entgehen, mit königlichem Glanz ihren Thron zu umgeben, während Friedrich I. und Friedrich Wilhelm IV, welcher jetzt Preußens Krone trägt, sich Beide darin begegnen, die äußere Erscheinung des Souverains möglichst imposant durch seinen Hof, seine Residenz im engeren und weiteren Sinne möglichst glänzend, mit einem Worte königlich zu machen. Dieses Streben im rechten Sinne aufgefaßt, eben wie es uns in Preußen jetzt entgegentritt, […] kann keineswegs getadelt werden und es ist eines großen, mächtigen und reichen Volkes würdig, daß, so lange es überhaupt Herrscher hat, diese auch als seine Repräsentanten seiner entsprechend sich zeigen und durch äußeren Glanz innere Macht erkennen lassen. Darum, wie umfassend und kostspielig auch die Unternehmungen, namentlich auf dem Gebiete der Baukunst sind, denen Friedrich Wilhelm IV. seine Aufmerksamkeit besonders gern schenkt, können seine Unterthanen doch auf der einen Seite mit Vertrauen denselben zuschauen, indem der geregelte Staatshaushalt und der gute Wille des Königs genügende Bürgschaft gegen jede Beeinträchtigung des Allgemeinwohls dadurch bieten; auf der andern Seite aber sogar mit Stolz auf dieselben blicken, weil sie unvergängliche Zeugen des Geschmacks und der Kunstbildung unserer Zeit bleiben werden." [1]
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Die staatliche und die damit verschmolzene Repräsentation des königlichen Hauses, insbesondere die Repräsentation durch Architektur, werden in diesem Zeitungsartikel von der Rezipientenseite her beurteilt und ihre Dimensionen – sowohl die historischen als auch die gegenwärtigen – positiv gedeutet. Der Wert dieser Repräsentation besteht für den Autor nicht allein darin, dass sie das Königreich ganz abstrakt als mächtig erscheinen lässt, sondern sie gilt ihm als verbindendes Identifikationsmodul von Monarchie und Bürgerschaft. Die architektonische Außenwirkung des Staates und des Königshauses trägt nach der gewiss zu verallgemeinernden Überzeugung dieses Zeitgenossen somit wesentlich zur Stabilisierung der traditionellen gesellschaftlichen Ordnung bei. Das Bürgertum und seine königlichen "Repräsentanten" ziehen gleichsam an ein und demselben vaterländischen Strang.
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Diese Ansicht wird auch der Kronprinz und spätere König Friedrich Wilhelm IV. vertreten haben. Alle seine größeren architektonischen und städtebaulichen Projekte tragen monumentale Züge, alle seine erdachten wie auch alle seine umgesetzten Bauprojekte dieser Größenordnung sollten mit einer ästhetisch und städtebaulich überzeugenden Wirkung eine Idee vom Charakter und von den Grundfesten der preußischen Monarchie vermitteln – sie alle sind Beispiele für eine architecture parlante. [2] So verfügen die Planungen zum Berliner Dom architektonisch über das gesamte Lustgartenareal, und die hier zu versammelnden Bauten sollten eindrucksvoll vom zukünftigen Zentrum des deutschen Protestantismus künden; die weit vorangetriebenen Ideen zu Belriguardo auf dem Tornow spiegeln die Vorstellung des Kronprinzen von einer idealen königlichen Residenz, die als klassizistischer Tempel auf der Hügelhöhe vor den Toren der Stadt Potsdam das weithin sichtbare Pendant zum Schloss Friedrichs des Großen gebildet hätte. [3] Zu nennen wären die Kuppel über der Berliner Schlosskapelle, die wie eine Galionsfigur dem Residenzbau sowohl eine architektonische als auch eine ideelle Richtung gegeben hat, oder das Schlossprojekt auf dem Pfingstberg, das selbst in seiner lediglich reduzierten Ausführung als Belvedere noch von beeindruckender Wirkung ist und das in der Nah- und Fernsicht die feierliche Großartigkeit vervollständigt, mit der Friedrich Wilhelm IV. die Potsdamer Gegend veredeln wollte.
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Einige der Ideen Friedrich Wilhelms zielten fraglos auf eine weiter gefasste Dimension als den bloßen Reputationserwerb durch neugebaute Architektur. Die in einer Handvoll Zeichnungen sich widerspiegelnde Ideenarchitektur war gedacht als eine aktive Fortschreibung der Geschichte des Hauses Hohenzollern, als eine unmittelbar für das Publikum nachvollziehbare Verbindung von Historizität und Gegenwärtigkeit der Monarchie. Gemeint sind Skizzen des Kronprinzen und Königs, die die Modifizierung und Erweiterung traditioneller Residenzbauten der Hohenzollern zum Thema haben. Diese Zeichnungen existieren für das Berliner Schloss, das Schloss Charlottenburg und das Potsdamer Stadtschloss. Darüber hinaus sind Zeichnungen für die neuen Seitenflügel des Schlosses Sanssouci überliefert – sie sind die einzigen aus dieser Gruppe, nach denen tatsächlich gebaut worden ist. [4] Von allen anderen Projekten blieben nur wenige Skizzen, wohl nicht nur deshalb, weil sich die Realisierung der Bauten aus finanziellen Gründen verbot, sondern vermutlich auch, weil innenpolitische Realitäten derart raumgreifende Signalarchitekturen unmöglich machten und damit das Movens der Planung bereits von vornherein gedämpft war. Jenseits dieser wirklichkeitsverhafteten Zwänge sind Friedrich Wilhelms Skizzen zu den Residenzerweiterungen aber im Kern und vor allem Ideenprospekte, die die Vorstellungen des künftigen und dann inthronisierten Königs vom effektiven und zielgerichteten Auftritt der Monarchie reflektieren.
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Bereits die 1841 vollendeten neuen Seitenflügel von Sanssouci sind stilistisch und semantisch eine Fortschreibung der Architektur Friedrichs des Großen, gehen jedoch in ihren Dimensionen über die vorher an dieser Stelle existierenden Wirtschaftsflügel kaum hinaus. Die Pläne für die drei genannten Residenzen in Berlin, Charlottenburg und Potsdam dagegen weisen in eine ganz andere Richtung. Für diese Bauten entwickelte Friedrich Wilhelm hochfliegende Ideen, die an anspruchsvoller Größe und offenkundiger Programmatik nichts zu wünschen übrig ließen.
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Friedrich Wilhelms Interesse am Berliner Schloss war bereits früh entwickelt, hatte er doch schon als junger Mann einen Teil der ehemaligen Wohnräume Friedrichs des Großen als Appartement erhalten. Die gesamte ehemalige Wohnung Friedrichs des Großen ist dann zwischen 1824 und 1826 für den Kronprinzen und seine Gemahlin nach seinen Plänen und Schinkels Entwürfen neu ausgestattet worden. [5] Im Zusammenhang mit dieser Wohnungseinrichtung stehen Pläne für die Wiedergewinnung der im 18. Jahrhundert profanierten Erasmuskapelle als Sakralraum; auch die immer wieder neu gezeichneten Ideen zur Regulierung der Fassade im kleinen Schlosshof sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten bei der Einrichtung der Wohnung des Kronprinzen zu sehen. Darüber hinaus zeichnete er Pläne für einen neuen Festsaal im Querflügel und entwickelte Ideen für eine Erweiterung des Schlosses in den Spreegarten hinein durch kleine malerische Baugruppen und anderes mehr – nichts davon kam zur Ausführung.
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Neben diesen Projekten, die sich alle im Rahmen der baulichen Dimensionen des Schlosses bewegten, zeigen einige Skizzen Situationspläne und Aufrisse zu einer kolossal anmutenden Erweiterung des Berliner Schlosses in Richtung Nordwesten, zur Spitze der Spreeinsel hin. Die Skizzen (Abb. 1-4) sind – bis auf eine Ausnahme (Abb. 5) – sämtlich vor dem Bau des Museums am Lustgarten, wohl zumeist um 1815 im Kontext der Planungen für den Nationaldom entstanden. Friedrich Wilhelm besetzte in diesen Skizzen das gesamte Areal, zum Teil auch das Gelände über den Spreegraben hinaus, mit zusammengehörigen Architekturen. Die hier gezeigte Seite (Abb. 1) vereint im unteren Bereich einen Situationsplan mit dem grob angelegten Grundriss des bestehenden Schlosses und den beabsichtigten Neubauteilen; jenseits des Spreegrabens sieht man den Grundriss des geplanten Domes, der hier den Kölner Domgrundriss adaptiert und daher vor dem Hintergrund der Pläne für den Denkmaldom in Erinnerung an die Befreiungskriege zu sehen ist. In der Mitte der Seite erscheint die langgestreckte Fassade, die sich dem Betrachter etwa vom Zeughaus her geboten hätte; unten rechts sieht man die Perspektive auf die Front zum gedachten Domneubau, die sich offensichtlich als halbhohe Säulenhalle präsentieren sollte.
Abb. 1
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Die Zeichnung der Südwestfassade zeigt, dass hier gleichsam an eine deckungsgleiche Verdoppelung gedacht war und diese Fassade nunmehr zur Hauptansichtsseite des Schlosses avancieren sollte. Der nordwestliche Teil duplizierte die barocke Fassade an der Schlossfreiheit inklusive der Formen des Portals III und stellte mit dem zentralen figurengeschmückten Portikus in der Mitte ein neues Zentrum her. Voraussetzung für die Wirkung dieser Schaufront wäre allerdings der Totalabriss der Bürgerhäuser an der Schlossfreiheit gewesen, um das Schloss von dieser Sichtblende zu befreien. Auf den zentralen Portikus, der hier als Triumphbogenarchitektur gestaltet ist, sollte die Straße Unter den Linden zulaufen. Der neue Point de vue sollte als Eingang fungieren zum nunmehr von neuen Schlossflügeln umstellten Lustgartenbezirk, der nicht mehr als freier Stadtplatz hätte gelten können, sondern zur Place royale umgedeutet und aufgewertet worden wäre. [6] Welch fulminante Wirkung sich der Kronprinz von der langgestreckten und freigestellten Südwestfassade versprochen hatte, zeigen auch die Varianten, die er von dem zentralen Durchgang gezeichnet hat (Abb. 2, 3). Auf den beiden hier vorgestellten Entwürfen vergrößert der Kronprinz den Zwischenraum zwischen altem und neuem Schloss gegenüber der oben gezeigten Skizze (Abb. 1) erheblich, so dass die leicht aus der Fassadenfront zurückgesetzte doppelgeschossige Säulenhalle geradezu den Charakter einer antiken Bühnenfront erhält. [7]
Abb. 2
Abb. 3
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Nicht ganz eindeutig ist die Bestimmung, die der Kronprinz dem Bauteil zugedacht hat, das an der Spreeseite über die Säulenhalle in Richtung Nordwesten hinausgeragt hätte und das auf den hier abgebildeten Skizzen in zwei Varianten vorgestellt ist. Auf dem Situationsplan (Abb. 1, m.l.) steht dieser apsidial geschlossene Baukörper dem Grundriss einer frühchristlichen Umgangsbasilika nahe, und die beiden Ansichten des architektonisch isolierten Flügels (Abb. 1, m.l. und u.r.) lassen tatsächlich vermuten, dass hier wohl ein dem Schloss direkt zugeordneter Kapellenbau wiedergegeben ist. Auch der auf Blatt I-1-B-5 deutlicher herausgearbeitete dreigeschossige Turm (Abb. 4, o.l.) verweist auf diese angenommene Nutzung. Die zweite Variante, auf Blatt I-1-B-6 zusammen mit einem Querschnitt dieses Bauteils zu sehen (Abb. 1, Mitte), zeigt dagegen einen Kuppelraum, zu dem eine große Treppenanlage führt. Möglicherweise dachte der Kronprinz hier ebenfalls an eine Kapelle, allerdings als Zentralbau ausgeführt und mit einer Fassade, die dem fortgeschriebenen Barock auf der Südwestseite des neuen Schlosses entsprochen hätte.
Abb. 4
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Während der Ausführung oder erst nach der Fertigstellung des Museums am Lustgarten, wahrscheinlich um 1825/1830, entstand die Skizze zu einer Schlosserweiterung auf I-2-D-47, da der Grundriss und auch die Seitenansicht des Museums hier bereits wiedergegeben sind und zugleich die Neubauplanung für den Berliner Dom eine entscheidende Rolle spielt (Abb. 5, u.r., u.m.). Mit dem Situationsplan des Lustgartenforums und zwei Darstellungen, die jeweils Alternativen zur Gestalt des Doms als Zentralbau durchspielen, verändert der Kronprinz die auf den anderen Skizzen favorisierte Erweiterungslösung, nämlich den Bau eines neuen Flügels direkt am westlichen Spreearm, um die Variante eines langgestreckten Flügels am östlichen Spreearm. Erneut folgen die Fassadengestaltung und die Bauhöhe exakt dem Vorbild des Schlosses; der Flügel inkorporiert aber den Neubau des Domes, so dass die für gewöhnlich in den Skizzen des Kronprinzen zur Domplanung separiert angelegten Baukörper hier zeichenhaft miteinander verwoben werden. Was im Grundriss noch ästhetisch und proportional akzeptabel erscheint, gerät allerdings in den beiden Aufrissvarianten deutlich aus den Fugen, da hier die legitimistisch verstandenen Richtwerte von barocker Baugestalt und Bauhöhe, denen der neue Schlossflügel folgt, mit der gewünschten Monumentalität des neuen Kirchenbaus empfindlich kollidieren.
Abb. 5
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Obwohl an eine Realisierung dieser riesigen Schlosserweiterung kaum ernsthaft gedacht worden sein dürfte, so wohnt doch der Idee eine hohe Bedeutung inne für die Vorstellung des Kronprinzen, auf welche Art die Krone durch monumentale Architektur ihr Selbstverständnis formulieren hätte können. Die Pläne bringen den stadträumlichen Anspruch der nach den Befreiungskriegen wieder erstarkten Monarchie, so wie der Kronprinz ihn sich dachte, deutlich zum Ausdruck. Das Schloss hätte nach diesen Plänen noch prägnanter als bisher als ideelles, politisches und architektonisches Zentrum der Stadt gelten können. Die breite Südwestfassade, die Flügel, die den Lustgarten als ehemals frei zugänglichen Bezirk geschluckt hätten, und die Ausrichtung des Komplexes auf den Denkmaldom gehören einer neoabsolutistischen Idee an, die ihrer simplen Verständlichkeit wegen äußerst nachhaltig gewesen wäre. [8]
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Ähnlich hochfliegende Ideen brachte Friedrich Wilhelm IV. auch für das Charlottenburger Schloss zu Papier (Abb. 6, 7). [9] Bereits unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1840 hatte er im Piano nobile des Neringbaus eine Winterwohnung für sich und seine Gemahlin ausbauen und einrichten lassen. Die Attraktivität des vor den Toren Berlins gelegenen Schlosses erhöhte sich für Friedrich Wilhelm IV. nach den Ereignissen von 1848 und den damit verbundenen persönlichen Erfahrungen beträchtlich. Der Winteraufenthalt in Charlottenburg wurde daher obligatorisch und zog das Bemühen nach sich, den Residenzcharakter des Schlosses architektonisch zu präzisieren. In Anbetracht der hier gezeigten Ideenskizze zum Alten Schloss und seinen Ehrenhofflügeln wird deutlich, an welche Bezugsgröße der König dabei dachte und welche Symbolik er augenscheinlich mit den Erweiterungsplänen verbunden wissen wollte. [10]
Abb. 6
Abb. 7
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Die Kopfbauten der bestehenden Ehrenhofflügel sollten nach der hier gezeigten Ansicht (Abb. 6) jeweils um zwei Achsen in östliche bzw. westliche Richtung verbreitert und auf der Hofseite sollte über den ersten beiden bestehenden Achsen ein abgesenktes Flachdach mit einer Brüstung errichtet werden, das als zum Hof hin vermittelndes architektonisches Element anzusehen ist. Entscheidend aber ist, dass seitlich dieser alten Kopfbauten zwei neue Flügel in Richtung Süden stoßen sollten. Sie hätten mit dem Blick nach Versailles einen weiteren Hof vor der alten Cour d'honneur geschaffen, und auch die Fassaden an den Stirnseiten der Flügel zitieren im Kern jene Fassaden, die die Flügel am Königshof des Schlosses Versailles markant abschließen. Offensichtlich war es für Friedrich Wilhelm IV. irrelevant, dass diese Pavillons erst unter Ludwig XVI. bzw. Ludwig XVIII. ihre heutige Gestalt erhalten hatten, also sehr jung waren, gemessen an der insbesondere mit Ludwig XIV. verbundenen Geschichte des Schlosses Versailles.
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Für den preußischen König und damit auch für das zeitgenössische Publikum, dem diese Botschaft gegolten hätte, standen diese Versailles-Zitate aber offensichtlich für königliche Architektur schlechthin. Der zu dieser Ansicht gehörende Situationsplan (Abb. 7) offenbart, dass es bei den zwei neuen Flügeln nicht bleiben sollte. Vielmehr hatte der König auch einen halbkreisförmigen Bau im Sinn, der in der Flucht der neuen Ehrenhofflügel die Öffnung des großen Schlosshofes vor dem alten Corps de logis aufgenommen hätte. [11] Zudem deuten sowohl der Situationsplan als auch der Prospekt an, dass die Straßenfront parallel zum Orangerieflügel bzw. zu dem Neuen Flügel mit einer Kolonnade geschlossen werden sollte und dass an das Ende dieser Kolonnade im Osten und Westen jeweils symmetrisch angelegte dreiflügelige Baugruppen anschließen sollten. Der Zweck, den der König auf diesen Skizzen für den Komplex vorgesehen hatte, erschließt sich nicht exakt; im Zentrum des östlichen Teils steht eine Art Zirkus, das Ganze ist wahrscheinlich als ein Ensemble aus architektonischen und gärtnerischen Elementen gedacht gewesen.
Abb. 8
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Zwei weitere Skizzen variieren die Charlottenburg-Idee Friedrich Wilhelms. Eine davon zeigt einen Situationsplan und eine halb in diesen Plan hinein gezeichnete Ansicht mit der gesamten Breite des Schlosskomplexes von der Straßenseite her (Abb. 8). Auf dieser Skizze sind die bestehenden Schlossteile weitgehend unangetastet wiedergegeben, und die Neukonzeption konzentriert sich ganz auf die Monumentalisierung der Straßenfront. Hier finden sich jeweils zwei kompakte Blöcke mit Durchlässen in der Mitte, und an den äußeren Rändern flankieren diese langgezogene Front giebelständige, freistehende Bauten. Eine zweite Skizze (Abb. 9) steht in Zusammenhang mit dem Situationsplan (Abb. 10) des Schlossareals. Auf der unten stehenden Skizze sind an das äußerste Ende im Osten und im Westen zwei kleinere, vierflügelige Komplexe mit ähnlicher Struktur wie auf der oberen Skizze gesetzt – der westliche davon, weil das Papier nicht ausreichte, über das alte Corps de logis. Der Zweck dieser Bauteile erhellt aus dem Situationsplan zunächst nicht. Hingegen situiert eine weitere Skizze des Königs, die nur den östlichen Teil des Schlossareals zeigt (Abb. 10), in der Mitte des dortigen Annexes eine dreischiffige Basilika mit halbrunder Apsis. Diese Apsis hätte den Platz, der vor ihr angelegt worden wäre, stadträumlich bestimmt, und die Kirche wäre somit das Erste gewesen, was der aus Berlin kommende Besucher in der Flucht der Chaussee wahrgenommen hätte. Ähnlich wie im Park von Sanssouci mit dem Komplex der Friedenskirche sollte in Charlottenburg offenkundig der weltlichen Repräsentationsarchitektur, die Friedrich Wilhelm IV. auf so prägnante Weise zu überhöhen gedachte, ein religiös determiniertes Korrektiv an die Seite gestellt werden.
Abb. 9
Abb. 10
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Auch das Potsdamer Stadtschloss inspirierte Friedrich Wilhelm zu Entwurfsideen, deren Umsetzung eine deutliche oder gar eine grundsätzliche Neucharakterisierung des bestehenden Baus und seiner unmittelbaren Umgebung mit sich gebracht hätte. Eine sehr kleine Skizze mit einer ins Große gehenden Umbauüberlegung (Abb. 11) zeigt einen Entwurf für die monumentale Neugestaltung der Stadtschlossanlage zum Alten Markt hin. Persius berichtet in seinem Tagebuch, dass dieser Plan im November 1840 Gegenstand einer Besprechung mit dem König gewesen sei. Sein lapidarer Eintrag spricht von "Veränderung der Schloß Facade nach der Kirche zu. Das Thürmchen u die Flügel fort u dagegen der Triumphbogen des Le Brun u Colonnaden zu beiden Seiten". [12] Die hier gezeigte Skizze kann diesem Plan offensichtlich als Variante beigeordnet werden, denn der Triumphbogen, den der König in die Mitte der hier gezeigten Skizze platziert, hat lediglich die aufgesetzte figürliche Gruppe und die Tondi in der Attikazone mit Le Bruns Monument für Ludwig XIV. gemeinsam.
Abb. 11
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Weitaus deutlicher dagegen adaptiert die Portalarchitektur den römischen Konstantinsbogen. Vielleicht existierte ursprünglich auch eine Skizze mit dem Triumphbogen Le Bruns, den der König aus Stichen kannte. Diese typische Verherrlichungsarchitektur des späten 17. Jahrhunderts hätte am Potsdamer Alten Markt zwar die beengten Verhältnisse des Platzes völlig aus dem Lot gebracht, doch wäre sie von ähnlich sprechender Ikonographie gewesen wie das Versailles-Zitat bei den Plänen zum Charlottenburger Schloss. Aber auch an eine Umsetzung des hier gezeigten Entwurfs mit dem Konstantinsbogen wurde wohl kaum gedacht; eher ist ein Gedankenspiel des frisch inthronisierten Königs zu vermuten, der mit der architektonischen Anspielung auf den ersten christlichen römischen Kaiser augenscheinlich die christlichen Fundamente der eigenen Monarchie verdeutlichen und mit dem Verweis auf kaiserlich römische Architektur zugleich den eigenen Herrschaftsanspruch untermauern wollte.
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Zwei weitere, stärker ausgearbeitete Skizzen lassen ebenfalls einen Zusammenhang mit den Umbauüberlegungen zum Potsdamer Stadtschloss vermuten. Denn ähnlich wie auf der eben besprochenen Skizze finden sich die charakteristische Triumphbogenarchitektur und die sich daran anschließenden Kolonnaden bei der oberen der beiden Zeichnungen. Trifft die Vermutung zu, wäre Friedrich Wilhelm IV. bei diesem detaillierter ausgearbeiteten Entwurf (Abb. 12) allerdings einen deutlichen Schritt weiter gegangen, denn die Stirnseiten der alten Seitenflügel des Schlosses wären zum vorspringenden Mittelrisalit der auf neun Achsen verbreiterten Marktfassaden umgewandelt worden. Der darunter liegende, zugehörig erscheinende Grundriss zeigt zudem, dass der König hier an einen radikalen Neubau der gesamten Flügel dachte, der mit einer starken Substruktion für die hochaufragende Turmarchitektur einhergegangen wäre. Der Mittelrisalit der Fassaden zum alten Markt hin wäre als alleinige Reminiszenz an die Vorgängergestalt verblieben. Anzufügen ist die unmittelbar darunter stehende Skizze, die im Gegensatz zur Beischrift Albert Geyers nicht als Bauvorschlag für die Communs zu verstehen sein wird, sondern wohl eher als Alternative zur Triumphbogenarchitektur des Potsdamer Stadtschlosses gelten kann. Die weit einschwingende, hoch gesockelte Kolonnade in der Mitte erinnert strukturell an die Ostfassade des Louvre. Angesichts der von Persius überlieferten Nachricht zum Triumphbogen Le Bruns erscheint die Nähe zur Architektur Ludwigs XIV. konsequent.
Abb. 12
Abb. 13
Abb. 14
Abb. 15
Abb. 16
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Jenseits dieser ins Große gehenden Ideen Friedrich Wilhelms IV. sind die Erweiterung der Geschossfläche des Corps de logis und die damit einhergehende Fassadenmodifizierung immerhin zur Planungsreife gediehen, existieren doch ein Grundrissentwurf August Stülers (Abb. 13) und ein Blatt Ferdinand von Arnims mit der neuen Fassade zum Hof (Abb. 14), beide von 1856. Die Vergrößerung der Nutzfläche war bereits seit längerem notwendig aufgrund der relativ kleinen und damit nur mäßig repräsentativen Wohnung des Königs im zweiten Stock, die nunmehr mit großen Vorräumen ausgestattet eher der Tradition eines fürstlichen Appartements entsprechen sollte. Zudem konnte auf der westlichen Seite eine über zwei Etagen reichende Kapelle eingebaut werden, was einem in Friedrich Wilhelms Augen gravierenden Mangel des Schlosses abhalf. Die grundsätzlichen Strukturen der Fassade legten eine kleine Skizze des Königs [13] (Abb. 15) sowie eine getuschte Zeichnung aus den Jahren um 1840 bis 1855 (Abb. 16) fest, eine Mischung aus Tradition und neuer, triumphaler Architektur. Die Gestalt der vorgezogenen Fassade bleibt der alten gleich, der neue Mittelrisalit orientiert sich zwar am alten Knobelsdorff-Vorbild, erzeugt aber eine äußerst effektsteigernde Wirkung durch die Hinzunahme zweier weiterer Achsen und die Einbindung von Skulpturen und figürlichen Reliefs – Elemente, die zum Teil ebenfalls auf die Beschäftigung Friedrich Wilhelms IV. mit dem Bogen Le Bruns zurückzuführen sein dürften. Hinsichtlich der Figurenaufstellung über dem Sockel könnte auch der 1827 vollendete Generalstabsbogen von Carlo Rossi in St. Petersburg eine Rolle gespielt haben, den Friedrich Wilhelm seit 1834 aus eigener Anschauung kannte. [14]
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So unterschiedlich die Ansätze für die Erweiterung der traditionellen Residenzen in Berlin, Charlottenburg und Potsdam im Einzelnen auch sind, so eint sie doch der Anspruch, mit einer deutlichen Vergrößerung der bestehenden Bausubstanz nicht allein neuen Aktionsinnenraum für die Monarchie zu gewinnen, sondern auch – und das stand gewiss im Vordergrund – verstärkt den Stadtraum zu dominieren. Dass für diese Dominanz des öffentlichen Raumes der Blick auf architektonische Formen der eigenen barocken Tradition fiel – wie beim Berliner Schloss – oder sich an der barocken Architektur Frankreichs – wie in Charlottenburg oder Potsdam – orientierte, ist offensichtlich. Diese augenfällige Inspiration Friedrich Wilhelms durch signifikante Baukörper der Hochphase des Ancien Régime muss wohl als eine gedachte, eine gewünschte Renovatio historisch legitimierter und gottgegebener Machtfülle interpretiert werden. Realpolitisch musste sich diese Vorstellung an den Gegebenheiten der Zeit brechen. Insofern sind die hier vorgestellten Zeichnungen auch nicht als Visualisierung tatsächlicher Bauvorhaben zu werten, sondern als Versuch Friedrich Wilhelms, seinen politischen Vorstellungen eine architektonische Gestalt zu verleihen. Daher vermitteln seine Zeichnungen lediglich imaginär "durch äußeren Glanz innere Macht". Sie waren gleichsam eine Art Schmerzmittel gegen die als existenzbedrohlich empfundenen Entwicklungen, die die Zeit für die preußische Monarchie und ihren höchsten Repräsentanten bereithielt.
[1] Illustrirte Zeitung 4 (1846), 267.
[2] Vgl. zur politischen Dimension der Architekturprojekte Friedrich Wilhelms IV. den wichtigen Aufsatz von Wolfgang Sonne: "Architektonisches Fluchtreich" oder "Weltherrschaftsgedanke in Stein"? Die Schloßbauten Friedrich Wilhelms IV. in Potsdam und ihre französischen Vorbilder, in: Walter Krause u.a. (Hg.): Neorenaissance – Ansprüche an einen Stil. Zweites Historismus-Symposium Bad Muskau, Dresden 2001, 133-148.
[3] Rolf H. Johannsen: Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Von Borneo nach Rom. Sanssouci und die Residenzprojekte 1814 bis 1848, Kiel 2007.
[4] Eva Börsch-Supan: Zu Friedrich Wilhelms IV. Restaurierungen in Sanssouci, in: Schlösser, Gärten, Berlin. Festschrift für Martin Sperlich zum 60. Geburtstag (= Kunstwissenschaftliche Schriften 1), Tübingen 1980, 145-152; Götz Eckardt: Zweites Rokoko um 1840 in den königlichen Schlössern von Berlin und Potsdam, in: Karl-Heinz Klingenburg (Hg.): Historismus – Aspekte zur Kunst im 19. Jahrhundert, Leipzig 1985, 141-156, hier: 147.
[5] Jörg Meiner: Wohnen mit Geschichte. Die Appartements Friedrich Wilhelms IV. in historischen Residenzen der Hohenzollern (= Kunstwissenschaftliche Studien 156), Berlin / München 2009, 21-73.
[6] Vgl. Karl-Heinz Klingenburg: Die Pläne Friedrich Wilhelms IV. für eine Bebauung des Lustgartens, in: ders. (Hg.): Studien zur Berliner Kunstgeschichte, Leipzig 1986, 143-160. Klingenburg zieht für seinen Aufsatz allerdings nur die Zeichnungen Friedrich Wilhelms heran, die um das Projekt des Domneubaus im Bereich des Lustgartens kreisen.
[7] Vielleicht spielen auch französische Architekturentwürfe wie die von Petzet als Konkurrenzprojekt Claude Perraults für Schloss Versailles gedeuteten Stiche in Sébastien Le Clercs "Vues de plusieurs petits endrois de faubourgs de Paris" (1694) eine Rolle, bei denen ähnliche doppelgeschossige Kolonnaden Verwendung fanden (Michael Petzet: Die Architektur des Sonnenkönigs. Der Louvre König Ludwigs XIV. und das Werk Claude Perraults, München / Berlin 2000, 494f., Abb. 373-375).
[8] Neben den hier gezeigten Skizzen existiert eine weitere Seite mit einem Situationsplan des Forum Fridericianum und des Schlosses und zugleich einem Gedanken für die Bebauung der gesamten Spreeinsel (SPSG, Handzeichnungen Friedrich Wilhelms IV., I-2-A-31). Hier entsteht durch den Bau eines funktional nicht definierten Pendants zum Lustgartenflügel des Schlosses auf dem Platz des späteren Museums eine überdimensional erscheinende neue Platzsituation auf dem Gelände des Lustgartens, die in Richtung Osten an der Spree von einer Begrenzungsarchitektur mit Freitreppe aufgewertet wird. In Richtung Norden plante der Kronprinz eine monumentale dreischiffige Basilika mit großem Vorhof, der sich direkt an den Bau gegenüber dem Schloss angeschlossen hätte. Die Begrenzungsmauern dieses Atriums am westlichen Spreearm hätten optisch zugleich der Baumasse des Schlosses ein Pendant gegeben.
[9] Die hier angeführten Zeichnungen sind wohl alle vor 1850 entstanden, da sie die Grundrisse der in jenem Jahr an die Südseite der barocken Kapelle angebauten Sakristei noch nicht zeigen.
[10] Zu dieser Skizze (ohne Nennung des Vorbildes Versailles): Generaldirektion der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (Hg.): Friedrich Wilhelm IV. Künstler und König. Zum 200. Geburtstag, Ausstellungskatalog, Frankfurt a.M. 1995, 272, Kat. Nr. 4.45.
[11] Die avisierte Nutzung dieses Baus lässt sich nicht bestimmen. Der halbrunde Grundriss deutet auf die traditionelle Form barocker Marställe, wie er etwa vor der Ostseite des Königsberger Schlosses seit 1700 existierte. Vgl. dazu Wulf Dietrich Wagner: Das Königsberger Schloss. Eine Bau- und Kulturgeschichte, 2 Bde., Würzburg 2008, I, 335f. Eine Nutzung als Kaserne wäre ebenfalls denkbar, zumal die von Friedrich August Stüler später an dieser Stelle errichteten Gebäude diesem Zweck dienten.
[12] Eva Börsch-Supan (Hg.): Ludwig Persius. Das Tagebuch des Architekten Friedrich Wilhelms IV. (= Kunstwissenschaftliche Studien 51), München 1980, 44.
[13] Die Zeichnung befindet sich auf der Rückseite eines nach 1801 (Entfernung des Theaters im nordöstlichen Kopfbau) entstandenen, gedruckten Grundrisses der ersten Etage des Potsdamer Stadtschlosses (SPSG, Handzeichnungen Friedrich Wilhelms IV., II-1-Ca-5). Auf diesem Plan hat Friedrich Wilhelm sowohl im Bereich der Wohnung Friedrichs des Großen Einzeichnungen vorgenommen, die bei einer Umsetzung raumzerstörende Veränderungen im Bereich des Schlafzimmers und des Bronzesaals nach sich gezogen hätten, als auch die schmalen Treppenhäuser neben dem Haupttreppenhaus im Mittelrisalit angelegt, die auf der Vorderseite (Abb. 16) hinter den schmalen Seitenachsen verborgen sind und auch später auf dem Plan Stülers von 1856 erneut auftauchen (Abb. 13). Eine Datierung des Blattes erscheint schwierig, weil weder in der Kronprinzenzeit noch nach 1840 ein Eingriff in die Substanz des Appartements Friedrichs II., wie er hier skizziert ist, denkbar scheint. Möglicherweise hat Friedrich Wilhelm aber die auf dem Plan dargestellte erste Etage als Grundriss der fast identisch angelegten zweiten Etage genutzt, in der sich seine Wohnung befand, und angenommen, die Einzeichnungen seien dort auszuführen. Für diesen Umstand sprechen Ähnlichkeiten in der dort ausgeführten Grundrissanlage. Insofern käme für den Entwurf auf GK II (12) 20 (Abb. 16) sowohl eine Datierung um 1823 (Einrichtung der kronprinzlichen Wohnung) als auch kurz nach 1840 in Frage, als Teile der Wohnung erneut modifiziert wurden (vgl. Meiner: Wohnen (wie Anm. 54), 105-125).
[14] Vgl. zum Generalstabsbogen Uwe Westfehling: Triumphbogen im 19. und 20. Jahrhundert (= Studien zur Kunst des 19. Jahrhunderts 32), München 1977, 44f., Abb. 111-113. Friedrich Wilhelm reiste 1834 nach St. Petersburg und zeigte sich von der neu entstandenen Architektur in der Stadt begeistert. Vgl. Wasilissa Pachomova-Göres / Burkhardt Göres: Friedrich Wilhelm IV. und Rußland. Aspekte eines neuen Themas, in: Generaldirektion der SPSG: Künstler und König (wie Anm. 10), 158-168, hier: 164f.
Empfohlene Zitierweise:
Jörg Meiner : "durch äußeren Glanz innere Macht erkennen lassen". Die Pläne zur Erweiterung alter Residenzschlösser in den Zeichnungen Friedrich Wilhelms IV. , in: zeitenblicke 9, Nr. 3, [23.12.2010], URL: https://www.zeitenblicke.de/2010/3/Meiner/index_html, URN: urn:nbn:de:0009-9-27508
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